Die sozialen Folgen des Lockdowns sind enorm: In Berlin sprechen Behörden-Vertreter in internen Runden von einer Zunahme von Suiziden aus Angst vor Corona.
Bislang gibt es keine offiziellen Zahlen, doch offenbar sind die Behörden zum Beispiel in Berlin alarmiert: So war nach Recherchen von Business Insider am vorigen Donnerstag in der sogenannten Großen Lagebesprechung I, an der beispielsweise die Feuerwehr und andere Vertreter des Gesundheitswesens teilnahmen, von einer „erschreckenden“ Zunahme von Suiziden die Rede.
Auf Anfrage erklärt ein Feuerwehr-Sprecher lediglich, seine Behörde ermittle keine Zahlen zu Suiziden. Der Chef der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft in Berlin, Micha Quäker, bestätigt jedoch gegenüber Business Insider: „Es gibt aktuell mehr häusliche Gewalt und Suizide.“
Menschen in psychischer Not Aufmerksamkeit zu schenken, genau das ist der Job von Isabella Heuser. Sie ist Direktorin der Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité – Universitätsmedizin Berlin und sagt, in den Notaufnahmen sehe man derzeit keine höhere Anzahl an Menschen, die mit einem Suizidversuch eingeliefert würden als sonst.
Was sie aber beobachten könne sei, dass derzeit Menschen, die früher bereits einmal wegen psychischer Probleme in Behandlung waren, nun wiederkommen. „Wir haben eine Video-Sprechstunde eingerichtet, wo sich Menschen hinwenden können“, sagt sie. „Dort sehen wir ganz klar, dass jene, die wir schon kennen, weil sie bereits einmal eine Depression, eine Angst-oder psychotische Störung hatten, sich jetzt wieder an uns wenden. Deren Ängste und Sorgen nehmen doch stark zu.“
Es gebe in Deutschland grundsätzlich eine im Vergleich zu anderen Ländern recht hohe Suizidrate von etwa 9.000 Menschen pro Jahr, die zu 90 Prozent im Rahmen einer Depression erfolgen würden. Daher habe sie jetzt die besonders vulnerablen Depressiven auch besonders im Blick. „Ich glaube, wir sind alle besorgt. Aber Menschen, die vorher psychisch schon anfällig waren, die brauchen in so einer Situation professionelle Unterstützung.“
Man wisse aus Untersuchungen zu den psychischen Folgen der großen Finanzkrise von 2007, dass Depressionen und damit auch Suizide in Folge großer wirtschaftlicher Not zunehmen. „Wenn Sie also ohnehin die Neigung haben bei Stress depressiv zu werden — und verlieren dann auch noch die Grundlage ihrer Existenz oder auch einen geliebten Angehörigen durch diese Pandemie, dann haben Sie ein ungleich höheres Risiko wieder depressiv zu erkranken“, sagt Heuser. „Und jede Depression birgt immer eine Suizid-Gefahr in sich. Sich dann professionelle Hilfe zu holen ist ganz, ganz wichtig.“