Zitat von
marasmusmeisterin
A. Binder kommt im Kapitel "Mensch ohne Rang" folgendermaßen auf den Punkt:
>Unsere sicher nicht mehr überraschende These lautet: Zazen ist ein besonderer Versuch, das Anerkennungs-Geborgenheits-Problem zu lösen. Es ist ein besonderer Versuch, mit den unzähligen Demütigungen "fertig zu werden", die jeder im Laufe seine (sic) Lebens erfahren muss und die eingewoben sind in die sich widersprechenden Begehren, der Größte und Gleicher unter Gleichen sein zu wollen. Wie letztlich jede Psychotherapie geht es auch im Zen darum, die Schläge zu verarbeiten, die einem das Leben zufügt, wobei die verbalen Schläge, die Schläge, welche die Bedeutungen bestimmter Wörter verursachen, oft als die schlimmsten erlebt werden. <
Dann geht es auf der gleichen Seite um den "Zusammenhang der asiatischen Leidenslehren mit Anerkennungsproblem".
>Auch der Buddhismus suchte die Lösung des Leidensproblems in der Erlösung vom Subjekt. Beim Buddhismus sollte sie sich durch die Erkenntnis vollziehen, dass das Subjekt gar nicht existiert, dass es sich bei ihm um eine Wahnvorstellung handelt. Der ontologischen Nicht-Ich-Lehre des Buddhismus, so etwas wie ein Ding Ich existiert nicht, entsprach auf der psychischen Eben die Entlastungsvorstellung, da ich eigentlich gar nicht bin, kann ich eigentlich auf gar nicht verletzt, misshandelt, erniedrigt werden; kurz: da ich nicht bin, kann ich nicht leiden. Der Zen-Meister, welcher den sich über die harte Arbeit beschwerenden Fabrikarbeiterinnen zurief es gibt kein Ich das Leiden kann benutzte diesen Entlastungsgedanken.
> (S. 234/5)
>Man kann auch sagen, die Befreiung vom Anerkennungsbegehren bedeutet eine Befreiung von der leidvollen Seite der Selbstbezogenheit, der Egozentrizität. Aber um eventuellen Miß verständnissen vorzubeugen: Der Kam f um Anerkennung des "gewöhnlichen" Menschen ist kein verwerfliches Verhalten, etwa weil es egoistisch ist, im Gegenteil, da, wo wechselseitige, horizontale Anerkennung angestrebt wird, ist der Kampf auch ein ethischer, er soll ja Menschenwürde und Gerechtigkeit herstellen.> (S. 236)