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Thema: Religion in der Erziehung

  1. #1201
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    Zitat Zitat von Lugasch Beitrag anzeigen
    Es hat jetzt ein wenig gedauert, bis ich zum Schreiben kam und hier hat sich viel getan.

    Zu deinen Fragen:
    Ich glaube einen Geist zu besitzen, der nicht unbedingt an den Körper gebunden ist. Es ist allerdings für mich nicht die "Seele", von der in der Religion die Rede ist, sondern eine Art Software, die auf meinem Körper läuft. Und theoretisch auf einem Computer oder in einem Cyborg laufen könnte. Auch finde ich die Vorstellung spannend, dass ich evtl. noch nicht mal eine zusammenhängende Hardware brauche, sondern es ausreichen könnte, wenn meine Gedanken verstreut auf verschiedenen "Computern" liefen - vergleiche Cloud Computing. Beweisen kann ich nichts davon, das ist für mich nur ein Gedankenexperiment und meine persönliche Mystik, wenn man so will.
    Das kann ich mir auch vorstellen.

    Glaubst du denn, diese "Software" könnte auch a) ohne eine Hardware existieren, oder b) auf einer Hardware laufen, die uns nicht als solche erkennbar ist, zum Beispiel auf irgendeinem "Äther" oder anderer Materie? Könnte diese Software auch nicht-lokal existieren?


    Ich denke auch, dass der "Geist" (hier: Bewusstsein) generell überbewertet ist. Wenn ich die Versuche angucke, die zeigen, wie überwältigend groß der Einfluss des Unterbewusstseins auf unsere Entscheidungen ist, dann frage ich mich, ob die Persönlichkeit, wie ich sie bisher definiert habe, nicht einfach ein krankhaft aufgeblähtes Ego ist.
    Wenn ich davon ausgehe, dass das Ego lediglich ein Werkzeug ist, dass ursprünglich die Kommunikation zwischen mir und meiner Umwelt vereinfachen sollte - und somit das Bewusstsein für die Trennung zwischen mir und der Umwelt liefert - dann hätte sich das Ego dann plötzlich von einem einfachen Navi in einem Auto zum Steuermann in ebendiesem Auto befördert, ohne dass es tatsächlich die Entscheidungen träfe.
    Ist auch nur ein Gedankenspiel von mir und - ich hänge schon sehr an meinem Geist, unabhängig davon, was ich gerade über das Ego erzählt habe.
    Interessante Ansicht.

    Ich hingegen glaube, das "Ego" das Bewusstsein, das bin ICH, und das Unterbewusstsein, bzw. grosse Teile davon, sind Erzeugungen meines Gehirnes. Manche davon sind hilfreich, andere muss ich im Zaum behalten.

    Ob ich "nur" ein Chemie-Cocktail bin, oder eine geordnete Entität? Beides. Die Sachen schließen sich für mich nicht aus.
    Auch das sehe ich gleich. Kann den Gedanken gut verstehen.

    "parallele Wahrheiten"

    Und ja, ich glaube an eine ordnende Kraft. Ich glaube nur nicht daran, dass diese Kraft eine Absicht hat, oder eine Entität besitzt. Und schon gar nicht, dass sie sich für uns Menschen interessiert. "Meine" Kraft ist einfach nur Energie in all ihren Formen und wie sie sich verhält, hängt von Naturgesetzen ab. Sie braucht keinen Plan und kein Bewusstsein - aber ich sagte ja bereits, dass das Bewusstsein (auch bei einer göttlichen Macht) in meinen Augen überschätzt wird - um ein Universum zu "leiten" ist das Konzept des Bewusstseins wahrscheinlich eh ungeeignet, da zu leistungsschwach und fragil. Von uns steuert ja auch niemand und dauerhaft seine vitalen Funktionen bewusst - da würde man wohl ganz schnell vergessen zu atmen usw.. Wie soll es dann erst beim Universum werden?
    Sehr interessante Gedanken. Vor allem die Konklusion.


    Ich möchte noch mal zurück zum Thema Erziehung:

    a) Wie bist du an die Religion herangeführt worden? Warum ist es bei dir ausgerechnet katholisch geworden?

    und

    b) Wie wird es bei dir aussehen, wenn dein Kind sich eines Tages für etwas anderes als katholische Kirche entscheidet? Wirst du es tolerieren und wenn ja, gibt es für dich eine Grenze? Also nur Christentum, nur Weltreligionen, Weltphilosophien oder kann es auch etwas "exotisches" sein?
    a) Ich bin sehr religiös aufgewachsen. Meine Eltern sind katholisch, also wurde ich katholisch erzogen.

    Ich glaube, beim Glauben geht es massgeblich um das Glauben. Obwohl ich glaube, dass viele Wege nach Rom führen, glaube ich auch, dass es wichtig für mich ist, bei meinem Weg zu bleiben.

    In meiner Vorstellung hat Gott uns allen einen eigenen Weg beschieden, den wir gehen sollen. Die Herausforderung ist oftmals, dass es eben auch andere Wege gibt, die jedoch nicht für uns sind.

    Eine meiner Aufgaben ist es, Christ zu sein. Diese Aufgabe nehme ich sehr ernst. Wessen Aufgabe es ist, Muslim zu sein, oder Atheist, deren Aufgaben respektiere ich.

    b) Auf diese hypothetische Frage kann ich mangels Erfahrungswerten keine Antwort geben.

    Ich muss vermuten, dass ich jede seiner Entscheidungen tolerieren würde. Denn als Vater bereite ich mich darauf vor, dass mein Kind seinen eigenen Weg geht.

    Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass er sich vom Christentum abwenden würde.

    Zuletzt ist es natürlich eben so, dass ich nicht über eine Situation mit Gewissheit sprechen kann, die ich nicht kenne. Ich kann da ein grosses Blabla machen, aber die Realität wird sich zeigen.

  2. #1202
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    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Ich gebe dir also Recht, daß sich zwar über Gott nicht sprechen läßt, sofern man beschließt allein über die Welt zu sprechen (6.432), sehr wohl aber über die Phänomene der Resonanz des Menschen auf das sich zeigende Mystische.
    ja, aber eben nicht über "das mystische" selbst, sondern über die erfahrung von etwas, das als "mystisch" wahrgenommen wurde und über deren einwirkung auf kognitiv-emotive cluster, auf die zu verknüpfenden "sinnzusammenhänge", die jeweils spezifische bedeutung im kontext der anderen verknüpfungen schaffen. das ganze geschieht vor dem hintergrund der bisherigen verknüpfungen, wird also kulturspezifisch + individuell zugeordnet. in diesem prozess gibt es nichts, dass von "außerhalb" der menschlichen erfahrungswelt einzug hält. das system ist in sich geschlossen. da ist kein gott. alles, was da ist, ist menschlich.
    über gott lässt sich nicht reden. wie willst du das machen. du bist mensch. du kannst nur über dich selber sinnvoll reden und über die welt, wie sie sich "offenbahrt". wenn gott eine art metaebene von welt sein soll (sonst wäre er ja nur IN der welt als TEIL der welt und nicht auch deren urgrund und damit VOR, also auch OHNE welt), kann er nicht mit "weltlichen" methoden erfasst werden. ihn von seinem angeblichen wirken in der welt abzuleiten, ist nicht ihn selbst als er selbst erkennen. es ist eher die spekulation über seine notwendigkeit. was und wie er ist, wenn er denn ist, ist demnach nicht sagbar oder gar zeigbar (und also auch nicht denkbar). die nicht-weltlichen aspekte seines über-seins würde die seinsgebundenen, weltverhafteten möglichkeiten menschlichen erkennens und sich ausdrückens übersteigen.
    dass es religionen gibt, die eine darstellung gottes oder gar eine eindeutige namensgebung nicht kennen/vermeiden/verbieten, ist in so fern recht clever.
    "I prefer them to be awake when I severe their arms and beat them to death with it." Maul Mornie und sein Verhältnis zu k.o.s

  3. #1203
    carstenm Gast

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    Zitat Zitat von amasbaal Beitrag anzeigen
    ja, aber eben nicht über "das mystische" selbst, sondern über die erfahrung von etwas, das als "mystisch" wahrgenommen wurde ...
    Natürlich.
    Das ist doch eben das, was ich sage.

    über gott lässt sich nicht reden. ... ihn von seinem angeblichen wirken in der welt abzuleiten, ist nicht ihn selbst als er selbst erkennen. ...
    Natürlich nicht.
    Auch darin stimme ich zu.

    Zitat Zitat von Terao Beitrag anzeigen
    ... Was man ja bei Drachen, Elfen und Einhörnern auch nicht so ohne weiteres als "Resonanz" akzeptiert.
    In der "Religion in Geschichte und Gegenwart", die "zu meiner Zeit" die gebräuchliche Standard- Enzyklopädie war, findest du alle drei Begriffe im Register.

    Ich sehe nicht recht, wie der Begriff "Phantasie" erkenntnistheoretisch oder hermeutisch beitragen könnte zu der Deutung menschlicher Erfahrung?

  4. #1204
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    Ok, danke für deine Antworten zu deiner Erziehung, so kann ich dein Anliegen besser einordnen.

    Magst du mir noch verraten, was für dich persönlich der zentrale Kern des Christentums ist? Ich frage, weil du sagst, dass es dir mit dem Christentum sehr sehr ernst ist und die Ansichten darüber was Christenum überhaupt ist, nach meiner Erfahrung weit auseinander gehen.


    Zitat Zitat von Kraken Beitrag anzeigen
    Glaubst du denn, diese "Software" könnte auch a) ohne eine Hardware existieren, oder b) auf einer Hardware laufen, die uns nicht als solche erkennbar ist, zum Beispiel auf irgendeinem "Äther" oder anderer Materie? Könnte diese Software auch nicht-lokal existieren?
    Das kommt auf die Beobachterposition an und darauf, welche Maßstäbe der Beobachter an das Wort "laufen" legt.

    Kurz gesagt, ja, ich glaube daran, allerdings nicht im engeren Sinne des Wortes "laufen".
    Meine Antwort würde evtl. auch in deinen anderen Thread zum unendlichen Bewusstsein passen, aber ich versuche es "kurz" hier zu erklären:

    Ich habe ja vorhin ausgeführt, dass es in meinen Augen noch nicht mal zwingend notwendig ist, dass die "Software" auf einem zusammenhängenden System läuft. Dieses hypothetische Cloud-System könnte ein Super-Buper-Internet aus der Zukunft sein, die n-dimensionale Oberfläche des Universums (vgl. Informationsgehalt der Oberfläche von schwarzen Löchern) oder aber auch andere Menschen.
    Wenn jemand stirbt, sagt man oft "Er lebt in unseren Herzen weiter". Wandeln wir das um in "Er lebt in unserem Gehirn weiter" und nehmen an, dass der Verstorbene etwas gesagt oder getan hat, was in den Hirnwindungen anderer Menschen hängen geblieben ist und nehmen wir ferner an, dass die Persönlichkeit einfach eine ausreichend große Ansammlung von Gedanken (Hirnimpulsen und Hirnstrukturen) ist, dann hätten wir ein vereinfachtes Abbild einer Person, dass als Einzelgedanken über die Erde verstreut in mehreren Köpfen existiert (ich sage jetzt nicht "lebt"). Hätte ich jetzt also einen Beobachter, der von außen auf das Ganze schaut und die Maßstäbe nicht so eng setzt, dann würde er - aus der Ferne betrachtet - die Persönlichkeit des Verstorbenen wieder finden. Aber auch diese Vorstellung ist nur ein Gedankenexperiment ohne jeglichen Wahrheitsanspruch.

    Wenn ich weiter gehe und über den Spruch nachdenke:
    "Wenn unsere Persönlichkeit die Gesamtheit unserer Gedanken ist und wir nur 7 Sachen gleichzeitig denken können, wo ist dann der Rest von uns, während wir diese 7 Gedanken denken?",
    dann stellt sich mir die Frage, ob die Gedanken zum Existieren der Persönlichkeit überhaupt aktiv hervortreten müssen? Wenn nicht, dann würde auch alles was ich niederschreibe, meine Notizbücher, meine KKB-Beiträge Teile meiner Persönlichkeit abbilden und irgendwo als gespeicherte Information schlummern, die wiederum für einen nicht allzukritischen externen Beobachter meine Person darstellen würde.

    Um das Ganze vollends abgefahren und mystisch darzustellen - meine bloße Existenz verändert das Universum - alles was ich (und jede/r/s andere) denke, sage oder tue verändert alles um mich herum (hier wirkt allerdings nicht nur mein Geist mit, sondern auch mein Körper) und das heißt, dass nach meinem Tod man (rein theoretisch) aus dem Gesamtzustand des Universums meine Persönlichkeit ableiten könnte.
    Wäre das Universum eine Bitcoin-Blockchain, wäre ich als Mensch eine Transaktion, die für immer darin festgeschrieben ist und auch nach meinem Tod Auswirkungen auf das gesamte Universum hat.
    Hmh..das ist doch eine super Betrachtung für einen Weltgeist?

  5. #1205
    WT-Herb Gast

    Standard

    Nun hat michder WT-Treead auch noch hier her gelockt.... mit entsprechender Wirkung:
    ----

    Erziehung ist im weitesten Sinne Bildung und Wertevermittlung. Werte basieren auf den Regeln des Zusammenlebens. Zusammenleben gestaltet sich von innen nach außen, von der Familie über die soziale Gemeinschaft über das Umfeld von Gemeinde/Stadt bis hin zum Staat und zur Weltgemeinschaft.

    Die Werte sind keine natürliche, keine fremdbestimmte Angelegenheit, sondern wurden synthetisch gebildet, um das Zusammenleben zu regeln, "lebbar" zu machen, in erster Linie, um den Schwachen zu schützen.

    Religionen ordnen den Wert des Einzelnen einem Ganzen unter. Das tun Gesellschaften auch. Der Einzelne "dient" dem Ganzen. Der Bürger dem Staat, der Gläubige seiner Religion. Im Unterschied zwischen Staat (Volk) und Religion, dient der Christ dem "Individuum" Gott, im Staat dient er "allen". Für den Staat haben wir das Grundgesetz, für die Religion die Bibel oder den Koran oder oder....

    Das Ziel von Erziehung sind zwei Aspekte: Funktionalität in der Gemeinschaft und "Lebensglück" (Erfüllung, Freude, Liebe, Gesundheit...)

    Dissonanzen ergeben sich, wenn die Ziele der Religion und die Ziele der Gesellschaft nicht konform sind. So gibt es Brüche zwischen den Praktiken bestimmter Religion und der Gesellschaft - je nach Orientierung der beiden Gruppen im gemeinsamen Lebensbereich. Wir kennen die Kritiken an Sekten in ihrem Verständnis zur Erziehung, zum Frauenbild, etc. im Kontext zur freiheitlichen Lebensführung in hiesiger Gesellschaft.

    Gesellschaft ist nicht werteneutral, auch wenn sie die freie Religionsausübung garantiert, weil sie selbst, die Gesellschaft, ein eigenes Regelwerk besitzt. Religionen können nicht werteneutral sein, weil sie einen Anspruch auf ihre eigenen Werte haben.

    Religiöse Erziehung kann daher nicht ohne den religiösen Hintergrund betrachtet werden, nicht ohne die spezifischen Werte der betreffenden Religion. Katholische Erziehung ist anders, als evangelische, diese ist anders als freikirchliche und freikirchliche unterscheiden sich zuweilen sehr.

    Soweit "im Allgemeinen" sich christliche Religionen in ihren Werten mit den Werten "unserer" Gesellschaft im Einklang befinden, kommt es dennoch auf die genauere Betrachtung im Einzelfall an. Gerade in der Erziehung spielt die Ausprägung strenggläubiger Menschen einen großen Einfluss auf "das Kind", bis hin zu Ausgrenzungen von Nachbarkindern, der Wahl der Schule, der Gestaltung des sozialen Umfelds und der Freizeit des Kindes.

    Es gibt natürlich auch die positiven Auswirkungen durch die Vermittlung UND das Verinnerlichen christlicher Werte wie Nächstenliebe oder Gewaltverzicht. Dies sind aber auch Werte, die von unserer Gesellschaft geprägt werden. Der Unterschied liegt im "Nutzen". Während im gesellschaftlichem Kontext das Handeln "für den Anderen" einen Verzicht auf Eigenes darstellt, ergibt es im religiösen Kontext einen Gewinn durch Belohnung eines Gottes oder eines guten Gewissens. Die Bergpredigt ist voll von Belohnung für christlich orientiertes Handeln. In unserer Gesellschaft gibt es allenfalls Abschreibungen bei den Steuern und vielleicht eine Aufwandsentschädigung und - nach vielen Jahren - eine Ehrung durch den Bürgermeister

    "Es lohnt sich" also eher, als religiöser Mensch Werte auszuleben, als in atheistischer Gesinnung dem natürlichen Ego eine Grenze zu setzen. Dass man dass nur kann, wenn man gläubig ist, deckt sich nicht mit der Wirklichkeit der Kirchen, die - auch ohne Glauben - ganz prächtig funktionieren können. Kirche, Staat und Glauben sind drei Ebenen, die nicht zwingend das Gleiche wollen.

    Eine Empfehlung zur oder gegen christliche Erziehung kann es nicht geben, da dies im Kern immer eine Glaubensfrage des Einzelnen ist. Ein "frommer Christ" wird immer christlich erziehen wollen. Ein Atheist wird selten auf die Idee kommen, seinen Kindern aus der Bibel vorzulesen. Jeder wird tun, was er für richtig hält. Auch ungeachtet der Werte des Staates, in dem er mit seiner Familie lebt. So werden Muslime ihre Kinder in ihrem Glauben erziehen, Baptisten in ihrem Glauben, wie Katholiken eben auch.

    "Wichtig" ist, zu begreifen, das der Mensch keine "Sache" ist, die man wie einen Kuchenteig beliebig anrühren und formen kann. Jeder Mensch hat die Freiheit zur eigenen Lebensenführung - auch für oder gegen eine Religion, für oder gegen einen Glauben, für "seine" Art zu leben - solange er damit nicht in die Rechte Anderer eingreift.

  6. #1206
    Gast Gast

    Standard

    gut reden, gut denken, gut handeln.
    Wir refen ohne zu wissen plappern nach, entwicklung, dann..
    Gut Nacht Euch allen!

  7. #1207
    Niffel Gast

    Standard

    passt glaube ganz gut hier rein: Artikel

  8. #1208
    Terao Gast

    Standard

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen

    Ich sehe nicht recht, wie der Begriff "Phantasie" erkenntnistheoretisch oder hermeutisch beitragen könnte zu der Deutung menschlicher Erfahrung?
    Die Erkenntnis, dass menschliche "Erfahrung" (der Begriff wackelt doch in dem Zusammenhang ganz gewaltig) nicht unbedingt auf etwas jenseits des eigenen Kopfes bezogen sein muss?
    Wenn Du meinst, dass wir Gott "erfahren", in derselben Weise, wie wir etwa Sherlock Holmes "erfahren", wenn wir über ihn lesen (und vielleicht noch ein bissl Fan Fiction dazuspinnen), bin ich sofort bei Dir. Wenn ich die gläubigen Menschen richtig verstehe, sehen die das aber anders.
    Geändert von Terao (22-04-2017 um 20:06 Uhr)

  9. #1209
    carstenm Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Terao Beitrag anzeigen
    Die Erkenntnis, dass menschliche "Erfahrung" (der Begriff wackelt doch in dem Zusammenhang ganz gewaltig) nicht unbedingt auf etwas jenseits des eigenen Kopfes bezogen sein muss?
    Da ist nichts außerhalb unseres Kopfes, was nicht unser Kopf aus sich heraus kreiert hätte. - Alles ist Leere
    In unserem Kopf ist nur das, was wir durch unsere Sinne wahrnehmen können und unsere Reaktion auf diese Wahrnehmung. - Alles ist Form

    Beides ist gleichermaßen wahr. Diese Erkenntnis findet man in christlichen Zeugnissen ebenso wie in Texten des Buddha. Sie durchzieht die philosophischen Diskurse und ebenso die psychologischen oder psychotherapeutischen Sichten von Welt.
    Angesichts dieser doch eher komplexen erkenntnistheoretischen Situation war - und ist - mir deine Kategorie "Phantasie" nicht klar.

    ... in derselben Weise, wie wir etwa Sherlock Holmes "erfahren", wenn wir über ihn lesen ...
    Sind dir die historischen Bezüge der Geschichten bewußt?
    D.h.die Diskussion um die biographischen Aspekte, die teilweise Historizität der Handlungen, die von Doyle entwickelten Verfahren, die in die Polizeiarbeit Eingang gefunden haben ...
    Wenn wir Sherlock Holmes lesen, erfahren wir tatsächlich 'ne ganze Menge Dinge, die sowohl außerhalb unseres Kopfes, als auch außerhalb des Kopfes des Verfasser im RealLife tatsächlich exisitiert haben ....

    Wenn Du meinst, dass wir Gott "erfahren", in derselben Weise, wie wir etwa Sherlock Holmes "erfahren", wenn wir über ihn lesen (und vielleicht noch ein bissl Fan Fiction dazuspinnen), bin ich sofort bei Dir.
    ... nichtsdestotrotz ist zu sagen, daß sich Theologie als Wissenschaft eben derselben wissenschaftlichen Methoden bedient, wie die Literaturwissenschaft, die Geschichtswissenschaft, die Religionswissenschaft, Sozialwissenschaften, Psychologie, ...
    Man kann ganz hervorragend wissenschaftliche Theologie treiben, ohne an eine wie auch immer geartete Existenz des Auslösers der untersuchten Erfahrungen (Sherlock Holmes) glauben zu müssen. Die Wissenschaft beschäftig sich allein mit den in dieser Welt tatsächlich faßbaren Aspekten.

    Spiritualität - ob nun christliche oder auch von anderen Religionen herkommend - ist aber keine Wissenschaft.

    Als wissenschaftlich denkender und arbeitender Theologe kann ich über Gott selber keinerlei Aussagen machen. Ich befasse mich ausschließlich auf unterschiedliche Weisen mit den Aussagen von Menschen über Gott. - Leere
    Als spiritueller Mensch erlebe und erfahre ich das, was ich "Gott" nenne oder "dao" oder "kami" oder "das Universum" oder ..., wenn andere Menschen eine Bezeichnung von mir verlangen, ganz unmittelbar. Immer. - Form

    Und beides ist - in meinem Leben - gleichermaßen wahr.
    Geändert von carstenm (24-04-2017 um 13:47 Uhr)

  10. #1210
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    Standard

    Hallo Niffel,

    Zitat Zitat von Niffel Beitrag anzeigen
    passt glaube ganz gut hier rein: Artikel
    Der von Dir verlinkte Artikel, enthält meiner Meinung nach, einige wesentlich Irrtümer. Diese findet man aber recht häufig. Auch hier im Thread.

    Verwechselt werden im Allgemeinen Wissenschaft mit Ideologie. Als Beispiel das Zitat:

    "Dann gab es Zeiten, in denen sich die Wissenschaft angesichts größter Krisen (Tschernobyl, Fukushima) zunächst ratlos und dann widersprüchlich zeigte."

    Die Schlamperei in Tschernobyl und die Entscheidung ein Kernkraftwerk in einer Erdbeben- und Tsunamizone zu bauen, sind politisch und finanziell zu erklären, nicht wissenschaftlich.

    Ein weiteres Beispiel, dass auch hier im Thread aufgetaucht ist, ist die Behauptung, "Millionen von Toten, wissenschaftlich begründet". Das ist das gleiche Prinzip. Nur weil jemand behauptet, wissenschaftlich vorzugehen, tut er es noch lange nicht.

    Grüße
    SVen

  11. #1211
    washi-te Gast

    Cool

    Zitat Zitat von cekavau Beitrag anzeigen
    hallo niffel,

    ein weiteres beispiel, dass auch hier im thread aufgetaucht ist, ist die behauptung, "millionen von toten, wissenschaftlich begründet". Das ist das gleiche prinzip. Nur weil jemand behauptet, wissenschaftlich vorzugehen, tut er es noch lange nicht.

    Grüße
    sven
    + 1

  12. #1212
    washi-te Gast

    Cool

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Als wissenschaftlich denkender und arbeitender Theologe kann ich über Gott selber keinerlei Aussagen machen. Ich befasse mich ausschließlich auf unterschiedliche Weisen mit den Aussagen von Menschen über Gott. - Leere
    Theologie (griechisch θεολογία theología, von θεός theós ‚Gott‘ und λόγος lógos ‚Wort, Rede, Lehre‘) bedeutet „die Lehre von Gott“ oder Göttern im Allgemeinen und die Lehren vom Inhalt eines spezifischen religiösen Glaubens und seinen Glaubensdokumenten im Besonderen. (Wikipedia)
    "Die Lehre von Gott" macht keine Aussagen über Gott? Sehr merkwürdig.

    Kann das sein dass das für die meisten Theologen eher nicht zutrifft, was du schreibst? Für mich klingt das eher nach "Religionswissenschaft", und das ist ja wohl ein anderes Fach.

  13. #1213
    carstenm Gast

    Standard

    Ferdinand Hahn schreibt in der zweiten Auflage seiner "Theologie des Neuen Testaments" von 2005 auf Seite 17 über meinen theologischen Lehrer:
    "Klaus Berger hat 1994 eine 'Theologiegeschichte des Urchristentums' vorgelegt, die er gleichzeitig als 'Theologie des Neuen Testaments' bezeichnet. Er berücksichtigt eine Vielzahl von urchristlichen Traditionen und schließt ebenfalls apokryphe Schriften mit ein. Damit wird aber die urchristlichen Theologiegeschichte zu einer Religionsgeschichte des frühen Christentums."

    Über Gert Theißen, bei dem ich ebenfalls studiert habe, schreibt er auf Seite 18, er wolle in dem "2000 erschienenen Buch 'Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums' den 'Versuch einer religionswissenschaftlichen Beschreibung und Analyse der urchristlichen Religion"' vorlegen. (S 13)."

    Diese beiden waren in der Dekade, in der ich in Heidelberg studiert habe, dort die führenden Neutestamentler. Und sie waren - und sind - zum einen nicht nur nicht allein mit diesem Verständnis im Bereich Neutestamentlicher Forschung. Sondern ihre Arbeit fußt zum anderen auf einer Traditionslinie (auch im Bereich der Wissenschaft gibt es so etwas wie "Lineage") von Neutestamentlern, die diese Arbeitsweise begründet und vorangetrieben haben.

    Und entsprechendes gilt für die anderen Gebiete der Theologie. Evangelische Theologie ist ein Geisteswissenschaft und wird gelehrt an staatlichen Universitäten. Dort wird nicht gepredigt oder gebetet, sondern dort wird gearbeitet mit denselben Methoden, wie in anderen Geisteswissenschaften auch.
    Und mindestens im Bereich der evangelischen Theologie lernt jede/r Studierende, mit diesen Methoden zu arbeiten.

    Auch die Gotteslehre als Teilbereich der Systematischen Theologie entwickelt ihre Aussagen an Texten. Und natürlich nicht aus einer - wie auch immer vorstellbaren - unmittelbaren Wahrnehmung Gottes.

    In den lutherischen Bekenntnisschriften wird immer wieder ganz ausdrücklich eine Theologie, die sich auf die Möglichkeit der unmittelbaren Wahrnehmung Gottes begründet verdammt. Die Vertreter solcher Richtungen sind dort als "Schwärmer" bezeichnet. Also in etwa bekloppte Spinner, die den Boden unter den Füßen verloren haben. (Wie es ja dann den in Münster in Käfigen aufgehängten Vertretern dieser Theologie auch buchstäblich widerfahren ist.)

    Noch einmal:
    Theologie als geisteswissenschaftliche Disziplin ist etwas anderes als geistliches Leben.
    Geändert von carstenm (25-04-2017 um 11:48 Uhr)

  14. #1214
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    In den lutherischen Bekenntnisschriften wird immer wieder ganz ausdrücklich eine Theologie, die sich auf die Möglichkeit der unmittelbaren Wahrnehmung Gottes begründet verdammt. Die Vertreter solcher Richtungen sind dort als "Schwärmer" bezeichnet. Also in etwa bekloppte Spinner, die den Boden unter den Füßen verloren haben. (Wie es ja dann den in Münster in Käfigen aufgehängten Vertretern dieser Theologie auch buchstäblich widerfahren ist.)
    Das ist interessant,
    zu Ostern gab es Infotainment zum Lutherjahr, da wurde behauptet, dass die Wiedertäufer eigentlich nur das umsetzten, was Luther in jungen Jahren forderte: das jeder Gläubige einen direkten Zugang zu Gott finden könne..
    Ob der Gottesstaat der Wiedertäufer auf mystischen Eingebungen oder Auslegungen der Bibel beruhte, weiß ich nicht...
    Allerdings hat Luther zumindest die Bibel breiteren Schichten direkt zugänglich gemacht, während Du ja weiter vorne die heutige Lehrmeinung wiedergabst, dass man die Bibel ohne Theologiestudium oder ähnlichen Hintergrund gar nicht verstehen könne...
    D.h. heute kann man die Bibel zwar in deutsch lesen und auch für wenig Geld erwerben, ja sogar online kostenfrei lesen.... es nützt einem aber nichts, weil man einen Theologen braucht, die einem die Texte richtig deutet....

  15. #1215
    carstenm Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Aruna Beitrag anzeigen
    Ob der Gottesstaat der Wiedertäufer auf mystischen Eingebungen oder Auslegungen der Bibel beruhte, weiß ich nicht...
    Genau darum ging's.

    während Du ja weiter vorne die heutige Lehrmeinung wiedergabst, dass man die Bibel ohne Theologiestudium oder ähnlichen Hintergrund gar nicht verstehen könne...
    D.h. heute kann man die Bibel zwar in deutsch lesen und auch für wenig Geld erwerben, ja sogar online kostenfrei lesen.... es nützt einem aber nichts, weil man einen Theologen braucht, die einem die Texte richtig deutet....
    Das hat auch schon Luther so gesehen.
    Das wird deutlich zum einen, wenn man seine Gedanken zum geistlichen Amt anschaut. Es gibt dort zwar das sog. "Priestertum aller Gläubigen". Nichtsdestotrotz ist "um der Ordnung" (und damit ist die Lebenswirklichkeit der Welt gemeint) ein spezifisches Amt notwendig, das in der Lage ist, das Verständnis der Schrift qualifiziert zu vermitteln.

    vergl. CA 5: VOM PREDIGTAMT
    Um diesen Glauben zu erlangen, hat Gott das Predigtamt eingesetzt, [das Evangelium und die Sakramente gegeben,] durch die er als durch Mittel den Heiligen Geist gibt, der den Glauben, wo und wann er will, in denen, die das Evangelium hören, wirkt, [das da lehrt, daß wir durch Christi Verdienst, nicht durch unser Verdienst, einen gnädigen Gott haben, wenn wir das glauben.]
    Und es werden die verdammt, die lehren, daß wir den Heiligen Geist ohne das leibhafte Wort des Evangeliums durch eigene Vorbereitung, Gedanken und Werke erlangen.

    Zum anderen, wenn man die Intention hinter seiner Übersetzung bedenkt. Ihm ging es nämlich in erster Linie darum, die Auslegungen nicht mehr auf den lateinischen, also bereits übersetzten und also interpretierten Text zu gründen, sondern bei der Auslegung wieder zurückzukehren zu den auf Hebräisch und Griechisch verfaßten Originaltexten. Daher rührt die bis heute geltenden Voraussetzung für das Studium evangelischer Theologie, diese beiden Sprachen zu erlernen. Wer in Hebräisch und/oder Griechisch nachhaltig durchfällt, kann weder das Studium beenden, noch PfarrerIn werden.

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