Was soll man davon halten?

Weil der russische Ölkonzern Yukos den ersten Teil der geforderten Steuernachzahlungen in Höhe von 99 Milliarden Rubel (2,8 Millarden Euro) nach eigenen Angaben nicht zahlen kann, hat die russische Justiz ein Vollstreckungsverfahren gegen das Unternehmen eingeleitet. Diese "offizielle" Aussage steht in krassen Gegensatz zu einer Dokumentation die erst gestern ausgestahlt wurde. In dieser Dokumentation wurde davon gesprochen, dass die Regierung es nicht zuläßt, dass das Anlagevermögen verflüssigt wird und damit die ausstehende Steuerschuld beglichen wird. Lt. Yukos Sprecher wäre dies möglich und würde seit Wochen der Regierung angeboten. Warum nicht? Wieso wird dies verhindert?

Nach Einschätzung von Wirtschaftsexperten sind zwei Szenarien möglich. Es kann sein, dass Gerichtsvollzieher bereits heute bei Yukos Technik, Lizenzen und Ölquellen beschlagnahmen.

Als wahrscheinlicher gilt aber die Variante einer "geregelten Insolvenz" mit Hilfe eines Konkursverwalters. In der Rangordnung der Gläubiger stehen die Steuerbehörden über den Geldgebern sowie den Zulieferern.

Einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge, durchsuchte die Polizei gestern eine Firma namens M-Reester, in der das Aktionärsregister des Yukos-Konzerns verwaltet werde. Konzern-Sprecher Alexander Schadrin sagte, die Regierung wolle wohl wissen, welche Aktien sie einziehen könne, falls Yukos seine Steuerschuld nicht begleiche.

Dem Konzern droht nach eigener Darstellung durch die Steuerforderungen der Bankrott, nachdem die Behörden im Rahmen der Betrugsermittlungen gegen Yukos auch die Konten eingefroren haben (!). Analysten schätzen den endgültigen Betrag, den Yukos nachzahlen muss, auf mittlerweile zehn bis zwölf Milliarden Dollar.

Der inhaftierte Großaktionär und frühere Yukos-Konzernchef Michail Chodorkowski hat nach Angaben seines Anwalts bereits mehrfach angeboten, sich von seiner Beteiligung zu trennen und damit das Unternehmen zu retten. Sein Anwalt wies aber einen Zeitungsbericht zurück, wonach sein Mandant hierzu Briefe an die Regierung geschrieben haben soll. Dies sei seinem Mandanten im Gefängnis gar nicht möglich. Der Kreml hatte gestern Berichte widersprochen, wonach Chodorkowski seine Aktien im Gegenzug für ein Entgegenkommen in der Steuerfrage angeboten hat. Auch die Yukos-Führung dementierte.

Chodorkowski ist seit Oktober wegen des Verdachts des Betruges und der Steuerhinterziehung in Haft. In Russland werden allgemein die politischen Ambitionen (vor allem die Finanzierung von politischen Gegnern Putins) des Milliardärs als Grund dafür gesehen, dass er im Kreml in Ungnade fiel und nun mit seinem Konzern ins Visier der Justiz geraten ist.

Demokratie?