Das ermächtigende bundesdeutsche Infektionsschutzgesetz erlaubt lediglich, Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider von anderen Bürgern abzusondern. Die niedersächsischen Verordnungsgeber wollten dagegen – von einigen Ausnahmen abgesehen – praktisch jeden schon alleine deswegen absondern, nur weil er „auf dem Land-, See- oder Luftweg aus dem Ausland“ zu ihnen reise. Das, erklärten die Richter dem Ministerium, setze aber mindestens voraus, dass die Vermutung naheliege, der Betroffene habe tatsächlich auch Krankheitserreger aufgenommen. Notwendig sei daher, dass die Aufnahme von Erregern bei ihm mindestens wahrscheinlicher sei als das Gegenteil. In diesem Zusammenhang müsse der jeweils anzunehmende Gefährdungsgrad zwar flexibel auf das konkrete Gefahrenpotenzial abgestimmt werden. Epidemiologisch sei indes wenigstens zu fordern, dass sich der Betroffene irgendwie infektionsrelevant dem Erreger ausgesetzt habe. Das wiederum setze eine irgendwie aussagekräftige Tatsachengrundlage voraus, selbst wenn man einem Gesetzgeber hier keine Einzelfallprüfung abverlangen könne.
Covid-19 sei nun zwar tatsächlich eine sehr infektiöse Krankheit, von der WHO als Pandemie eingestuft, und mehr als 7.400 Menschen seien mit dem Virus in Deutschland gestorben. Indes gelte es, diese Erkenntnisse in den richtigen Kontext einzuordnen: „Setzt man die Zahl der derzeit weltweit bestätigten Infektionsfälle von mehr als 4 Millionen in Relation zur derzeitigen Zahl der Weltbevölkerung von fast 7,8 Mrd. Menschen, so reicht die Zahl der Infizierten selbst bei Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer aufgrund der teilweise symptomlos erfolgenden Erkrankung zur unterschiedslosen Kategorisierung aller nach Deutschland Einreisenden als Ansteckungs- oder Krankheitsverdächtige nach keiner vertretbaren Betrachtungsweise aus.“ Insbesondere aber lasse sich nicht erkennen, in welcher Region genau ein Reisender nach Niedersachsen denn überhaupt einem signifikant erhöhten Risiko ausgesetzt gewesen sein könnte, den Erreger aufzunehmen.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes ist unanfechtbar und beendet nicht nur die Verletzung der Grundrechte des dortigen Antragstellers. Die Rechtsverordnung ist generell zugunsten von jedermann kassiert. Erst wenn der Verordnungsgeber eine angemessene und verhältnismäßige neue Verordnung erließe, die den gesetzlichen Vorgaben entspräche, könnten die Einreisenden wieder zur Absonderung verpflichtet werden. Diese Rechtsverordnung der Niedersachsen ist indes nun mindestens für die Dauer des dortigen Hauptsacheverfahrens ihrerseits in juristische Quarantäne genommen.