Kanken könntest du das vielleicht an einem Beispiel erläutern, wenn dir das nicht zu weit führt. Ich stelle mir da gerade sowas wie die Parabel vom Koch Ding vor, oder halt generell so Zhuangzi artige Passagen.
Kanken könntest du das vielleicht an einem Beispiel erläutern, wenn dir das nicht zu weit führt. Ich stelle mir da gerade sowas wie die Parabel vom Koch Ding vor, oder halt generell so Zhuangzi artige Passagen.
Es geht, ganz ganz grob vereinfacht, darum wie man sich selber wahrnimmt und wie man mit der Umwelt interagiert.
Nimm die äußeren Harmonien und wie man sie mit den inneren Harmonien verbindet. Dazu muss man schon wichtige Dinge im Bereich des Daoismus gehört haben und muss gelernt haben mit welchen Bildern man sie im eigenen Körper spürt, bzw. wie man sich über diese Bilder bewegt.
Ein anderes Beispiel ist zum Beispiel das Nutzen der Idee des Drachen. Dazu muss man allerdings wissen wie ein Drache in China gesehen wird, wie er aufgebaut ist und welche Funktionen er erfüllt. Erst wenn man diese Theorie zu der Idee kennt, kann man anfangen die Idee des Drachen in der körperlichen Übung umzusetzen.
Ein anderes Beispiel ist die Idee von Rüstungen oder spezifischen Waffen. Wenn man die nicht kennt und weiß wie sie funktionieren, bzw. wozu sie gedacht sind, dann kann man die Idee nicht nutzen.
Grundlegend ist dabei natürlich IMMER das nutzen einer Idee, also der Gebrauch von „Yi“. Yi wiederum ist Bestandteil einer bestimmten Weltsicht und Philosophie, also muss ich die zu allererst verstehen und einordnen können.
Da Yi im Bagua essentiell ist versuchen wir von Anfang an den Leuten zu vermitteln was es bedeutet mit Yi zu arbeiten. Jede Anwendung, jede Soloübung wird darüber erklärt.
Je weiter man kommt desto komplexer wird es natürlich bis man mit Ideen arbeitet die direkt mit der Wahrnehmung von Realität zu tun haben und damit mit Zeit und Raum, was wiederum den Bogen zum Kämpfen schlägt, denn das findet im Hier und Jetzt statt.
Erstaunlicher Weise sind sich da die Philosophien des Buddhismus und Daoismus mit der modernen Neurobiologie sehr einig (wenn man da vom Dualismusprinzip des Bewusstseins ausgeht und nicht vom Monoismusprinzip)...
Auf einer ganz simplen Ebenen geht es darum Begriffe wie „Zentrallinie“, „Punkte“, oder „Winkel“ in anatomische Zielgebiete zu übersetzen und einfache physiologische Prinzipien zu erklären um z.B. den Klingenkampf effektiver zu machen. Wie ändere ich wann und wo im Körper die Klingenführung. Was passiert da und wozu führt das.
Dazu gibt es dann hin und wieder Ultraschalldemonstrationen oder Seminare zur Ersten Hilfe, bei denen man dann noch den Bogen zum heute kriegt um zu erklären was wann wo gefährlich wird und was man Heute dagegen tun kann.
Geändert von kanken (04-11-2019 um 14:35 Uhr)
Same here! Was für ein Wunder, ne!
Ja, trennen kann man es tatsächlich nicht. Ich habe das ja bereits kurz angedeutet mit dem Satz: "Jede Ryûha hat da meist ein umfassendes Lehrgebäude dazu, welches zudem üblicherweise Hand in Hand geht mit den technischen Prinzipien der Schule."
Der Unterschied mag sein, dass man bei uns nicht wirklich auf (externe) Literatur verweisen kann. Alles ist in der Ryûha enthalten und kommt auch aus ihr. Wir haben unsere verschiedenen Makimono, in denen gewisse Sachen schriftlich fixiert sind. Aber auch diese kann man nur entschlüsseln, wenn einem die Kuden dazu vermittelt werden.
Hokushin Ittô-ryû Hyôhô - Shibu Schweiz
schwert|gedanken, ein Blog zu jap. Geschichte, Kultur und den klassischen Kriegskünsten
Es wäre gelogen wenn ich sagen würde ich hätte das jetzt alles verstanden, aber danke für die ausführliche Antwort. Die einzige Referenz die ich im Bezug zum Daoismus habe sind halt Übersetzungen vom Zhuangzi, das Daodejing, und ein bisschen Sekundärliteratur von Leuten wie Edward Slingerland, der unter anderem auf die verschiedenen Interpretationen von Wu Wei eingegangen ist. Das Beispiel mit dem Koch Ding habe ich genannt, weil das in meiner Vorstellung am ehesten in Richtung Gebrauchsanweisung zu gehen scheint. Von wegen mit der Klinge in die Zwischenräume eintauchen, dem natürlichen Verlauf folgen, usw. ohne dass die Klinge beim Schlachten an Schärfe verlieren würde.
Du hast von Selbststudium geschrieben. Könntest du vielleicht ein paar Texte empfehlen oder in eine generelle Richtung deuten? Das Thema interessiert mich.
Kann man sagen das manche Aspekte bewusst kodiert wurden? Sei es durch blumige Sprache, spezielle Referenzen, etc.?
Das ist in der Tat ggf. ein Vorteil, wobei bei uns der direkte, mündliche, Unterricht extrem wichtig ist. Die „externe“ Literatur bezieht sich dann auf die Sutren oder daoistischen Texte, die ja aber vom Lehrer in ihrer Übersetzung erläutert werden müssen.
Wenn man natürlich in den Makimono die „Essenz“ der Texte hat (ggf. mit Erläuterungen) und sie durch die Kuden erläutert werden, dann ist es ja eigentlich ganz ähnlich. Wobei ich natürlich nicht wissen kann was in den Makimono steht. Die Übersetzungen von Julian Braun einiger Makimono scheinen MIR aber in diese Richtung zu gehen.
Selbststudium meine ich unter den Augen eines Lehrers, denn es ist wichtige die Dinge einzuordnen und ein Bezug zur Umsetzung, also dem Gefühl, zu geben. „You have to make it real“ wie mein Lehrer immer sagt.
Daher bringt es nichts Texte dazu zu empfehlen, da das dann (aus Sicht der Kampfkünste) eher „Kopfgeburten“ sind. Mit dem Verstand herangehen und mit dem Herzen fühlen, beides ist wichtig!
Ob es bewusst kodiert wurde oder ob gewisse Dinge erst überhaupt ab einem gewissen Level erwähnt wurden kann man im Nachhinein nicht sagen.
Ich empfinde es eher so das man immer alles direkt erklärt bekommt, man aber die immer gleichen Dinge immer tiefer versteht. Wie eine Zwiebel. Das hat aber nichts mit „Wissen vorenthalten“ zu tun, sondern nur mit dem eigenen Verständnis.
Bestimmte Dinge bekommt man gar nicht erst zu hören, wenn ma nicht Tudi ist und nicht jeder Tudi bekommt alle Ebenen zu hören, da er erst sein Verständnis „beweisen“ muss. Tudi ist nicht gleichzusetzen mit „Innerer Schüler!“, jedenfalls in der Tradition die ich kenne.
Geändert von kanken (04-11-2019 um 15:07 Uhr)
Deine Annahme ist korrekt.
Leider wissen wir bisher auch nicht, wo und bei wem Narasaki in China gelernt hat. Nach Aussage von Himi Yoshio (Uchi Deshi von Narasaki und mehrmals in Deutschland) hat Narasaki in Japan/Tokio u.a. Shotokan geübt. Angeblich war er für einige Zeit (wann/wie lange?) auf Okinawa, um sich dort zu verbessern.
Beruflich war Narasaki Offizier bei der Handelsmarine und ist in der Regel für sechs Monate in Tokio gewesen und für sechs Monate auf dem Schiff unterwegs zwischen Japan und China.
Wann und wo genau er für längere Zeit in China war, wissen wir auch nicht. Vielleicht geben seine Bücher mehr darüber her, aber da gehen wir noch "sehr behutsam" vor, da es ziemlich aufwendig ist. De facto geht es genau um das Thema, welches Du in diesem Thread ansprichst. Zum einen suchen wir in den Beschreibungen für Bewegungen und Partnerübungen nach tiefgründigen Erklärungen und zum anderen üben wir die Bewegungen, die Atmung, "die Bilder", ... . Und da ist noch soooo viel zu bearbeiten ...
Kannst Du mit dieser Übersicht etwas anfangen? Wie bereits geschrieben, haben wir dieses Buch noch nicht in Angriff genommen.
Himi Yoshio hat laut mehreren Leuten zwar immer wieder etwas von Narasaki erzählt, aber auch darauf hingewiesen, dass das eigentlich irrelevant sei. Am Ende müsste jeder Mensch "sein eigenes Karate" entwickeln.
Ryu sui ken.pdf
Ixch unterrichte exzessiv den historischen und kulturellen Kontext der Prinzipien, Techniken etc. weil vielfach die Basics auf geographische Begebenheiten, verwendete Waffen etc. beruhen. finde das sehr wichtig - so wurde und wird es mir beigebracht und so gebe ich es weiter. Bin auch sehr davon überzeugt das es so besser "stickt" und man sich daher besser von den Prinzipien leiten lässt.
VG,
Phelan
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Ja das macht natürlich Sinn. Auch wenn ich nur einen Bruchteil von dem verstehe was du schreibst,ist selbst meinen nicht geschulten Blick nicht entgangen, dass Praxis und Theorie bei deiner Linie des Bagua Hand in Hand gehen und man die Theorie doch sehr stark in das Training integriert.
Scheint ja bei Ryoma in der Hokushin itto Ryu genauso zu sein.
Übrigens auch ei Danke an dich Ryoma für deine Antworten.
.
Geändert von ryoma (04-11-2019 um 17:53 Uhr)
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Betr. dem roten Teil:
Das halte ich persönlich für ein ganz grosses Missverständnis. Nicht der eigentliche Schlusspunkt, dass "jeder sein eigenes XYZ" entwickeln soll... sondern das negieren , was es alles dazu braucht, um genau dazu überhaupt in der Lage zu sein. So ein Satz hilft wirklich niemandem. Erst recht nicht Anfängern.
Ich ordne das dem weiten Feld der Budôromantik zu.
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Sehe ich anders. Aber vielleicht schreiben wir gleich auch nur aneinander vorbei.
Das Fundament sollte bei allen vorhanden und gefestigt sein. Wenn das steht, dann fängt man ein sein xyz zu entwickeln, sprich die Prinzipien auf sich, seinen Körper und Vorlieben abzustimmen.
Mein Englisch ist zu schlecht. Ich löse das physikalisch!
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