In der Reihe "Intelligente Selbstverteidigung" von Dr. Oliver König sieht man in mehreren Videos, wie ein Angreifer sich mit hängenden Armen seinem Opfer nähert und dann unvermittelt zuschlägt. Als Gegenmaßnahme soll der Verteidiger die Arme hoch nehmen und ggf. präventiv zuschlagen. Eine diskussionswürdige Asymmetrie: der Angreifer kann laut König trotz hängender Arme überraschend zuschlagen, der Verteidiger aber nicht und muss daher präventiv die Arme zum Schutz hoch nehmen.

  1. Anrempeln (2:50)
  2. Abwehr mehrerer Angreifer (3:00)
  3. Mathematik des Straßenkampfes (5:30)
  4. Gefährliche Selbstverteidigungs-Tricks: Diese Taktik hilft im Straßenkampf (1:37-1:42)

Begründet wird das im (3.) Video "Mathematik des Straßenkampfes" durch einen Versuch, in dem ein Verteidiger aus der Nähe unmöglich schnell genug auf einen Schlag reagieren könne (5:30). Mir persönlich würde es in einer Situation, wie sie in den 4 Videos nachgestellt wird, ganz widerstreben, die Arme hoch zunehmen oder gar eine Haltung wie ein Boxer einzunehmen. Ich würde das als Aufforderung zu oder Annahme einer Schlägerei interpretieren. Im 2. Video "Abwehr mehrere Angreifer" ab 3:00 spricht König das Problem auch an und empfiehlt sich "zur Tarnung am Kopf zu kratzen" oder so ähnlich.. Es fällt mir schwer, so etwas als sinnvoll nachzuvollziehen.

Das Gegenteil kenne ich aus japanischen Kampfkünsten, insbesondere Aikido: Der erste Clip ist eine Szene aus einem Film mit Toshiro Mifune, der nicht nur Schauspieler war sondern auch Schüler von Yoshio Sugino, einem Schüler von Jiguro Kano (Judo), Morihei Ueshiba (Aikido) und Soke der Schwertschule TSKSR (10. Dan Kobudo).

  1. Red Sun - Charles Bronson vs. Toshiro Mifune (ab 1:00)
  2. 1990 2.1 Yamaguchi Seigo sensei Principle and Shomen Waza
  3. 1990 3 Yamaguchi Seigo sensei Principle and Yokomen Waza

Die entspannt, aber nicht schlaff hängenden Arme sind für mich ein Markenzeichen von Seigo Yamaguchi und einigen seiner Schüler. Klar, das ist alles Choreographie/Film oder Demo, daher die Frage: wird das auch in echt funktionieren (für jemanden mit viel Übung)?

Etwas Ähnliches wie das Experiment aus "Mathematik des Straßenkampfes (ab 5:30)" kenne ich abgewandelt auch als Übung im Aikido. Ausweichen (Hüftdrehung 90° und ggf. ein kleiner Gleitschritt) als Reaktion auf Fauststoß zum Magen (Chudan Tsuki). Wesentlicher Unterschied ist die etwas größere Distanz.

Ich würde jedenfalls in Situationen wie in den nachgestellten Szenen der 4 König-Videos, die Arme auf jeden Fall unten lassen und zur Seite oder mit einer Irimi-Bewegung (Schritt nach vorn zur Rückseite des Gegners) ausweichen, weil ich ja auf keinen Fall einen Kampf provozieren will. Mangels SV-Erfahrung habe ich aber kein Gefühl, was in einer echten SV realistisch ist. Also: was meinen die, die dazu mehr Erfahrung haben?