Der Gegner hat ihn absichtlich, also mit Vorsatz, getötet?
Wenn ein Fußballer einen anderen foult und dieser dann stirbt, dann wird er juristisch belangt? Bist du dir da sicher?
Geändert von jkdberlin (24-07-2019 um 20:54 Uhr)
Richtig. Hier haben alle versagt. Ref, Arzt, Trainer.
Das der (erfahrene) Trainer zuerst noch versucht hat, die Entscheidung über den Abbruch dem Kämpfer aufzubürden, ist mehr als fragwürdig:
"Ein Boxer steht dermaßen unter Adrenalin, er wird immer weiterboxen wollen. Das Problem: Das Gehirn braucht Zeit, sich von Schlägen zu erholen. Bekommt es in dieser Phase erneut Schläge, kann das verheerende Folgen haben. Das kann ein Boxer nie selbst beurteilen."
https://www.welt.de/sport/boxen/arti...-schieben.html
Aber hier im Forum gibt es ja genug Meinungen, dass der Kämpfer selbst wissen muss, wie weit er gehen kann.
Kommt wohl drauf an ob man eine Absicht nachweisen kann oder nicht.
Sowas hier kratzt für mich an der Grenze*. Henderson hat genug Erfahrung um zu sehen, dass Bisping schon KO war und der letzte Schlag geschah aus niederen Beweggründen finde ich. Fußball hat weniger Probleme weil es weniger Spielraum für Gewalt gibt. Anderes Beispiel ist für mich was Jon Jones damals mit Matt Hamill gemacht hatte. Bewusst so die Augen anzugreifen und das Regelwerk bis zum Bruch zu verbiegen zeugt imho von krimineller Energie. Beim Fußball gibt es wenigstens noch die Idee vom Fair Play. Im amerikanischen Eishockey den Kodex.
* https://i.imgur.com/ljTgY5B.gifv
Geändert von oxox (24-07-2019 um 21:31 Uhr)
du meinst, der zählt mit? Treffer und nicht nur Schläge? Und was denn nun, absichtlich oder fahrlässig?
Naja, auch hier gibt es eine Grauzone. Es wurden schon zivilrechtliche Urteile wegen KV (SChadensersatz) gefällt, aber:
In Deutschland wurde bisher noch kein Fußballer zu einer Strafe von einem Strafgericht verurteilt, weil er seinen Gegner gefoult hat. Dies liegt an ein paar Besonderheiten, die die Rechtsauffassung hierzulande prägen.
...
https://www.anwalt.de/rechtstipps/da...ll_139234.html
Interessant hierbei ist die Einteilung des Fussballs als "Kampfsport" weil Kampf um den Ball und den daraus resultierenden Rechtsfolgen.
Nach § 228 StGB ist eine Körperverletzung nicht strafbar, wenn sie mit Einwilligung des Verletzten erfolgt. Man geht grundsätzlich davon aus, dass jeder, der an einem Sport teilnimmt, bei dem Verletzungen vorkommen können, stillschweigend seine Einwilligung erteilt.
Im Strafrecht wie auch im Zivilrecht unterscheidet man bei den Sportarten solche, die nur nebeneinander ausgeübt werden, wie ein Laufwettbewerb und solche, bei denen die Spieler gegeneinander kämpfen. Zu letzteren gehört Fußball – denn hier findet ein Kampf Spieler gegen Spieler statt. Meist geht man davon aus, dass eine fahrlässige Körperverletzung auch bei kampfbetonten Sportarten nicht strafbar ist
Und bei einem Freundschaftsspiel?
Die einfachste Ad-Hoc-Lösung wäre, auch professionelle Boxkämpfe grundsätzlich auf maximal 8 Runden zu begrenzen. Die bei weitem meisten schweren Verläufe sind meines Wissens nach erst am Ende von 12-Runden-Kämpfen aufgetreten, oder nach der letzten Runde. Damit könnte man so gut wie alle schweren, akkumulierten Hirnverletzungen verhindern, weil man jede beginnende Blutung bei einem Screening nach dem Kampf erkennen und mit einer Sperre belegen könnte.
"Man kann Leuten nicht verbieten, ein ***** zu sein." (Descartes)
Nimm halt wenn du mit jemanden rollst und meinst es wäre nicht ernst und dann zerfetzt es dir auf einmal das Knie bevor du abklopfen kannst, ist das einvernehmlich? Oder wenn du einen fremden Club besuchst und dort erst in Sicherheit gewogen wirst, bevor der Platzhirsch dich auseinander nimmt? Müsste ich dann verbal abbrechen und aus dem Ring flüchten?
Ich kann mir vorstellen, dass man bei einem krassen Missmatch auch von Körperverletzung sprechen könnte. Wenn jemand sich selber als Anfänger ausgibt um gegen andere Anfänger antritt, geschieht das doch auch unter falschen Beweggründen.
Dem Opfer dem Eigenwert als Mensch absprechen, als "niedriger Beweggrund"?
Da würde sich der Erfinder der deutschen Mordmerkmale im Grabe umdrehen:
https://youtu.be/D3qsImhAswo?t=81
Gut, eventuell hat sich die Rechtsauffassung, was denn eine "niedrige Gesinnung" sei, seit 1945 etwas geändert...
Hier gibt es einen Thread in dem in einem Nebenstrang zu den relativ aktuellen Ku'dammraserprozessen.
Ein Landgericht fand dort das Mordmerkmal "niedrige Beweggründe" (neben Heimtücke und gemeingefährlichen Mittel) erfüllt, weil da jemand - nach Ansicht des Gerichts - billigend in Kauf genommen habe, dass ein anderer Mensch stirbt, um ein Autorennen zu gewinnen.
Bei Reker-Attententat wurden meines Wissens keine niedrigen Beweggründe erkannt.
Das Gericht erkennt in dem Angriff auf die heutige Kölner Oberbügermeisterin keine niedrigen Beweggründe -
Frank S. habe ja nichts für sich gewollt.
https://www.sueddeutsche.de/politik/...lich-1.3059412
Der, der den hier betrauerten Boxer totgeschlagen hat, hat wohl sehr wohl etwas für sich selbst gewollt (den Sieg) und ob ein sportlicher Sieg um viel Kohle ein "höherer" Beweggrund ist, als ein sportlicher Sieg "um die Ehre" in einem illegalen Autorennen, liegt wohl im Auge des Betrachters.
Die Meinung von kelte scheint mir in diesem Fall doch gar nicht so weit von gängiger Rechtssprechung entfernt... im Grundsatz, nicht in der konkrete Anwendung auf Boxkämpfe.
Ein Unterschied ist natürlich, dass die Ku'dammraser einen Unbeteiligten töteten.
"Billigend in Kauf nehmen" bedeutet, dass man nicht nur weiß, dass etwas passieren kann, sondern das tatsächlich auch im konkreten Fall für möglich hält und akzeptiert, dass es passiert.
Die meisten werden wohl eher nicht bereit sind, zu sterben, wenn die am Bahnsteig stehen, in ein Auto steigen oder sich in einem Boxkampf messen, sondern hoffen, das nix passiert.
"in Kauf nehmen" drückt ja aus, dass da ein Handel eingegangen wird: Man setzt etwas ein, um etwas anderes zu erreichen, man ist im Zweifelsfall bereit, einen Preis zu zahlen.
Den Boxer können wir nun nicht mehr fragen, aber seinem Trainer scheint der Preis, den sein Schützling für die Möglichkeit eines Sieges gezahlt hat, doch zu hoch zu sein.
Außer kelte hat Recht, und der sagt das nur, damit sich die Öffentlichkeit nicht aufregt, in Wahrheit macht er sich aber gar keine Vorwürfe, nicht früher das Handtuch geworfen zu haben.
Die meisten Sportler bringen ja keinen um.
Und wenn, muss zumindest der bedingte Vorsatz, also das "billigende in Kauf nehmen" nachgewiesen werden.
Da gibt es in der deutschen Rechtssprechung große Hürden.
Siehe das Attentat auf Manuel Charr oder der Fall Jonny K.
Das Urteil im Ku'damm-Raser Prozess ist da ja ein wenig ein Ausreiser, zeigt aber dennoch, dass es prinzipiell möglich wäre, wenn auch nicht kulturell gewollt.
es reicht ein bedingter Vorsatz, das billigende in Kauf nehmen.
Wenn Du sagst, dass ein Boxer üblicherweise das eigene Ableben billigend in Kauf nimmt, um zu siegen, dann sehe ich keinen Grund, warum er das bei seinem Gegner, der ja - bei einem ausgeglichenen Kräfteverhältnis - in der gleichen Situation ist, nicht auch tut.
das (die fehlenden Urteile von Strafgerichten) liegt wohl weniger daran, dass der Tatbestand nicht efüllt wäre, als daran, dass KV ein relatives Antragsdelikt ist.
D.h. wenn weder der Geschädigte einen Strafantrag stellt (vielleicht wegen ungeschriebener Gesetzte in der deutschen Fußballergemeinde?), noch die Staatsanwaltschaft ein öffentlichen Interesse einer Strafverfolgung sieht, wird die rechtswidrige Tat nicht verfolgt.
Allerdings können sich Rechtsauffassungen auch ändern:
Einen weiteren Konter zum möglichen 6:1 wollte der 24-jährige M. jedoch nicht zulassen: Auf Höhe der Mittellinie grätschte er dem ballführenden Außenstürmer in die Beine – von hinten und mit ausgestreckten Fuß.
Der 21-jährige Azubi R. ging zu Boden. „Als ich auf mein Bein geschaut habe, sah ich, wie es durchhing. Ich dachte, ich werde ohnmächtig“, erzählte das Foul-Opfer am Dienstag vor dem Amtsgericht. Das Resultat des Fouls waren ein gebrochenes Schienbein, zwei Operationen und eine ganze Menge chirurgischen Metalls in seinem linken Bein.
[...]
der verletzte Spieler und sein Verein entschieden sich dazu, den foulenden Spieler wegen Körperverletzung anzuzeigen.
[--]
Nach der langwierigen Anhörung der Zeugen zum Foulspiel forderte die Staatsanwaltschaft eine sechsmonatige Bewährungsstrafe für den Mittelfeldspieler und einer Zahlung von 5000 Euro: Es handele sich um eine gefährliche Körperverletzung mit Werkzeug – dem Fußballschuh. Laut Verteidiger Sven Schünemann gehören Verletzungen zum Risiko bei Kontaktsportarten. Er forderte den Freispruch des Angeklagten. „Der Fußballplatz ist kein rechtsfreier Raum“, sagte Richter Wöltjen zu Beginn seiner Urteilsverkündung. Das „Frustfoul“ ordnete er als „bedingt vorsätzlich“ ein und verurteilte den Angeklagten zu seiner Geldstrafe von 1350 Euro –
https://www.ndr.de/nachrichten/niede...lspiel100.html
Nur weil man an einem Kampfsport oder Kampfspiel teilnimmt, heißt das nicht, dass man in jegliche Folge einwilligt:
Rechtfertigende Einwilligung?
Allerdings fehlt es an der Rechtswidrigkeit, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Als solche kommt hier eine rechtfertigende Einwilligung in Verbindung mit § 228 StGB seitens des Verletzten vorliegt und diese nicht als sittenwidrig anzusehen ist.
Hiervon ist bei einem Kampfsport wie Fußball dann auszugehen, wenn die Verletzung auch bei Einhaltung der Regeln aufgetreten wäre. Anders sieht das hingegen aus, wenn der jeweilige Spieler beim Beifügen der Verletzung grob gegen diese Regeln verstoßen hat. Ein solch unfaires Verhalten in Form eines rücksichtslosen und brutalen Fouls im Sinne der DFB Fußball Regel 12 ist von einer Einwilligung nicht mehr gedeckt. Diese Grundsätze gelten im Strafrecht sowie im Zivilrecht. Mangels strafrechtlicher Entscheidungen ist bei der Beurteilung auf die Entscheidung von Zivilgerichten zurückzugreifen.
https://www.fachanwalt.de/ratgeber/i...tzungsdelikten
Im hier diskutierten Fall wurde der Boxer allerdings wohl vollkommen regelkonform getötet.
Würde man davon ausgehen, dass das kein Unfall sei, sondern tatsächlich von den Teilnehmern und Veranstaltern in Kauf genommen wird, wäre Boxen in unserer Gesellschaft IMO sittenwidrig.
Nein, der Trainer hat dann das Handtuch geworfen, es wurde versucht den Kämpfer in die Entscheidung einzubinden.
Im Endeffekt wurde dann eine andere Entscheidung getroffen.
Ein Kampf ist halt eine Stresssituation in der in relativ kurzer Zeit reagiert und eine Entscheidung getroffen werden muss. Das kann auch schief gehen. Gilt aber für jede Situation in der Stress auftreten kann.
Am Ende ist es auch wie Frank sagt, jeder begibt sich freiwillig in den Kampf.
Kommt drauf an, Verletzungen können passieren, das muss einem klar sein. Wenn dir absichtlich das Knie verletzt wird trotz Aufgabegesten, könnte dein Gegenüber whs belangt werden da Absicht dahinter war.
Auch im Sparring gibt solche Gesten, heißt ich kann aufgeben wenn es mir zu viel wird, bin ja immer noch freiwillig dabei. Wenn das absichtlich ignoriert wird kann ein Strafbestand bestehen.
Trotzdem gibst du deine Eigenverantwortung nicht an der Tür ab, das wird in Verträgen z.B. auch geregel, dass du bestätigst geistig und körperlich für das Training fähig zu sein.
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)