Penguin (broschiert/2017)
ISBN 978-0-241-97569-5
330 Seiten
Goleman und Davidson sind beide gut ausgebildete psychologische Forscher und scheuen dabei auch vor hochtechnischer Diagnoseapparatur nicht zurück. Beide haben vor mehr als 40 Jahren, zu Beginn ihrer Studienzeit mit dem Meditieren begonnen. Richardson hat sich dabei stark den indischen Traditionen zugewendet und Goleman hat sich zunächst ein wenig mit der Zen-Mediatin beschäftigt. Sehr schnell kamen die beiden auf die Idee, ihre Erfahrungen aus der Mediation mit ihren Studien und dann auch mit ihren Doktorarbeiten zu verbinden, was zu Beginn der 70er Jahre in den USA nicht ganz ungefährlich gewesen ist. Richardsons Doktorvater sprach von einer "karriereverhindernden" Vorgehensweise.
In den folgenden Jahrzehnten haben die beiden immer mit den neuesten Erhebungs- und Ana-lyseverfahren in diesem Bereich weitergeforscht und später unter dem Einfluß des Dalai La-mas ihre Aufmerksamkeit von der indischen zur tibetischen Meditationstradition verschoben und an einigen sehr angesehenen Studien teilgenommen. Sie und einige ihrer Mitstreiter sind dadurch sehr stark an der Verbreitung der "weichen" meditativen Praktiken, die auch als Mindfulness bekannt geworden sind beteiligt - so etwa auch in Zusammenarbeit mit Jon Ka-bat-Zinn.
Zunächst stellt das Buch sehr ausgiebig die Entwicklung der Erforschung der Meditation in den letzten vier Jahrzehnten vor, wobei die Studienaktualität bis in das Jahr 2016 reicht. Hier-bei wird etwa auch das sehr interessante Projekt des Max Planck-Instituts in Leipzig vorge-stellt, dessen endgültige Auswertung noch aussteht, und zu denen drei unterschiedliche Schnelllernprogramme für die Studienteilnehmer entwickelt worden sind.
Dabei stellt sich schnell heraus, dass viele Studien, deren Ergebnisse zu allerlei populärwis-senschaftlichen Artikeln zur Förderung von Gesundheit, Glück und Arbeitsproduktivität ge-führt haben, entweder wissenschaftlich hinterfragbar sind, oder in Wirklichkeit gar nicht die Aussagen geben, die in diesen Artikeln dann als "Beweise" angeführt werden. Sehr kritisch setzen sich die Autoren dabei auch mit ihren eigenen Arbeiten aus der Vergangenheit ausei-nander.
Im Folgenden geht es dann darum, was Mediation - zumindest Teile der europäischen Tradi-tion, die indischen, tibetischen und die Zen-buddhistischen - wirklich oder mit großer Wahr-scheinlichkeit zu leisten vermag. Dabei ist es durchaus so, dass Meditation nicht gleich Medi-tation ist und so die hier dargestellten Traditionen untereinander - aber auch in ihren jeweili-gen internen Ausdifferenzierungen - durchaus unterschiedliche Ziele verfolgen und diese mit unterschiedlichen Techniken erreichen. Hierzu kommen dann noch Beobachtungen zu einigen der neueren, ans moderne Leben angepasste Techniken der Meditation, wie sie im Moment überall angeboten werden.
Abschließend beweisen die Autoren ein gewisses Sendungsbewusstsein mit der Überzeugung, dass insbeondere die Loving-Kindness-Traditionen, denen auch der Dalai Lama folgt, einen wichtigen Beitrag für die Zukunft leisten können. Viele Literaturhinweise in den Endnoten, sowie ergänzende Ausführungen laden dann zum weiteren Studium ein und ein Index ermög-licht das schnelle wiederauffinden von interessanten Passagen.
Thich Nhat Hanh, ein weiterer Lehrer des Dalai Lama, wird zwar an einer Stelle kurz erwähnt, seine Beiträge gerade zur Verbreitung einer liebend-anerkennenden Meditation werden hier aber nicht vorgestellt, was ein wenig wie eine verpasste Gelegenheit aussieht - wenn es aber auch so genug in diesem Buch zu finden gibt. Wang Liping, der bekannte Meister der daoistischen Drachentorschule hat sich - wie auch andere daoistische Schulen - gleichfalls die Verbreitung der meditativen Techniken verschrieben um die Welt besser zu machen und diese Tradition ist ebenfalls sehr breit gefächert und hätte meiner Meinung nach zumindest eine Erwähnung verdient, aber - wie gesagt - das Buch ist so schon sehr voll. Auf jeden Fall le-senswert und auch eine Hilfe für die Entwicklung der eigenen Praxis, wenn man genau liest und sich zu den betreffenden Dingen ein paar Notizen macht.
K.-G. Beck-Ewerhardy (Eigenzitat aus amazon.de)