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Thema: Warum macht ihr Aikido?

  1. #271
    Narexis Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Inryoku Beitrag anzeigen
    Ok, dann guckst du dir irgendwo einen Kick ab, ohne das Konzept zu verstehen, und machst dann was anderes draus.
    Großteils wird nichts anderes daraus gemacht, sondern die Technik lediglich individuell bzw. vor dem eigenen Hintergrund interpretiert - man erkennt die Basis und häufig auch die Herkunft. Ich beginne bspw. Gegebenheiten des Kampfes einzubeziehen, die es im anderen System nicht gibt. (Dem Boxer kann es egal sein, ob er für Ellenbogen- oder Knieangriffe offen ist, während er den Clinch bricht oder den Gegner kurz so kontrolliert, dass er sich einen Vorteil verschafft.)

    Ich wollte damit primär zeigen, dass es bereits dann etwas bringt (und alles andere als nutzlos ist), wenn man es noch nicht verstanden hat bzw. "was […] man denn erwarten [kann] mitzunehmen wenn man es nicht verstanden hat". Es bringt natürlich entsprechend auch etwas, wenn man nur glaubt, es verstanden zu haben oder wenn man es tatsächlich verstanden hat.
    Mein Beispiel mit dem Video war so ziemlich der „Extremfall“. Normalerweise begegnet einem das auf der Matte, die Ausführung wird korrigiert und man kommt damit in Berührung bzw. stellt die Technik (etc.) sogar den Mittelpunkt dar.

    Zitat Zitat von Inryoku Beitrag anzeigen
    Nur ist es dann völlig egal ob dir diese Technik, die es in verschiedenen anderen Systemen welche mit Hebeltechniken arbeiten, auch geben dürfte, im Aikido, im Jujutsu, Chin'na oder woanders abgeschaut hast.
    Nein.
    Man lernt viele Dinge, insbesondere im jeweiligen Training, in ganz anderen Kontexten oder auch Ausführungen kennen. Geh ins (klassische) Kickboxen, TKD und MT und lass Dir einen harten runden Kick zu den Rippen zeigen. Auch wenn Du keine Ahnung vom Konzept, den ganzen Hintergründen usw. hast, wirst Du schnell die Unterschiede kennenlernen und entsprechend ändert sich der Input.
    Theoretisch sind alle Kicks aus dem TKD auch im MT zu finden, praktisch wirst Du im TKD viel häufiger bestimmte Techniken und Taktiken kennenlernen. Der Clinch im MT ist anders als der im Ringen etc. Sogar zwischen dem Boxen im MT und dem Boxen im olympischen Boxen gibt es Unterschiede, es spielt bereits eine große Rolle, ob man hierzulande oder in Thailand mit dem Training konfrontiert wird.
    Der Input bzw. was einem an die Hand gegeben wird - noch ganz ohne das geringste Verständnis -, beeinflusst bereits maßgeblich, was man daraus macht bzw. wie man es selbst interpretiert. Ich habe bestimmte Hebel im Aikido, BJJ und sogar TKD () kennengelernt und trotz derselben Technik war das komplette Paket und der Input (sehr) unterschiedlich.

    Zitat Zitat von Inryoku Beitrag anzeigen
    Etwas von Aikido mitzunehmen hieße für mich, tatsächlich etwas vom Konzept verstanden zu haben, denn Techniken sind Nebensache, die meisten dieser Techniken gibt es wie gesagt in anderen Systemen auch, nur sollte man halt verstehen was dahinter arbeitet, welcher Motor im Aikido bringt diese Techniken zur Wirkung?
    Ohne das ist es eben was anderes, man kann dann nicht sagen "ich habe das aus dem Aikido übernommen", weil da noch was anderes dazu gehört.
    Wie gesagt, es war primär auf Deine Äußerung bezogen und nicht auf die ganzen Dinge, die auf den Stufen darüber zu finden sind. Gleichzeitig bleibt es für mich persönlich dabei, dass ich einen Ablauf aus XY mitgenommen habe, wenn er sich in entscheidenden Punkten von den anderen Stilen, die diese Techniken auch beinhalten, unterscheidet (und sei das nur im Rahmen der Ausführung oder taktischen Anwendung), auch wenn ich sie oder was alles dahinter steht noch nicht verstanden habe.
    (Auch einer der Punkte, an denen man die unterschiedlichen Stile dann in der Anwendung ganz gut erkennen kann. Wie gesagt, theoretisch mach ich nichts anderes als die Boxer, praktisch merken die ganz schnell, wenn man mich ordentlich unter Druck setzt, dass ich eine andere Basis habe. Auch im TKD sind die Techniken prinzipiell enthalten, ich führe sie jedoch so unterschiedlich aus, wenn man mich erneut unter Druck setzt, dass auch da der Unterschied bzw. die Herkunft beinahe offensichtlich ist.)

    LG

    Vom Tablet gesendet.

  2. #272
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Inryoku Beitrag anzeigen
    Glaust du wirklich?
    Schon Morihei Ueshiba unterrichtete bereits vor dem Krieg Frauen, die Zeichnungen in seinem 1. Buch stammen von seiner Schülerin Takako Kunigoshi.

    Auch im Training des Nidai Doshu haben bereits Anfang der 60er Jahre Frauen mit trainiert, das war damals schon kein Problem, sicher nicht mehr 1984.
    Das ist (mir) alles bekannt. Erklärungsbedürftig für Kisshomaru Ueshiba in seinem Buch war eher die Tatsache, dass im Vergleich zu anderen Kampfkünsten relativ "sehr viele mehr" Frauen Aikido ausüb(t)en und er deshalb befürchtete, dass gerade deswegen Aikido als Budo nicht mehr ernst genommen wird. Nachzulesen auf pg. 64ff (Kapitel "Das Spektrum der Aikidoka")

  3. #273
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Narexis Beitrag anzeigen
    Der Input bzw. was einem an die Hand gegeben wird - noch ganz ohne das geringste Verständnis -, beeinflusst bereits maßgeblich, was man daraus macht bzw. wie man es selbst interpretiert. Ich habe bestimmte Hebel im Aikido, BJJ und sogar TKD () kennengelernt und trotz derselben Technik war das komplette Paket und der Input (sehr) unterschiedlich.
    Ja natürlich, der Input resultiert ja aus dem jeweiligen Konzept, mag ja auch sein dass man da was mitnehmen kann. Es ist jedenfalls längst nicht das, was es sein soll, wenn man trotzdem damit zufrieden ist, dann ist es ja gut. War jedenfalls nie meine Herangehensweise, wenn ich zum Karate gegangen bin, dann wollte ich Karate lernen und verstehen, nicht nur mir ein paar Schlagtechniken anzueignen, um mein Aikido aufzupeppen.
    Ich dachte immer es gibt einen Inhalt, den ich verstehen will, sonst wäre es Zeitverschwendung.
    Letztendlich hat es sich doch gegenseitig irgendwie beeinflusst, aber auf andere Art.

  4. #274
    Narexis Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Inryoku Beitrag anzeigen
    Ja natürlich, der Input resultiert ja aus dem jeweiligen Konzept, mag ja auch sein dass man da was mitnehmen kann. Es ist jedenfalls längst nicht das, was es sein soll, wenn man trotzdem damit zufrieden ist, dann ist es ja gut.
    Viel bleibt einem da doch eh nicht übrig... Sonst würde ich das System vollumfänglich und mit der vollen Aufmerksamkeit oder zumindest langjährig - um den gewünschten Punkt zu verstehen - trainieren. Ich habe auch noch keine Person getroffen, die mit dem Übertrag - bspw. aus 5 Jahren 2x pro Woche ergänzend MT - nicht zufrieden gewesen wäre und doch hat die Person regelmäßig noch ziemlich große Lücken, von manchen Teilen überhaupt keine Ahnung und auch wenn sie sich bspw. 'nur' auf Ellenbogen im Clinch konzentriert hat, sind auch da noch enorme Lücken - trotzdem ist auch ein enormer Übertrag vorhanden.
    Ist doch nun wirklich nicht so, dass man erst dann was mitnehmen kann, wenn man das System oder den Teil komplett kapiert hat und so wie das hier im Forum regelmäßig klingt, dürften das wohl >40 Jahre im Aikido sein und zwischendurch ändert sich dann auch noch evtl. die ganze Einstellung oder Ansicht komplett...

    Sonst wären auch so ziemlich alle Seminare komplett sinnlos - insb. die stilübergreifenden. (Die auch noch ein wunderschönes Beispiel für den Input und Übertrag darstellen. So z. B. wenn ich für Boxer ein Seminar geleitet und dabei Konzepte aus dem MT ans Boxen angepasst habe.)

    Gleichzeitig kommt man sich doch dann bereits ordentlich in die Quere, wenn man mind. zwei Künste oder Sportarten gleichzeitig trainiert, weil einen beide interessieren oder sich ergänzen und die Leute, bei denen es langjährig auf „alles, aber nichts davon ordentlich“ rauslief, haben mich nie wirklich beeindruckt. Im Gegenzug sieht man im MMA immer wieder, was rauskommen kann, wenn man es kombiniert und sich häufig nur einzelne Dinge rauspickt - oder auch in anderen Systemen, wie sich ein Spezialist einzelne Ergänzungen aus anderen Systemen aneignet.

    Zitat Zitat von Inryoku Beitrag anzeigen
    War jedenfalls nie meine Herangehensweise, wenn ich zum Karate gegangen bin, dann wollte ich Karate lernen und verstehen, nicht nur mir ein paar Schlagtechniken anzueignen, um mein Aikido aufzupeppen.
    Ich dachte immer es gibt einen Inhalt, den ich verstehen will, sonst wäre es Zeitverschwendung.
    Letztendlich hat es sich doch gegenseitig irgendwie beeinflusst, aber auf andere Art.
    Gut, dann liegt das vermutlich bereits an der ganz anderen Herangehensweise oder dem Ziel . Bei der Herangehensweise wüsste ich jedoch auch nicht, wie man überhaupt zu dem Punkt kommen sollte, dass man etwas mitnehmen will. Da gibt’s keinen Blick über den Tellerrand und auch keinen Übertrag ins eigene System (/e: und ich weiß jetzt, dass das im Aikido nicht beabsichtigt ist , was den Punkt jedoch noch unverständlicher erscheinen lässt bzw. fraglich, wieso andere dann nichts mitnehmen können sollten, nur weil man selbst es nicht macht; ich schreib's nur generell, um es evtl. nachvollziehbarer zu machen), außer man lernt dafür extra noch ein weiteres komplettes System dazu.

    Ich habe meine Basis, meine Grundlage, mein System, das ich lernen und verstehen will und habe mir teilweise mehrjährigen Input geholt bzw. andere Systeme trainiert, um mich in meinem Hauptsystem zu verbessern. Ich habe im TKD ziemlich sicher immer noch genug und große Lücken, trotzdem habe ich in den Jahren viel mitgenommen und insbesondere das für mich Relevante und Wichtige - so interessiert mich persönlich bspw. bis heute der komplette „SV“-Teil überhaupt nicht und in den Prüfungen - die mir auch vollkommen egal wären, hätte ich sie nicht gebraucht - habe ich stumpf gezeigt, was die Leute sehen wollten; wie auch bei den Formen, die zwar von der Ausführung möglichst perfekt werden sollten, aber mehr hat mich dann auch nicht interessiert, wenn es nicht kampfrelevant war.

    Hätte ich TKD/Karate/... lernen wollen bzw. würden mich Teile davon nicht stören oder wäre ich dort zufriedener, würde ich es machen. Das hindert mich jedoch nicht daran, zu erkennen, dass es eine Menge gibt, die ich von TKDin/Karateka/... und aus ihrem System lernen und mitnehmen kann. Das ist dann der Input, den ich mir hole. Der Input hat mir auch noch nie geschadet, konnte jedoch sehr häufig gewinnbringend genutzt werden.

    Auch wenn einem die eigenen Lücken bewusst sind, kann man etwas mitnehmen oder übertragen - und darum ging es primär in dem ganzen Abschnitt. So maßen wir beide uns doch bspw. auch an, über unsere Systeme zu schreiben oder zu sprechen und ich bin mal so dreist und behaupte, dass wir beide noch lange nicht alles verstanden haben. So übertrage ich auch viele Dinge aus dem MT ins BJJ und das, obwohl ich es mit Sicherheit noch lange nicht vollständig verstanden habe; dafür nehme ich doch, wenn auch zunehmend seltener, immer wieder etwas Neues mit.

    Scheint wohl einfach eine generell komplett unterschiedliche Einstellung zu sein. Für mich bedeutet Isolation oder das typisch ‚inzestuöse‘ Verhalten in so mancher (meist traditionellen) Gruppe, die mir begegnet ist, (bestenfalls) Stillstand oder (meist) Verfall. Schaue ich über den Tellerrand oder gehe offen mit dem neuen Input um, habe ich im schlechtesten Fall, den ich erlebt habe, meine Zeit verschwendet und habe immer die Chance, dazuzulernen oder etwas gewinnbringend zu nutzen. Vielleicht ist’s auch einfach dem/meinem Sport geschuldet und ich arbeite mit dem, was man mir an die Hand gibt - inkl. aller Schwächen, ggf. Missverständnissen und einer Unvollkommenheit -, muss damit umgehen können, möchte Möglichkeiten nutzen und ein Risiko eingehen und nicht dem, was ich gerne hätte oder mir wünschen würde.

    LG

    Vom Tablet gesendet.
    Geändert von Narexis (06-10-2018 um 21:10 Uhr)

  5. #275
    carstenm Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Narexis Beitrag anzeigen
    ... wurde es dann jedoch (sehr) häufig zum Problem, dass eigentlich kaum noch einer wusste, wieso man etwas macht bzw. das Verständnis häufig zu bloßem Nachahmen verkommen ist und man zwar bis ins Detail erklären konnte, wie man etwas macht, jedoch nicht wieso.
    Ich kann nur die budô beurteilen, die ich selber übe. Dort werden die Hintergründe sehr genau erklärt. Allerdings sind diese Erläuterungen in aller Regel dem jeweiligen Niveau des Schülers angepasst. Das gilt auch für aikidô, wie ich es kennengelernt habe.
    Ich persönlich würde nicht bei einem Lehrer üben, der mir auf meine Fragen keine Antworten geben kann.

    Dabei frage ich mich immer wieder, wie ich das verhindern kann? Wenn ich mich durch etwas formen lasse, mache doch immer noch ich etwas daraus und jeder wird seine - wenn auch nur minimal unterschiedliche - individuelle Interpretation/Lehre daraus ziehen.
    Zum einen ist die Variabilität in unterschiedlichen budô unterschiedlich: In den koryû, zu denen ich Zugang habe, wird von jedem verlangt, sich exakt nach jeweiligen Vorgabe zu bewegen. 1:1.
    Im aikidô, wie ich es kenne, ist das nicht ganz so streng. Aber die Personalisierungen geschehen ohne aktives Zutun. Der Übende versucht die exakte Kopie, aber weil die Arme kürzer sind, als beim Lehrer, oder die Bewegungsfähigkeit anders ausgesprägt ist, oder dergleichen, ergeben sich bestimmte Individuelle Unterschiede, die zugelassen werden.
    Allerdings ist einer der spannendsten Effekte, wahrzunehmen, wenn etwas tatsächlich indiviudalisiert werden kann und sollte. Oder wann ein bestimmter Aspekt nur eine scheinbare Grenze darstellt, die es zu überwinden gilt. Die entsprechenden Lernwege vollziehen sich dann zuweilen über mehrere Jahre.

    Übrigens: In der Traditionslinie, in der ich übe, werden in den Prüfungen bis einschließlich zum 4. Dan immer nur ausschließlich Grundtechniken gefragt. Immer dieselben rein äußerlich betrachtet gleichen Formen. Ich habe gut zwanzig Jahre gebraucht bis dahin. Bei anderen geht's schneller. Nichtsdestotrotz: Immer dieselben äußeren Formen. Ganz ausdrücklich nix individuelles, keine persönliche Interpretation, nix neues ...

    Man ist ja nicht nur ein leeres Gefäß oder eine Hülle, die nach Belieben geformt werden kann.
    Schreib mal eine Geschichte mit:
    Alter, weiser Lehrer
    Junger Schüler
    Teetasse
    voll
    läuft über
    Teetasse leeren ... ;-)

    Oder ließ eins von diesen alten Büchlein, in dem es auf jeder Seite dreimal heißt: Loslassen du mußt!

    Oder laß dich unterweisen in der Meditationstechnik, die auf Deutsch etwa heißt "Sitzen und Vergessen".

    Oder guckst du im Dao de jing zu Leere oder leeren.

    Undsoweiterundsofort ...

    Im Ernst: Ein leeres Gefäß zu werden ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Aspekt des Übens.

    Ist nicht auch genau das einer der Gründe, wie und wieso es die unterschiedlichen Linien viel älterer Traditionen gibt?
    Die unterschiedlichen Richtungen und Traditionen sind - da, wo ich es beurteilen kann - durch ganz bewußte Entscheidungen entstanden und nicht "einfach so gewachsen". Sehr häufig, nachdem man das Üben von aikidô mit dem Üben einer anderen Tradition verbunden hat. (Zen Buddhismus, Tempukai, Judô, KSR, Karate, ...). Oder weil man das Üben von aikidô bestimmten gesellschaftlichen oder politischen Entwicklungen anpassen wollte: Öffnung des bis dahin ausschließlich hinter verschlossenen Türen geübten aikidô für ein öffentliches Publikum, aikidô als Ausdruck positiver Aspekte japanischer Kultur, aikidô für jeden Menschen übbar machen, ...

  6. #276
    carstenm Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Aiki50+ Beitrag anzeigen
    Als Anfänger und auch viele Jahre danach kann ich das "Budo Ueshibas" unmöglich kennen und verstehen.
    Darum ist die Wahl des Lehrers von so großer Bedeutung.

    Es ist auch noch schwer bis unmöglich einzuschätzen, ob und wie viel meine Lehrer von dem Tradierten weitergeben können oder wollen und wie viel eher durch persönliche Perspektive geprägt ist.
    Ich denke, man kann - wenn man es denn mächte - dazu viel mehr wissen, als es zunächst scheint:

    Man kann sich über die Geschichte des eigenen Lehrers informieren: Welche Einflüssen haben ihn geprägt? Auch gerade neben oder zusätzlich zum aikidô?
    Man kann sich über den bzw. die Lehrer des eigenen Lehrers informieren. Am besten natürlich auch selbst bei ihnen üben: Was findet man wieder, was ist anders?
    Man kann den eigenen Lehrer vergleichen mit anderen Schülern seines/r Lehrer/s: Wie unterscheiden sie sich von dem eigenen Lehrer?
    Man kann bei Lehrern üben, die Ueshiba erlebt haben. Und ihnen aufmerksam zuhören, auch gerade wenn sie von ihm als Mensch erzählen.
    Man kann bei Lehrern üben, die in Kumano, Iwama, Osaka, Tokyo ... geübt haben, in der Zeit kurz nach Ueshibas Tod, als er an diesen zentralen Orten noch sehr prägend war, sein Geist noch zu spüren war.
    Man kann die Schriften Ueshibas lesen, und sich fragen, ob und wie sich das eigene Üben darin wiederfindet.

    So wie ich es sehe, gehört es nach japanischem Verständnis zum Üben eines budô selbstverständlich dazu, daß man zumindest versucht, sich zu der eigenen Überlieferungslinie in Beziehung zu setzen. Im Falle von aikidô: Der eigene Lehrer - (dessen Lehrer -) Ueshiba Morihei - Takeda Sokaku - ...
    Geändert von carstenm (08-10-2018 um 11:43 Uhr)

  7. #277
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Narexis Beitrag anzeigen


    Gut, dann liegt das vermutlich bereits an der ganz anderen Herangehensweise oder dem Ziel . Bei der Herangehensweise wüsste ich jedoch auch nicht, wie man überhaupt zu dem Punkt kommen sollte, dass man etwas mitnehmen will. Da gibt’s keinen Blick über den Tellerrand und auch keinen Übertrag ins eigene System (/e: und ich weiß jetzt, dass das im Aikido nicht beabsichtigt ist , was den Punkt jedoch noch unverständlicher erscheinen lässt bzw. fraglich, wieso andere dann nichts mitnehmen können sollten, nur weil man selbst es nicht macht
    Ich habe nicht gesagt ich hätte nichts mitgenommen. Ich sagte ja, dass es sich gegenseitig beeinflusst hat, wobei es in der einen Richtung eher so war, dass ich bestimmte Gewohnheiten mitgebracht habe und deswegen der Zugang zum Karate etwas schwieriger war, als wenn ich unvorbelastet gewesen wäre.
    Andersrum hat es natürlich schon einen Einfluss gehabt, nur war es so dass ich am Anfang gar nicht wusste, wie ich es hätte übertragen oder mitnehmen sollen, weil ich ein Anfänger in diesem Bereich war, so dass ich gar nicht überblicken konnte wie sich das gegenseitig beeinflussen würde.
    Auch hat es ein bisschen gedauert, bis ich verstanden habe wo denn eigentlich genau die Unterschiede liegen, und wie es überhaupt funktionieren kann, etwas aus dem einen System an das andere anzupassen, und wo da die Grenzen liegen. Ich denke dazu braucht man ein gewissen Grundverständnis, und das bekommt man nicht nach ein paar Trainingseinheiten. Bei mir hat das mehrere Jahre gedauert.
    Beim Jujutsu war das wieder etwas anders, die Ähnlickeiten der Techniken war ziemlich groß, aber die Art wie sie zum "funktionieren" gebracht wurden war halt eine andere, die war mir zu eindimensional.
    Geändert von Gast (08-10-2018 um 12:39 Uhr)

  8. #278
    carstenm Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Narexis Beitrag anzeigen
    Könnte es sein, dass es da mehr um das gleichberechtigte Training geht?
    Es haben bereits in den 30er Jahren auch Frauen bei Ueshiba geübt. Dass es nur wenige waren, hat vor allem mit der Gesellschaftsstruktur zu tun. Das dôjô Ueshibas war auch für Frauen offen. Es gibt verstreut in den Interviews seiner Schüler und Schülerinnen immer wieder Aussagen, in denen deutlich wird, wie viele es denn doch waren.
    Auch in etlichen anderen budô war es offenbar nicht unüblich, das auch Frauen geübt haben.

    1984 jedenfalls war das in der Welt der japanischen budô schlicht und einfach kein Thema mehr! Das gleichberechtigte Üben war da schon seit Jahrzehnten gesellschaftlich fest verankert. Und z.B. auch in den Schulen ganz selbstverständlich. Ich verstehe die zitierte Aussage von Ueshiba Kisshomaru bisher als Ausdruck seines ganz persönlichen chauvinistischen Frauenbildes. Man möge sich bewußt machen, daß diese Aussage in eine Zeit fällt, in der z.B. Micheline Tissier oder auch Okamoto Yoko sich im hombu die Seele aus dem Leib trainiert haben. Und zwar auch gerade in den Klassen von dôshu. Zwei heute weltbekannte Lehrerinnen, deren Schöhnheit das Üben wohl genützt haben mag. Denen es aber auf der Matte - unter den Augen des Mannes, der sie so abwertend als Dämchen beschreibt - um etwas völlig anderes ging.
    Ich selbst überblättere diese Zeilen immer stillschweigend, wenn ich besagtes Buch einmal wieder in die Hand nehme. Ebenso wie vergleichbare Aussagen anderer älterer Herren (Noquet, Protin u.a.), die über aikidô geschrieben haben, sich aber Frauen wohl mehr beim Durchbohren eines Käseigels mit Holzstäbchen vorgestellt haben, wenn sie an deren Fähigkeiten in Bezug auf Kriegskunst dachten.

    @ Aiki50+
    Was die Aussagen Ueshiba Kisshomarus zum Nebeneffekt der Selbstverteidigung anbetrifft, ist zu bedenken, daß Nidai dôshu aikidô sehr konkret genutzt hat, als er - wie auch Shioda sensei - für unterschiedliche Firmen den Werkschutz im Kampf gegen die Gewerkschaften organisiert hat. Nidai dôshu hat zunächst in diesem Bereich gearbeitet und hat Schüler des hombu gewissermaßen "vermietet".
    Darüber erfährt man ähnlich wenig, wie über Ueshiba Moriheis Beziehungen zu den Schwarzen Drachen und dergleichen Dinge mehr. Aber er und auch andere haben eine ganze Zeit lang ganz konkret geübt mit dem Ziel zu lernen, wie man Leute verhaut. Und das offenbar ganz erfolgreich.
    Beim Lesen dieses und anderer verlgeichbarer Bücher muß man sich bewußt machen, daß sie an eine breite Öffentlichkeit gerichtet waren und immer wieder auch das Ziel hatten, aikidô als gesellschaftskonform darzustellen. Über die dunkle Seite der Macht wird einvernehmlich Stillschweigen bewahrt.

    Auch darum ist es interessant, den Geschichten der Lehrer zuzuhören, die noch aus den "alten Zeiten" erzählen können. Wenn man diese Geschichten hört, dann wird immer wieder deutlich das die Vorstellung von "friedlicher Kampfkunst" oder "spirituellem Üben" mehrdimensional verstanden werden muß.

  9. #279
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Was die Aussagen Ueshiba Kisshomarus zum Nebeneffekt der Selbstverteidigung anbetrifft, ist zu bedenken, daß Nidai dôshu aikidô sehr konkret genutzt hat, als er - wie auch Shioda sensei - für unterschiedliche Firmen den Werkschutz im Kampf gegen die Gewerkschaften organisiert hat. Nidai dôshu hat zunächst in diesem Bereich gearbeitet und hat Schüler des hombu gewissermaßen "vermietet".
    Gibt es da eine Quelle, um welche Leute es sich da handelt?

  10. #280
    carstenm Gast

    Standard

    Alle Hinweise, die ich in Texten gesehen oder mündlich bekommen habe, waren immer nur sehr allgemein und überhaupt sehr verhalten. Sie sprachen nur von "Schülern des honbu". Dabei ist vielleicht zu bedenken, daß das honbu einige shibu hatte. Und daß denn doch sehr viel mehr Menschen im honbu (und dessen Filialen) geübt haben, als das meistens bewusst ist oder in der Literatur deutlich wird.
    Ich vermute, inzwischen ist das Wissen um die Vorgänge damals tatsächlich einigermaßen diffus, weil man dieses Kapitel gern vergessen wollte.
    Geändert von carstenm (09-10-2018 um 09:39 Uhr)

  11. #281
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Alle Hinweise, die ich in Texten gesehen oder mündlich bekommen habe, waren immer nur sehr allgemein und überhaupt sehr verhalten. Sie sprachen nur von "Schülern des honbu". Dabei ist vielleicht zu bedenken, daß das honbu einige shibu hatte. Und daß denn doch sehr viel mehr Menschen im honbu (und dessen Filialen) geübt haben, als das meistens bewusst ist oder in der Literatur deutlich wird.
    Das erste Shibu war das Kuwamori Dojo, das 1955 gegründet wurde kurz nachdem Kissohmaru Ueshiba beschlossen hatte, aus der Dojo Leitung und dem Untericht eine Vollzeittätigkeit zu machen.
    Zu dieser Zeit trainierten im hombu Dojo noch weniger als 30 Personen. Das weiß ich aus erster Hand.
    Die Zeit des red purge und der Gewerkschaftsdemonstrationen war ein paar Jahre eher, da waren es noch weniger Leute die im Hombu übten, vielleicht um die 10 oder 15 Leute.

  12. #282
    carstenm Gast

    Standard

    War nicht das ibaraki dôjô bei Gründung 1948 honbu des aikikai? Icih meine, das dôjô in Tokyo wurde erst 1949 zum honbu.
    Kuwamori dôjô existierte schon länger, wenn auch als ein judô dôjô. Es wurde nach meiner Kenntnis bereits 1951 oder 1952 erstes shibu des honbu. (Chris spricht von 1954 oder auch 1955). Vertreter des honbu dort war Yamaguchi sensei.
    Sugino dôjô wurde das zweite shibu. Das war 1952, soweit ich weiß. Dieses dôjô gab es als aikidô dôjô seit etwa 1935 und es war bereits Mitglied des kobukai. Vertreter des honbu war dort ebenfalls - nicht nur, aber doch vor allem - Yamaguchi sensei.
    Kumano juku wurde 1953 von Ueshiba Morihei gegründet.
    Kobayashi dôjô in Osaka, in dem Ueshiba Morihei zunächst fast ein Drittel des Monats war, eröffnete 1954.

    Wenn man von den 30 Übenden ausgeht, die du nennst, würde das dann bedeuten, daß das honbu dôjô in Tokyo Mitte der 50er Jahre, eher eines der vergleichsweise kleinen dôjô war?

    Abgesehen davon: Neben den shibu des honbu gab es ja noch viele andere dôjô, in denen aikidô geübt wurde. Mir ist erst durch mündliche Berichte klar geworden, wieviele dôjô und Lehrer es zu jener Zeit bereits gab, die in Büchern und Texten mit keinem Wort erwähnt sind, weil sie nicht Teil der öffentlichen Geschichte des aikidô geworden sind.
    Über Kanshu Sunadomari, der das manseikan 1954(?) eröffnet hat, habe ich einmal gelesen, er habe bereits in den 50er Jahren in Kyushu mehrere Tausend Schüler gehabt. Das mag ja übertrieben sein. Nichtsdestotrotz deutet es die Entwicklung des aikidô in jener Zeit an.

    Was das Engagement angeht:
    Soweit ich es verstanden habe, waren aikidôka nicht nur an den gegen die Kommunistische Partei gerichteten Säuberungen beteiligt, sondern haben auch eine Rolle gespielt in der Zeit der Konsolidierung der Betriebsgewerkschaften Mitte bis Ende der 50er Jahre. Die Betriebliche Sicherheit war ja der Arbeitsbereich von Ueshiba Kisshomaru.
    Geändert von carstenm (09-10-2018 um 14:00 Uhr)

  13. #283
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Es wurde nach meiner Kenntnis bereits 1951 oder 1952 erstes shibu des honbu.
    Die Quelle, die 1955 als Eröffnungsdatum nennt, ist Guillaume Erard.
    (Biography of Kisshomaru Ueshiba, Second Doshu of Aikido)

    Iwama war 1946 bis 1949 Hombu Dojo, da auch Kisshomaru in dieser Zeit dort war, in Tokyo fand in dieser Zeit nichts statt.

    Manseikan Dojo öffnete laut Angaben auf der Webseite des Dojos 1955, am 2. Oktober.


    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Wenn man von den 30 Übenden ausgeht, die du nennst, würde das dann bedeuten, daß das honbu dôjô in Tokyo Mitte der 50er Jahre, eher eines der vergleichsweise kleinen dôjô war?
    Dazu müsste man ja wissen, wie groß genau die anderen Dojos waren. Aber das war die Zeit nach dem Krieg, da haben nicht viele Leute trainiert, nicht mehr, oder noch nicht. Auch in Iwama trainierte nur eine Hand voll Leute, Abe, Mochizuki, Kisshomaru und ein paar andere.
    Das Kanshu Sunadoamari so viele Schüler hatte, kann ich nicht glauben, er kam erst 1953 nach Kumano, vorher war er in Fukuoka und hat nach eigenen Angaben dort gar kein Aikido praktiziert.

    In einem Interview sagt er selbst:

    Q: So Aikido was very rare in Kumamoto at that time?

    A: That was a time when it was rare even in Tokyo.


    Im Hombu Dojo war zudem die Situation so, dass die Hälfte des Dojos noch von Flüchtlingsfamilien bewohnt war, die zogen auch erst 1955 aus.
    Als Asai Sensei dort anfing zu trainieren, haben da noch welche gewohnt, das Dojo war durch Stellwände oder Vorhänge geteilt.


    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Die Betriebliche Sicherheit war ja der Arbeitsbereich von Ueshiba Kisshomaru.
    Aber eben nur bis 1955, dann zog er sich doch aus diesem Arbeitsleben zurück, und kümmerte sich nur noch um das Dojo und den Aikikai.

  14. #284
    Gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Ich denke, man kann - wenn man es denn mächte - dazu viel mehr wissen, als es zunächst scheint:
    Das scheint mir alles jetzt kaum mehr praktikabel zu sein: ein Großteil der Lehrer meines ältesten Lehrers sind schon verstorben. Die anderen oder die noch lebenden direkten Schüler Morihei Ueshibas werden einem Anfänger oder mudansha kaum in die dunkle Seite der Macht einführen. Und die Schriften bzw. Worte* Ueshibas sind ja eigentlich auch nur über die Brille von Übersetzern und Interpreten zugänglich.

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Beim Lesen dieses und anderer verlgeichbarer Bücher muß man sich bewußt machen, daß sie an eine breite Öffentlichkeit gerichtet waren und immer wieder auch das Ziel hatten, aikidô als gesellschaftskonform darzustellen.
    Ich bin der Meinung, dass gerade das für mich als Breitensportler (oder Breiten-Budoka ) relevant ist. Und für Ueshiba Kisshomaru fängt Aikido schon an, wenn jemand zum ersten Mal eine Vorwärtsrolle hinbekommt:
    Zitat Zitat von Kisshomaru Ueshiba, Der Geist des Aikido, pg. 67-68
    Frauen, die durch die Tore des Aikido eintreten, hören selten schon bald nach dem Anfang mit dem Training wieder auf. Mindestens 8 von 10 machen weiter, und je länger und intensiver sie sich mit Aikido beschäftigen, desto begeisternder finden sie es...

    "Als ich mit Aikido anfing, konnte ich nicht mal einen Purzelbaum schlagen. Als ich dann meine erste Vorwärtsrolle fertig brachte, war es für mich die Krönung des Tages"
    ...
    "Uke zu sein macht mir richtig Spaß, weil all mein Stolz und meine Eitelkeit verschwinden, wenn ich geworfen werde. Aikido hat man "dynamisches Zen" genannt. Wenn ich durch Üben lerne, mich zu geben, wie ich bin, glaube ich wirklich, dass es dem Zen nahe sein könnte."
    ...
    Diese Äußerungen und ähnliche stammen von Lehrerinnen, Büroangestellten, Hausfrauen, Studentinnen, Sekretärinnen, sowie anderen Frauen unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichen Berufen. Trotz der Unterschiede lässt sich jedoch ein gemeinsames Leitmotiv erkennen. Sie alle haben die Essenz des Aikido aus ihrer Intuition und Erfahrung mehr oder weniger begriffen und - im Gegensatz zu denen der Männer - ihre Äußerungen beziehen sich direkter auf das tägliche Leben.
    ...
    Beim Aikido wird die Individualität eines jeden Menschen respektiert und die Stärke jedes Einzelnen entwickelt und gepflegt...
    In meinem täglichen Leben ist das Aikido, dass ich zur Zeit übe, bestens "dafür (ge)eignet um den Körper und Geist in Einklang zu bekommen und um Stress abzubauen" und um Rücken- und anderen Gelenkproblemen vorzubeugen. Jedenfalls kann ich beim Thema Rückenschmerzen überhaupt nicht mitreden.

    Zitat Zitat von carstenm Beitrag anzeigen
    Zum einen ist die Variabilität in unterschiedlichen budô unterschiedlich: In den koryû, zu denen ich Zugang habe, wird von jedem verlangt, sich exakt nach jeweiligen Vorgabe zu bewegen. 1:1.
    Im aikidô, wie ich es kenne, ist das nicht ganz so streng. Aber die Personalisierungen geschehen ohne aktives Zutun. Der Übende versucht die exakte Kopie, aber weil die Arme kürzer sind, als beim Lehrer, oder die Bewegungsfähigkeit anders ausgesprägt ist, oder dergleichen, ergeben sich bestimmte Individuelle Unterschiede, die zugelassen werden.
    Allerdings ist einer der spannendsten Effekte, wahrzunehmen, wenn etwas tatsächlich indiviudalisiert werden kann und sollte. Oder wann ein bestimmter Aspekt nur eine scheinbare Grenze darstellt, die es zu überwinden gilt. Die entsprechenden Lernwege vollziehen sich dann zuweilen über mehrere Jahre.
    Angesichts der vielen Verbände und Linien im Aikikai kann ich nun wirklich nicht den Vergleich mit einer Koryu nachvollziehen, bei der man sich exakt 1:1 nach Vorgabe bewegen soll. Die Unterschiede springen doch auch einem Laien ins Auge und waren schon wiederholt Diskussionsthema im KKB. Ein Beispiel mit 42 Demos: 56th All Japan Aikido Demonstration 2018

    Aus den Diskussionen mit und Beiträgen von Carstenm und Inryoku habe ich irgendwie den Eindruck gewonnen, dass ich eine besonders exotische Form von Aikido ausübe, die eigentlich gar kein Aikido mehr ist. Was auch daran lag, dass ich die ersten 2+ Jahre ausschließlich in meinem Dojo geübt habe. Erst in den letzten 6 Monaten habe ich wenigstens 2 andere Dojos** je einmal als Gast besucht - und der Wiedererkennungswert war in beiden Fällen sehr hoch: das Training ist gleich strukturiert mit Gymnastik, die Atem-, Dehn- und Lockerungsübungen beinhaltet, gefolgt von Solo-Übungen wie Tai-Sabaki, dann Einrollen, und das Üben der Kihon-Waza (ohne spürbare Atemi) mit zunehmender Intensität. Das scheint mir auch eine Vorgabe des Gründers zu sein, jedenfalls lautet eine von 6 Dojo-Regeln Ueshibas von 1935 wie folgt:
    Zitat Zitat von 5. Dojo-Regel von Ueshiba Morihei, 1935
    Fangt beim täglichen Üben zuerst mit leichten Körperbewegungen an und geht dann dazu über, intensiver zu arbeiten. Erzwingt nichts auf unnatürliche oder unvernünftige Art und Weise. Wenn diese Regel befolgt wird, werden sich selbst ältere Leute nicht verletzen und sie können in einer angenehmen und freudigen Atmosphäre trainieren.
    Das "nichts erzwingen wollen" im Sinne von keine direkte Konfrontation von Kräften zuzulassen, ist ein wesentlicher Punkt in dem Training, das ich erlebe. Leider fällt es mir ganz schwer, das unmissverständlich zu beschreiben und war ja auch schon ein paar Mal Diskussionsgegenstand. Jedenfalls ist das damit verbundene Bewegungsgefühl, das sich und den Partner spüren, mir viel wichtiger als das Einhalten einer äußeren Form, die ich ich exakt sowieso noch nicht beherrsche. Interessant ist allerdings, das sich trotzdem (oder vielleicht sogar deswegen?) mit zunehmender Übung und Erfahrung beider Partner die äußere Form (zumindest in meiner Wahrnehmung ohne Videobeweis) immer mehr dem Ideal nähert.

    (Fortsetzung folgt später..)
    __________________________________
    *) Meines Wissens hat Ueshiba Morihei kaum etwas schriftliches hinterlassen. Es gibt Aussagen, das sein erstes Buch "Budo Renshu" größtenteils von Tomiki geschrieben und von der schon erwähnten Studentin Takako Kunigoshi illustriert wurde, andere Bücher sind einfach Niederschriften und Zusammenfassungen seiner Schüler von Ueshibas Vorträgen.
    **) die als Dojo einem Verband des internationalen Aikikai angehören oder als Verein Lehrer des Aikikai haben.

  15. #285
    Gast Gast

    Standard

    c
    Zitat Zitat von Aiki50+ Beitrag anzeigen
    Das scheint mir alles jetzt kaum mehr praktikabel zu sein: ein Großteil der Lehrer meines ältesten Lehrers sind schon verstorben. Die anderen oder die noch lebenden direkten Schüler Morihei Ueshibas werden einem Anfänger oder mudansha kaum in die dunkle Seite der Macht einführen.
    Es gibt im Aikido keine "dunkle Seite der Macht", was man lernen kann ist alles offen, allerdings vom Vermögen des jewieligen Lehrers abhängig.
    Wenn es aber noch Leute gibt die unmittelbar unter Ueshiba trainiert haben, sollte man die Gelegenheit wahrnehmen.

    Zitat Zitat von Aiki50+ Beitrag anzeigen
    Aus den Diskussionen mit und Beiträgen von Carstenm und Inryoku habe ich irgendwie den Eindruck gewonnen, dass ich eine besonders exotische Form von Aikido ausübe, die eigentlich gar kein Aikido mehr ist.
    Du hast bis jetzt nie erwähnt, wo oder nach welcher Linie du trainierst, daher kann man es schlecht einschätzen.
    Ansonsten beschreibst du deine persönlichen Eindrücke, das ist nichts exotisches, aber das ist natürlich sehr durch deine Brille, man kann schlecht sagen welche Aspekte dir jetzt persönlich wichtig sind, und welche deinen Lehrern.
    Es ist halt so, jeder macht sich die Aikido-Welt ein bisschen so, wie sie ihm gefällt, und du beschreibst halt deine eigene Erlebniswelt, Aspekte wie Rückenschmerzen, Körper und Geist, etc., Dinge die für andere vielleicht viel weniger Bedeutung haben.

    Zitat Zitat von Aiki50+ Beitrag anzeigen
    Angesichts der vielen Verbände und Linien im Aikikai kann ich nun wirklich nicht den Vergleich mit einer Koryu nachvollziehen, bei der man sich exakt 1:1 nach Vorgabe bewegen soll.
    Ich habe das nicht so verstanden, dass es wie in einer Koryu sei, sondern eben weniger streng.
    Trotzdem versuchen die Schüler sich zunächst darin, eine Kopie ihrer Lehrers zu werden, das ist in fast allen Linien so zu beobachten.
    Der Vergleich mit einer Koryu ist aber trotzdem nicht so abwegig wie es scheint, aus verschiedenen Gründen.

    Zitat Zitat von Aiki50+ Beitrag anzeigen
    Interessant ist allerdings, das sich trotzdem (oder vielleicht sogar deswegen?) mit zunehmender Übung und Erfahrung beider Partner die äußere Form (zumindest in meiner Wahrnehmung ohne Videobeweis) immer mehr dem Ideal nähert.
    Doshu ist sicher eine wichtige Person die gewisse Standards setzt, aber dennoch unter vielen hochrangigen Lehrern nicht der einzige oder der beste, ich glaube nicht, dass er sein Aikido als "Ideal" ansieht.
    Geändert von Gast (12-10-2018 um 09:55 Uhr)

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