Nördlich des Flusses leben als unsere nächsten Verwandten die Schimpansen. Sie sind organisiert in kleinen Verbänden, an deren Spitze ein Mann steht. Diese mit absolutem Machtanspruch ausgestattete Persönlichkeit organisiert seine Herrschaft über das, was man unter Menschen als Männerbünde bezeichnen würde. Durch Zeichen- und Lautkommunikation stimmen sich die Männer dieser Gruppe untereinander ab. Sie organisieren sowohl Jagden auf kleinere Primaten als auch Feldzüge in die Territorien benachbarter Schimpansengruppen. Hierbei schrecken sie vor der Tötung von gruppenfremden Artgenossen nicht nur nicht zurück, sie scheint sogar konzeptionelles Ziel der Aktion zu sein.
Innerhalb der Gruppe besteht eine absolute Dominanz über die Weiber, die keinerlei Mit- und Selbstbestimmungsanspruch haben und – anders als die Männer – keine Freundschaften unter Geschlechtsgenossen/innen bilden. Die nach Außen dokumentierte Brutalität der Männer wirkt ebenso nach innen. Unbotmäßige Weiber werden verfolgt und brutal gemaßregelt. Das kann bis zum Tode der verfolgten und misshandelten Weiber und ihrer Säuglinge führen. Konfliktlösung erfolgt grundsätzlich durch Gewaltanwendung. Bei der Nahrungsaufnahme und insbesondere bei aufwändig zu beschaffenden Gourmet-Spezialitäten wie frischem Fleisch herrscht Futterneid – eine sozial verträgliche Aufteilung der Beute erfolgt nicht.
Südlich des Kongo leben inmitten des tiefen Urwaldes die engsten Verwandten der Schimpansen. Diese fast identischen Primaten mit der Bezeichnung Bonobo stellen in ihrem Verhalten fast in allen Punkten das genaue Gegenteil der Schimpansen dar. Zwar leben auch sie in kleinen Sozialverbänden, die jedoch von einem dominierenden Weib geführt werden. In diesen Gruppen stellen die Männer die rangniedrigsten Mitglieder der Gruppe dar.
Auch Bonobos gehen gemeinsam auf Jagd, jedoch sind Feldzüge gegen benachbarte Gruppen unbekannt. Vielmehr erfolgt bei zufälligem Zusammentreffen Kontaktaufnahme und Kommunikation. Sowohl innerhalb der Gruppe als auch zwischen den Gruppen kann es zu Konflikten kommen, die jedoch nie die Brutalität der Schimpansengruppen erreichen. Die Konfliktlösung erfolgt durch die Weiber – allen voran dem Alphaweib – auf friedlichem Wege: Durch Sex. Diese Form der konfliktlösenden Kommunikation ist derart präsent, dass sich der Eindruck vermittelt, die Bonobos seien beständig mit sexuellen Handlungen beschäftigt. Hierbei ist es nicht nur der direkte Kontakt der Geschlechtsorgane – auch der schnelle Handgriff in die Klitoris oder an den Penis trägt zur augenblicklichen Entspannung von Stresssituationen bei. Bonobo-Gruppen agieren sozial, indem beispielsweise tierische Beute gerecht verteilt wird.
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Anthropologische Analogien
Gehen wir von der Annahme aus, dass es sich bei den Beobachtungen bei Primaten nicht um evolutionäre Zufälligkeiten handelt, sondern Kausalzusammenhänge bestehen, so könnte dieses auf eine schlichte Formel gebracht werden:
– Je größer der Aufwand zur Versorgung und Sicherheit der Gruppe, desto ausgeprägter nimmt die Gemeinschaft von Gewalt geprägte, männlich-totalitäre Herrschaftsformen an.
– Je geringer der Aufwand zur Versorgung und Sicherheit der Gruppe, desto unmaßgeblicher wird das Gewaltanwendungspotential und umso mehr entwickelt sich die Sozialgemeinschaft über Gleichberechtigung hin zur weiblichen Dominanz.
https://spitzwege.wordpress.com/2014...sche-analogie/