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Thema: Coronavirus - es wird langfristig einen Engpass bei Gesichtsmasken geben

  1. #676
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    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Der Stundenlohn des Klempners, der neulich bei mir war, lag übrigens (inklusive Anfahrt), bei ca. 80 Euro.
    Solange wir die Klempner besser als die Ärzte bezahlen muss man sich nicht wundern, denn selbst wenn ich 50% Kosten wegen der Selbstständigkeit abziehe bin ich bei 40 Euro Stundenlohn des Klempners, was immer noch 4 Euro mehr ist als der Facharzt und 13 Euro mehr als der Jungassistent (der bekommt nämlich nach mindestens 6 Jahren Studium 27,60 Euro die Stunde).
    Kurzes OT (auch wenn du mittlerweile relativiert hast):


    Dass Ärzte und natürlich (insbesondere) Pflegekräfte nassiv unterbezahlt und überbeansprucht sind, steht außer Frage.

    Dennoch hinkt der Vergleich mit dem Klempner massiv. Die zitierten 80€ sind ja eben NICHT sein Stundenlohn, sondern beinhalten neben diesem auch sämtliche Betriebsausgaben, Versicherung, Steuer, Büroarbeit und -ausstattung, und, und, und. Die 80€ bzw. der sich aus ihnen aufsummierende Tagessatz wären allenfalls mit den den Kassen in Rechnung gestellten Klinik-Tagessätzen zu vergleichen. Was dann wieder ganz anders aussähe. Das Problem im Gesundheitssystem ist eben, dass von den Umsätzen keineswegs nur Personal- und sonstige Kosten gedeckt werden müssen, sondern noch satte Dividenden an die privaten Investoren. DAS ist in meinen Augen das Obszöne: dass Krankheit ein Geschäft sein muss.

    OT off.

  2. #677
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    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Der Stundenlohn des Klempners, der neulich bei mir war, lag übrigens (inklusive Anfahrt), bei ca. 80 Euro.
    .

    https://www.deutsche-handwerks-zeitu...150/3096/60783


    Gruß

    Alef

  3. #678
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    Um das obige Beispiel mal noch ein wenig weiter zu erklären:

    Die Patienten müssen ja rund um die Uhr versorgt werden und nicht jedes Krankenhaus hat eine „rund um die Uhr arztbesetzte“ Intensivstation. In vielen Krankenhäusern, gerade „auf dem Land“ sieht es so aus dass, in der Nacht, ein Arzt für 120 stationäre Betten da ist, plus 6-10 Intensivbetten und die komplette internistische Notaufnahme, in der sich gerne auch mal Leute wegen „Kopfschmerzen seit 4 Tagen“ um 3 Uhr früh vorstellen.

    Das ist die flächendeckende Realität. Jetzt ist der diensthabende Arzt da aber in der Regel kein Facharzt sondern ein Assistenzarzt mit mehr oder weniger Berufserfahrung, der Nachts auch schon seit 10 Stunden im Dienst ist.

    Was meint ihr passiert in SO einem Krankenhaus wenn plötzlich die Covid-19 Welle losbricht? Immer dran denken: 1 ITS Patient bindet alleine für die Aufnahme einen ERFAHRENEN Arzt für 1 Stunde. Die durchschnittliche Rookie im Dienst braucht eher 1,5 Stunden. In der Zeit läuft dann die Notaufnahme voll und das Diensttelefon klingelt Sturm weil auf den Stationen auch die Patienten krank sind und betreut werden müssen.
    Jetzt kommen in der Nacht 4-7 solcher Patienten, zusätzlich zu den 1-2 die man eh im Dienst schon hat. Mmmh, wir werden das schon schaffen.

    Hr. Spahn wird schon Recht heben. Unser Gesundheitssystem ist ganz sicher bestens vorbereitet.
    Nur so als Tip am Rande: Das vorgeschlagene „Kochbuch“ von Klaus sollte man am Besten auch in russisch und arabisch übersetzen, denn das ist bei der Zahl der hier die Lücken stopfenden Gastärzte dringend nötig.

    Wir können natürlich auch die ganzen 70-jährigen Hausärzte wieder aus dem Ruhestand holen, so wie es Italien gerade macht. Die standen das letzte Mal, wenn überhaupt, vor 30 Jahren an einem Intensivbett und gehören zur Covid-19 Hochrisikogruppe. Clevere Idee...
    Geändert von kanken (11-03-2020 um 09:44 Uhr)

  4. #679
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    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Der Text von dem italienischen Arzt erklärt sehrt gut warum deren Letalität so groß ist:

    Sie haben nicht genug Personal um die Kranken zu betreuen. Wenn Urologen oder Augenärzte auf einmal 70+-jährige Patienten mit differenzierter Beatmung betreuen müssen (habe ein Foto gesehen auf dem ein 80-jähriger in Bauchlage mit 38/15 und einem FiO2 von 1,0 beatmet wurde). Das sind Beatmungswerte die eines intensivmedizinisch erfahrenen internistisch oder anästhesistischen Facharztes bedürfen, oder zumindest eines Assistenten in fortgeschrittner Weiterbildung. Außerdem muss da auch eine intensivmedizinisch erfahrene Pflegekraft ran.
    Wenn die dort jedoch Urologen diese Patienten betreuen lassen müssen, dann ist der in 8 Stunden, spätestens, tot. Die haben mit so etwas einfach keine Erfahrung, von differenzierter Katecholamintherapie und Behandlung der Begleiterkrankungen mal ganz zu schweigen.
    Solche Patienten bekommen dann häufig noch eine bakterielle Infektion oben drauf und dann geht die Sepsisspirale los, inklusive Multiorganversagen, CVVH (Dialyse). Das auf eine bestehende Herzinsuffizienz und man hat ein riesiges Problem.

    Alleine die Versorgung mit Trachealkanülen, die man bei längerfristiger Beatmung bekommt (meistens spätestens am 3. Tag), wird die dort an den Rand der Kapazitätsgrenzen bringen, da das halt auch nur jemand mit Erfahrung machen kann.

    Wenn der Arzt schreibt er hat bis zu 20 Aufnahmen auf die Intensivstation am Tag, alles alte Menschen, dann kann man sich mal ausrechnen was das alleine an Kapazität bindet wenn die aufgenommen, und instrumentiert werden müssen (Versorgung mit Zugängen).

    Ein erfahrener Facharzt braucht ca. 5-10 Minuten für eine Intubation, 5-10 Minuten für einen ZVK und ca. 5-10 Minuten für einen arteriellen Zugang. Also ca. 20-30 Minuten. Dann noch mal 2-5 Minuten für ein orientierendes Herzecho um die Herzfunktion zu kennen.
    Dokumentation und (digitale) Medikamentenkurve schreiben noch mal 15 Minuten.
    Im Idealfall ist man also mindestens 45 Minuten damit beschäftigt „den Patienten ankommen“ zu lassen. Das ist aber nur die ärztliche Seite. Die pflegerische Seite muss bei den Zugängen assistieren, die Beatmung anschließen, Perfusoren vorbereiten, der MTA beim Röntgen helfen etc.

    Jede Neuaufnahme auf eine ITS bindet also einen erfahrenen Arzt und eine Pflegekraft für mindestens eine Stunde. Wenn 20 Neuaufnahmen kommen dann ist ein Team alleine nur damit beschäftigt.

    Wenn man aber einmal so krank und „verkabelt“ auf einer ITS liegt, dann werden die entscheidenden Werte mindestens stündlich gescheckt und es wird drauf reagiert.

    „Ideal“ ist eine Versorgung von 10 Intensivpatienten und einem erfahrenen Arzt mit 5 Pflegekräften. Realistisch ist heute 12-14 Patienten auf 1 Arzt und 3-4 Pflegekräfte.

    Außerdem ist es ja nicht so dass man nur wegen Covid-2 auf eine ITS muss. Herzinfarkte, andere Infektionen, Schlaganfälle, Unfälle etc. gibt es ja auch weiterhin.

    DAS ist der Grund warum wir „die Kurve abflachen“ müssen.

    Man hat im Gesundheitssystem immer weiter gespart und Bedingungen geschaffen unter denen keiner arbeiten will (sowohl pflegerisch als auch ärztlich). Gerade, und vor allem, in Häusern der Maximalversorgung. Das wird sich jetzt rächen, wenn es wirklich zu einer großen Krankenwelle kommen wird. Die wird es ja nicht nur bei den Patienten geben, sondern auch bei ärztlichen und pflegerischen Personal.

    Gerade die erfahrenen Fachärzte sind eben nicht mehr da, die fliehen aus dem System so schnell sie können. Die sind es aber die den jungen Assistenten eigentlich die Sachen zeigen sollen, damit die es lernen. Unser System hat ein Fachärztemangel sondergleichen. Man kann eben nicht mit Anfängern und Gastärzten ein flächendeckendes Hochleistungssystem fahren. Die paar Fachleute, die es im System gibt, werden dann für die noch k******en ITS Patienten gebraucht, also die die an die ECMO müssen (wenn man die Lunge „auschschaltet“ und das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff anreicher, quasi eine „Lungendialyse“) und evtl. sogar eine maschinelle Herzunterstützung brauchen.

    Der Stundenlohn eines Facharztes am Haus eines Maximalversorgers (Uniklinik) liegt bei 36 Euro, wenn er denn wirklich nur 42 Stunden pro Woche arbeiten würde. Tut er aber nicht, es sind in der Regel mindestens 48-54, eher mehr. Überstunden werde da gerne nicht erfasst, da man ja „forscht“, „lehrt“ und irgendwann mal Oberarzt werden will, der dann für 46 Euro die Stunde noch mehr machen darf, da er ja noch die Verwaltungsaufgaben hat und Personalverantwortung und, und und.
    Sehe ich alles exakt genau so. Gestern noch ne Virologin vom UKE gehört,die meinte, Zeit gewinnen, weil durch die rückläufige Grippewelle eben wieder ITS - Plätze frei werden. Ist alles richtig. Aber jedes Jahr ist jeder froh, wenn die Grippewelle endlich endet, weil schon das ne Zusatzbelastung ist. Und die wird jetzt bestenfalls abgelöst, wenn nicht schlimmeres. Und wie du richtig sagst... und was ich die ganze Zeit meine - andere Fälle laufen ja weiter.
    Ich erinnere mich an die Situation 2018/19 da haben wir eine Anfrage einer Klinik aus einem anderen Bundesland bekommen, ob wir vorbeikommen könnten ne ECMO (VV) legen und denen den Patienten abnehmen könnten. Ne, ging nicht, weil wir zu der Zeit selbst nur noch eine einzige Konsole hatten, die wir vorhalten wollten und mussten, weil bei einem unserer eigenen Patienten ein Oxy versagen könnte oder mal wieder ein Kind in ein kaltes Gewässer fallen könnte.
    Und jetzt kommts, weiß nicht, wie du das siehst, aber ich bin der festen Überzeugung, dass man nicht wenige VV-ECMOs sich sparen könnte, wenn die Leute mehr von Beatmung verstehen würden. Aber man muss halt auch Zeit haben sich das anzueignen
    VA-ECMO isn anderer Schnack. Da denke ich, sind die meisten auch absolut nötig.

    Jedem sind die Defizite im deutschen Gesundheitswesen bekannt, dass eine gute Patientenversorgung über Raubbau am Personal sicherstellt, um Kosten zu sparen. Man verdient nicht angemessen (allerdings betrifft das nicht nur das Gesundheitssystem), man arbeitet viel viel zu viel. Mittlerweile geht dieser Raubbau aber zu Lasten der Qualität.... und jetzt kommt so ein Ding, wie COVID. Und plötzlich braucht man die Leute, die man über Jahre vergrault hat und nicht mehr hat. Ich denke schon, dass wir in eine ähnliche Situation, wie Italien rutschen können, wenn das System zu weit über seine Belastungsgrenzen gebracht wird. Wichtige Hersteller von ECMO-Sets sitzen ja übrigens in Italien.
    Man müsste sich eigentlich längst Gedanken machen, ob man weniger Elektivpunkte operiert, um Resourcen zu schonen. Ich weiß bis jetzt von niemandem, der das aber macht.

    Gab jetzt nen guten Talk von Joe Rogan zum Thema mit Michael Osterholm:

    https://www.youtube.com/watch?v=cZFhjMQrVts

  5. #680
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    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Der Stundenlohn des Klempners, der neulich bei mir war, lag übrigens (inklusive Anfahrt), bei ca. 80 Euro.
    Solange wir die Klempner besser als die Ärzte bezahlen muss man sich nicht wundern, denn selbst wenn ich 50% Kosten wegen der Selbstständigkeit abziehe bin ich bei 40 Euro Stundenlohn des Klempners, was immer noch 4 Euro mehr ist als der Facharzt und 13 Euro mehr als der Jungassistent (der bekommt nämlich nach mindestens 6 Jahren Studium 27,60 Euro die Stunde).

    Wir haben ja schon bei den Hamsterkäufen gesehen wie wichtig uns das Klo ist. Mal schauen ob die Leute in Italien jetzt wieder ein wenig anders auf die Ärzte gucken werden, die dort teilweise 16 Stunden durcharbeiten, in der Klinik schlafen um die Familie nicht anzustecken und dann 16 Stunden weiterarbeiten...

    Der Kollege, der den Artikel geschrieben hat, hat seine Familie seit 2 Wochen nicht gesehen...
    Es wird nach dieser Sache genauso weiter gehen, zumindest im deutschen Gesundheitswesen. Man wird weder daran arbeiten die Abhängigkeiten von anderen Ländern zu reduzieren (das macht weltweit nur China) und man wird auch das Personal nicht besser behandeln, weil es ja dann wieder irgendwie geht.

  6. #681
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    Zitat Zitat von Klaus Beitrag anzeigen
    Kann man für diesen Notfall nicht eine kompakte Schnellinstruktion zusammenstellen, wo wenigstens die wesentlichen Parameter und Entscheidungskriterien/-bäume klar aufgelistet sind ? Die Zeit für eine ausführliche Ausbildung ist ja jetzt nicht mehr da, aber die meisten auch der älteren Ärzte in Italien wird lesen können. Wenn man drei Werte genannt bekommt mit einer Pi-mal-Daumen-Abschätzung wann welcher Wert genommen wird, sinkt die Fehlerquote zumindest erheblich, und die Leute sterben nicht mehr nach 8 Stunden weil der Arzt gar keinen Wert kannte.
    Für diese Art von Patient brauchst du aber Erfahrung. Klar, man kann jedem zeigen, wie man intubiert und nach ca 100 Intubationen kann man zumindest sagen, dass man es mal gemacht hat, auch wenn man einen schwierigen Atemweg nicht wird managen können. Und man kann jedem sagen stelle die und die Beatmungsparameter ein, was weiß ich, Peep 5, Beatmunbgsdruck, bis es plausibel ist schau mal aufs pCO2 und regel danach die Frequenz und es wäre schön, wenn du nicht länger mit nem FiO2 von 1.0 beatmest. Das geht bei jungen, sonst guten Patienten ganz gut, bei solchen aber nicht, die da kommen. Da brauchst du einfach Erfahrung, du musst dir selbst die Zeit genommen habe, ein Gefühl zu entwickeln. Es reicht nicht das Ding einzustellen und dann den Rest des Dienstes da nicht mehr hinzugucken. Du musst ein Gefühl für den einzelnen Patienten entwickeln... oder solltest es, geht aber heutzutage nicht.
    Und Hämodynamik ist nochmal ein anderer Schnack.
    Kanken hat so unfassbar Recht, wenn er hier von rohen Eiern spricht. Kleinste Fehler können dazu führen, dass so ein Patient dekompensiert.
    Und wenn du in die Situation kommst ne ECMO zu brauchen hast du die nächste große Baustelle - die Blutgerinnung auch, wo es auch wieder viel Wissen und Erfahrung braucht.

  7. #682
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    Zitat Zitat von Seemann Beitrag anzeigen
    Und jetzt kommts, weiß nicht, wie du das siehst, aber ich bin der festen Überzeugung, dass man nicht wenige VV-ECMOs sich sparen könnte, wenn die Leute mehr von Beatmung verstehen würden. Aber man muss halt auch Zeit haben sich das anzueignen
    VA-ECMO isn anderer Schnack. Da denke ich, sind die meisten auch absolut nötig.
    Ich habe ja in einer Zeit Intensivmedizin gelernt als die ECMO noch ein Sonderling war. Wir haben die Leute dafür 100km weit geflogen da es nur dort die Dinger gab. Wenn 45/18 bei FiO2 1,0 über ne gewisse Zeit eingestellt war und der Typ darunter immer noch sauer wurde war der Zeitpunkt für ne Verlegung, aber auch nur die „jungen fitten“, dafür liefen die IABP bei uns wie blöd...
    Zu der Zeit musste man noch ganz anders beatmen lernen und die Evita XL kam gerade erst auf den Markt. Man lernte von den Intensivpflegern mit 20+ Jahren Erfahrung, dafür sorge der Oberarzt mit 20 Jahren Berufserfahrung schon. Ich glaube wenn ich damals nen ZVK mit nem Ultraschallgerät gelegt hätte, hätte man mich 2 Wochen lang ausgelacht

    Der Raubbau am Personal und die Arbeitsbedingungen sorgen ja auch ganz konkret für ein Wegfall an praktischen Wissen. Die „alten Hasen“ haben auf so etwas keinen Bock mehr, gehen und nehmen ihre Fähigkeiten mit. Leute, die frisch von der Schwesternschule kommen und in 3 Monaten Intensivmedizin „lernen“ können so etwas einfach nicht kompensieren, von allein gelassenen Assistentärzten ganz zu schweigen.
    Ich kenne genug Oberärzte die für eine VV-ECMO Anlage reinkommen müssen weil das die Diensthabenden auf der ITS nicht hinbekommen (und wir reden hier nicht nur vom Gerinnungsmanagement ...), ich kenne sogar Chefärzte die reinkommen müssen weil ihre Oberärzte das nicht hinbekommen (OK, das sind VA-ECMO)
    Geändert von kanken (11-03-2020 um 10:18 Uhr)

  8. #683
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    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Ich habe ja in einer Zeit Intensivmedizin gelernt als die ECMO noch ein Sonderling war. Wir haben die Leute dafür 100km weit geflogen da es nur dort die Dinger gab. Wenn 45/18 bei FiO2 1,0 über ne gewisse Zeit eingestellt war und der Typ darunter immer noch sauer wurde war der Zeitpunkt für ne Verlegung, aber auch nur die „jungen fitten“, dafür liefen die IABP bei uns wie blöd...
    Zu der Zeit musste man noch ganz anders beatmen lernen und die Evita XL kam gerade erst auf den Markt. Man lernte von den Intensivpflegern mit 20+ Jahren Erfahrung, dafür sorge der Oberarzt mit 20 Jahren Berufserfahrung schon. Ich glaube wenn ich damals nen ZVK mit nem Ultraschallgerät gelegt hätte, hätte man mich 2 Wochen lang ausgelacht

    Der Raubbau am Personal und die Arbeitsbedingungen sorgen ja auch ganz konkret für ein Wegfall an praktischen Wissen. Die „alten Hasen“ haben auf so etwas keinen Bock mehr, gehen und nehmen ihre Fähigkeiten mit. Leute, die frisch von der Schwesternschule kommen und in 3 Monaten Intensivmedizin „lernen“ können so etwas einfach nicht kompensieren, von allein gelassenen AssistentÄrzten ganz zu schweigen.
    Und heute wird man angekackt, wenn man es wagt nen ZVK ohne Schall zu legen. Ich bin immer der Meinung, dass es gut ist, mit so wenig wie möglich auszukommen. Ich habe viel von jmd. gelernt, der mir immer sagte, auf der Straße hast du den ganzen Mist auch nicht. Wenn ich maskenbatmet habe, dann hat der sich immer vor den Monitor des Beatmungsgerätes gestellt und mich angehalten auf den Patienten zu schauen und Werten zu misstrauen. Die können ja auch mal nicht stimmen.
    Ich bin den Leuten sehr sehr dankbar, die der Meinung waren, es sei sinnvoll Mühe in mich zu investieren.

  9. #684
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    Das klingt nicht gut. Vielleicht sollte man doch mal über eine professionellere Fachausrichtung statt "effektives Kostenmanagement" nachdenken. Da gibt es sicher andere Felder wo Geld aus dem Bundeshaushalt nicht wirklich sinnvoll ausgegeben wird.

    Auf der anderen Seite halte ich eine Gedächtnisstütze die von eben solchen erfahrenen Fachleuten erstellt wird für besser als nichts. Sonst stirbt der Patient ja ziemlich sicher, wenn nicht mal die Basiswerte bekannt sind. Wenn nur einer mehr überlebt als ohne wäre das schon lohnenswert, insbesondere wenn er nicht sagen wir 89 und herzkrank ist, sondern ein 40jähriger der zu spät eingeliefert wurde.
    "Man kann Leuten nicht verbieten, ein ***** zu sein." (Descartes)

  10. #685
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    Zitat Zitat von Seemann Beitrag anzeigen
    Ich habe viel von jmd. gelernt, der mir immer sagte, auf der Straße hast du den ganzen Mist auch nicht.
    Old school! Genauso muss es sein. Das ganze Elektronikzeug ist wie ein Kondom: Mit ist sicher, ohne macht es mehr Spaß

    Man muss sich zuerst auf sein Gefühl verlassen können und dann erst auf Zahlen auf einem Monitor. Wenn ich einen ZVK gelegt habe (was anderes als Subclavia war auf der ITS eh nicht „erlaubt“) „durfte“ ich auch keine EKG-Kontrolle machen. Das mußte man „wissen“ und das Rö-Bild hat es dann ja eh gezeigt. EKG gab es nur wenn nicht geröntgt wurde. ZVD wurde an der Jugularvenenfüllung „gemessen“ und die undulierende arterielle Kurve war der „Volumenmesser“. So etwas hatte den Vorteil dass man bestimmte Dinge unterbewusst wahrnahm, wenn man den Patienten nur sah. Aber dafür muss man eben viel sehen und in Zusammenhang bringen können. Dafür bedarf es Lehrer und Zeit. Beides ist im momentanen System Mangelware:

    Zitat Zitat von Seemann Beitrag anzeigen
    Und plötzlich braucht man die Leute, die man über Jahre vergrault hat und nicht mehr hat. Ich denke schon, dass wir in eine ähnliche Situation, wie Italien rutschen können, wenn das System zu weit über seine Belastungsgrenzen gebracht wird.
    Der wahrscheinlich traurigste und wahrste Satz. Das könnte eine ganz bittere Pille für das Gesundheitssystem werden. Wollen wir hoffen dass die Zahlen gering bleiben...
    Geändert von kanken (11-03-2020 um 11:11 Uhr)

  11. #686
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    Die Büchse der Pandora wurde 1989,mit der Abschaffung des gesetzlich festgelegten Gewinnverbotes für Krankenhäuser, geöffnet.
    Meine Frau arbeitet als Pflegeschwester für einen europaweit agierenden Krankenhauskonzern. Null Vorbereitung auf steigende Grippefälle. Es ist der Geschäftsleitung zu teuer die Betten vorzuhalten. Haben sie zwar gemeldet (bspw. nur noch 2 Mann Belegung in 3 Personenzimmer), aber intern wird es nicht umgesetzt.

  12. #687
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    Zitat Zitat von steffen13 Beitrag anzeigen
    Die Büchse der Pandora wurde 1989,mit der Abschaffung des gesetzlich festgelegten Gewinnverbotes für Krankenhäuser, geöffnet.
    Ja, das ist halt das Kapitalismus-Märchen vom freien Markt, der die Dinge mit unsichtbarer Hand schon regelt... Bahn und Post kann man ja auch sehen, wie erfolgreich das Prinzip bisher war. Und bei den Apotheken spielt sich dasselbe ab. Apotheken auf dem Land wird es in zehn-zwanzig Jahren auch nicht mehr geben. Aber auch so wollen immer weniger den Job machen (schlechte Bezahlung, Depp der Krankenkassen, Anpöbel-Person für den Kunden). In München werden jetzt schon Unmengen an PTA´s und Apothekern gesucht...

  13. #688
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    Zitat Zitat von steffen13 Beitrag anzeigen
    Die Büchse der Pandora wurde 1989,mit der Abschaffung des gesetzlich festgelegten Gewinnverbotes für Krankenhäuser, geöffnet.
    Meine Frau arbeitet als Pflegeschwester für einen europaweit agierenden Krankenhauskonzern. Null Vorbereitung auf steigende Grippefälle. Es ist der Geschäftsleitung zu teuer die Betten vorzuhalten. Haben sie zwar gemeldet (bspw. nur noch 2 Mann Belegung in 3 Personenzimmer), aber intern wird es nicht umgesetzt.
    Zitat Zitat von Julian Braun Beitrag anzeigen
    Ja, das ist halt das Kapitalismus-Märchen vom freien Markt, der die Dinge mit unsichtbarer Hand schon regelt... Bahn und Post kann man ja auch sehen, wie erfolgreich das Prinzip bisher war. Und bei den Apotheken spielt sich dasselbe ab. Apotheken auf dem Land wird es in zehn-zwanzig Jahren auch nicht mehr geben. Aber auch so wollen immer weniger den Job machen (schlechte Bezahlung, Depp der Krankenkassen, Anpöbel-Person für den Kunden). In München werden jetzt schon Unmengen an PTA´s und Apothekern gesucht...
    Ich hätt mich ja gar nicht getraut das zu sagen. Aber das privatisierte Gesundheitswesen ist nicht nur vom Gewinnverbot befreit, sondern muß Gewinn erwirtschaften. Das geht, wie im Rest der Wirtschaft auch, mit möglichst hoher Auslastung bei möglichst wenig Personal. Da muß eben ne Klinik auch ständig bei 85 % gehalten werden, sonst klingelt das rote Telefon, und der Investor meldet sich. Aber Leute, schaut in den anderen Faden: "Marktwirtschaft" ist das beste aller Systeme! ( - vorsichtshalber)

    Ich bin ja mal gespannt. Ein Vertreter der "Investoren" will demnächst Kanzler werden.

  14. #689
    Gast Gast

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    ja, es stimmt: marktwirtschaft ist bisher das beste aller systeme.
    besser als planwirtschaft ist es erwiesenermaßen.

    nur finde ich es schoflig, zu unterstellen, dass mit marktwirtschaft immer und ausschließlich ein ungehemmter raubtierkapitalismus gemeint sei.
    ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass eine soziale marktwirtschaft meiner meinung nach das beste system wäre.
    und bisher haben wir eine solche!
    es gibt, soweit mir bekannt, kein anderes land, in dem die sozialhilfe / hilfe zum lebensunterhalt derartig ausgebaut und gesetzlich verankert wäre wie hierzulande.
    soweit mir bekannt, geht der größte brocken des erwirtschafteten bruttosozialprodukts in den posten "soziales".
    daher verstehe ich einfach nicht, wie man jede gelegenheit zum anlass nehmen kann, das in unserem land installierte wirtschaftssystem aushebeln und durch etwas anderes (erwiesenermaßen schlechter funktionierendes) ersetzen zu wollen.

    noch ist unser gesundheitswesen durchaus eines der vorzeigbareren in der welt!
    ja, es war ein riesiger fehler, das gesundheitswesen privatisieren zu wollen und gewinnorientiert auszurichten.
    zu einer sozialen marktwirtschaft gehört auch, dass das gesundheitswesen staatlich finanziert und staatlich kontrolliert wird und dass es keinesfalls gewinnorientiert arbeiten darf.
    gleiches gilt meiner meinung nach für den sektor des öffentlichen nah-, güter- und eisenbahnverkehrs.

    nur sollte man das ganze eben differenziert betrachten. es ist nicht gut, wenn ALLES in staatlicher hand ist (bspw. die sogenannten "produktionsmittel"), und es ist ebenso ungut, wenn ALLES in privater hand ist.

    die gegenwärtige krise hat meiner meinung nach bereits jetzt deutlich gezeigt, dass die (teil)privatisierung des gesundheitswesens ein irrweg war und ist.
    ich befürchte allerdings, dass diese (teil)privatisierung nach überstandener krise nicht rückgängig gemacht wird.
    leider.
    offenbar lernen politiker (genau wie die meisten anderen menschen) NICHTS aus krisen und katastrophen ...

  15. #690
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    @rambat

    Sehe ich genauso.

    Mal was anderes: epidemiologische Grundlagen:



    Zeigt ganz schön warum sich die Zahlen entwickeln wie sie es tun und warum man momentan macht, was man macht.
    Geändert von kanken (11-03-2020 um 13:13 Uhr)

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