https://bjj-world.com/bjj-and-depression/
Brainstorming anyone?
bjj zu trainieren KANN eine hilfe sein.
manchmal.
eine LÖSUNG in dem sinne, dass es die depression "verschwinden" ließe, ist es definitiv nicht.
das jedenfalls kann ich als betroffener dazu sagen.
problematisch finde ich - nach kurzem einlesen in den verlinkten text - dass scheinbar (wieder mal) kein unterschied gemacht wird zwischen "depressiver episode" und manifester, chronischer depression.
doch es gibt da einen unterschied, und der ist enorm.
offenbar richtet sich der text an menschen, die NICHT an manifester, chronischer schwerer depression leiden.
davon abegsehen nervt es mich, wenn ich in solchen texten die üblichen plattitüden lesen muss ("stay strong" ... blablabla ...)
meine erfahung beim training: es hat extrem lange gedauert, bis zumindest ein großteil derer, mit denen ich im training (und auf seminaren) zu tun habe, akzeptieren konnten, dass ich chronisch und schwer depressiv bin.
und mich daher nicht immer unbedingt so verhalte, wie andere es erwarten und für "normal" halten.
es hat lange gedauert, bis ich keine unerwünschten "ratschläge" mehr bekam, und noch länger, bis sich herumgeschwiegen hatte, dass manche dinge, die ich sage und tue, der krankheit geschuldet sind (was keine ausrede dafür sein soll, das auch ich mich wie ein ar*ch benehmen kann).
es gab leute, die mir regelrecht vorgeworfen haben, dass ich depressiv bin ... und die all das, was ihnen während der akuten phasen an mir nicht gefiel, einfach und sehr herablassend als "charakterschwäche" abqualifizierten.
so einfach kann man es sich durchaus machen, klar.
nochmal: bjj KANN helfen (genau wie judo oder imho beinahe jede andere sportart).
KANN.
nicht MUSS.
diese hilfe ist aber leider sehr limitiert.
es ist nichts, worauf man wirklich bauen kann - es gibt keine garantie.
ein beispiel dafür ist wohl der fußballer robert enke ... oder der fußballer andreas biermann ... der radprofi dimitri de fauw ... der boxer darren sutherland (bronze bei olympia 2008) ...
und wenn wir schon beim grappling als hilfe gegen depressionen sind: bei claudia hell, judo (silbermedaille olympia 2004) hat es offenbar auch nicht funktioniert.
mich stört, dass sich zum thema "depression" immer wieder so unendlich viele leute äußern (in artikeln, essays und sonstigen beiträgen), die vion der thematik bestenfalls das wissen, was man populärwissenschaftlichem geschreibsel entnehmen kann.
wenn jemand an krebs erkrankt ist, wird er sicher einen onkologen aufsuchen und nicht unbedingt den schwager der freundin des nachbarn des postboten um rat fragen. und ich denke, der an krebs erkrankte wird es sich verbitten, wenn ihm laien ungefragt "ratschläge" geben, wie er den krebs "besiegen" kann.
und der an krebs erkrankte hätte damit völlig recht!
es ist wohl jedem einsichtig, das laien einem an krebs erkrankten keine fundierten ratschläge geben KÖNNEN, egal welche gute absicht auch dahintersteckt.
warum glauben dann so viele, sie könnten menschen, die an schweren chronischen depressionen erkrankt sind, einfach mal eben so "ratschläge" erteilen, die "hilfreich" sind?
ach, was reg' ich mich auf, es hat ja doch keinen sinn ...
das problem ist und bleibt, dass depressionen von sehr vielen nichtbetroffenen einfach nicht als schwere, chronische krankheit (an)erkannt werden.
ja, körperliche bewegung (wie bjj) KANN unter umständen helfen.
aber oft genug hilft sie eben nicht.
ganz ehrlich?When we’re looking at BJJ and depression, there’s clearly an effect there. However, it is not a cure per se, nor is it a magic bullet. Brazilian JIu-Jitsu has the potential of helping everyone. Keep in mind though, that it does just that – help. It doesn’t mean it’ll completely cure you from whatever ails you. It is, though, a great thing to combine with medications in order to achieve a maximal effect. In fact, it can help you reduce the amount and number of medication you take while you’re looking to deal with one of the toughest issues of modern life. Stay strong, talk about it and remember to always keep rolling!
das ist für mich dieses nervtötende "ey, alles wird gut, if you give it a try ...!"
... und dieser "effect" besteht nun genau WORIN?When we’re looking at BJJ and depression, there’s clearly an effect there
und auf welche belege stützt sich die oben zitierte aussage?
ich mach nun schon 'ne weile bjj (ca. 7 jahre) und 'ne weile judo (47 jahre).
der obenstehend angesprochene "effect" würde mich wirklich sehr interessieren ... vor allem wüsste ich gern, wie man diesen "effect" eigentlich qualitativ und quantitativ bestimmt ...
Geändert von Gast (09-10-2019 um 19:11 Uhr)
Allein dafür gehören dem Autoren ein paar kräftige Watschn. Mindestens.The usual route is going for therapy, which in most cases ends up with medications, or, in certain situations, even hospitalization. But there’s another way. (...)
Eine Depression gehört in jedem Fall in die Hände von Fachleuten. Die dann, zusammen mit dem Patienten, über die nötigen und idealerweile auch hinreichenden Therapien entscheiden.
Dass Bewegung, Sport, meinetwegen auch (oder gerade) bjj Menschen mit seelischen Erkrankungen "ganz gut tun können" - geschenkt.
Eine alternative "Therapie", wie in diesem bescheuerten Intro impliziert, kann Sport nicht sein. Keiner.
Vielleicht für "'nen Moralischen", aber nicht für eine Major Depression.
Ich verlor einige Freunde, blackbelts wegen Depressionen.
BJJ ist weit davon entfernt eine Therapie zu sein.
Jungle BJJ www.junglebjj-lauf.com
@ripley:
Allein dafür gehören dem Autoren ein paar kräftige Watschn. Mindestens.The usual route is going for therapy, which in most cases ends up with medications, or, in certain situations, even hospitalization. But there’s another way. (...)
genau so ist es.
BJJ - the answer to EVERYTHING.
Did they come to see a man fall or to see him fly?!
Auch wenn, bzw. weil, „Depression“ ein schwieriges Thema ist, für alle Beteiligten, poste ich hier mal ein Video von Jordan Peterson zu dem Thema:
Es richtet sich sowohl an Betroffene der Depression, als auch an Angehörige.
Der erste (und wichtigste) Schritt ist REDEN. Der Betroffene braucht jemanden dem er sich anvertrauen kann und das Umfeld muss den Betroffenen auf eine vermutete Depression ansprechen, damit er sich überhaupt öffnen kann. Da heißt nicht dass das Umfeld den Betroffenen therapieren kann (oder muss), das gehört in die Hände von Profis!
Nur damit Profis anfangen können zu helfen muss erst einmal ein Kontakt hergestellt werden und da kommt das Umfeld ins Spiel.
Zu sagen „BJJ“ (oder welcher Sport auch immer) hilft bei Depressionen ist einfach falsch und gefährlich. Falsch, weil eine Therapie multimodal sein muss, und gefährlich weil es einen Betroffenen tiefer in die Depression reinbringen kann und weil es das Umfeld nach einem vollendeten Suizid ebenfalls psychisch belasten kann.
Sprecht Leute auf eine vermutete Depression an, hört zu und vermittelt ggf. Hilfe von Profis. Bitte, versucht nicht die Therapie für die Person zu sein.
Wenn jemand depressiv ist sollte er bitte nicht im BJJ (oder welchem Sport auch immer) seine Therapie suchen. Er sollte einen Therapeuten suchen und dann, in Rücksprache mit ihm, ggf. ins Training gehen (denn Sport, bzw. körperliche Aktivität, kann ein Teil der Hilfe sein, dass muss man aber differenziert betrachten).
Artikel wie der verlinkte sind einfach ein Schlag ins Gesicht für jeden, der mit Depressionen zu tun hat, egal wie.
Ich muss gestehen, ich hab mir den verlinkten Beitrag gar nicht erst richtig durchgelesen, nur überflogen. Die Quotes hier haben mir schon gereicht. Und ich wette man kann jedes "BJJ" in diesem Beitrag durch "Judo", "BBT", "Bergsteigen", "Segeln" oder "Basketball spielen" usw. ersetzen.
*scroll scroll scroll*
Oh, well ...Well, BJJ surely ranks at the top of complicated physical activities that you can do. But that’s only a piece of the puzzle.
Rally fahren, Bergsteigen und Segeln sind wohl ebenfalls "komplex", wenn nicht sogar, aus eigener Erfahrung, weitaus "physical" komplexer als eine KK/KS. Aber das kommt halt auf den Standpunkt drauf an, denn komplexer als "Mensch Ärgere dich nicht!" (passt gerade zum Thema) zu spielen, ist das allemal.
Deswegen ist dieser Text auch nicht mehr als ein gut gemeinter Ratschlag.
Das ist genauso als wenn man jemand schwer depressiven dazu anraten würde, mal auf einer Jolle segeln zu gehen. Dann seinen Segelschein zu machen, in der Ost- oder Nordsee mal mit zufahren, dann Schiffe im beispielsweise Mittelmeer zu chartern um dann schlussendlich ein eigenes Schiff zu kaufen und darauf dann Holz-, Kunststoff-, Segeltuch-, Metallverarbeitung & Co zu lernen. Sich mit Navigation, internationalem Funk, dem Wetter und der See explizit auseinander zu setzen. Gut gemeinte Absicht.
Auf empirische Beobachtungen. Jemand dem es nicht gut ging, der in eine Gruppe geht und mit dem sich zusammen bewegt wurde, dem ging es mutmaßlich nach eigener Aussage, etwas besser. Man hat sich gekümmert, Ratschläge erteilt und zugehört = BJJ hilft gegen Depressionen! Ob der gleiche Effekt nicht auch beim Judo, in der EWTO oder mit dem Zulegen eines Schrebergartens eingetreten wäre, und vielleicht sogar noch schneller und besser, weis man ja nicht.
Hat für mich sowas homöopathisches.
Ja fast. Nicht ansprechen und dann im Zweifel volllabern (siehe auch Rambats Meinung dazu). Sowas endet schnell in "Was weis der denn schon?" und "Der versteht mich ja eh nicht!". Deswegen gehen Fachkräfte da auch anders ran. Fragen stellen, gezielt und die Richtigen. Dafür wurden sie ausgebildet. Für einen Laien kann man das in etwa so beschreiben, das der Therapeut/Psychologe die richtigen Fragen stellt, deren Antwort zur Selbsterkenntnis führen soll, was mit dem Betroffenen los ist, und wie er selbst zu einem (besseren) Ergebnis kommt. Also eher weniger reden, sondern mehr zuhören. Auch ein Grund, warum ihr einige Fernsehmoderatoren aus diversen Talkshows nicht so wirklich mögt. Fragen -> zuhören. Sozusagen weniger Markus Lanz.
lg
gar nicht.
ich möchte hier nicht ins detail gehen, das gehört auch nicht hierher.
ich gehe wohl zu recht davon aus, dass jeder, der mich nicht kennt, das alles ohnehin nicht erkennen kann (und ich gebe mir auch alle mühe, dass es so bleibt).
ich bezog mich mit der von dir zitierten aussage auch nicht auf leute, die mich einmal auf einem seminar erleben.
ich bezog mich auf jene, die mich schon länger und etwas besser kennen, regelmäßig bei und mit mir trainieren und regelmäßig an meinen seminaren teilnehmen.
und denen fällt dann doch schon mal das eine oder andere auf ...
oder auch nicht.
ich dachte vor einiger zeit, wenn ich offen anspreche, dass ich schwer und chronisch depressiv bin, könnte ich irritationen vermeiden - nee, war ein irrtum.
es reduziert sich im grunde auf drei bis vier reaktionsmuster: da gibt es diejenigen, die mir böse sind, dass ich das überhaupt thematisiere ("das will ich gar nicht wissen, das ist dein privatkram"), obwohl sie vorab inquisitorisch nachfragten, "was denn mit mir los wäre".
dann gibt es jene, die sofort damit beginnen, mich zuzutexten und mir unaufgefordert und in endlosschleife erklären, was ihrer meinung nach depressionen sind, und dass sie ja mal etwas darüber gelesen haben, und dass gegen depressionen am besten hilft, wenn man ... (hier beliebige verhaltensweise einsetzen), denn der hund des schwagers der schwester der nachbarin des bäckers aus trippsdrill hatte das auch, und dem hat (hier entprechende wunderkur einsetzen) wunderbar geholfen ...
solche leute sind zumeist sehr verärgert, wenn man die von ihnen empfohlene wunderkur nicht begeistert ausprobiert; und noch verärgerter sind sie, wenn man nicht innerhalb weniger tage (oder stunden) aufgrund ihrer empfehlungen komplett geheilt, kuriert und restlos glücklich ist.
weiterhin gibt es jene, die sich komplett zurückziehen und kaum noch oder gar nicht mehr mit einem reden bzw. jeden kontakt vermeiden. sie fühlen sich wohl überfordert ...
zu guter letzt sind da jene, die sofort aggressiv werden und einen ungebeten und permanent mit vorwürfen und anschuldigungen regelrecht überhäufen: "ach, und das ist jetzt die ausrede dafür, dass du ..." (hier jede verhaltensweise einsetzen, die diesen leuten irgendwie nicht in den kram passt).
gemeinsam ist all diesen leuten, dass sie erstens wenig bis nichts über depressionen wissen; dass sie zweitens leichte depressive episoden nicht von chronisch manifesten schwer(st)en depressionen unterscheiden können (oder wollen, nach dem motto: "erzähl mir doch nix, traurig war jeder von uns schon mal!") und dass sie sich drittens regelrecht belästigt davon fühlen, wenn man (auf ihre nachfrage hin!) ihnen reinen wein einschenkt.
selbst wenn dieses einschenken sehr zurückhaltend und vorsichtig geschieht ...
es gibt auch leute, die ihre etwas morbide neugier befriedigen wollen, sehr viel interesse an "schaurigen details" bekunden und meinen, man sei ihnen als betroffener nun jederzeit rechenschaft schuldig und müsse akribisch auf jede ihrer (meist impertinenten und aufdringlichen) fragen antworten und ihnen wiederholt haarklein erläutern, warum man sich in welcher situation zu welchem zeitpunkt so oder so gefühlt habe ... um sich dann ellenlange, alberne vorträge darüber anzuhören, welche biographischen details als "auslöser" verantwortlich für die depression sind. das ist insofern drollig, als diese leute von meiner biographie wenig bis nichts wissen, mir aber lang und breit erklären, was ich so erlebt hätte bzw. hätte erlebt haben müssen und sollen, damit ... blablabla ...
in der weltsicht dieser menschen muss man sich eine (chronische) depression regelrecht "verdienen", indem man bestimmte traumata in der kindheit durchlitten hat. das haben sie irgendwo mal gelesen, und nun erzählen sie einem, wie und was ...
zusammenfassen lässt sich, jedenfalls aus meiner sicht, nur sagen: es gibt kaum jemanden, der nicht betroffen ist und dennoch damit umgehen kann, in seinem engeren freundes-/ bekanntenkreis wiederholt umgang mit einem schwer depressiven menschen zu haben.
es gibt nach wie vor kaum jemanden, der als nichtbetroffener sachlich auf dieses thema reagiert.
nota bene: der eine oder ander zeitgenosse sieht übrigens im "eingeständnis", dass man an depressionen leidet (als sei das etwas, das man schuldhaft selbst zu verantworen habe), eine hervorragende möglichkeit, ein wenig mit dreck zu werfen ...
"ach komm, DEN kann man doch nicht ernst nehmen, der hat doch DEPRESSIONEN ... " (beim letzten wort bitte die stimme theatralisch heben und die augen übertrieben verdrehen) ...
Geändert von Gast (10-10-2019 um 05:43 Uhr)
@rambat:
gibt es echt keine positiven Reaktionen auf das "coming out"?
Den Rest, den du beschreibst, habe ich als Angehöriger aber auch oft genau so erlebt und zum Teil leider auch selbst von mir gegeben
Diese Krankheit überfordert beide Seiten, braucht Zeit, Erfahrung und den Willen, um halbwegs verstanden zu werden und dem Betroffenen kommt es wahrscheinlich wie ein Hohn vor, dass seine Angehörigen auf der anderen Seite der Glaswand mitleiden und man auch noch Energie investieren müsste, um sie dort abzuholen
Es gibt Menschen, bei denen hilft BJJ - nicht.
Es sind einzelne, kurze Momente. Und unter "helfen" stelle ich mir irgend etwas anderes vor. Aber es kann ein kurzer Lichtblick sein. Von daher finde ich den Ansatz gut. Es kann Augen öffnen. Und es kann, wie so viele anderen Betätigungen auch, Grund und Auslöser für Gespräche sein.
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