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Thema: Deutsche "Combatives" im ersten Weltkrieg?

  1. #1
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    Standard Deutsche "Combatives" im ersten Weltkrieg?

    Was haben eigentlich die deutschen Soldaten im ersten Weltkrieg an H2H trainiert? Bei den Briten und Amerikanern war's Boxen und Jiu Jitsu, bei den Franzosen Savate, nur über die Deutschen findet man wenig.
    Boxen war in Deutschland bis 1918 verboten und wurde davor illegal in Hinterzimmern ausgeübt, Jiu Jitsu war im Kaiserreich noch nicht wirklich bekannt (Das Rahn'sche Zeug wurde meines Wissens erst in den 1920ern gross und davor gab's nicht viel). Was gab's damals denn noch? Oder haben die nur Bajonettieren nach Vorschrift geübt und fertig? Die Sturmtruppen müssen ja wohl noch irgendwas Anderes gemacht haben, für den Fall dass mal die Granaten ausgingen.
    Oder stand damals das Raufen noch in so hoher Blüte, dass eine grossartige waffenlose Ausbildung für den Durchschnittsdeutschen unnötig war?

  2. #2
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    Zitat Zitat von Spud Bencer Beitrag anzeigen
    Die Sturmtruppen müssen ja wohl noch irgendwas Anderes gemacht haben, für den Fall dass mal die Granaten ausgingen.
    Die Sturmbataillone haben sich ja gerade dadurch ausgezeichnet, dass sie über eine deutliche größere Feuerkraft verfügen konnten als der normale Schütze Peng im Graben. Insofern war der waffenlose Nahkampf hier ja nicht unbedingt im Zentrum der Aufmerksamkeit. Auch hat sich ja bei der militärischen Führung schon früh die Erkenntnis durchgesetzt, dass gerade der Nahkampf eben auch durch Feuerwaffen entschieden wird. Insofern wird da wohl nicht viel Zeit für irgendwelche ausgeklügelten H2H Sachen aufgewendet worden sein, außer "Spaten raus und drauf...".

    Evtl. hat der Willi hier ja aber noch andere Infos und kann was beisteuern.
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  3. #3
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    Mir fällt da "Abwehr englischer Gangstermethoden" ein.
    Ist im Grunde eine Übersetzung von Fairbairns "Get tough".
    Für den deutschen Soldaten verbieten sich solche Methoden natürlich, aber man muss ja wissen wie man dem entgegnet

  4. #4
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    Zitat Zitat von OliverJ Beitrag anzeigen
    Mir fällt da "Abwehr englischer Gangstermethoden" ein.
    Ist im Grunde eine Übersetzung von Fairbairns "Get tough".
    Für den deutschen Soldaten verbieten sich solche Methoden natürlich, aber man muss ja wissen wie man dem entgegnet
    Das war 2. Weltkrieg.

  5. #5
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    Zitat Zitat von Spud Bencer Beitrag anzeigen
    ...Jiu Jitsu war im Kaiserreich noch nicht wirklich bekannt ...
    Das ist nicht ganz richtig. Mir liegt ein Zeitungsartikel der deutschen Polizei von 1909 vor, in dem kund getan wird, dass die Polizei "Dschiudschitsu" lernt.
    Vielleicht hilft diese Info weiter?
    Man kann Energie investieren, darum zu kämpfen, dass alles so bleibt wie es ist oder um sich Neuem zuzuwenden. Ich jedenfalls werde keine Energie investieren, um dem Pferd von Buddha zu erzählen.

  6. #6
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    es gab 1908 order von ganz oben, dass zumindest die dt. offiziere jj lernen sollten... um es dann top-down weiterzugeben:

    http://query.nytimes.com/mem/archive...649C946997D6CF

    zum ganzen:

    https://www.bloodyelbow.com/2012/11/...n-the-trenches
    "If one of you can punch a hole through a shoji with just your ejaculation, then you'll be a real martial artist!" Morihei Ueshiba

  7. #7
    GrünerGurkenLurch Gast

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    Laut Erzaehlungen in den 1970ern meines Urgroßvaters und eines weitlaeufigen Verwandten (u.a. Einsatz in Flandern) hatten sie beide keine spezielle H2H Ausbildung erhalten, die ueber Bajonett, Spaten und Grabendoclh hinausging. Und das war wohl auch alles sehr komprimiert und in Form von Massendrills. Vieles war dann „Learning by doing“ und beim Aufrollen von Schuetzengraeben ganz einfach cognacgetriebene, nackte und rohe Gewalt,unterstuetzt durch geeignete Hieb- und Stichwaffen, wenn man erst genug Handgranaten reingeschmissen hatte.

    Dankenswerter Weise haben weder Urgrossvater noch Grossvaeter noch Onkel irgendwelche „Heldengeschichten“ vom Stapel gelassen, sondern recht „sachlich“ erzaehlt (was schon reichte, einrm die Haare zu Berge stehen zu lassen)
    Geändert von GrünerGurkenLurch (15-02-2018 um 18:29 Uhr)

  8. #8
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    Zitat Zitat von Mr.Fister Beitrag anzeigen
    es gab 1908 order von ganz oben, dass zumindest die dt. offiziere jj lernen sollten... um es dann top-down weiterzugeben:

    http://query.nytimes.com/mem/archive...649C946997D6CF

    zum ganzen:

    https://www.bloodyelbow.com/2012/11/...n-the-trenches
    Also doch Jiu Jitsu? War das dann das Zeug vom Rahn? Denn so schlecht haben sich die Deutschen im Handgemenge nicht geschlagen. Zumal JJ auch im 2. WK noch angesagt war, dann muss es ja also funktioniert haben.

    Zitat Zitat von GrünerGurkenLurch Beitrag anzeigen
    Laut Erzaehlungen in den 1970ern meines Urgroßvaters und eines weitlaeufigen Verwandten (u.a. Einsatz in Flandern) hatten sie beide keine spezielle H2H Ausbildung erhalten, die ueber Bajonett, Spaten und Grabendoclh hinausging. Und das war wohl auch alles sehr komprimiert und in Form von Massendrills. Vieles war dann „Learning by doing“ und beim Aufrollen von Schuetzengraeben ganz einfach cognacgetriebene, nackte und rohe Gewalt,unterstuetzt durch geeignete Hieb- und Stichwaffen, wenn man erst genug Handgranaten reingeschmissen hatte.

    Dankenswerter Weise haben weder Urgrossvater noch Grossvaeter noch Onkel irgendwelche „Heldengeschichten“ vom Stapel gelassen, sondern recht „sachlich“ erzaehlt (was schon reichte, einrm die Haare zu Berge stehen zu lassen)
    Wie erwähnt ist es ja durchaus möglich, dass damals jeder waffenlos ganz gut unterwegs war, weil Schlägereien häufiger waren. Zumindest aus dem süddeutschen Raum gibt's da wilde Geschichten aus dem ausgehende 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Da ging man nicht nur zum Trinken zum Volksfest, sondern auch um sich zu schlagen, damals laut Aussagen einiger Autoren "die einzige gymnastische Übung" des Süddeutschen.
    Geändert von Spud Bencer (15-02-2018 um 18:52 Uhr)

  9. #9
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    Zitat Zitat von Spud Bencer Beitrag anzeigen
    Das war 2. Weltkrieg.
    ups Schnelllschuß
    Ich sollte in der Mittagspause lieber die Finger von der Tastatur lassen

  10. #10
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    Es gibt ja - gerade von deutscher Seite - jede Menge Erfahrungsberichte, Tagebücher, auf Erfahrungen beruhende Romane etc.
    In allen diesen - ich denke doch recht glaubwürdigen Quellen - wird im Großen und Ganzen berichtet, dass sie in der Ausbildung hauptsächlich marschieren und Geradeausschießen gelernt haben und den Rest dann durch learning by doing im Schützengraben.

    Ernst Jünger berichtet von einem Lehrgang für Sturmtruppführer in dem es wohl um das richtige Bewegen im Gelände ging - sich gegenseitig decken etc.
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  11. #11
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    So zwischen Tür und Angel ... ich schreibe da heute oder morgen mal einen längeren Text zu, fällt ja in meinen Interessensbereich. Ich suche mal mein Material zusammen, da habe ich im Moment keine Zeit zu.

  12. #12
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    Ich hatte mal ein französisches Manual (als PDF Datei) wo es um die H2H Sachen der Franzosen im 1. Weltkrieg ging.

    Hier auch weniger auf Basis des Savate bzw. des Lutte Parisienne als Subsystem, es ging mehr um Jiu-Jitsu.

    Gruß Markus
    Geändert von krav maga münster (16-02-2018 um 12:56 Uhr)

  13. #13
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    Zitat Zitat von Spud Bencer Beitrag anzeigen
    Was haben eigentlich die deutschen Soldaten im ersten Weltkrieg an H2H trainiert?

    Was gab's damals denn noch? Oder haben die nur Bajonettieren nach Vorschrift geübt und fertig? Die Sturmtruppen müssen ja wohl noch irgendwas Anderes gemacht haben, für den Fall dass mal die Granaten ausgingen.
    Oder stand damals das Raufen noch in so hoher Blüte, dass eine grossartige waffenlose Ausbildung für den Durchschnittsdeutschen unnötig war?
    So ...

    Ich beziehe mich jetzt ausschließlich auf das Deutsche Heer des Kaiserreiches ( 1871 - 1918 ). Sonst wird es einfach zu unübersichtlich. Kleiner Schlenker - die Franzosen hatten nicht nur Savate, sondern es gab mehrere " H2H "-Systeme parallel und die unterschieden sich schon. Alleine die Messertechniken, die aus der " korsischen Schule " stammten, hatten mit Savate nichts zu tun.

    Tatsächlich gab es für den einfachen Soldaten im kaiserlichen Heer keine Ausbildung im waffenlosen Nahkampf. Die Waffen des Soldaten waren sein Gewehr Mauser 98, das Seitengewehr ( Bajonett ) und Handgranaten. Es gab lediglich eine Ausbildung im Bajonettfechten, da gab es übrigens verschiedene Vorschriften ( Preußen, Bayern, Württemberg usw. obwohl die Techniken sich nicht groß unterschieden, lediglich die Konzeption des Unterrichts ). Dafür wurden überzählige und ausgemusterte Gewehre genutzt. Theodor Heuss, der ein Gegner der Bundeswehr war und gegen ihre Aufstellung in den 50ern forderte z.Bsp. explizit, daß auf eine Bajonettausbildung verzichtet werden soll. Er hatte vor dem 1. Weltkrieg in der württembergischen Armee gedient und die Bajonettausbildung als üblen Drill und Schikane empfunden. Daß wird wohl auch der tiefere Sinn des Trainings gewesen sein. Beim Training Mann gegen Mann wurden Simulatoren genutzt um die Verletzungsgefahr zu minimieren. Die Bajonette waren auch grundsätzlich stumpf und sollten nur im Kriegsfalle geschärft werden.

    Was man nicht übersehen darf, war der Stellenwert von Blankwaffen in der damaligen Zeit. Für Offiziere gehörten Blankwaffen ganz selbstverständlich zur Ausrüstung. Das Seitengewehr war ja auch Teil der normalen Uniform. Hatte ein Soldat Ausgang, so trug er ein " Ausgeh-Seitengewehr ". Das Seitengewehr hatte ja auch den Status eines Erkennungsabzeichens. Hatte ein Soldat es nicht, war das eine disziplinarische Maßnahme und für jeden erkennbar, daß er etwas auf dem " Kerbholz " hatte ( ein Dienstvergehen als Beispiel ). Offiziere hatten allenfalls Unterricht im Ringen, obwohl das auch nicht systematisch durchgeführt wurde. Reiten, Fechten, " Baden " ( also Schwimmen ) und Turnen waren hingegen Pflichtprogramm.

    Lassen wir mal weg, warum es zum 1. Weltkrieg kam und wie sein Verlauf war. Nur war es ja so, daß an der Westfront der Krieg schon am Südabschnitt 1914 fast zum erliegen kam. Jetzt kam die Zeit der Grabenkämpfe. Ich erkläre mir die Nichteinführung eines NK-Systemes so, daß die Generalität ( auch in anderen Ländern ) davon ausging, daß ein Krieg aufgrund der technischen Möglichkeiten nur noch kurze Zeit dauern würde. Genau das Gegenteil passierte jetzt ja und man war auf jahrelange Stellungsgefechte einfach nicht vorbereitet. So behalf man sich in dem man ergänzend zur Ausrüstung eben Hieb- und Stichwaffen allert Art ausgab. Alles was man in den Zeughäusern fand oder was Messerhersteller in Solingen und andernorts herstellten wurde jetzt beschafft und ausgegeben. So ergab sich jetzt ein unglaubliches Sammelsurium an selbstgebauten Keulen, Jagdnickern, gekürzten Bajonetten, Beutewaffen und was weiß ich noch. Das Gewehr mit aufgeplanztem Bajonett war ja einfach zu hinderlich im engen Graben und wurde so ersetzt. Nicht wenige Bajonette wurden auch einfach gekürzt und neu angespitzt. Von diesen improvisierten Waffen wurde aber der angeschärfte Klappspaten am wichtigsten.

    Die " Stoßtruppen " bzw. Sturmbataillone verzichteten weitestgehend auf das Bajonett und nutzten die Handgranate und den Spaten. Sie waren ja auch der erste Truppenteil der mit der MP 18 Bergmann bewaffnet wurde. Die älteste Dienstvorschrift dich habe, ist die DV von 34, also der Reichswehr. Da sind noch die üblichen Techniken: Blocken mit dem Gewehr, Kolbenstöße, Dolchabwehr usw. abgebildet. Ältere Anleitungen habe ich nicht, aber sie existieren. Es handelt sich aber wirklich nur um Techniken rund ums Gewehr mit aufgeplanztem Bajonett.

    Ich hoffe ich habe nichts vergessen und es einigermaßen sinnvoll dargestellt. Auf die anderen Nationen bin ich jetzt nicht eingegangen, weil es ja auch nicht Teil der Frage war.
    Geändert von Willi von der Heide (17-02-2018 um 16:44 Uhr)

  14. #14
    Wong F. Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Willi von der Heide Beitrag anzeigen
    So ...
    Es handelt sich aber wirklich nur um Techniken rund ums Gewehr mit aufgeplanztem Bajonett.

    Ich hoffe ich habe nichts vergessen und es einigermaßen sinnvoll dargestellt. Auf die anderen Nationen bin ich jetzt nicht eingegangen, weil es ja auch nicht Teil der Frage war.
    Nachvollziebar. Thx.

  15. #15
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    Zitat Zitat von Willi von der Heide Beitrag anzeigen
    Text
    Danke dafür

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