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Thema: Funker Tactical - Warum Blocken angeblich nutzlos sein soll ... oder doch nicht?

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  1. #1
    ~Wolf´s Den~ Gast

    Standard Funker Tactical - Warum Blocken angeblich nutzlos sein soll ... oder doch nicht?

    Hallo KKB-Community,

    heute würde ich gerne über folgendes Video des YouTube-Kanals "Funker Tactical - Fight Training Videos" diskutieren.



    In diesem Video möchte uns ein amerikanischer Polizist aus Las Vegas erkären, weshalb Blocks im Sinne vieler Kampfkünste und Selbstverteidigungssysteme nutzlos sein sollen. Stattdessen bevorzugt der Polizeibeamte eher die in Kampfsportarten übliche Cover-Matrix in Verbindung mit Distanzverkürzung und Winkelarbeit. Dieses taktische Konzept wird nicht nur als überlegen angesehen, sondern als einzig funktionale Antwort auf einen Schlägerangriff.

    Mal abgesehen davon, dass wir es hier wieder mit einem Video im Benimm-Modus von "meiner ist größer als Deiner" zu tun haben, ist die Aussage, dass Blocks in dynamischen Situationen nicht funktionieren schlicht falsch.

    Der Las Vegas Cop hat im Video darum gebeten, dass man ihm ein Beispiel eines aktiven Kämpfers aus dem Ring oder Käfig präsentieren möge, der seine Arme zum Blocken anstelle zum Covern einsetzt. Der Ordnungshüter behauptet, dass man niemanden finden würde, weil das Konzept des Blockens angeblich nicht funktioniert.

    Sorry, but I have to send you bad news to Las Vegas ... blocking is working!

    Um dem Mann seinen Frieden zu geben, präsentiere ich einen Kampf von Conor McGregor, indem er ab Minute 03:54 einen Hook des Kontrahenten im Aufbau mit seinem ausgestrecktem Arm und seiner Handkante neutralisiert und dabei selbst leicht abtaucht.



    Oft sagt man über manche MMA-Kämpfer, dass sie einen unorthodoxen Stil kämpfen. Das ist aber insofern falsch als dass es auch kämpferisch betrachtet mehr gibt als die klassische Muay Thai & Grappling-Matrix, die fast allen MMA-Kämpfern zugrunde liegt.

    Auch wenn Conor McGregor behauptet, dass er niemals ein formales Kampfkunsttraining genossen hat, so verfügt er eben doch über einen gewissen Karate-Background, der stilistisch in seinen Kämpfen deutlich wird. Neben einer guten Distanzkontrolle durch Schrittarbeit benutzt McGregor auch immer wieder gerne den ausgestreckten Arm als taktilen Sensor, Distanzmesser und um einen Schlagarm seines Gegners aktiv zu blocken im Sinne von "den Raum besetzen". In Kombination mit Ruhe, Übersicht, gutem Auge und schnellen ansatzlosen Schlägen hat er damit schon so manch anderen MMA-Kämpfer ausgeknockt.

    Nichts gegen Covering. Covern funktioniert. Insbesondere dann, wenn man einen Cover mit einem eigenen Gegenangriff verbindet und dann die Distanz in einem Trapping- & Winkel-Modus schließt. Das ist jedoch nicht der einzige Weg. Letztlich ist es egal, ob man nun blockt oder covered, beides funktioniert. Wichtig ist, dass man nach vorne geht, die gegnerischen Körperwaffen kontrolliert & neutralisiert und dann massive Gegenangriffe in jede sich bietende Lücke abfeuert.

    In der Selbstverteidigung hat man oft auch nur die "rush-in"-Option, weil die Umgebung nichts anderes zulässt (Raum, Gruppendynamik, Kontrolle über den Gegner, Waffeneinsatz etc.). Im Kampfsport ist das nunmal anders. Da mache ich vor dem Kampf eine gezielte Wettkampfvorbereitung auf einen speziellen Gegner, dessen Stärken und Schwächen ich einigermaßen einschätzen kann. Im Käfig habe ich den nötigen Raum, um mich defensiv auf den Füßen zu bewegen, Schlägen auszuweichen und auszupendeln. Ich kann taktieren, täuschen, auf den richtigen Moment für einen Knockout warten, mir meine "Luft" einteilen oder den Bodenkampf suchen, falls ich einen gefährlichen Striker vor mir habe. MMA ist brutal, aber trotz aller Brutalität noch Sport.

    Die Straße ist brutal, aber eben kein Sport. Da kommt auch mal ein Messer, wo man zuvor nie eins vermutet hat. Deshalb ist es umso wichtiger nicht einfach nur zu covern und reinzulaufen, sondern eben möglichst schnell die gegnerischen Arme unter Kontrolle zu bringen. Klar, Distanzverkürzung und Winkelarbeit ist richtig, aber zuvor steht die Kontrolle. Und die erreiche ich nicht, wenn ich mich komplett oben decke, so dass ich mich sogar in meinen visuellen Wahrnehmung selbst einschränke und nicht mal mehr im Ansatz erkenne, wie sich der Gegner bewegt. Ihr dürft nicht vergessen, auch der Gegner kann mich mit eigener Winkelarbeit auskontern (nicht jeder Kriminelle ist ein Besoffener, der kein Kontrolle mehr über seinen Körper besitzt), gerade dann wenn ich mich vollständig in eine Art "shell" verbarrikadiert habe. D. h. ich muss so schnell als möglich von der Reaktion in die Kontrolle und dann die Aktion übergehen. Die Reaktion kann nun in einem Block oder einem Cover oder auch in beidem gleichzeitig liegen. Hier geht es einfach um Reaktion, Kontrolle, Vorgehen aka Zumachen, Gegenangriff. Das benötigt Timing und muss eben immer wieder in verschiedenen Szenarios geübt werden.

    Den Vergleich zwischen Kampfsport vs. Eingreifen & Selbstverteidigung im Polizeidienst hinkt etwas. Das sollte der Cop eigentlich wissen. Natürlich covern Boxer. Erstens haben sie Handschuhe, die einen größeren Schutzbereich abdecken und zweitens müssen sie sich in der Ringecke keine Gedanken darüber machen, ein Knie in den Unterleib zu bekommen, Lowkicks zu kassieren oder auch im Clinch zu Boden geworfen und gegrappelt zu werden. MMA-Kämpfer parieren Schläge übrigens sehr wohl mit der Hand oder den Armen, allerdings sind das kurze Kontakte in einer dynamischen Situation. Die Hauptdefensivarbeit gegen Schläge im MMA funktioniert über Distanzkontrolle, einfach deshalb, weil man genügend Raum hat, um sich zu bewegen. Am Käfigzaun und in höchster Bedrängnis wird natürlich gecovered, aber auch nur um dann in den Clinch und mit dem Gegner in den Bodenkampf zu kommen, wo Schläge kontrollierbarer werden und in aller Regel keine größere Beschleunigung mehr erreichen können.

    Was Blocks betrifft, gibt es natürlich Blocks die funktionieren und welche, die das nicht tun oder eben auch Bewegungen in Formen und Katas traditioneller Kampfkünste, die als Blocks wahrgenommen werden, aber eigentlich nie dafür gedacht waren Schläge zu parieren.

    Gegen den Hook funktioniert der Kranich-Block, der übrigens in fast allen modernen Selbstverteidigungssystemen wiederzufinden ist, sehr gut. Der Block-Winkel ist relativ flach und groß, der Block-Arm wird speerartig gegen den angreifenden Hook-Arm gestoßen und neutralisiert diesen nicht etwa am Handgelenk oder am Unterarm, sondern in der Ellbogen-Beuge. Bewegt man sich dabei explosiv nach vorne, nimmt man damit dem Hook die Beschleunigung und somit die Wirkung. Die zweite Hand kann man simultan zum Gegenangriff oder zur Kontrolle einsetzen. Sieht man sowohl im Krav Maga als auch im Wing Tsun etc.. Und das funktioniert. Im Prinzip stellst Du dem Hook nicht einfach nur etwas entgegen, sondern shootest regelrecht in den Hook-Arm hinein, was für den Gegner durchaus schmerzhaft ist und Dir Kontrolle verschafft.

    So, jetzt lasse ich Euch mal über Sinn und Unsinn dieses Videos diskutieren, falls Ihr noch Lust habt.
    Geändert von ~Wolf´s Den~ (12-02-2018 um 17:42 Uhr)

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