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Thema: Vergleich HEMA und japanische Schwertkunst

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  1. #1
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    Standard Vergleich HEMA und japanische Schwertkunst

    Hallo liebe HEMA Freunde und auch Freunde der japanischen Schulen (Falls die sich hierher verirren sollten )


    https://www.youtube.com/watch?v=GS2sNZug9iw


    was halt ihr von diesem Video, dass erst vor kurzem herausgekommen ist.

    Finde es interssant, was der Herr zu sagen hat, traue mich aber nicht eine Meinung zu bilden, da man leicht zu falschen Schlüssen kommen könnte.

    Gab ja zu meiner Anfangszeit ein paar Diskussionen wo ich wohl in Fettnäpfchen getreten bin.

    Daher teile ich das Video mal ohne Kommentar, da sich daraus ein paar interssante Diskussionen entwicklen könnten, wenn sich HEMA und Koryu Leute hier beteiligen würden.

    Mal gucken was daraus wird.

    ps: Ist ein langes Video so bringt Zeit wenn ihr es gucken wollt.

  2. #2
    Suriage Gast

    Standard

    Den entscheidenden "Vorteil" den die Japaner (egal ob Koryu oder Kendo) haben, ist dass es dort tatsächlich noch Menschen gibt bzw. nicht vor nicht allzu langer Zeit gab, die andere Menschen mit dem Schwert getötet haben bzw. ihre Schwerter an anderen Menschen "getestet" haben. Dazu gibt es genug Aufzeichnungen zB aus der Mandschurei etc.. Dieses Wissen ist noch recht "frisch" und lebt. In der HEMA Szene gibt es das nicht und wenn man lernen will, wie man jemanden realistisch mit einem Schwert tötet, ist dieses Detail wohl sehr wichtig. Das hat mMn gar nicht mal so viel mit bloßer Technik zu tun.

  3. #3
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    Zitat Zitat von Suriage Beitrag anzeigen
    Den entscheidenden "Vorteil" den die Japaner (egal ob Koryu oder Kendo) haben, ist dass es dort tatsächlich noch Menschen gibt bzw. nicht vor nicht allzu langer Zeit gab, die andere Menschen mit dem Schwert getötet haben bzw. ihre Schwerter an anderen Menschen "getestet" haben. Dazu gibt es genug Aufzeichnungen zB aus der Mandschurei etc.. Dieses Wissen ist noch recht "frisch" und lebt. In der HEMA Szene gibt es das nicht und wenn man lernen will, wie man jemanden realistisch mit einem Schwert tötet, ist dieses Detail wohl sehr wichtig. Das hat mMn gar nicht mal so viel mit bloßer Technik zu tun.

    Interessant. Nur wird dieses "Wissen" in den Schulen auch noch weitergeben und werden nicht wirklich nur Technik gelehrt?

    Das kann man bei der limitierten Informationspolitik der Japaner nur erraten.

    Das Quellmaterial an das man auch als nicht Mitglied einer Schule kommt weckt nicht den Eindruck das profunde Anatomie Kentnisse gelehrt werden. Aber der Eindruck täusch wohl.



    Was die Waffenwirkung betrifft ist die Euro Szene aber gut vorne. Vielleicht keine Kenntnisse von den Vorfahren aber Mittels Experimente. Der Kanal von Thrand Elgrim machen z.B viele Versuche in der Richtung.

    Was den Vorteil mit der Kampferfahrung betrifft, das wird sich bald aus biologischen Gründen erledigt haben. Viele WW2 Veteranen dürften nicht mehr am Leben sein.

    Und ob diese Veteranen alle KK Lehrer waren die dann ihre praktische Kampferfahrung weitergeben haben ist auch eine Frage die sich mir aufdrängt?????????
    Geändert von karate_Fan (20-01-2017 um 20:36 Uhr)

  4. #4
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    Zitat Zitat von Suriage Beitrag anzeigen
    Den entscheidenden "Vorteil" den die Japaner (egal ob Koryu oder Kendo) haben
    Einen entscheidenden "Nachteil" den die Japaner, speziell im Bereich Koryu, Kendo natürlich ausgenommen, haben ist, dass es dort durch den starken Hang zur Ritualisierung kaum noch Schwertkämpfer gibt, die wirklich mal in Echtzeit frei fechten.

    Ich unterrichte und erlerne westliches Fechten und ich bin untergemietet in einem Dojo einer Kenjutsu Koryu, die noch sehr großen Wert auf Gekiken (also Vollkontakt-Freifechten) legt. Was ich von dem Lehrer dort gesehen habe, fand ich sehr beeindruckend, weil es für mich nachvollziehbar und für mein fechterisches Verständnis korrekt war (Stichwort Tempozählung!). Was ich in Katas anderer Ryu gesehen habe, ringt mir kaum ein müdes Lächeln ab.

    Was mir als großer Unterschied auffällt ist, dass es soweit ich gesehen habe in Japan kaum eine Kultur des kritischen Quellenstudiums gibt. In Europa, speziell in den HEMA, ist (oder sollte) das fester Bestandteil der fechterischen Ausbildung (sein).

    Fazit: In den HEMA wie im japanischen Schwertkampf gibt es Leute mit beeindruckendenden Fähigkeiten genauso wie Bullshitakrobaten.
    Dafür, dass die Japaner mit dem Katana aus der Historie heraus IMO schlicht die schlechtere Waffe zur Verfügung haben, dafür können sie ja nichts
    Geändert von Jadetiger (20-01-2017 um 16:30 Uhr)
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  5. #5
    Suriage Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Jadetiger Beitrag anzeigen
    Ich unterrichte und erlerne westliches Fechten und ich bin untergemietet in einem Dojo einer Kenjutsu Koryu, die noch sehr großen Wert auf Gekiken (also Vollkontakt-Freifechten) legt. Was ich von dem Lehrer dort gesehen habe, fand ich sehr beeindruckend, weil es für mich nachvollziehbar und für mein fechterisches Verständnis korrekt war (Stichwort Tempozählung!). Was ich in Katas anderer Ryu gesehen habe, ringt mir kaum ein müdes Lächeln ab.
    Ja, das Tempo(und auch Mensur). Klassisches Problem beim Beobachten japanischer Kata. Meines Wissens nach sind die Omote Versionen, sprich die die man öffentlich sieht, ja oft absichtlich falsch. Soviel zur Informationspolitik.

    Quellenstudie wird in vielen Fällen schwer, da die Informationen der einzelnen Schulen nicht öffentlich zugänglich sind. Ich kann mir nunmal nicht einfach so die Densho der Yagyu Shinkage Ryu durchschauen oder gar kaufen. Weiteres zur Informationspolitik.

    Ansonsten gebe ich dir Recht.

  6. #6
    Axel_C_T Gast

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    Hi zusammen,

    erstmal muss ich sagen, dass ich es ziemlich anstrengend fand, das Video zu schauen und ich hab es nur bis zur Hälfe geschafft.

    Erstmal finde ich es gut, dass sich "Gudkarma" so respektvoll ausdrückt.

    Dann habe ich mich gefragt, was wir denn eigentlich vergleichen sollen? Was ist praktikabler? Was ist "tödlicher"? Was ist näher am Original?

    Ich persönlich denke, dass selbst bei einer "ununterbrochenen" Weitergabe einer Schwertkunst diese sich automatisch immer weiter verändert, da Menschen diese lernen, für sich adaptieren und anpassen.

    Was ich persönlich gerade an HEMA schätze ist, dass es - so wie ich es bisher kennengelernt habe - üblich ist, sich kritisch mit Techniken und Funktionsweisen auseinanderzusetzen. Das sehe ich gerade bei den fernöstlichen Kampfkünsten nicht gegeben.

    Ach und unterm Strich zählt nur der Kämpfer.... wobei auch immer ;-).

  7. #7
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    Zitat Zitat von Axel_C_T Beitrag anzeigen
    Ich persönlich denke, dass selbst bei einer "ununterbrochenen" Weitergabe einer Schwertkunst diese sich automatisch immer weiter verändert, da Menschen diese lernen, für sich adaptieren und anpassen.
    Ich glaube, dass sich GERADE bei einer ununterbrochenen Weitergabe die Kunst weiterverändert. Das ist auch der Grund, warum ich gerne auf den Unterschieden wischen HEMA und EMA rumreite. Bei HEMA kann sich zwar die Lesart und Interpretation der Quelle verändern, aber eben nicht die Quelle selbst. Bei lebendigen Traditionen ändert sich mit jedem Lehrer der Stil.
    Ich halte es daher auch nur für mittelprächtig interessant, ob eine KK eine jahrhundertealte Tradition hat. Falls niemand aufgehört hat, über die Techniken nachzudenken, lernt man heute sowieso etwas komplett Anderes als vor 300 Jahren.

    Auch wenn ich das obige Video immer noch nicht ganz angeschaut habe, kann ich hier noch ein paar Eindrücke zu den Unterschieden im Unterrricht Kenjutsu (Hokushin Itto-Ryu Chiba-Dojo) vs. westliches Fechten (Fechtboden Zimmermann, Club difesa e sport, Scuola d'Armi Tigre di Giada, MTV München v. 1879 e.V.) schreiben:

    Kenjutsu, egal wie anwendungsorientiert, lehrt sehr stark über Kata. Selbst in den Partnerübungen mit direktem Anwendungsbezug werden relativ lange Bewegungssequenzen memoriert, die mehrere Funktionen haben: Sie lehren neben den unmittelbaren Bewegungen auch einen Kontext, in dem die Anwendung sinnvoll stattfinden kann und zeigt außerdem immer auch das Distanzverhalten zum Gegner.
    In der westlichen Tradition (mal abgesehen von einpaar wenigen südeuropäischen Traditionen) sind Kata unbekannt. Es gibt zwar das "Schattenfechten"/"Spiegelfechten"/"Pazziatura", das funktioniert aber über freie Bewegungsfolgen gegen einen imaginären Gegner statt. Gelehrt wird im Normalfall immer die Einzelaktion. Um den Kontext zu lehren, gibt es Zusatzübungen wie das Übungsassaut, das Aufgabenfechten, Mensurspiele, usw.

    Was ich im Kenjutsu auch noch nicht gesehen habe, ist das explizite Lehren von Scandaglio (Ausforschen/Lesen des Gegners). Gibt es soetwas im Kenjutsu-Unterricht?

    Was mir außerdem noch aufgefallen ist, ist, dass im Kenjutsu Partnerübungen scheinbar fast immer ohne Schutzausrüstung durchgeführt werden. Es wird anscheinend nur äußerst selten "auf den Treffer" geübt, sondern immer nur angedeutet. Das halte ich persönlich für suboptimal. Im westlichen Fechtunterricht ist das Treffen in er Partnerübung Alltag.

    Und zum Schluss noch etwas Verwunderliches. Im Kenjutsu lassen sich die Schüler offenbar das stundenlange wiederholen ein und derselben Bewegungsfolge ohne Weiteres gefallen. Man sagt dazu, "das ist eben die japanisce Kultur".
    Im westlichen Fechten kann man sich solches "Einschleifen" ohne große Abwechslung nur leisten, wenn über der Tür "OFC Bonn" oder "Fecht-Club Tauberbischofsheim" steht (oder wenn man "Zimmermann" heißt und mehrheitlich völlig wahnsinnige Masochisten als Schüler hat ).
    Wie empfindet ihr das?
    Geändert von Jadetiger (24-01-2017 um 15:15 Uhr)
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  8. #8
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    Zitat Zitat von Suriage Beitrag anzeigen
    Quellenstudie wird in vielen Fällen schwer, da die Informationen der einzelnen Schulen nicht öffentlich zugänglich sind. Ich kann mir nunmal nicht einfach so die Densho der Yagyu Shinkage Ryu durchschauen oder gar kaufen. Weiteres zur Informationspolitik. ...

    Doch, doch, das ist durchaus möglich. In den Antiquariaten im Jimbocho-Viertel von Tokyo findet man wirklich sehr viele verschiedene Densho aller möglichen Schulen. Die meisten sind auch nicht wirklich teuer (im Schnitt so 200 EUR). Der Preis richtet sich natürlich nicht nach Inhalt sondern meist nach Erhaltungszustand und ob es nur eine rein schriftliche Rolle ist oder ob es noch schöne Zeichnungen drin hat.
    Apropos Shinkage-Ryû... hatte mir genau von dieser Schule vor etwa 20 Jahren eine Densho gekauft. Weiss gerade nicht mehr was für eine XXX Shinkage-Ryû, von denen gab es ja auch viele verschiedene. Ja, schönes Stück das zuhause verstaubt (wer Interesse hat, bin für Angebote offen ).

    Der Punkt ist der: Damit kann man kein Quellenstudium betreiben. Die meisten Densho und Mokuroku geben nicht viel an Infos her. Schulen werden eben kaum schriftlich weitergegeben, sondern mündlich.
    Densho dienen als Beleg, dass eine gewisse Stufe erreicht wurde. D.h. es werden evtl. gewisse Kata-Sets oder -Namen erwähnt, der Stammbaum der Sôke, geschichtlich-mythologisches zur Schule.
    Densho mit Zeichnungen sind da nicht hilfreicher.

    Heisst also: Densho mögen rein historisch und Sammlungstechnisch gesehen einen Wert haben. Technische Finesse daraus ableiten zu können, ohne schon selbst weit fortgeschritten in der Schule zu sein, halte ich für unmöglich.
    Hokushin Ittô-ryû Hyôhô - Shibu Schweiz
    schwert|gedanken, ein Blog zu jap. Geschichte, Kultur und den klassischen Kriegskünsten

  9. #9
    Suriage Gast

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    Wieder was gelernt.

  10. #10
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    Zitat Zitat von Jadetiger Beitrag anzeigen
    Fazit: In den HEMA wie im japanischen Schwertkampf gibt es Leute mit beeindruckendenden Fähigkeiten genauso wie Bullshitakrobaten.
    ´

    Ich denke du beschreibst die Sachlage sehr gut. Auch nett jemanden hier in der Diskussion zu haben der beide Systeme schon mit eigenen Augen gesehen hat, und auch noch ein Lehrer eines westlichen Systems ist.

    Deine Ausführungen sind im Fred hier Gold wert.

    Weil sonst kann als Außenstehender die japanischen Systeme kaum beurteilen. Denke nicht das YT Material dem Thema gerecht wird, so sollte man dies nicht als Quelle heranziehen.
    Geändert von karate_Fan (20-01-2017 um 18:11 Uhr)

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