Ich würde sagen: Jein. Mit dem Sport-Glima hat es sicher nichts zu tun, aber in der heutigen Form ist das ja auch erst 1905-1908 entstanden; vorher dürfte es tatsächlich verschiedene Spielarten gegeben haben (ebenso wie sonst in Europa eben auch, beim Ranggeln z.B. gab es die Schlägerei-Variante "Robeln", wo auch einer gegen mehrere Gegner antreten konnte etc), wobei die gesellige Form mit Griff an der Hose (nicht unähnlich dem Schwingen) durchgeführt worden sein dürfte. Ob ungebrochene Tradition - da wirds tatsächlich schwierig. Enoksen beruft sich hauptsächlich auf Einarsson, von dem er gelernt haben will; Einarsson war nach allem was ich gesehen habe eine Autorität in der isländischen Glima-Szene und hat einige massgebliche Werke dazu geschrieben, auf die sich auch alle der von Dir verlinkten akademischen Arbeiten (danke dafür!) und zudem noch diese Bachelorarbeit hier: https://skemman.is/bitstream/1946/12...ic%20media.pdf beziehen. Wetzler lobt sogar Einarssons praktische Sicht, die er als aktiver Glima-Sportler gehabt hätte. Eine Kurzfassung (?) von Einarssons Broschüre 1988 gibts hier: http://www.glima.is/wp-content/uploa...ef-history.pdf
Einarsson geht dort klar von mehreren Einflüssen aus, er nennt unter anderem die britischen Inseln, und es würde mich nicht wundern, wenn die Verbandswebsite ihre Infos von dort bezieht. Es wäre auch m.E. etwas eigenartig, wenn Enoksen sich dieser Deutung nicht anschliessen würde, bzw. lese ich das zumindest so nicht aus dem Interview heraus. Was mich an Enoksen interessieren würde wäre v.a., ob er die bei Einarsson angedeuteten Technikgruppen weiter ausführt bzw. demonstriert; ich sehe dort verschiedene Dinge, die ich von anderen europäischen Stilen kenne, aber auch welche, die mir fremd sind, und das hat mein Interesse geweckt. Ob es sich dabei um eine ungebrochene Linie handelt oder eher um HEMA im klassischen Sinne, kann ich so nicht klar sagen. Ich glaube aus dem Interview herauszulesen, dass Einarsson und Co. versucht haben, hier in den Sagas etc. beschriebene Techniken wiederzubeleben; die Passage mit dem "Testen an Hooligans" liest sich für mich so. Aber das ist mit ein Grund, warum ich mir das Buch besorgen möchte. Wenn es Quatsch sein sollte - hey, ich hab genug Ring-Erfahrung um das zu merken, und Pseudowissenschaft erkennen ist auch Teil von meinem Job, daher mach ich mir da mal keine Sorgen. Aber ich werde mich so oder so auch in die anderen Arbeiten zum Thema vertiefen, das Spektrum erweitert sich ja laufend
Ansonsten: hey, das "Regelwerk" liest sich für mich lustig, und ich bin ja immer auf der Suche nach neuen Spielformen. Wenn man sich die Videos anschaut, ist bei vielen der Teilhmer von Enoksens Seminaren nicht wahnsinnig viel Technik dabei, dafür finden sich jetzt rein optisch betrachtet sehr viele Wikinger-Fans darunter... auf der anderen Seite scheint das durchschnittliche Fitness-Level und der Kampfeinsatz höher zu sein als sonst bei HEMA-Veranstaltungen, von da her
Beste Grüsse
Period.