Evtl. noch mal zur Ergänzung, da ich ja auch früher gelernt (und vertreten) habe das eine Bewegung für mehrere Anwendungen steht:
Man muss immer zwischen Anwendungen/Techniken und Prinzipien unterscheiden. Das war etwas, was ich auch erst durch die TCMA wirklich verstanden habe. Es gibt Kata, die schulen primär die Körperarbeit und damit die Prinzipien, denn an die ist die Körperarbeit eng gekoppelt. Als Kata wären da die Sanchin und die Tensho, so wie ich sie damals gelernt habe, zu nennen.
Natürlich kann man in den Anwendungen auch immer die Prinzipien finden, denn die sind ja viel universeller, ABER die Anwendungen dienen als Beispiel um das Prinzip zu verstehen.
Kata wie die Bassai, Naifanchi, Kushanku (Kanku), Seipai, sind eine ANEINANDERREIHUNG von Anwendungen, damit man sie solo üben kann, wenn man keinen Partner hat. Sicher, aus den Bewegungen kann man auch andere Anwendungen machen, die mehr oder weniger nah am Original sind.
Das Ziel einer KK Ausbildung sollte natürlich sein die Prinzipien zu verstehen, das wurde aber nicht jedem vermittelt und nicht jeder war in der Lage (Talent, Fleiß, Motivation, Wohlwollen des Lehrers) diese zu lernen.
Ein Lehrer kann, wenn er die Prinzipien kennt, jederzeit für den Schüler (oder eine Gruppe von Schülern) individuell eine Kata kreieren. Mache ich jedes mal wenn ich freies Kreislaufen praktiziere (die „Formen“ des Bagua bestehen nur aus Prinzipien).
Wenn ich jetzt eine Gruppe, sagen wir mal auf Borkum, unterrichten würde, denen ich nicht Bagua beibringen möchte, sondern nur generell die Fähigkeiten des bewaffneten und unbewaffneten Zweikampfe, dann würde ich ihnen die Partneranwendungen zeigen und dazu wie sie sie solo in einer „Form“ sinnvoll üben können.
Das wäre dann die „Kanken Dai“ (oder wie auch immer man das Ding dann nennen wollen würde). Je weiter sie in ihrem Verständnis und ihren Fähigkeiten kommen, desto mehr würde ich auf Körperarbeit und Prinzipien eingehen. Dazu gehört, ab einem bestimmten Punkt, dass ich Soloübungen für die Körperarbeit zeige, die schon abstrakter sind. Sinnvoller Weise würde ich dazu Gesten/Bewegungen nehmen, die sie schon aus den Anwendungssets kennen und an Hand von denen zeigen was es für Prinzipien gibt. Das wäre dann quasi die „Grundschule“ (Kihon) und sie müssten diese dann als Soloübungen auf einer Linie üben (oder halt, wie im Bagua, im Kreis).
Wenn man dann die Prinzipien konkreter am Partner schulen will muss man eine Übungsform haben mit der man das tun kann, bewaffnet wie unbewaffnet.
Das ist dann „Push Hands“ oder „Kakie“.
Je mehr Prinzipien die Leute auf Borkum dann verstehen desto mehr „Grundformen“ lernen sie kennen um konkret diese Prinzipien zu schulen. Irgendwann ist man dann ein einem Punkt an dem man die Solodrills der Grundformen wieder zu einer Form, zum merken, zusammensetzen kann.
Damit hätten sie dann wieder eine neue „Kata“, die jetzt jedoch abstrakte Prinzipien durch einfache Gesten lehrt. Nennen wir sie „XinFa“ (Herzmethode, da die Prinzipien über Ideen vermittelt werden).
Natürlich kann unser Insulaner auf Borkum jederzeit durch Gesten der XinFa Anwendungen der Kanken Dai „kreieren“, dennoch ist die Kanken Dai seine Referenz wenn es um die konkreten Partnerübungen geht. Damit hat er angefangen, sie vermittelt das wichtigste: Die Anwendungen und zwar ganz konkret.
Je mehr man dann die Prinzipien versteht, desto simpler wird die äußere Form, bis man irgendwann nur noch steht und der Geist die Arbeit macht. Im inneren passiert aber sehr, sehr viel mehr (und vor allem kann man immer und überall üben, da man die Prinzipien überall erkennt).
Wenn jetzt aber jemand nicht den ganzen Prozess durchlaufen hat, oder gar nicht die Anwendungen der Kanken Dai lernt, sondern nur die äußere Form, dann wird er auch nicht verstehen können was alles in der Form drin ist, geschweige denn in den grundlegenden Gesten. Wenn er die Prinzipien nicht kennt, dann ist die Übung der „Grundschule“ auf einer Linie nichts weiter als „Gymnastik“.