Zitat von
Gürteltier
Die Empathielosigkeit wird oft auch zu sehr generalisiert. Wäre man empathielos, hätte man nicht viel davon, auf einen anderen Menschen negativ einzuwirken.
Wie vorne zitiert, ist Gewalt grundsätzlich ein Mittel, um von anderen Menschen Dinge zu bekommen, die man ohne Gewalt nicht bekommt.
"bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt"
Also kann man durchaus etwas davon, auf andere gewalttätig einzuwirken auch ohne, dass man sich in deren Leiden einfühlen kann.
Du beziehst Dich hier wahrscheinlich auf die Lust an der Gewalt und den naheliegenden Gedanken, dass boshafte Grausamkeit, also der Wille, den anderen Leiden zu lassen, emotionale Empathie erfordert, also das Leid des anderen nicht nur kognitiv aus seinen Reaktionen abzuleiten, sondern selbst aktiv nachempfinden zu können.
Allerdings kann man auch Leid verursachen, ohne zu wissen, dass der andere leidet und es ist auch denkbar, dass die das Leid begleitenden Umstände (Schmerzensschreie, Wimmern, Blutgeruch...) positive Verstärker bilden, so dass das Wahrnehmen dieser Umstände Wohl- oder Lustgefühl beim Leidverursacher bewirken, ohne dass dieser nachempfinden kann, was der andere fühlt.
Ein Wolf, der in einer Nacht eine Schafsherde tötet, wird sich wohl eher nicht in die Gefühlswelt von Schafen begeben. Dass er aber weit mehr tötet als er fressen kann, könnte man darauf zurückführen, dass es ihm nicht besonders unangenehm ist.
Ich hab mal einen Film gesehen, wo ein Pavian angefangen hat ein Gazellenkitz zu fressen, das am anderen Ende erbärmlich geschrien hat.
Bei einem empathiebegabten Menschen würde man da von Tierquälerei sprechen, aber bei einem Pavian bin ich mir nicht sicher ob er es kognitiv schafft, dass Leiden seines Opfers zu erkennen und das mit Absicht zu verursachen.
Zitat von
Gürteltier
Und Raubtieraggression ist m.E. auch mystifizierender Quatsch. Im gleichen Beitrag später wird ja auch ohne klare Nennung verschobene Aggression verantwortlich gemacht.
welcher Beitrag?
Der von mir verlinkte Artikel?
Wenn man Raubtieraggression als appetitive Aggression bezeichnet, ist das eventuell weniger mystifizierend.
Auch sozial lebende Raubtiere haben ja gegenüber Artgenossen, zumindest der eigenen Gruppe, durchaus Tötungshemmungen und entsprechende Unterwerfungs- oder Beschwichtigungsgesten, die nicht die Aggression verstärkend wirken.
Zitat von
Gürteltier
Beziehungsloses Morden ist halt risikoloser. Man weicht den Folgen seiner Tat doppelt aus. Für das Opfer ist es hinterher egal und man ist schwer zu erwischen.
Ist ein Suchtverhalten, wie viele andere auch.
Wenn man beziehungslos und ohne mittelbaren Vorteil also quasi zufällig und "grundlos" tötet, dann kann die Belohnung ja nur im Tötungsakt selbst liegen.
Was wieder für appetitive Aggression spricht.
Die hat zwar evolutionär auch den mittelbaren Vorteil der Nahrungsbeschaffung oder sich in gewaltaffinen Hierarchien bzw. als Gruppe in kriegerischen Auseinandersetzungen mit anderen Gruppen der gleichen Art zu behaupten, die motivierende Lust kann dann aber von dem Zweck getrennt werden, so wie man den Lustgewinn beim Sex mitnehmen kann, ohne dabei Kinder in die Welt zu setzen.
Wenn ich dagegen zwar Tiere töte, weil ich die essen will, aber daran keine besonderen Lustgewinn erziele und eventuell sogar, aus Empathiegründen, das Leiden der Tiere möglichst reduzieren möchte, dann ist das Töten nur Mittel zum Zweck, aber ich werde es auch nicht vermissen oder Entzugserscheinungen (Sucht) bekommen, wenn ich in die Stadt ziehe und mein Fleisch schon tot und zerlegt im Supermarkt kaufe.
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Julian Braun
Ist zwar etwas off-top von mir, aber du sprichst da einen spannenden Punkt an: Tatsächlich wurden früher nämlich Übeltäter zum Teil wortwörtlich ausgeschlossen, also exiliert, gesetzlos oder vogelfrei erklärt, sich selbst überlassen etc. Der modern-neuzeitliche Strafvollzug schließt seine Übeltäter aber ein!
zumindest in Deutschland in der momentanen Organisationsform ist das klar von Grundgesetz gefordert.
Die Menschenwürde ist unveräußerlich und damit kann zwar die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden und ausländische Straftäter auch ausgewiesen aber eben nicht völlig entrechtet und aus der Rechtsgemeinschaft ausgeschlossen und auch nicht das sozialverträgliche Frühableben befördert.
Das "Wegsperren" zum Schutz der Bevölkerung wird auch von der Strafhaft zur Abgeltung einer Schuld unterschieden:
Den Sicherungsverwahrten werden jedoch mehr Hafterleichterungen gewährt, da für sie der Aufenthalt gerade nicht an ihre Schuld anknüpft, sondern der Sicherungsverwahrte sich dort einzig zum Schutze der Allgemeinheit vor ihm befindet. Er erbringt insoweit ein Sonderopfer für die Allgemeinheit, da er durch die Strafhaft seine Strafe vor Antritt der Sicherungsverwahrung bereits vollständig verbüßt hat. Das Bundesverfassungsgericht verlangt daher seit seiner Entscheidung vom 5. Februar 2004,[3] dass sich die Verbüßung der Sicherungsverwahrung vom Strafvollzug positiv unterscheidet („Abstandsgebot“).
https://de.wikipedia.org/wiki/Sicherungsverwahrung
es ist auch in vorgegebenen Abständen zu prüfen, ob die Gefährlichkeit noch gegeben ist:
Mindestens jedes Jahr, beginnend mit dem ersten Tag der Unterbringung, muss geprüft werden, ob weiterhin die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte außerhalb des Vollzugs rechtswidrige Taten begehen wird (§ 67e Abs. 2 StGB). Wird dies verneint, dann wird die weitere Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und es tritt Führungsaufsicht (maximal fünf Jahre) ein. Erfolgt während des Zeitraums der Führungsaufsicht kein Widerruf der Entscheidung, gilt die Unterbringung endgültig als erledigt. Lehnt das Gericht die Aussetzung ab, läuft die Frist erneut an.
Nach zehn Jahren erklärt das Gericht die Maßregel der Sicherungsverwahrung für erledigt, sofern nicht die Gefahr besteht, dass vom Untergebrachten erhebliche Straftaten begangen werden, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden (§ 67d Abs. 3 StGB). Bei Fortdauer der Sicherungsverwahrung erfolgt die Überprüfung ab diesem Zeitpunkt alle 9 Monate (§ 67e Abs. 2 StGB). Bei Erledigung der Maßregel der Sicherungsverwahrung tritt für mindestens zwei Jahre Führungsaufsicht ein. Dies ist als gesetzlicher Regelfall gedacht; ob dies auch in der Praxis so gehandhabt wird, ist mangels statistischer Daten über die Unterbringungsdauer unbekannt
eine Beurteilung, die sich dann bei hochmanipulativen Personen auch für Experten als schwierig erweisen kann
siehe aus vorne verlinkter Doku
diese Stellen:
https://www.youtube.com/watch?v=iGkn...utu.be&t=2m58s
https://www.youtube.com/watch?v=iGkn...outu.be&t=9m3s
Zitat von
Julian Braun
Womit sich langsam aber sich sicher das Problem entwickelt, dass Kosten und Kapazitäten für die Verwahrung ansteigen (und natürlich auf alle umgelegt sind), während der Fall früher abgehakt war.
die Anzahl der Sicherheitsverwahrten hält sich laut Wikipedia in Grenzen:
Den Tiefststand hatte die Zahl der Sicherungsverwahrten im Jahr 1984 mit 182 erreicht.[40] Seither ist die Tendenz wieder steigend. Zum Vergleich: 306 im Jahr 2003 und 350 im Jahr 2005.[41] Am 31. März 2010 wurden 524 Sicherungsverwahrte (darunter 3 Frauen) in deutschen Gefängnissen gezählt.
Die Überwachung von extremistischen Gefährdern in der freien Wildbahn ist eventuell aufwändiger.