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Thema: Gestängetheorie?

  1. #1
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    Standard Gestängetheorie?

    eine langjährige WT-Übende hat in einem anderen Thread folgendes geschrieben:

    Was ich in der Form anstrebe, ist die "knochige" Bewegungsqualität - und ja, "knochig" ist in der Tat die Art, wie viele sehr alter Leute sich bewegen (bewegen müssen), weil die halt effizient und kraftsparend ist. Wo man so wenig Muskel wie möglich braucht, nur das Allernötigste, mehr nicht.
    hat das was mit der "Gestängetheorie" von Kernspecht zu tun?
    Wovon handelt dies Theorie eigentlich genau?

  2. #2
    Gast Gast

    Standard

    Gestängetheorie:
    Sowohl der visuelle
    Sinn (aufgrund von Antizipation und Mustererkennung), als auch v.a. der taktilkinästhetische
    Sinn werden im WingTsun dazu verwendet, den Angriff des Gegenübers zu
    erkennen und angepasst darauf reagieren zu können. Unter Zuhilfenahme der Propriozeptoren
    geben wir dem Angreifer keinen Widerstand, sondern verbinden uns stattdessen
    mit ihm und seinem Angriff. Wir werden eins mit dem Gegner und lassen ihm seinen freien
    Willen. Dadurch dass wir mit ihm verbunden sind, greift nicht seine Hand, sondern als erstes
    unsere eigene Hand unseren Körper an - und dieser können wir ausweichen - womit
    gleichzeitig die gegnerische Hand ins Leere läuft. Durch das Verbinden mit dem Gegenüber
    entsteht ein Gestänge, ähnlich der Idee des Reiters, der mit einer Rute eine Möhre
    vor sein Reittier hält und es dadurch motiviert nach vorne Richtung Möhre zu reiten - diese
    aber natürlich nie erreichen kann.

    Gesamter Text: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/kuk2.../08/Brizin.pdf

    Klingt hochspannend, ist leider meines Erachtens ohne die entsprechenden physischen Voraussetzungen nicht umsetzbar.

    Zur "knochigen" Bewegungsqualität: Ich hatte schon versucht, in einem anderem Forum davon zu schreiben. Zum Glück wissen es alle anderen immer besser. Nichts desto trotz, vielleicht hilft es dem einen oder anderen in diesem Forum.

    Was da beschrieben ist, nennt man in den inneren Kampfkünsten Pengjing, was ich mit "Struktur und Stabilität" übersetzen würde. Im Pengjing gibt es verschiedene Entwicklungsstufen, wobei ich mich hier auf die ersten beiden beschränken werde.

    Muscle Level Pengjing (Struktur und Stabilität auf Muskel Ebene)
    Bone Level Pengjing (Struktur und Stabilität auf Ebene der Skelettstruktur)

    Die meisten bleiben auf der ersten Ebene hängen. Drückt jemand gegen den Arm, versucht er, mit Muskelkraft in Position zu halten. Das Hauptproblem ist, wenn Arm- und Schultermuskulatur angespannt sind, können sie unter Belastung nicht mehr loslassen. Es wird schwierig, die Position zu verändern und zum Beispiel eine Kraft umzuleiten. Hält man nicht dagegen und versucht rein durch die Skelettstruktur stabil zu sein, wird man merken, dass dies, wenn wirklich Druck kommt, nicht hält. Keine Chance ohne die entsprechende physische Entwicklung.

    Bei korrektem Training werden die Gelenke und vor allem die Bänder und Sehnen, welche die Gelenke zusammen halten, gedehnt und gestärkt. Eine der Hauptaufgaben der Siu Lim Tau oder des Sat San Choi Trainings. Dadurch, dass die Bänder und Sehnen dermassen stark und gleichzeitig elastisch werden, werden die Gelenke quasi zu Stahlfedern, welche die Struktur zusammen halten, und die eine ankommende Kraft bis zu einem gewissen Grad aufnehmen / abfedern können, ohne dass die Kraft direkt in den Körper läuft. Jetzt können die Hauptmuskelgruppen loslassen und es ist möglich unter Druck locker zu arbeiten und die Position zu verändern. Das passiert aber nicht von heute auf morgen. Das kostet ganz viel (mühsames und anstrengendes) Training. Weich werden ist ganz viel Arbeit.

    Leider möchten viele diese Arbeit überspringen. Dann merken sie, dass "weich" sein unter wirklichem Druck nicht funktioniert und beharren darauf, dass es sowas wie eine funktionierende, weiche Kampfkunst nicht gibt. Was für ihre physische Voraussetzungen durchaus stimmt.

    Oder andere wiederum geben sich der Illusion hin, ihre Kampkunst funktioniere "weich" ohne die Voraussetzungen dafür erarbeitet zu haben. Zu recht werden sie dann von den anderen Stilen belächelt.
    Geändert von Gast (26-07-2018 um 10:21 Uhr)

  3. #3
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    Zitat Zitat von Hu Yaozhen Beitrag anzeigen

    Gesamter Text: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/kuk2.../08/Brizin.pdf

    Klingt hochspannend, ist leider meines Erachtens ohne die entsprechenden physischen Voraussetzungen nicht umsetzbar.

    Zur "knochigen" Bewegungsqualität: Ich hatte schon versucht, in einem anderem Forum davon zu schreiben. Zum Glück wissen es alle anderen immer besser. Nichts desto trotz, vielleicht hilft es dem einen oder anderen in diesem Forum.

    Was da beschrieben ist, nennt man in den inneren Kampfkünsten Pengjing, was ich mit "Struktur und Stabilität" übersetzen würde. Im Pengjing gibt es verschiedene Entwicklungsstufen, wobei ich mich hier auf die ersten beiden beschränken werde.

    Bone Level Pengjing (Struktur und Stabilität auf Muskel Ebene)
    Bone Level Pengjing (Struktur und Stabilität auf Ebene der Skelettstruktur)

    Die meisten bleiben auf der ersten Ebene hängen. Drückt jemand gegen den Arm, versucht er, mit Muskelkraft in Position zu halten. Das Hauptproblem ist, wenn Arm- und Schultermuskulatur angespannt sind, können sie unter Belastung nicht mehr loslassen. Es wird schwierig, die Position zu verändern und zum Beispiel eine Kraft umzuleiten. Hält man nicht dagegen und versucht rein durch die Skelettstruktur stabil zu sein, wird man merken, dass dies, wenn wirklich Druck kommt, nicht hält. Keine Chance ohne die entsprechende physische Entwicklung.

    Bei korrektem Training werden die Gelenke und vor allem die Bänder und Sehnen, welche die Gelenke zusammen halten, gedehnt und gestärkt. Eine der Hauptaufgaben der Siu Lim Tau oder des Sat San Choi Trainings. Dadurch, dass die Bänder und Sehnen dermassen stark und gleichzeitig elastisch werden, werden die Gelenke quasi zu Stahlfedern, welche die Struktur zusammen halten, und die eine ankommende Kraft bis zu einem gewissen Grad aufnehmen / abfedern können, ohne dass die Kraft direkt in den Körper läuft. Jetzt können die Hauptmuskelgruppen loslassen und es ist möglich unter Druck locker zu arbeiten und die Position zu verändern. Das passiert aber nicht von heute auf morgen. Das kostet ganz viel (mühsames und anstrengendes) Training. Weich werden ist ganz viel Arbeit.

    Leider möchten viele diese Arbeit überspringen. Dann merken sie, dass "weich" sein unter wirklichem Druck nicht funktioniert und beharren darauf, dass es sowas wie eine funktionierende, weiche Kampfkunst nicht gibt. Was für ihre physische Voraussetzungen durchaus stimmt.

    Oder andere wiederum geben sich der Illusion hin, ihre Kampkunst funktioniere "weich" ohne die Voraussetzungen dafür erarbeitet zu haben. Zu recht werden sie dann von den anderen Stilen belächelt.
    Schön geschrieben . Danke

  4. #4
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    Standard

    Hier noch ein ältere Link von Tiwald
    "Zum „Gestänge“ von Keith R. Kernspecht"
    http://horst-tiwald.de/wisstexte/mudo/Strategie.pdf

  5. #5
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    Zitat Zitat von Hu Yaozhen Beitrag anzeigen
    Gestängetheorie:
    Sowohl der visuelle
    Sinn (aufgrund von Antizipation und Mustererkennung), als auch v.a. der taktilkinästhetische
    Sinn werden im WingTsun dazu verwendet, den Angriff des Gegenübers zu
    erkennen und angepasst darauf reagieren zu können. Unter Zuhilfenahme der Propriozeptoren
    geben wir dem Angreifer keinen Widerstand, sondern verbinden uns stattdessen
    mit ihm und seinem Angriff. Wir werden eins mit dem Gegner und lassen ihm seinen freien
    Willen. Dadurch dass wir mit ihm verbunden sind, greift nicht seine Hand, sondern als erstes
    unsere eigene Hand unseren Körper an - und dieser können wir ausweichen - womit
    gleichzeitig die gegnerische Hand ins Leere läuft. Durch das Verbinden mit dem Gegenüber
    entsteht ein Gestänge, ähnlich der Idee des Reiters, der mit einer Rute eine Möhre
    vor sein Reittier hält und es dadurch motiviert nach vorne Richtung Möhre zu reiten - diese
    aber natürlich nie erreichen kann.

    Gesamter Text: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/kuk2.../08/Brizin.pdf

    Klingt hochspannend, ist leider meines Erachtens ohne die entsprechenden physischen Voraussetzungen nicht umsetzbar.

    Zur "knochigen" Bewegungsqualität: Ich hatte schon versucht, in einem anderem Forum davon zu schreiben. Zum Glück wissen es alle anderen immer besser. Nichts desto trotz, vielleicht hilft es dem einen oder anderen in diesem Forum.

    Was da beschrieben ist, nennt man in den inneren Kampfkünsten Pengjing, was ich mit "Struktur und Stabilität" übersetzen würde. Im Pengjing gibt es verschiedene Entwicklungsstufen, wobei ich mich hier auf die ersten beiden beschränken werde.

    Muscle Level Pengjing (Struktur und Stabilität auf Muskel Ebene)
    Bone Level Pengjing (Struktur und Stabilität auf Ebene der Skelettstruktur)

    Die meisten bleiben auf der ersten Ebene hängen. Drückt jemand gegen den Arm, versucht er, mit Muskelkraft in Position zu halten. Das Hauptproblem ist, wenn Arm- und Schultermuskulatur angespannt sind, können sie unter Belastung nicht mehr loslassen. Es wird schwierig, die Position zu verändern und zum Beispiel eine Kraft umzuleiten. Hält man nicht dagegen und versucht rein durch die Skelettstruktur stabil zu sein, wird man merken, dass dies, wenn wirklich Druck kommt, nicht hält. Keine Chance ohne die entsprechende physische Entwicklung.

    Bei korrektem Training werden die Gelenke und vor allem die Bänder und Sehnen, welche die Gelenke zusammen halten, gedehnt und gestärkt. Eine der Hauptaufgaben der Siu Lim Tau oder des Sat San Choi Trainings. Dadurch, dass die Bänder und Sehnen dermassen stark und gleichzeitig elastisch werden, werden die Gelenke quasi zu Stahlfedern, welche die Struktur zusammen halten, und die eine ankommende Kraft bis zu einem gewissen Grad aufnehmen / abfedern können, ohne dass die Kraft direkt in den Körper läuft. Jetzt können die Hauptmuskelgruppen loslassen und es ist möglich unter Druck locker zu arbeiten und die Position zu verändern. Das passiert aber nicht von heute auf morgen. Das kostet ganz viel (mühsames und anstrengendes) Training. Weich werden ist ganz viel Arbeit.

    Leider möchten viele diese Arbeit überspringen. Dann merken sie, dass "weich" sein unter wirklichem Druck nicht funktioniert und beharren darauf, dass es sowas wie eine funktionierende, weiche Kampfkunst nicht gibt. Was für ihre physische Voraussetzungen durchaus stimmt.

    Oder andere wiederum geben sich der Illusion hin, ihre Kampkunst funktioniere "weich" ohne die Voraussetzungen dafür erarbeitet zu haben. Zu recht werden sie dann von den anderen Stilen belächelt.
    Gut geschrieben aber ich würde Pengjing nicht mit der "Gestängetheorie" gleichsetzen. So wie ich es verstehe ist ist die Gestängetheorie das, was wir im ZXD als Struktur bezeichnen. Diese ist notwendig um Peng zu entwicklen, jedoch ist Peng eine Qualität während Struktur eine Grundvoraussetzung ist. Im ZXD sprechen wir von: Structure - Relaxation - Energie.

  6. #6
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    Zitat Zitat von Hu Yaozhen Beitrag anzeigen
    Gestängetheorie:
    Sowohl der visuelle
    Sinn (aufgrund von Antizipation und Mustererkennung), als auch v.a. der taktilkinästhetische
    Sinn werden im WingTsun dazu verwendet, den Angriff des Gegenübers zu
    erkennen und angepasst darauf reagieren zu können. Unter Zuhilfenahme der Propriozeptoren
    geben wir dem Angreifer keinen Widerstand, sondern verbinden uns stattdessen
    mit ihm und seinem Angriff. Wir werden eins mit dem Gegner und lassen ihm seinen freien
    Willen. Dadurch dass wir mit ihm verbunden sind, greift nicht seine Hand, sondern als erstes
    unsere eigene Hand unseren Körper an - und dieser können wir ausweichen - womit
    gleichzeitig die gegnerische Hand ins Leere läuft. Durch das Verbinden mit dem Gegenüber
    entsteht ein Gestänge, ähnlich der Idee des Reiters, der mit einer Rute eine Möhre
    vor sein Reittier hält und es dadurch motiviert nach vorne Richtung Möhre zu reiten - diese
    aber natürlich nie erreichen kann.

    Gesamter Text: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/kuk2.../08/Brizin.pdf
    o.k. danke, ich dachte es handelt sich um ein ausgearbeitetes biomechanisches Konzept...

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