Würdest Du die selbe Argumentation auch bei Speerwerfern, Bogenschützen und Biathleten bringen oder käme es Dir seltsam vor?
Boxen existiert. Es gibt keinen Grund, bei einer Jahrhunderte alten Tradition alles rauszuschmeißen, und Boxen zu imitieren.
Man kann tatsächlich auch als Kungfuzianer einfach zu Boxgymns, BJJ-Gruppen oder SV-Hybriden gehen und dort lernen.
Überhaupt kein Problem.
Aber "mit der Zeit gehen" hieße hier, aus einer Schule für den Kampf mit Säbel und Speer eine völlig entkernte Parodie moderner Schulen zu machen.
Natürlich könnte man zum Beispiel auch das NVA-Training für den Sturmangriff mit Bayonett und Feuerstoß aus der Hüfte auf Kneipenboxen und Messerstecher am Bahnhof umstellen.
Es wäre halt komplett bescheuert und würde nicht funktionieren. Aber natürlich kann man Ratatatata brüllend auf Leute zurennen und sie mit Fingerstichen aufs Herz pisacken.
Geht schon. Geht alles.
Ist aber genauso bekloppt wie Dein Vorschlag.
PS.: Tim Cartmell (schon mehrfach erwähnt) beschäftigt sich damit, seinen Jungs eine SV-Mischung aus Xing Yi Quan und TJQ beizubringen, die für den westlichen Alltag taugt. Gleichzeitig modelliert er MMA-taugliche Ringkampftechniken so um, daß sie als TJQ-Anwendungen gedrillt werden können. Er gibt zu, daß das nicht problemfrei ist, aber es geht wohl einigermaßen.
Die Grundschule im Chen-Stil beginnt mit Lehreinheiten, deren Anwendungen Meiden, Umlenken, Bridging, Strukturbruch, Schlag, Tritt, Wurf lehren sollen. Bei einem sparringslastigen Training würden die Schüler mit diesen Manövern ein bißchen Rüstzeug für eine Kerwaprügelei kriegen. Man müßte es halt machen aber das ist ein Tabu in der Szene.
Ein Grundprinzip im traditionellen TJQ ist, sich möglichst nicht anfassen zu lassen und immer die Hände des Gegners von sich selbst wegzulenken. Das hat eben damit zu tun, daß man historisch davon ausgehen mußte, daß der Gegner spitze scharfe Sachen in den Händen hat. Auch das wäre nach wie vor aktuell, auch wenn TJQ ganz sicher keine Messerkampfschule ist.
Also, je nach Lehrlinie müsste man bei den CMA gar nichts oder kaum was modernisieren, um auch heutige Erfordernisse abzudecken.
Aber man müsste halt von der geriatrisch-esoterischen Gesundheitsschiene runter, wieder zurück zum Anwendungsfokus des 19. Jahrhunderts und gezielt um Kämpfer werben.