Frontline Books (gebunden/2016)
Übersetzer: Jeffrey L. Forgeng
ISBN 978-1-47387-675-0
200 Seiten

Das Fechtbuch von Joachim Meyer ist neben I31, Liechtenhauer und Thalhoffer eine der wichtigsten Quellen zur Unterrichtung der mittelalterlichen Kampfkunst und somit eine Grundlage der wissenschaftlichen und sportlichen Beschäftigung mit den historischen Kampfkünsten. 2006 veröffentlichte Jeffrey L. Forgeng die erste Übersetzung ins Englische und schuf somit auch für die nicht-deutschsprachige HEMA-Gemeinde ein wichtiges Studienbuch. Seitdem sind in Basel, Straßbourg und anderen Städten aber weitere Schriften Meyers aufgetaucht und außerdem hat man seitdem auch so das ein oder andere über Meyer als reale historische Person herausgefunden, das zuvor noch nicht bekannt gewesen ist. Diese neuen Quellen und die daraus ableitbaren bisherigen Erkenntnisse sind in diese Neubehandlung eingeflossen.

Nach einer Einleitung zur Entstehungsgeschichte dieses neuen Buchs wird erst kurz Meyers Leben dargestellt, sowie sein Werk unter Einbezug des neuen Rostocker Fechtbuchs. Außerdem gibt es einige Hinweise zu den hier angeführten Waffen – wobei ich etwas erstaunlich finde, dass die Meyersche Fechtfeder hier nicht deutlicher als das Trainingsgerät dargestellt wird, dass sie nach der Meinung vieler gewesen ist. Und es gibt einige überaus notwendige Hinweise zur Übersetzung, denn immerhin handelt es sich hier um einen mittelalterlichen Text mit Zitaten und Bezügen auf ältere Texte.

Im Folgenden kommt dann der eigentliche Text Meyers – mit nützlichen Fußnoten und den kolorierten Bildern, die damals den Druck dieses Werks zu einer im wahrsten Sinne des Wortes prinzlichen Angelegenheit gemacht hatten. Dies ist kein einfach zu lesender Fließtext, sondern ein trainingsbegleitendes Handbuch, das bei der Leserschaft Einiges voraussetzte – wie etwa den direkten Zugriff auf einen Fechtmeister, der bei Fragen weiterhilft. Darum erfordert der Meyer, wie alle mittelalterlichen Fechtbücher – von dem Praktizierenden Einiges an Interpretationsleistung – und sorgt unter den Praktizierenden immer wieder zu neuen Diskussionen.

Das Buch selbst ist dreiteilig und beschäftigt sich mit dem Langshwert (Eineinhalb-Händer bzw. Bas-tardschwert), dem Dusack (eine Trainingshilfe für das Erlernen der Arbeit mit unterschiedlichen einhändigen Klingenwaffen, die länger als Messer sind) und für das damals ganz neu aufkommende Rapier, das auf Grund seines Gefäßes ein paar andere Anforderungen an den Fechter stellte, als die vorhergehenden Schwerter. Da diese Waffe in der Regel nur im Zweikampf und weniger auf dem Schlachtfeld Anwendung gefunden hatte, gibt es dabei dann auch ein eigenes Kapitel zum „Prügeln mit dem Rapier.“ Außerdem gibt es auch ein kleines Abschlusswort zur Cappa (dem Mantel) als Begleitwaffe zum Rapier.

Nach einem ausgiebigen Glossar und einer (Mittelhoch)deutschen-englischen Wörterliste findet sich im Appendix noch ein Abdruck des Rostocker Manuskripts, ein Aufsatz von Olivier Dupuis über Meyer aus dem Jahr 2006, Direktzitate der angegeben historischen Quellen mit einer englischen Übersetzung und eine umfangreiche Bibliographie.

Natürlich gibt es moderne Trainingsbücher mit Interpretationen ziemlich nachvollziehbaren Interpretationen von Meyers Schriften und Bildern mit aktuellen Trainingsmustern und erläuternden Photoserien, die für das reine Praktizieren sicherlich zunächst einmal hilfreicher sein mögen – aber wer sich direkt mit der Quelle auseinander setzen will und diese kritisch in ihrem historischen Umfeld verstehen möchte, der wird um Forgengs Arbeit nicht herumkommen. Ich nehme dieses Werk darum gerne in mein Trainingsarchiv auf.

K.-G. Beck-Ewerhardy (Eigenzitat aus amazon.de)