Zitat von
Julian Braun
Also die Schritte sind:
1. Ich glotze auf das Oszilloskop.
2. Ich entscheide mich für Links oder Rechts.
3. Ich merke mir die Stelle des Lichtpunkts.
4. Ich bewege die Hand.
5. Ich nenne die Stelle des Lichtpunkts.
Korrekt?
So dargestellt hört sich das ziemlich kompliziert an.
Punkt 2 ist mir nicht ganz klar, auch in Deinem Eingangsbeitrag sprichst Du von einer Entscheidung zwischen rechtem und linken Arm.
In dem ersten Experiment war die Aufgabe lediglich, die Finger der rechten Hand zu bewegen.
Die Entscheidung betraf also nicht was bewegt wird, sondern wann bewegt wird.
Und wann auch nicht im Sinne von " um 14:13:00 hebe ich die Hand" sondern im Sinne von "jetzt hebe ich die Hand".
Die Versuchspersonen hatten die Aufgabe, mehrmals (insgesamt vierzig Mal) eine einfache Handbewegung der rechten Hand auszuführen. Den Zeitpunkt der Ausführung konnten sie jeweils weitgehend frei wählen. Gleichzeitig waren sie aufgefordert, sich genau zu merken, wann sie den bewussten "Drang" ("urge") oder Wunsch verspürten, die Bewegung auszuführen. Zu diesem Zweck sollten sie sich die Position eines Punktes merken, der sich ähnlich wie ein Sekundenzeiger mit einer Geschwindigkeit von ca. 2,5 Sekunden pro Umdrehung auf einer Art Zifferblatt bewegte
http://www.philosophieverstaendlich....ell/libet.html
Also:
1.) Du glotzt auf das Oszilloskop
2.) Dir wird bewusst, dass Du das Finger heben einleitest und merkst Dir die Stelle des Lichtpunktes zu diesem Zeitpunkt
3.) Deine Muskeln werden aktiviert, um die Finger tatsächlich zu heben.
4.) Du berichtest von der gemerkten Zeigerstellung.
Zitat von
Julian Braun
Zum Ergebnis heißt es dann im Wiki-Artikel:
"Das Bemerkenswerte an diesem Ergebnis war, dass der Zeitpunkt, zu dem die willentliche Entscheidung bewusst wurde, in jedem Fall deutlich nach dem Zeitpunkt lag, an dem im motorischen Kortex eine, für die Bewegung charakteristische, einleitende Nervenaktivität bereits begonnen hatte."
Heißt das, dass die Bewegung schon vor 2. eingeleitet wurde, oder vor 4. ?
Das heißt, dass im Gehirn die Bewegung schon vor 2.) "eingeleitet" wurde und natürlich auch vor Deinem 4. (meinem 3.)
Dass im Gehirn was passiert, bevor sich was bewegt ist ja keine Überraschung.
Dass im Gehirn schon was passiert, bevor einem bewusst wird, dass man sich bewegen will, war die Überraschung.
Das, was im Gehirn passierte, war das Bereitschaftpotential:
Das symmetrische Bereitschaftspotential ist ein im Elektroenzephalogramm (EEG) messbares negatives elektrisches Potential, das bei der Vorbereitung willentlicher Bewegungen entsteht und etwa eine Sekunde vor der Ausführung der Bewegung einsetzt. Das Potential ist sehr schwach; es kann daher nur durch Mittelung über eine Vielzahl von Versuchsdurchgängen (meistens etwa 40) festgestellt werden. Die zugrunde liegende neuronale Aktivität tritt auf im supplementären motorischen Areal, im primären motorischen Areal sowie in den primären und sekundären sensorischen Arealen (Green, St. Arnold, Rozhkov, Stroher und Garrot 2003; vgl. Walter 1998). Um eventuelle Verzerrungen bei der Datierung des bewußten Willensaktes durch die Versuchsperson abschätzen zu können, ließ Libet seine Versuchspersonen mit derselben Uhr leichte elektrische Hautreize datieren.
http://www.philosophieverstaendlich....ell/libet.html
aus Wikipedia:
Während die Contingent Negative Variation (CNV) als ein Hirnpotential zwischen zwei Reizen – Stimulus 1 (S1) und Stimulus 2 (S2) – aus dem EEG in normaler Weise, d. h. in Zeitrichtung, gemittelt werden kann (averaging), entsteht das von Kornhuber und Deecke entdeckte Bereitschaftspotential (BP)[7][6] ohne unmittelbaren externen Stimulus endogen im Gehirn eines Probanden, der selbst-initiierte Willkürbewegungen nach vorheriger Instruktion des Experimentators, die Bewegungen in unregelmäßigen Abständen und aus freiem Willen zu machen, ausführt. Eine selbst-initiierte Bewegung ist ein unvorhersehbares Ereignis, und ein damit korreliertes Potential kann deshalb nicht in normaler Weise, d. h. in Zeitrichtung, aus dem EEG gemittelt werden, weil man auf ein zeitlich unvorhersagbares, inneres Ereignis nicht triggern kann. Um ein hier möglicherweise existierendes Potential (das später so bezeichnete Bereitschaftspotential) trotzdem sichtbar machen zu können, entwickelten die Autoren eigens hierfür eine neuartige Technik: Sie speicherten die Signale des Experiments (mit EEG-Kanälen und Triggersignalen = Bewegungsbeginn) auf Magnetband und spielten dann das Band in umgekehrter Zeitrichtung ab, d. h., sie schickten die elektrischen Daten gegen die Zeitrichtung durch den Averaging Computer. Dies Verfahren wird "back-averaging" (Rückwärts-Mittelung) genannt. Hierbei kommt also zeitlich zuerst der Trigger (Bewegungsbeginn) und dann die Hirnpotentiale, die aber eigentlich im realen Experiment dem Bewegungsbeginn (Trigger) vorausgingen. Das BP ist also etwas anderes als die CNV. Beim BP handelt die Versuchsperson selbstgesteuert, nämlich in Eigeninitiative (nach vorheriger Absprache). Bei der CNV handelt die Versuchsperson auf unmittelbare Aufforderung, wie im Sport auf das "Los" bei der Signalfolge "Fertig – Los" (mit variabler Zwischenzeit). Die CNV entsteht dabei zwischen "Fertig" und "Los". Deshalb wurde die CNV von ihren Entdeckern einer Erwartung (expectancy) – Warten auf das "Los" – zugeordnet, während das BP von ihren Entdeckern einer Bereitschaft (readiness) – zum Handeln – zugeordnet wurde.
Bei einer willkürlichen Bewegung gibt es also einen Potentialanstieg in einem bestimmten Gehirnbereich, der einer Bewegung (und eventuell auch der bewussten Wahrnehmung der Entscheidung) vorausgeht.
Die Bewegung kann dann aber bis zum Maximum dieses Potentials abgebrochen werden:
Libet selbst schrieb in späteren Veröffentlichungen den bewusst erlebten Entscheidungen jedoch die Möglichkeit eines Veto-Rechts zu. Damit sei eine Person in der Lage, bis 200-100 ms vor der Handlung – bis etwa zum Maximum der Amplitude des Bereitschaftspotentials – eine neuronal bereits eingeleitete Bewegung noch kurzfristig abzubrechen.[11] Die Versuchspersonen könnten somit de facto die motorische Handlung noch unterdrücken. Diese Beobachtung Libets wurde 31 Jahre später und mit den inzwischen weiter entwickelten technischen Möglichkeiten eindrucksvoll bestätigt und genauer präzisiert. Eine Arbeitsgruppe um John-Dylan Haynes in Berlin ließ in einer Art Computerspiel Probanden gegen ihr eigenes BP spielen. Es zeigte sich, dass sie bis zu 200 ms vor einer vom BP angekündigten Fußbewegung diese noch stoppen konnten. Die Zeitschwelle der 200 ms wurde als point of no return (Punkt ohne Umkehr) bezeichnet.[12]
Experimente zur Bewusstheit willentlicher Entscheidungen von Kühn und Brass von 2009 hatten allerdings inzwischen bereits darauf hin gedeutet, dass auch Veto-Entscheidungen unbewusst getroffen werden und erst nachträglich als freie Entscheidungen empfunden werden.[13] Die Autoren des neuen Berichts von 2016 lehnten es in ihrer Veröffentlichung denn auch ausdrücklich ab, die Frage des "freien Willens" im Zusammenhang mit Ihren Ergebnissen zu diskutieren.
Hervorhebungen von mir.
In den Experimenten geht es also zunächst mal nur um den zeitlichen Zusammenhang zwischen messbaren physiologischen Vorgängen und den naturgemäß schwer fassbaren damit einhergehenden Bewusstseinsprozessen.
Zitat von
Julian Braun
(Davon abgesehen: ist es nicht problematisch, dass ich ja eigentlich mehrere Aufgaben gleichzeitig erfüllen muss? Also ich entscheide mich, muss mir aber auch den Zeitpunkt merken. Dann erst bewege ich die Hand, dann erst kommuniziere ich, wann ich glaube mich entschieden zu haben. Das ist ja irgendwie alles andere als eine mono-kausale Kette, oder?)
Du hebst einfach irgendwann die Hand und merkst Dir den Zeitpunkt (die Zeigerstellung) zu dem Du meintest, dass Du die Hand nun heben willst.
Die Entscheidung des Handhebens bewirkt ja schon das Heben (bzw. das Heben ist schon im Gang, wenn Dir das bewusst wird, meinst, Du dass Du Dich entscheidest, nun die Hand zu heben).
Es sind also genau zwei Dinge, die Du gleichzeitig tun must: Hand heben und Position des Lichtpunktes merken.
Das Berichten ist dann irgendwann später.