Zitat von
Klaus
Bei den Nazis spielt eine immense Rolle, dass den Leuten die sich dieser "Methodik" versagt hätten über kurz oder lang selbst hätten dran glauben müssen.
Das hört m an oft, stimmt aber für das angeführte Beispiel des Reservepolizeibataillons 101 nicht, wie man den von mir verlinkten Quellen entnehmen könnte, so man es denn wollte.
Zitat aus dem Video 36:40:
Man hat in dem Fall [...] sehr gut dokumentiert dass die Situation der Befehlsausgabe so ausgesehen hat, dass es denn Männern frei gestellt wurde, ob sie bei der anstehenden Massenerschießung mitmachen oder nicht.
Von diesem Angebot haben sehr wenige gebrauch gemacht. Also so ein Bataillon umfasst 500 Männer, in dem Fall des Reserve-Polizei-Bataillons 101 waren es je nach Quelle 6 bis 11 Personen, die von diesem Angebot, nicht mit zu schießen, Gebrauch gemacht haben und aus der Gruppe rausgetreten sind.
Aus dem Geo-Artikel:
In Józefów stehen die Männer am frühen Morgen des 13. Juli 1942 im Licht der aufgehenden Sonne im Halbkreis um Major Wilhelm Trapp. Der 53-jährige Berufspolizist ist unruhig und blass, während er den Befehl erläutert. Trapp, der bereits im Ersten Weltkrieg gekämpft hat, ist ein befehlsgläubiger Mann; und eher einer, der sich wohl gelegentlich wünscht, in anderen Zeiten zu leben. Bevor er den Befehl erteilt, der - so sagt er - „von ganz oben“ komme, ihm selbst aber sehr missfalle, sammeln sich in seinen Augen Tränen
Anschließend bietet er an, dass die Älteren von ihnen, die sich nicht in der Lage sähen, auf Frauen und Kinder, Alte und Kranke zu schießen, beiseite träten. Es ist eine ungewöhnliche Offerte.
Stille. Zu seltsam klingt das Angebot für die Männer, die nicht gewohnt sind, Befehle in Eigenverantwortung zu behandeln. Das Ganze muss ihnen vorkommen wie eine Falle, mit der Feiglinge und Drückeberger aus dem Bataillon gefiltert werden sollen. Zögernd tritt der Erste vor. Hauptmann Wolfgang Hoffmann, zu dessen Kompanie der Mann gehört, reagiert wütend. Doch Trapp, vielleicht wünschend, dass er selbst die Verweigerung wagen würde, verteidigt den Polizisten. Nun treten zehn bis zwölf weitere Männer vor und geben ihre Gewehre ab (später werden sie zur Bewachung von Juden eingesetzt).
„Sie bedachten mich mit Bemerkungen wie ‚Scheißkerl’‚ Blutarmer’ und anderem, womit sie ihr Missfallen zum Ausdruck brachten“, berichtet einer, der erst später an den Erschießungen nicht teilnehmen will. „Irgendwelche Folgen sind daraus für mich nicht entstanden.“
Auch Leutnant Heinz B. verweigert den Befehl. Der 38-jährige international tätige Holzhändler aus Hamburg macht schnell deutlich, dass er sich „in keinem Falle an einer derartigen Aktion, bei der wehrlose Frauen und Kinder erschossen werden“, beteiligen wird.
Er hatte zuvor in Hamburg viele Juden kennengelernt und mit ihnen zusammengearbeitet. Und er ist ein Mann, der seine Karriere bereits gemacht hat. „Mir kam es nicht darauf an, befördert zu werden oder sonst wie weiterzukommen, denn ich hatte ja zuhause mein gut gehendes Geschäft.“ Anders als etwa die beiden jüngeren Kompaniechefs, die auf eine Karriere hoffen, wenn sie die Befehle ausführen.
Das klingt eher nach Gruppenzwang, Obrigkeitshörigkeit und Profilierungswünschen, als Angst davor, "über kurz oder lang selbst hätten dran glauben" zu "müssen."
Zitat von
Klaus
Häftlinge haben ausgesagt, dass Wärter in der Gruppe immer besonders eklig aufgetreten sind, während die gleichen Leute wenn niemand dabei war sich entschuldigt hätten und ihnen Brot zugesteckt haben. Hätten sie "Spass" am Töten gehabt, hätten sie letzteres nicht getan.
Klingt auch nach Gruppendynamik / sozialer Angst bzw. einer schlauen Strategie, nicht des Brotzusteckens verdächtig zu werden, um es besser tun zu können.
Waren die überhaupt direkt an Tötungen beteiligt?
Wie viel % der Wärter haben sich denn so verhalten?
Gibt es Berichte von Hinrichtungen deutschen Wachpersonals wegen Brotzustecken oder wegen Verweigerung von Tötungshandlungen?
Zitat von
Klaus
Und ein wichtiger Aspekt von "Spass" in dem Kontext ist, der hört nicht auf wenn der Krieg aus ist. Solche Leute morden weiter, es sei denn Angst vor Entdeckung wäre grösser.
Das ist ja gerade das Problem der Leute, die sich plötzlich in einer Gesellschaft wieder finden oder wieder einfinden sollen, in der das Töten nicht mehr erlaubt ist.
An der Befragung des ehemaligen Kindersoldaten in dem von mir vorne verlinkten Video, würde ich bemängeln, dass in den Fragen die Antwort, die die Hypothese Elberts bestätigt, schon vorgegeben ist: "macht es mehr Spaß, den Gegner zu besiegen, wenn er blutet?" gestellt werden, was IMO einem Psychologen der auch noch einen Hintergrund in Physik hat, nicht passieren sollte. Allerdings kenne ich den Gesamtzusammenhang nicht. Aus dieser Befragung:
Frage:
"Wenn Du über längere Zeit nicht in Kampfhandlungen verwickelt wirst, hast Du das Gefühl: "ich brauche es, zu kämpfen und ich muss wieder raus und kämpfen?
Antwort:
"Wenn Du eine Waffe hast und die nicht benutzt, fühlst Du Dich nicht gut"
Frage:
"Du wirst also vom Kampf total mitgerissen?"
Antwort:
"Man möchte, dass der Krieg nie aufhört"
[....]
"Die erlittenen Traumata lassen sich therapeutisch behandeln, glaubt Thomas Elbert, aber die Lust an der Gewalt bleibt davon unberührt."
Zitat von
Klaus
Mein Vater z.B. war kein Psychopath, sondern impulsgestört.
Und der hat dann aus Impulsen heraus Leute getötet und ist 21 Jahre damit durchgekommen?
Wenn das nicht geplant und vorbereitet ist, ist da die Gefahr der Entdeckung nicht größer?