Blue Snack Books (broschiert/2007)
ISBN 978-1-58394-189-8
238 Seiten

[Eigenzitat aus amazon.de]

Die beiden Verfasser dieses Buchs betreiben schon seit einigen Jahrzehnten die Inneren Kampfkünste und sind die Schüler verschiedener Beijinger und Taiwanesischer Meister der Inneren Kampfkünste gewesen und stehen außerdem in der Tradition von Bruce Kumar Frantzis, der Frank Allen zu seinem ersten offiziellen Bagua-Nachfolger erklärt hat.

Das vorliegende Buch ist eine ziemlich umfassende Einführung in das Baguazhan. Nach einem Vor-wort wird hier zunächst einmal die Geschichte des Baguazhans seit seiner wahrscheinlichen Entwicklung durch Dong Hai Chuan, einen Palasteunuchen, der es nach einer unerwarteten Präsentation seiner Technik zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum prinzlichen Kampfkunstlehrer brachte. Es folgt eine Darstellung seines Umgangs mit seinen ersten Meisterschülern und seiner Karriere im kaiserlichen Dienst bis hin zur Entwicklung erster verschiedener Stile, die mit den unterschiedlichen Charakteren und körperlichen Beschaffenheiten seiner Schüler zu tun hatten. Die Darstellung der Geschichte endet dann zunächst mit dem Ankommen des ersten Lehrers dieser Traditionslinie in New York zu Beginn der 80er Jahre.

Auf diese Historie folgt dann ein Technikteil, in dem zunächst die Stände und die Handhaltungen vorgestellt werden und dann das unverzichtbare Bu Fa, das ja gerade im Baguazhan eine überaus große Rolle spielt. Die begleitenden Photos sind dabei so aussagekräftig, wie es bei Büchern dieser Art üblich ist, aber die in den begleitenden Texten beschriebenen Gewichtsverteilungen kann ich in ein, zwei Momenten nicht so ganz folgen. Danach werden zwei grundlegende Handwechselformen vorgestellt, mit denen man diese bis dahin eher isoliert betrachteten Elemente in Verbindung üben kann. Nach der Darstellung dieser Grundlagen geht es um die kämpferischen Aspekte des Ba-guazhan und darum, wie diese sich von anderen Kampfkünsten unterscheiden. Hier werden auch Partnerübungen bis hin zum Rou Shou angesprochen, die aber nicht vertiefend dargestellt werden – was angesichts der Gefahren eines falschen Übens ohne direkte Eingriffsmöglichkeiten eines erfahrenen Lehrers sicherlich vernünftig ist.

Dafür wird aber nach einer kurzen Abhandlung der typischen Bagua-Waffen eine längere Form für die Hirschgeweihsdolche in einer Photoserie vorgestellt, die zumindest bei diesem Rezensenten ein gewisses Interesse aufruft – und den Wunsch, sich solche Dolche zuzulegen.

Im sechsten Kapitel werden die beiden „Urquelle“ des Baguazhans vorgestellt, nämlich die 36 Gesänge und die 48 Methoden. Jedes der kurzen Stücke wird zunächst in chinesischen Schriftzeichen dargestellt, gefolgt von der Übersetzung und ergänzt um eine – nicht immer notwendige – genauere Erläuterung des Übersetzten. Für den erfahrenen Bagua- oder auch sonstige Innere Kampfkunstpraktizierenden ist dabei nicht unbedingt allzu Neues, aber es ist trotzdem schön, diese Texte in ihrer chinesischen Form mit der Übersetzung der eigenen Kampfkunstbibliothek hinzufügen zu können.

In den letzten beiden Kapiteln beschreiben die beiden Autoren die Verbindung des Baguazhans mit dem Daoismus und hier – auf Grund ihrer eigenen Erfahrung – in erster Linie mit der Longmen-Pai und ihren Sitz im Tempel der Weißen Wolke in Beijing. Hierbei wird das Baguazhan mit den Grund-prinzipien der daoistischen Lehre verbunden und auch gezeigt, inwiefern dieses mit dem Yi Jing und der daoistischen Meditation verbunden ist. Als Schüler von Bruce Kumar Frantzis gehen die beiden Autoren dabei auch intensiv auf die daoistische Wassermediation ein und darauf, wie diese aus einer Sitzmeditation zu einer Bewegungsmeditation im Bagua-Training umgewandelt werden kann.

Die Traditionsfolge, in der die Autoren sich bewegen sorgen natürlich bei der historischen Darstel-lung für eine gewisse Gewichtung und es bleibt zu fragen, inwiefern Dong Hai Chuan eine bereits zuvor existierende daoistische Baguazhan-Tradition übernommen hat, oder ob er wirklich eine daoistische Kreismeditation zu einer neuen Kampfkunst entwickelt hat. Es ist klar, in welche Richtung die Autoren tendieren, aber ihre Ausführungen lassen an allen Selle auch immer noch andere Interpretationen zu.

Baguazhan ist für viele Leute außerhalb der Welt der Inneren Kampfkünste eher exotisch und deswegen wird dieses Buch auch eher für Praktizierende interessant sein, die mehr über die Hintergründe ihrer Kunst erfahren möchte. Aber als solches ist es wirklich lesenswert.



K.-G. Beck-Ewerhardy