Ja. Ich habe nun mal keinen japanischen Lehrer und bin auch keine Mitglied einer Koryu, für mich bleibt budô ein theoretisches Konzept. Japanische Etikette wie das Verbeugen ist auf das Geschehen auf der Matte begrenzt. Davor und danach begrüßt oder verabschiedet man sich bei uns mit "Hallo", Handschlag, seltener mit Umarmung, aber nicht mit Verbeugung. Letzteres würde ich als aufgesetzt und komisch empfinden. Anders sähe es aus, wenn ein Japaner sich zur Begrüßung verbeugt*, eben weil es für ihn natürlich und gewohnt ist.
Soll also ein westlicher Aikidoka und Budoka die 42+ Kami des aiki jinja Schreins verehren und dazu vielleicht noch Ueshiba selbst als Kami? Oder kann ein westlicher Lehrer Aikido in der Tradition einer Lehrlinie ausgehend von Ueshiba fortführen, losgelöst vom religiösen, spirituellen und kulturellen Kontext? Meines Wissens hat Ueshiba zumindest die Frage von Schülern (Noquet?) verneint, ob Aikido selbst eine Religion sei.
Ich kenne es jedenfalls so, dass meine Lehrer die Techniken und Prinzipien des Aikido während des Unterrichts weitgehend mit deutschen Begriffen und mit Bildern aus dem westlichen Alltag und auch anderen Sportarten erklären, aber eben nicht auf daoistische Begriffe und Prinzipien zurückgreifen.
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*) Außerhalb des Aikido-Unterrichts