Hallo zusammen,

an dieser Stelle möchte ich einmal einen Punkt adressieren, der mich schon eine ganze Weile beschäftigt. Es geht dabei um die Art und Weise, wie Karate häufig (nicht immer!) erklärt und ausgeführt wird und mögliche Ursachen dafür.

In Kata und Grundschule wird meistens eine Abfolge von „Techniken“ beschrieben.

Beispiel: Beginn der Kata Heian Shodan (Shotokan):

- Links Gedan Barai
- Rechts Oi-Zuki Chudan
- Rechts Gedan Barai
- Rechts Tetsui Uchi
- Links Oi-Zuki
- usw.


Dies führt nach meinen Beobachtungen dazu, dass sich viele Übenden genau auf diese „Techniken“ konzentrieren, und zwar nur auf diese.

Im Wettkampfkarate führt dieses Phänomen dazu, dass die „Zwischenbewegungen“ oftmals „abgekürzt“ oder ganz weggelassen werden, um schnell zu sein. Und nach dem Erreichen der „Endposition durch geeignetes Einrasten" wird eine "dramaturgische Pause" eingelegt.


Nun will ich hier weder das Einrasten, noch die Pausen kritisieren. Das wird beim Wettkampf eben so gefordert bzw. honoriert. Mir geht es hier um das grundsätzliche Phänomen.

Ich vermute, dieses Hervorheben weniger Techniken bzw. der „Endpositionen“ beruht im wesentlichen auf zwei Gründen:
1. Das Weitergeben und Erklären beispielsweise durch ein mit Zählen verbundenes Beschreiben ist einfacher.
2. In Büchern werden Fotostrecken abgebildet, die sich - bis auf Ausnahmen - ebenfalls auf diese Endpositionen konzentrieren.

Manchmal wird auf Bildern noch durch Pfeile auf besondere Bewegungen hingewiesen, wie zum Beispiel im Karate-Do Kyohan von Gichin Funakoshi (Shotokan Tekki Shodan):

IMG_7491.jpg

Bei der geschilderten Betrachtungs- und Ausführungsart werden meines Erachtens häufig die vielen - teilweise durchaus wichtigen - Zwischenbewegungen weggelassen. Alternativ könnte man den oben beschriebenen Kata-Anfang auch so sehen/üben:

- Rechts Gyaku-Zuki oder Nukite Gedan/Links Soto-Uke Chudan („Ausholbewegung" für Gedan Barai)
- Links Gedan Barai
- Rechts Oi-Zuki Chudan
- Rechts Ushiro-Geri Gedan (Fußbewegung zur Drehung)
- Rechts Gedan Barai
- Rechts Nagashi-Uke Gedan („Ausholbewegung“ zum Tetsui Uchi)
- Rechts Tetsui Uchi
- Links Oi-Zuki
- usw.

Bei einer solchen Betrachtungsart kommen auf einmal viel mehr „Techniken“ in den verschiedenen Katas vor. So könnte grundsätzlich die Ausholbewegung für Shuto-Uke im Shotokan doch gerne auch Nukite und im Kyokushinkai Morote Nagashi Uke beinhalten.


Hier nun meine Fragen an Euch:
1. Haltet Ihr das Konzentrieren auf wenige "Techniken und deren Endpositionen" für sinnvoll oder ggf. sogar notwendig, um deren Effektivität sicherzustellen?
2. Für wie wichtig erachtet Ihr die „Aushol- oder Zwischenbewegungen“?
3. Wie geht Ihr damit im Training bzw. beim Erklären um? Ggf. unterschiedlich für Anfänger und Fortgeschrittene?
4. Seht Ihr auch die „Statik“ der Fotostrecken als mögliche Ursachen?

Bin gespannt auf Eure Antworten und Anmerkungen.

ainuke

P.S.: Falls dieser Aspekt hier schon einmal diskutiert wurde, bitte ich um Entschuldigung. Mit der Suchfunktion habe ich nichts derartiges gefunden.