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Ich meine irgendwo mal gelesen zu haben, dass der "Korkenzieher-Fauststoß" (anstelle einer Vertikalen Fausthaltung) und die Abwandlung vieler Techniken mit der offenen Hand zu Techniken mit einer Faust Einzug in das Karate erhielten, um es dem westlichen Boxen ähnlicher zu gestalten. Grund war offenbar, dass viele junge Japaner in der Meiji-Restauration altes und traditionelles ablehnten und westliche Dinge "hipp" waren, wie man heute sagen würde.
Ob das allerdings stimmt...
Hallo,
diese Aussage ist historisch viel zu ungenau und stimmt so nicht, zumal es nicht ein einziges Karate gab.
(1) Im Karate von G. Funakoshi (1868–1957) wurde europäisches Boxen technisch und inhaltlich als „Sport“ betrachtet. G. Funakoshi selbst bewirkte, dass es zu keiner Vermischung Boxen und (sein) Karate kam.
(2) Einige Schüler von C. Motobu (1870–1944) und ehemalige Schüler von G. Funakoshi übernahmen europäisches Boxen bzw. Elemente daraus, um es mit ihren begrenzten Karate-Erfahrungen zu vernmischen. Nippon Kenpō-Ryū Karate u. a. Richtungen sind daraus entstanden.
(3) Japanische Boxer wie T. Horiguchi (1914–1950, genannt „der Kolben“) lernten ihrerseits unter Karate-Lehrern wie C. Motobu, um ihr Boxen „zu verbessern“. Da es sich um prominente Namen handelte, hatte das natürlich eine Werbewirkung für die entsprechenden Karate-Lehrer.
(4) Es gab Vergleichskämpfe zwischen Karate-Anhängern und Boxern (im weitesten Sinn). Alle mir bekannten Zeugnisse von Karate-Adepten besagen, dass Boxen etwas anderes sei als Karate und daher solche Kämpfe bedacht angetreten werden sollten.
(5) Die Aussage mit der Faustdrehung ist geschichtlich betrachtet falsch.
Grüße,
Henning Wittwer
Geändert von Gibukai (05-04-2018 um 11:05 Uhr)
Danke Henning für die Richtigstellung.
Ich selbst bin kein Experte für die Geschichte des Karate/der unterschiedlichen Karatestile, darum finde ich deinen Kommentar sehr hilfreich.
Meine Aussage im KMA Forum ist natürlich sehr allgemein formuliert und berücksichtigt nicht die Heterogenität dessen, was man Umgangssprachlich als Karate bezeichnet. Meine Aussage bezog sich auf einen Text, den ich vor längerer Zeit gelesen habe, in dem die kulturpolitische Dimension des Karate zur Zeit des japanischen Imperialismus aufgegriffen wurde. Der Autor ist mir leider entfallen, aber würde bei Interesse nochmal recherchieren.
In dem Text wurde das Argument vorgebracht, dass das Karate zu der Zeit (durch die Dainippon Butokukai?) auch als Reaktion auf das westliche Boxen entworfen wurde, was einen Fokus auf "schlagende Techniken" im Vergelich zu Würfen, Hebeln etc. zufolge hatte. Diese Argument wurde zusätzlich zu jenem geführt, dass Würfe und Hebel sowieso schon durch Judo abgedeckt waren und (durch Funakoshi?) keine Rivalität zum Judo gewünscht war.
In diesem Sinne wurden also zwar, dem Text zufolge, nicht direkt Techniken aus dem Boxen übernommen, das Boxen diente jedoch als ästhetische Inspiration und Referenz um die Schwerpunktsetzung des Karate zu überdenken.
Gruß
Martin
"To me ultimately martial arts means honestly expressing yourself"
-Bruce Lee-
Nur hatte Judo immer auch Schlagmethoden und Karate immer auch Grapplingmethoden. Der "Konflikt" Striker gegen Grappler ist zumindest in der Selbstverteidigung nicht so alt wie du zu denken scheinst und wurde eigentlich erst in den 90ern durch's MMA aus Werbegründen so richtig befeuert.
Judo:
Karate:
"Nur hatte Judo immer auch Schlagmethoden und Karate immer auch Grapplingmethoden. Der "Konflikt" Striker gegen Grappler ist zumindest in der Selbstverteidigung nicht so alt wie du zu denken scheinst und wurde eigentlich erst in den 90ern durch's MMA aus Werbegründen so richtig befeuert."
Hatte nie gesagt, dass Judo keine Schlagtechniken enthalte und Karte keine Würfe etc. Es geht eher um die öffentliche Wahrnehmung, in der beim Judo wohl auch damals schon die Wurf- und Hebeltechniken überwogen haben. Was du genau mit " 'Konflikt' Striker gegen Grappler" meinst, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Wie gesagt, es geht mir weder um Technikrepertoire, noch um Effektivität oder was auch immer. In meinem Post, in dem diese Bemerkung nur ein Nebensatz war, ging es Außendarstellung und PR-Wirksamkeit.
"To me ultimately martial arts means honestly expressing yourself"
-Bruce Lee-
Die Frage ist auch, ob zur Zeit der Meiji Revolution im westlichen Boxen überhaupt schon mit eingedrehter Faust geboxt wurde. Hat man nicht früher beim Boxen nicht auch eher mit der senkrechten Faust geschlagen und der "corkscrew" punch wurde ab 1891 von Charles “Kid” McCoy erfunden? Dann hätte es in der Meiji Zeit kaum solcherart Einflüsse geben können.
Hallo,
ganz allgemein wird der „Einfluss“ des Butokukai auf Entwicklungen des Karate in der westlichen Literatur stark überbewertet. Vermutlich wird gerne von einer „bösen“ Seite (Butokukai) gelesen, die sich „negativ“ auf die „gute“ Seite (Karate) auswirkt. Hauptsächlich beruht diese Überbewertung schlicht auf mangelnder Quellenkenntnis …
In der damaligen Werbung (im weitesten Sinn) wurde Karate durchaus mit Jūdō und auch Boxen verglichen, um Karate gut dastehen zu lassen. Ein paar Beispiele dafür liste ich hier auf:
https://www.gibukai.de/2017/02/16/ka...-1930er-jahre/
Grüße,
Henning Wittwer
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