Zitat von
sabiji
Spaß beiseite: vergiss den Prügel! Der hilft dem Kind nicht ein bisschen. Das ist romantisierter Sch##ß.
Wenn Du dem Kind was wirklich gutes tun willst, werde ein toller Pate. Sei eine Hilfe und Unterstützung in allen seinen Lebensabschnitten. Habe immer ein offenes Ohr für die kommenden Sorgen und Nöte wenn es aufwächst. Verbringe Zeit mit ihr/ihm, unternehme viel und bringe ihm/ihr was bei. Da habt übrigens ihr beide was davon.
Ich habe eine Tochter die nun 20 Jahre alt ist. Vor etwa 30 Jahren begann ich mit Kendo und auch gleichzeitig mich mit der Materie Nihonto zu beschäftigen. Ich war lange Jahre Mitglied der NBTHK und habe diese mit dem Tod des ehemaligen Präsis Herr Hagenbusch verlassen, den ich sehr verehrt habe. Herr Dr. Kremers, leider kein "Klingenmensch" aber eine Koryphäe auf dem Gebiet des Kodogu ist eine exzellente Nachfolge.
Zurück zum Thema: meine Tochter ist also mit meinen Hobbys aufgewachsen. Um nicht allein zu Hause zu sein, ist sie oft mit zum Training gekommen und während dessen tobte sie auf einem Matratzenstapel. Sie hatte -zig antike Klingen in den Händen und kennt die Regeln und Etikette, was den Umgang mit ihnen betrifft.
Dennoch hat sie nie die Leidenschaft entwickelt oder übernommen. Weder für Kampfsport, noch für Schwerter, noch für Japan im Allgemeinen. Ich hatte mir damals auch vorgestellt, ihr zur Volljährigkeit ein antikes, gutes Waki zu schenken. Aber auch wenn es mein Interessensfeld ist, es ist weder mein Ursprung noch meine Kultur. Es ist nur mein Hobby. Sie bekam statt dessen ein gutes Outdoor-Messer in Form eines kurzen traditionellen Sax geschenkt. Handgeschmiedet von einem Messermacher. Und sie hat sich ehrlich gefreut. Sie ist "outdoortechnisch" ohnehin sehr interessiert.
Ironie der Geschichte: meine Tochter lebt und arbeitet seit einen halben Jahr auf einer Farm in Kyushu, um ihr Horizont zu erweitern und ihre Vita zu pflegen. Der Vorfahre ihres Farmer ist übrigens tatsächlich ein Kampfgefährte Saigo Takamoris, der nach dem Satsuma-Aufstand das Unternehmen gründete. Sie kommt ausgesprochen gut dort vor Ort klar und wurde bestens aufgenommen, weil sie wahrscheinlich ist wie sie ist und kein Otaku mit idealisierten Vorstellungen.
Lange Rede kurzer Sinn, Kinder müssen nicht zwangsweise eigene ideale übernehmen. Sie müssen ihre eigenen Wertevorstellungen entwickeln können, die auf einer "gesunden" Erziehung basieren soll. Ich selbst bin in einer sehr christlich-protestantischen Familie aufgewachsen und dennoch wurde ich nicht automatisch "getauft" und der Konfirmationsunterricht verordnet. Man überließ es mir zu entscheiden wenn ich alt genug bin, ob diese Religion Teil meines Lebens werden soll. Sie ist es nicht geworden. Dennoch bin ich kein Atheist. Toleranz ist etwas sehr wertvolles, dass aber nur auf Wissen aufbauen kann. Mann muss also immer bereit sein zu lernen, vor allem Dinge auch aus anderen Blickwinkeln zu sehen.
Zu deinem "versiegeln": auf die Quelle Deines Japanologen bin ich echt gespannt. Ich beschäftige mich seit fast 30 Jahren mit der Materie und erlaube mir eine Arroganz zu behaupten, das Feld auch wirklich studiert zu haben. Dennoch bin ich offen genug um aus eigener Erfahrung zu wissen "es gibt nichts was es nicht gibt" (bezogen auf´s Nihonto). Will sagen, ich lerne ständig dazu. Aber von derartigen Versiegelungen habe ich weder etwas gesehen, gelesen oder gehört. Deswegen harre ich genauso gespannt wie Ryoma der Quelle.
Es gibt Tsuba, die besitzen sogenannte Udenuki-Ana. Das sind zwei Löcher, eins etwas größer als das andere (ganz ähnlich wie bei Netsuke), durch die man eine Schnur ziehen und das Schwert so sichern konnte, dass es nicht unbeabsichtigt aus der Scheiden gleiten konnte. Dieser Sicherung wird auch nachgesagt, das sie das Ziehen der Klinge im emotionalen Überschwang verhindern sollte. Letzteres trifft aber eher bei Satsuma-Koshirae zu. Hier besitzen manche Stichblätter zwei, gegenüber klassischen Udenuki-Ana, eher winzige und gleichgroße Löcher. Auch hier wurde eine Sicherung durchgebunden, die in dem Fall tatsächlich durch den Widerstand den impulsiven Samurai vor unüberlegten Aktionen bewahren sollte. Besaß man keine dieser Löcher im Stichblatt, wurde der Griff auch einfach an der Basis an der Fuchi durch eins der Kogai oder Kozuka-Hitsu gesichert, ganz ähnlich der modernen Variante bei den Gunto im WK II. Auch hier diente die Sicherung lediglich dazu, das man das Schwert bei körperlicher Aktion nicht aus der Scheide verlor.
Es gibt noch eine andere interessante Sache. Klingen, die einen Tempel oder Schrein geweiht werden sollten, wurden manchmal, wenn auch sehr selten, vom Schmied ohne Mekugi-Ana ausgestattet. Diese Klingen sollten also nie montiert und damit als Waffe benutzt werden. Anders herum geht das auch. Es ist ganz normal, das bei Suriage und O-Suriage Klingen alte Dübellöcher geschlossen wurden. Ich habe bisher einmal eine Klinge erlebt, bei der alle Dübellöcher verschlossen wurden. Man kann nur vermuten, das auch diese Klinge mal einen Tempel oder Schrein gegeben wurde und es sollte sichergestellt werden, dass diese Klinge nicht montiert werden sollte. Das ist aber nur eine These, denn für gewöhnlich ging man eh davon aus, das Schwerter, die an einem Tempel gegeben wurden, da auch sicher verblieben.
Sollte Dein Schwert also ein wertvolles Gendai eines bekannten Schmiedes, oder eventuell eine gute antike Klinge sein und Du willst es definitiv nicht mehr zum Training nutzen, warum verkaufst Du es nicht einfach und legst den Erlös als Grundstock in etwas an, was zum 18. Geburtstag des Kindes ausgezahlt wird? Siehst Du, hier schließt sich der Kreis. Bei der Geburt meiner Tochter habe ich eine kleine Versicherung abgeschlossen, deren Erlös zum 18. Geburtstag ausgezahlt wurde. Als Back-up für ein mögliches Studium, für ihre erste Wohnung, oder falls sie ein Auto braucht...nö, sie wollte raus in die Welt. Nun ist Sie in Japan.
@Ryoma, danke auch noch mal für Dein Zuspruch im Vorfeld. Die Entscheidung war goldrichtig. Tochter hat bisher kein Fatz Heimweh und fühlt sich trotz harter Arbeit (6 Tage Woche) pudelwohl.
Du siehst also, es gibt coolere Sachen als ein verklebten Wallhänger. Man muss auch mal loslassen können. ;-)