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Thema: Diplomarbeit Yiquan/ZhanZhuang

  1. #376
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    Zitat Zitat von Pansapiens Beitrag anzeigen
    Wenn man diesen Zustand dann herstellen kann, kann man ihn vielleicht auch im hektischen Alltag aufrecht erhalten oder zeitweise dazu zurück kehren.
    Ach Quatsch. Ich sitze einfach nur so da vor dem PC, und aus unerfindlichen Gründen merkt es keiner und meine Firma bezahlt mich weiter.
    "Man kann Leuten nicht verbieten, ein ***** zu sein." (Descartes)

  2. #377
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    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Ich bin zwar nicht Beniwitt, aber er hat das doch schon hier getan:
    Nach langem Überlegen wie ich das Zeichen für Yi in die deutsche Sprache übertragen soll, bin ich im deutschen auf die zwei Begriffe "Idee" und "Sinn" gestossen, die eigentlich das Bedeutungsspektrum von Yi im chinesischen sehr treffend wiedergeben.
    Im Etymologischen Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer) steht über die Bedeutung von Idee u.a.: Urbild, Gedanke, Erscheinung; sehen, erblicken, zu erfahren suchen; Absicht; geistige, gedankliche Vorstellung, Gedanke; nur vorgestellt, gedacht, nicht wirklich.

    Das Zusammenspiel von Xin und Yi
    Im chinesischen setzt sich das Zeichen für Yi aus zwei Teilen zusammen. Unten ist das Zeichen für Herz (心) und darüber das Zeichen für Ton/Klang (音): Yi (意) ist also die Stimme (Inhalt, Bedeutungsträger), die aus dem Herzen aufsteigt.
    Es bezeichnet also das "Sinnen" des Herzens im wahrsten Sinne des Wortes: das Herz ist das Bewusstsein; es ist wie ein Feld; das Sinnen des Herzens ist Yi und durch die Sinne kommt das Sinnen zum Ausdruck. Gleichzeitig wird alles wahrgenommene (sinnhaft erfasste) durch die Sinne vom Herzen wahrgenommen, verarbeitet und verstanden (sinngemäß verarbeitet).
    Das Herz als Bewusstsein ist die Gesamtheit der Sinne; durch die Sinnesorgane kommt das Sinnen des Herzens, Yi, zum Ausdruck.
    https://www.benjamin-witt.com/yiquan...ng-des-namens/
    Eine Bedeutung von "sinnen" ist, (neben über was nachdenken):

    2. planend seine Gedanken auf etwas richten; nach etwas trachten


    "das Sinnen des Herzen" wäre also die Absicht des Herzens.
    Da müsste man nun wissen, welcher Geistesaspekt in dem Zusammenhang nun mit "Herz" (Xin) beschrieben wird und wie der wieder im Zusammenhang mit der Leere steht.
    Eventuell erreicht man ja durch die von Klaus vorgeschlagene Übung, dass man "die Stimme, die aus dem Herzen aufsteigt" und die normalerweise vom geschäftigen Geist übertönt wird, hören und ihr folgen kann.
    Wie man das auf dem von Dir - nach meinem Verständnis - vorgeschlagenen Weg, den Geist mit der willentlichen Erzeugung von Bildern zu beschäftigen, erreichen soll, ist mir unklar. Da scheint mir der Geist doch eher abgelenkt und kann die leiseren Töne des Herzens vielleicht nicht hören.

    Wenn man "Yi" mit "Sinnen des Herzen" übersetzt ist mir übrigens unklar, was mit dem ersten der drei inneren Zusammenschlüsse (Xin (Herz) mit Yi (Vorstellung) verbinden) gemeint ist.
    Wenn Yi nur das Sinnen des Herzen meint, dann sind die ja schon automatisch verbunden.
    Mir wurde das so erklärt, dass dort Ratio und Emotionen zusammenwirken und man quasi "mit ganzem Herzen" handelt, und nicht "halbherzig", weil irgendwo noch Zweifel, Skrupel oder andere Hinderungsgründe vorhanden sind.
    In dieser Lesart, wäre "Yi" etwas, was die Stimme des Herzens umsetzen kann, aber nicht ausschließlich...

  3. #378
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    Zitat Zitat von Pansapiens Beitrag anzeigen
    Wie man das auf dem von Dir - nach meinem Verständnis - vorgeschlagenen Weg, den Geist mit der willentlichen Erzeugung von Bildern zu beschäftigen, erreichen soll, ist mir unklar. Da scheint mir der Geist doch eher abgelenkt und kann die leiseren Töne des Herzens vielleicht nicht hören.
    Es geht immer um das Fühlen, da das „aus dem Herzen“ passiert. Konkret geht es darum die Leere zu erfahren.
    Ideen und Bilder werden halt dazu genutzt Gefühle entstehen zu lassen. Man kann seinen Verstand nun einmal nicht „abschalten“ (auch wenn man manchmal meint einige würden das permanent tun). Bei uns Menschen ist bei allem immer „Yi“ vorhanden.
    Es geht darum es mit Shen zu harmonisieren. Dazu gibt man Yi etwas zu tun um es zu harmonisieren.

    Da sind wir dann wieder beim fühlen was ja Giles auch in das Zentrum der Lehre von Laozi stellt. Man muss die Leere fühlen und erfahren. Das ist auch eine der Kernlehren des Yiquan, des Baguas und des XingYi, das ich kenne und gelehrt bekomme.
    All die Aussagen der Philosophieprofessoren bestätigen letztlich nur das, was ich unterrichtet bekomme. Da es natürlich keine Relevanz hat was ein KK-Lehrer zu sagen hat bringe ich halt Beispiele von Hochschullehrern. Im Kern könnte ich auch einfach Paul als Referenz angeben, das würde ja nur noch weniger gelten, wie ich das KKB kenne...

    Shen und Yi sind Yin und Yang. Beides ist immer da und sollte harmonisiert werden. Sowohl zu viel Yang (Yi) ist schädlich, aber ebenso zu viel Yin (Shen).
    Geändert von kanken (02-08-2020 um 16:39 Uhr)

  4. #379
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    Zitat Zitat von Klaus Beitrag anzeigen
    Ach Quatsch. Ich sitze einfach nur so da vor dem PC, und aus unerfindlichen Gründen merkt es keiner und meine Firma bezahlt mich weiter.
    je nach Größe einer Organisation kann es durchaus Jobs geben, bei denen niemand merkt, wenn die keiner macht...


    Sechs Jahre lang hat sich der spanische Staatsdiener Joaquin G. vor der Arbeit gedrückt.
    Erst als er eine Auszeichnung für seine langjährige Arbeit erhalten sollte, fiel seine Abwesenheit auf.

    https://www.spiegel.de/karriere/span...a-1077034.html

    Eventuell kennt sich Joaquin G. auch mit Daoismus und Wuwei aus:

    Mittlerweile ist er in Rente.
    Vielleicht beschäftigt er sich nun auch legal den ganzen Tag mit dem Lesen philosophischer Schriften.
    Nach eigenen Aussagen hat er das nämlich in der Zeit getan, in der er eigentlich am Schreibtisch hätte sitzen sollen.

  5. #380
    gast Gast

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    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Eigentlich wollte ich ja nichts mehr schreiben, aber da James Giles, als Professor für Philosophie, gerade ein Buch über den Daoismus veröffentlicht hat passen seine Zitate dazu sehr gut und widerlegen deine und Klaus Meinung dazu vorbildlich:

    In seiner Analyse zum Daodejing schreibt er u.a.:







    Zum Wuwei schreibt er:





    Alles aus „The way of awareness in Daoist Philosophy“

    Na ja, ist ja jetzt nur der dritte Universitätsprofessor der eine andere Meinung hat als du oder Klaus. Werden halt alle Laozi nicht verstanden haben

    Es geht darum die „Leere“ zu fühlen und aus diesen Gefühlen spontan zu handeln um so das Dao (in Form der Leere) wirken zu lassen.
    Sorry Ralph, aber das ist komplett aus dem Zusammenhang gerissen und völlig verdreht. Inhalte anderer nicht zu verstehen ist das eine, sie nicht verstehen zu wollen ist was anderes. Du hast mich ja richtig zitiert. Ich denke die Aussage war klar. Ausserdem steht sie im Kontext der Goldenen Blüte in der Übersetzung von Miyuki. Mach Dir selber ein Bild davon.

    Den Professor den du diesmal zitiert hast redet ja im Prinzip von dem worüber sich die meisten hier ja grundlegend einig sind: dass Wuwei nicht einfach nur plumpes Nichtstun, oder rumsitzen ist. Auch gegen das Konzept Leerheit im Daodejing habe ich nichts gehabt. Im Gegenteil, ich hab geschrieben wenn Geldsetzer, so wie du es am Anfang falsch zitiert hast, wenigsten von "die Leere wirken lassen" geredet hätte, hätte sich die ganze Diskussion hier nicht entzündet. Mein Kritikpunkt ging von der Verwendung von "Nichts" und "Sein" für wu und you aus, sowie deine unkritische Gleichsetzung von Leere und Nichts.

    Um vielleicht noch ein wenig Genugtuung auf deine Selbstherrlichkeit hier zu streuen, ich hab bis heute meinen Abschluss in Sinologie nicht zu Ende gebracht, aber ich habe einige Zeit an der Uni verbracht in verschiedenen Fächern, habe 15 Jahre am Stück in China gelebt, auch dort an der Uni gewesen und habe mich vor allem fulltime in Theorie und Praxis mit den verschiedensten Themen dort auseinandergesetzt. Und ich kann unterscheiden wann ich etwas weiss, wann ich etwas für möglich halte und wann es meine Kapazität übersteigt und ich einfach nur so mit diskutiere. Die Art und Weise wie Du hier im Forum diskutierst kann man problemlos als "youwei" bezeichnen: absichtsvolles Handeln, voll von eigenen Emotionen und Ressentiments. Ich würde mich an deiner Stelle mal versuchen mehr in Wuwei-Diskussion zu üben: Leer sein von sich selbst; den anderen erstmal verstehen und dann einfach ruhig und sachlich seine Meinung zur Tastatur zu bringen und wenn man mal ausversehen übers Ziel hinausschießt einfach loslassen zu können und sich einen Fehler einzugestehen. Das ist Wuwei in Aktion. Alles andere als nicht Handeln. Und hier schliesst sich der Kreis wieder: OHNE (absichtsvolles) Handeln.

  6. #381
    gast Gast

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    Ach ja, nur so am Rande kam mir letztens der Gedanke, dass das wuwei/youwei Problem ja nur ein Problem des Menschen ist. Daher immer wieder die Rückbesinnung zur Natur (Himmel und Erde als Vorbild). Denn alles andere in der Schöpfung ist Ziran, es ist einfach so wie es ist, nicht mehr und nicht weniger. Das ist wuwei. Der Mensch ist eben mit seinem Bewusstsein sehr ambivalent veranlagt und kann Chaos in die Schöpfung bringen. Das ist die Grundbeobachtung von der das Daodejing ausgeht. Daher immer wieder die Aufforderung sich an Ziran und Himmel und Erde zu orientieren, sprich ohne "richtendes" tun zu handeln.

  7. #382
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    wieder eröffnet.

    Gruss, Thomas
    Geändert von T. Stoeppler (03-08-2020 um 05:26 Uhr) Grund: Aktualisiert
    Erschrickstu gern / keyn fechten lern

  8. #383
    gast Gast

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    Wollte das eigentlich gestern Abend noch direkt im Anschluss rausschicken....

    Zitat Zitat von Pansapiens Beitrag anzeigen
    Eine Bedeutung von "sinnen" ist, (neben über was nachdenken):

    2. planend seine Gedanken auf etwas richten; nach etwas trachten


    "das Sinnen des Herzen" wäre also die Absicht des Herzens.
    Da müsste man nun wissen, welcher Geistesaspekt in dem Zusammenhang nun mit "Herz" (Xin) beschrieben wird und wie der wieder im Zusammenhang mit der Leere steht.
    Eventuell erreicht man ja durch die von Klaus vorgeschlagene Übung, dass man "die Stimme, die aus dem Herzen aufsteigt" und die normalerweise vom geschäftigen Geist übertönt wird, hören und ihr folgen kann.
    Als eine Grundbedeutung kann man es hier als Bewusstsein verstehen. Das Bewusstsein kann leer sein, widerspiegeln, selbstbestimmt sein, aber es kann auch voll und fremdbestimmt durch all die Sinneseindrücke von Aussen sein und in mir ständig etwas auslösen. Je nachdem ist die Reaktion, der Ausdruck nach Aussen hin ein anderer. Idealerweise sind Xin und Yi in ihrer Mitte und in Harmonie. Mitte und Harmonie wird dann oft mit Leere in Beziehung gesetzt.

    Aber der Begriff ist genauso wie Yi und Shen sehr komplex und es kommt immer auf den Kontext drauf an. Das hängt einfach damit zusammen, dass die "verschiedenen" Geistesaspekte letztendlich eben alles Aspekte einer Sache sind, sich aber konkret unterschiedlich ausdrücken können. Dann kommt im Neidan die ganze Feindifferenzierung mit vor- und nachhimmlisch noch dazu usw. Das ganze kann ziemlich komplex werden wenn man im Verständnis verschiedener Traditionen diskutiert. Daher wollte ich nicht weiter über die verschiedenen Shen und Hun und Po diskutieren, weil sie aus der Perspektive des Vorhimmlischen immer nur der eine Kuchen sind, aus der Perspektive des Nachhimmlischen der Kuchen aber verschieden gestückelt werden kann.

    Zitat Zitat von Pansapiens Beitrag anzeigen
    Wie man das auf dem von Dir - nach meinem Verständnis - vorgeschlagenen Weg, den Geist mit der willentlichen Erzeugung von Bildern zu beschäftigen, erreichen soll, ist mir unklar. Da scheint mir der Geist doch eher abgelenkt und kann die leiseren Töne des Herzens vielleicht nicht hören.
    Alte Diskussion mit Kanken. Unterschied Bild -- Idee. Findet sich noch irgendwo hier in den Weiten des KKB. Letztendlich sind die Begriffe ja auch nur zweitrangig, solange man sich inhaltlich klar ist worüber man redet.

    Idee ist etwas was hinter das Bild geht, losgelöst ist von physikalischen Realitäten und versucht eine gewisse Qualität im Körper und im Raum um sich herum zu entwickeln. Z.B. eine Grundübung ist das Stehen im wogenden Meer. Wenn man mit einem visuellen Bild arbeitet haben haben viele Menschen oft das Problem mit der physikalischen Realität. Daher meistens die Anleitung Wasser z.B. nur bis zum Bauchnabel. Mit einer Idee zu arbeiten bedeutet, nachdem man eine Idee davon bekommen hat worum es geht, das Bild fortzuschmeissen, raus aus dem Kopf und mit allen Sinnen versuchen der Qualität mit seinem Körper nachzusinnen. Das ist durchaus eine Form der Leere und des wuwei, weil es ein ständiges "horchen" ist, und der immer wieder der neue Versuch von seinen alten, eckigen Bewegungsmustern loszulassen und die Weichheit und Verbundenheit, die Idee, des Wassers umzusetzen. Die Idee kann von leer sein gehen bis hin zu ziemlich intensiven Ideen. Auch einfach nur rumstehen und entspannen kann eine!!! von vielen Ideen sein. Aber wenn es nicht planlos und sinnlos werden soll, sollte man eben schon eine Idee davon haben was man macht. Auch wenn es vielleicht mal nur entspannt rumstehen ist. Wenn man sich klar darüber ist und es bewusst so macht, dann ist planlos eben nicht sinnlos.

    Zitat Zitat von Pansapiens Beitrag anzeigen
    Wenn man "Yi" mit "Sinnen des Herzen" übersetzt ist mir übrigens unklar, was mit dem ersten der drei inneren Zusammenschlüsse (Xin (Herz) mit Yi (Vorstellung) verbinden) gemeint ist.
    Wenn Yi nur das Sinnen des Herzen meint, dann sind die ja schon automatisch verbunden.
    Mir wurde das so erklärt, dass dort Ratio und Emotionen zusammenwirken und man quasi "mit ganzem Herzen" handelt, und nicht "halbherzig", weil irgendwo noch Zweifel, Skrupel oder andere Hinderungsgründe vorhanden sind.
    In dieser Lesart, wäre "Yi" etwas, was die Stimme des Herzens umsetzen kann, aber nicht ausschließlich...
    Der Widerspruch löst sich auf, wenn man sich klar wird, dass all die Bezeichnungen wie Herz, Bewusstsein, Verstand, Absicht, Wille usw. letztendlich Funktionsweisen eines "Seins" sind (ein Kuchen). Daher immer die Unterscheidung zwischen Vorhimmlisch und Nachhimmlisch, bzw. durch das tun (youwei) des Nachhimmlischen wieder zum nicht tun (wuwei) des vorhimmlischen zurückzukehren. Das ist die Essenz des Neidan. Aus der Perspektive der Zersplitterung muss etwas getan werden (youwei), es muss eine Anstrengung unternommen werden, um wieder zum natürlichen, Vorhimmlischen Zustand (wuwei) zurückzukehren. Ein wesentlicher Bestandteil dabei ist das leer werden von seinen fixen Vorstellungen und das hinhorchen auf das natürliche, vorhimmlische. Einmal kann ich mit meinem Yi (Absicht) einfach nur etwas übers Knie brechen wollen, dann ist im Sein des Menschen quasi nur noch der Wille (Scheuklappenmässig) aktiv. Oder durch das "leer" werden kann ich lernen offen und frei zu werden. Dann wird Yi quasi zum Bewusstsein und nimmt wahr. Herz und Yi arbeiten dann als eine Eiheit, d.h. sie sind nicht getrennt. Die Trennung ist eine theoretische und beschreibt verschiedene Wirkungsweisen ein und desselben Seins. Aus der Perspektive des Vorhimmlischen ist es Hunyuan, EIN rundes Ganzes; aus der Perspektive des Nachhimmlischen wird es als getrennt und zersplittert wahrgenommen.

    Dasselbe ist mit Jing Qi und Shen. Das sind vom Wesen her nicht drei verschiedene Dinge, sondern wie Eis, Wasser und Dampf letztendlich eine Sache. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass es keine wesentliche Trennung zwischen Geist/Bewusstsein und Materie gibt, sondern nur eine auf phänomenaler Ebene.

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Es geht immer um das Fühlen, da das „aus dem Herzen“ passiert. Konkret geht es darum die Leere zu erfahren.
    Ideen und Bilder werden halt dazu genutzt Gefühle entstehen zu lassen. Man kann seinen Verstand nun einmal nicht „abschalten“ (auch wenn man manchmal meint einige würden das permanent tun). Bei uns Menschen ist bei allem immer „Yi“ vorhanden.
    Es geht darum es mit Shen zu harmonisieren. Dazu gibt man Yi etwas zu tun um es zu harmonisieren.
    Weiss jetzt nicht ob es einfach unglücklich ausgedrückt ist oder so gemeint ist. Ist mir auch ein wenig zu chaotisch das irgendwie zu ordnen zu versuchen. Ich versuch's mal so rum. Es geht letztendlich darum die Funktionsweise und das Zusammenspiel von Körper und Bewusstsein zu EINEM runden Ganzen (hunyuan) zu harmonisieren (he). Yi als Idee und Wahrnehmung spielt da die zentrale Mittlerrolle. Man gibt Yi nicht einfach nur etwas zu tun um es selbst zu harmonisieren, sondern durch eine zielführende Idee (Idee ist Qualität, nicht Bild, Vorstellung) versucht man mit all seinen Sinnen eine Qualität umzusetzen. Mit einer sinnvollen Idee zu arbeiten führt also das Bewusstsein aus seiner Zersplittertheit und einseitigen Benutzung zurück zu einer ganzheitlichen Wahrnehmung, in der der Körper mit allen seinen Sinnen involviert ist. Das Ergebnis ist eine Harmonisierung aller Funktionsweisen des gesamten Menschen, wenn man so will von Geist/Bewusstsein und Materie. Von der Peripherie wahrgenommen sind es alles zersplitterte verschiedene Funktionsweisen. Aus dem Brennpunkt der Mitte wahrgenommen ist alles das eine Sein.

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Shen und Yi sind Yin und Yang. Beides ist immer da und sollte harmonisiert werden. Sowohl zu viel Yang (Yi) ist schädlich, aber ebenso zu viel Yin (Shen).
    Diese Gegenüberstellung ist ziemlich sinnlos und nichtsaussagend. Yin und Yang sind immer relativ aufeinander bezogen. Dann würde ich Shen und Yi nicht als Yin und Yang gegenüberstellen, weil sie gerade in den Kampfkünsten oft synonym gebraucht werden (li - qi - shen zu harmonisieren, bzw. li - qi - yi zu harmonisieren; oder shenyi oft als ein Wort, um eine bestimmte Qualität des Yi (hunyuan) zum Ausdruck zu bringen und es vom herkömmlichen Willen/Absicht abzugrenzen). Wenn man es schon als Yin/Yang gegenüberstellt sollte man es in einen Kontext setzen, dass jeder versteht was du ausdrücken willst. Denn genauso wie Yi ist Shen ein extrem komplexes Wort mit einem sehr weiten Bedeutungsspektrum.
    Beispiel: Frau ist Yin und Mann ist Yang. Diese Aussage ist genauso sinnlos und nichtsaussagend wie die von Shen und Yi. Das weibliche ist Yin und das männliche ist Yang, damit ist dann eine bestimmte Qualität gemeint unter der man sich i.d.R was vorstellen kann. Wenn aber die Frau den Mann schlägt dann ist hier die Frau Yang und der Mann Yin. Der Mann kann von Natur aus eher Yang sein und die Frau eher Yin. Das ist aber stark verallgemeinernd und daher nicht richtig, weil es auf den Bezugspunkt, die Relation ankommt. Es gibt genauso viele Beispiele wo Frauen eher Yang sind und die Männer eher Yin. Also ohne konkreten Kontext sind solche Aussagen ziemlich irreführend.

  9. #384
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    Standard

    Zitat Zitat von beniwitt Beitrag anzeigen
    Weiss jetzt nicht ob es einfach unglücklich ausgedrückt ist oder so gemeint ist.

    Man gibt Yi nicht einfach nur etwas zu tun um es selbst zu harmonisieren, sondern durch eine zielführende Idee (Idee ist Qualität, nicht Bild, Vorstellung) versucht man mit all seinen Sinnen eine Qualität umzusetzen. Mit einer sinnvollen Idee zu arbeiten führt also das Bewusstsein aus seiner Zersplittertheit und einseitigen Benutzung zurück zu einer ganzheitlichen Wahrnehmung, in der der Körper mit allen seinen Sinnen involviert ist.
    Es war einfach nur oberflächlich dahingeschieden da Pansapiens eh nur Erbsenzählerei betreiben möchte. Durch die Arbeit mit Yi werden Yi und Shen in der Körperarbeit harmonisiert.


    Zitat Zitat von beniwitt Beitrag anzeigen
    Diese Gegenüberstellung ist ziemlich sinnlos und nichtsaussagend. Yin und Yang sind immer relativ aufeinander bezogen.
    Wieso ist sie sinnlos? Sie bezieht sich genau auf diese Gegenüberstellung. Yi ist, bezogen auf Shen, Yang und Shen ist, bezogen auf Yi, Yin. Nicht mehr und nicht weniger.

  10. #385
    gast Gast

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    Es ist in dem Sinne nichtsaussagend und sinnlos, weil Shen und Yi ein ziemlich komplexes Bedeutungsfeld haben und obendrein teilweise noch synonyme Überschneidungen haben. Mit Yin/Yang kann man prinzipiell alles irgendwie in Relation bringen, aber man muss es konkretisieren. Shen und Yi kann erstmal eine Menge bedeuten, aber im konkreten Kontext ist das nicht mehr so beliebig.

    Nimmt man jing qi shen (精气神), dann wird jing dem Wasser zugeordnet und shen dem Feuer, während qi der Erde zugeordnet wird. Feuer/Shen ist in der Relation eindeutig Yang, während jing/Wasser eindeutig Yin ist.
    Im selben Kontext wird im Neidan Yi auch der Erde, der Mitte zugeordnet. Auch das Herz wird der Erde, der Mitte zugeordnet. Alles in sich überlagernden Schaubildern von Vorhimmlischen und Nachhimmlischen Beziehungen der gesamten Geistesfunktionen des Menschen. Aber das sollte Dir ja nicht fremd sein von der Arbeit von Martina Darga über das Xingming Guizhi.

    Wang hat im Yiquan immer wieder davon geredet li qi shen (力气神) und yi qi li (意气力) zu harmonisieren und zu einer Einheit zu verschmelzen. Wie grenzt du hier jetzt yi von shen ab? Was ist hier Yin und was Yang?

    Im Yiquan sagt man 神要逼人 shen yao bi ren: shen soll Druck auf jemanden ausüben (oder soll jemanden bedrängen, einschüchtern). Ist das jetzt eher Yin oder Yang? Hier könnte man genauso shen durch yi ersetzen und wüsste was gemeint ist.

    神在手前,力透敌背 shen zai shou qian, li tou di bei: Wenn shen vor der Hand ist (der Hand vorrausgeht), dann penetriert die Kraft den Rücken des Gegners. Da gibt es dieselben Aussagen mit Yi. (意在手前 Oder 意在天边 yi geht bis zum Horizont/Himmel) Würde sagen das ist eher eine yang Qualität, da shen/yi führt.

    Dann wiederum gibt es Aussagen, auch im Yiquan, dass shen dem yi folgt. Hier könnte man sagen yi wäre yang während shen yin ist.

    Dann wird shenyi oft als ein Wort benutzt, wo man wieder sehr genau hinschauen muss, ob das jetzt wirklich ein Wort ist, oder ob hier von zwei Sachen die Rede ist die einfach nur zusammen gesagt werden.

  11. #386
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    Standard

    Ich denke wir müssen jetzt unterscheiden ob wir vom „wahren Yin“ und dem „wahren Yang“ reden, oder was wir betrachten wollen.
    Wollen wir die phänomenale, oder die numenale Ebene betrachten? Wenn ich Yi ist Yang und Shen ist Yin schreibe, dann gehe ich von der phänomenalen Ebne aus, in der wir uns befinden und leben.

    Betrachten wir die numenale Ebene, dann enthält Shen „den göttlichen Funken“ und steht für die Verbindung zum Dao, diesbezüglich wäre es in der Tat Yang. Was im Dao potentiell angelegt ist wird, wenn es in Erscheinung tritt, jedoch Yin.

    Im phänomenale Alltag (also der „nachhimmlischen Realität“, in der wir ja leben) gilt aber Yi ist Yang und Shen ist Yin.

    Diese Betrachtung hatte ich stillschweigend vorausgesetzt, da hast du Recht. Ich lebe in der phänomenalen Welt und das ist der Standpunkt von dem aus ich alles betrachte.

    Auf Xing und Ming betrachtet steht Xing für den geistigen Aspekt (Yang) und in diesem steht Shen für den Körper, bzw. die geistliche Körperwahrnehmung. Shen repräsentiert die phänomenale Welt im Geist und ist damit, auf den Geist bezogen, Yin.
    Yi wiederum ist der Verstand, der das Phänomenale nur verarbeitet und abstrakt darüber nachdenkt. Yi steht, wiederum auf den Geist bezogen, für das numenale, abstrakte, und ist damit Yang.

    Shen, wiederum beinhaltet das „Wahre Yang“, das es (wieder-) zu entdecken gilt.
    Mit dem Körper kann ich die kontinuierlichen Wechsel wahrnehmen kann und dadurch die Ruhe in der Bewegung. Die bringt mich in Kontakt mit dem Dao.

    Giles dazu:

    First, although the process of return can go both ways, it seems that Laozi’s main concern is with a return to stillness and clarity. But why is this his main concern? It is because in the state of stillness, clarity, and rest we are able to free ourselves from distraction and thereby achieve what is im- portant to us.
    Secondly, although the movement of awareness goes back and forth between stillness and activity, the stillness is something that exists in the midst of the activity.
    Damit bewegen wir uns dann auf die Verbindung zum Buddhismus zu. Wieder Giles:

    It is thought-provoking to note that this idea is quite similar to the Mahāyāna Buddhist idea that samsāra or the everyday world is nirvāna or the world of enlightenment (Nāgārjuna 2013). According to the Mahāyāna view, we exist in nirvāna all the time. The problem is we simply fail to recognize it. This failure gives rise to samsāra. Or, to put it another way, samsāra is merely the delusive perception of nirvāna. When seen in this way, one could say that the similarity of these views is also probably one of the reasons why Buddhism was adopted without difficulty by the Chinese and so easily blend- ed with Daoism.
    Mit anderen Worten im Phänomenalen können wir das Numenale entdecken.

    Wenn wir in der Körperarbeit auf Shen hören, dann arbeiten wir an unserem Dharmakaya. Dazu bedienen wir uns auch der Hilfe von Yi, da wir sonst auf die Stimme aus dem Herzen nicht hören können.
    Auch dazu hat Giles ein sehr schönes Beispiel:

    It is much like being at a loud and noisy gathering and nevertheless vaguely being able to hear, be- hind all the clamor, peaceful and gentle music being played in the back- ground. If one could focus on this music and bring it to the fore in one’s awareness, while nevertheless being aware of the clamor, then this would be analogous to returning to the source. When one loses or gives up this focus and becomes immersed in the noise, while nevertheless continuing barely to make out the music in the background, then this would be analogous to re- turning to the constant flow.
    Dazu dienen die Ideen des Yiquan und auch die des Bagua.

    Na ja, das ist jetzt alles recht abstrakt und philosophisch. Am Ende ist wichtig dass es um die Arbeit mit den Wechseln geht um die Ruhe in der Bewegung zu finden und die Bewegung in der Ruhe zu realisieren.
    Geändert von kanken (03-08-2020 um 16:52 Uhr)

  12. #387
    gast Gast

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    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Ich denke wir müssen jetzt unterscheiden ob wir vom „wahren Yin“ und dem „wahren Yang“ reden, oder was wir betrachten wollen.
    Wenn wir jetzt auf die Ebene des "wahren" springen, dann ist da nur noch Taiji, dort ist Yin Yang und Yang Yin. Dort ist keine Differenzierung. Dort ist nur noch das eine Sein. Dort wird nicht mehr zwischen Geist und Materie unterschieden, denn Materie ist Geist und Geist ist Materie. Materie und Geist sind nur zwei Krücken um eine lebendige Wahrheit zu beschreiben, die sich nicht mehr in Worte fassen lässt. Das ist jetzt Neidan Theorie nach Liu Yiming. Das ist der wo du den Kommentar zum Wuzhen Pian von Zhang Boduan zitiert hast. Eine Differenzierung ist hier nur noch von theoretischer Art, da potentiell das ganze Spektrum von Geist bis Materie beinhaltet ist.

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Wollen wir die phänomenale, oder die numenale Ebene betrachten? Wenn ich Yi ist Yang und Shen ist Yin schreibe, dann gehe ich von der phänomenalen Ebne aus, in der wir uns befinden und leben.

    Im phänomenale Alltag (also der „nachhimmlischen Realität“, in der wir ja leben) gilt aber Yi ist Yang und Shen ist Yin.

    Diese Betrachtung hatte ich stillschweigend vorausgesetzt, da hast du Recht. Ich lebe in der phänomenalen Welt und das ist der Standpunkt von dem aus ich alles betrachte.
    Nachdem von dir zitierten Liu Yiming, im Wuzhen Pian und unter Vorbehalt auch im Xingming Guizhi (selbe Tradition), taucht Yi sowohl vorhimmlisch als auch nachhimmlisch in Verbindung mit Erde auf. Nur wird mit Attributen genauer differenziert zwischen Zhenyi und Wangyi (wahrem/echten Yi und ungezügeltem Yi). Genauso ist Shen immer auf dem Feuerplatz nur dass zwischen Yuanshen und shishen (ursprünglicher Geist und differenzierender Geist) unterschieden wird.

    Aber wieder aufgepasst, im vorhimmlischen ist die Yin/Yang Unterscheidung von theoretischer Natur und eigentlich nicht vorhanden, sondern es wird nur noch von Taiji, dem einen Herz oder dem einen ursprünglichen Geist geredet. Yin Yang taucht eigentlich erst überhaupt im Nachhimmlischen auf.

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Betrachten wir die numenale Ebene, dann enthält Shen „den göttlichen Funken“ und steht für die Verbindung zum Dao, diesbezüglich wäre es in der Tat Yang. Was im Dao potentiell angelegt ist wird, wenn es in Erscheinung tritt, jedoch Yin.
    Auf noumenaler Ebene (vorhimmlisch) ist nur noch Yuanshen, oder Taiji, oder Yuanqi oder Zhenyi. Da hat das Neidan einige Namen parat, die aber letztendlich auf das eine ursprüngliche Sein hinweisen, wo es mit den Wörtern problematisch wird. Da gibt es dann keine Unterscheidung mehr zwischen Yin und Yang. Daher war mir schon klar dass es nur die nachhimmlische Ebene sein.

    Es stimmt wenn du sagst, dass das vorhimmlische, das was potentiell angelegt ist, Yang ist, und wenn es in Erscheinung tritt als Yin bezeichnet wird. Dann wird aber Yuanshen und Shishen in Bezug gesetzt und nicht Yuanshen und Zhenyi oder Shishen und Wangyi, oder Yuanshen und Wangyi etc.

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Auf Xing und Ming betrachtet steht Xing für den geistigen Aspekt (Yang) und in diesem steht Shen für den Körper, bzw. die geistliche Körperwahrnehmung. Shen repräsentiert die phänomenale Welt im Geist und ist damit, auf den Geist bezogen, Yin.
    Yi wiederum ist der Verstand, der das Phänomenale nur verarbeitet und abstrakt darüber nachdenkt. Yi steht, wiederum auf den Geist bezogen, für das numenale, abstrakte, und ist damit Yang.
    Hier kann ich Dir nicht mehr folgen... Xing Ming ist im klassischen Neidan einfach eine Analogie für die geistige und die körperliche Seite im Menschen. Beide müssen kultiviert werden. Daher Xingming Shuangxiu: die doppelte Kultivierung von Xing und Ming.
    Warum steht jetzt Shen mit dem Körper in Bezug?
    Shen wird mit Geist übersetzt (was immer das jetzt auch heissen mag). Da macht der Satz für mich irgendwie überhaupt keinen Sinn: Shen repräsentiert die phänomenale Welt im Shen (Geist) und ist damit, auf den Shen (Geist) bezogen, Yin.????
    Verstand ist meinem Verständnis nach der Teil der geistigen Kräfte im Menschen der diskursiv/differenzierend denkt. Damit ist nicht Yi gemeint sondern Shishen. Ich weiss, Yi wird oft mit mind übersetzt, aber wenn wir jetzt hier bei den Neidan Begriffen und den Kampfkünsten bleiben, ist Yi nicht der Verstand, sondern Wahrnehmung, Idee, Absicht, "sinnen". Das ist ein anderes Bedeutungsspektrum als Verstand (shishen 识神).


    Den unteren Teil habe ich leider nicht mehr gesehen bevor du ihn angehängt hast. Muss da auch leider ausssteigen weil mir da jetzt zuviel andere Sachen mitreinkommen. Giles Zitate für sich find ich ansprechend und wär spannend über das eine oder andere zu diskutieren. Aber das würde hier den Rahmen sprengen.
    Geändert von gast (03-08-2020 um 17:03 Uhr)

  13. #388
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    Zitat Zitat von beniwitt Beitrag anzeigen
    Hier kann ich Dir nicht mehr folgen... Xing Ming ist im klassischen Neidan einfach eine Analogie für die geistige und die körperliche Seite im Menschen. Beide müssen kultiviert werden. Daher Xingming Shuangxiu: die doppelte Kultivierung von Xing und Ming.
    Warum steht jetzt Shen mit dem Körper in Bezug?
    Shen wird mit Geist übersetzt (was immer das jetzt auch heissen mag). Da macht der Satz für mich irgendwie überhaupt keinen Sinn: Shen repräsentiert die phänomenale Welt im Shen (Geist) und ist damit, auf den Shen (Geist) bezogen, Yin.????
    Verstand ist meinem Verständnis nach der Teil der geistigen Kräfte im Menschen der diskursiv/differenzierend denkt. Damit ist nicht Yi gemeint sondern Shishen. Ich weiss, Yi wird oft mit mind übersetzt, aber wenn wir jetzt hier bei den Neidan Begriffen und den Kampfkünsten bleiben, ist Yi nicht der Verstand, sondern Wahrnehmung, Idee, Absicht, "sinnen". Das ist ein anderes Bedeutungsspektrum als Verstand (shishen 识神).
    Sorry, da habe ich dich durcheinander gebracht, da ich zwei unterschiedliche „Geist“ Definitionen parallel benutzt habe. Normalerweise nutze ich die chinesischen Begriffe mit ihrer Definition und das deutsche Wort „Geist“ um die Gesamtheit der im Gehirn ablaufenden Prozesse zu bezeichnen. Man könnte an Stelle von „Geist“ auch „Bewusstsein“ sagen, wobei Bewusstsein mehr ausdrückt als mit „Geist“ gemeint ist.

    Yi und Shen sind also beides Teile des Geistes. Diese Betrachtung folgt aus der neurobiologischen Betrachtung des Gehirns, da kann man nämlich Yi und Shen sehr schön unterscheiden wenn wir von der Wahrnehmung des Bewusstseins reden.

    Yi ist der Verstand und Shen die „Emotionen“ (bzw.verstanden als Instanz, die die Gefühle an den Verstand meldet). Ich habe das hier:

    https://bagua-zhang.eu/?page_id=472

    mal versucht ein wenig zu erklären.

    Darga legt ja sehr schön dar dass Shen die höchste energetische Form ist und mit dem Denken in Beziehung gesetzt wird, daher ja die Übersetzung mit Geist. Weiter schreibt sie ja auch das Shen wörtlich Körper bedeutet, es aber weit mehr als die Leiblichkeit umfasst. Es setzt sich aus physischen, psychischen und geistigen Energien zusammen.
    Das ist eine Bezeichnung die exakt auf das neurobiologische Korrelat der emotionalen Wahrnehmung und unbewussten Sinnesverarbeitung zutrifft (die ja eng mit den Emotionen verbunden ist). Aus diesen Zentren heraus wird ja auch dann die unwillkürliche Motorik gesteuert, was ich wiederum durch die willkürliche Motorik, die durch den Verstand gesteuert wird, beeinflussen kann.

    Meine Betrachtung von Yi und Shen erfolgt also auch vor dem Hintergrund meines neurobiologischen Verständnisses. Da sind Yi und Shen beides geistige Komponenten und die Arbeit damit dient der Wesensnatur (Xing), während die Arbeit mit Qi und Li die Lebensenergie (Ming) pflegen, wobei man beides nicht voneinander trennen darf und kann.

    Ich habe es mal so formuliert:

    „Yi ist das Werkzeug von Shen. Yi befehligt Qi. Li ist die Manifestation von Qi.“

    Shen ist ein geniales Konstrukt um bestimmte Dinge des Denkens, Fühlens und Handelns zu beschreiben, ebenso Yi. Es ist erstaunlich wie viel die damals durch Nachdenken und Beobachten herausgefunden haben.
    Deswegen mag ich ja auch die Idee von Giles so sehr, da er sich dem Daoismus von der Warte des „universellen Bewusstsein“, bzw. „Bewusstseins“ nähert.
    Das führt uns jetzt aber sehr weit weg...

    Passend dazu dieses Bild:



    Ob und wie man „Bewusstsein“ dann noch unterteilen will/muss/sollte kann man dann drüber streiten und mit Sicherheit auch wie Buddhismus und Daoismus sich ergänzen/überschneiden. Aber auch da gibt es ja nicht „den Buddhismus“ und „den Daoismus“.

    Aber du hast Recht, das würde hier mehr als den Rahmen sprengen und schreiben ist da einfach nicht die richtige Kommunikationsform um das zu diskutieren.
    Geändert von kanken (03-08-2020 um 17:40 Uhr)

  14. #389
    gast Gast

    Standard

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Sorry, da habe ich dich durcheinander gebracht, da ich zwei unterschiedliche „Geist“ Definitionen parallel benutzt habe. Normalerweise nutze ich die chinesischen Begriffe mit ihrer Definition und das deutsche Wort „Geist“ um die Gesamtheit der im Gehirn ablaufenden Prozesse zu bezeichnen. Man könnte an Stelle von „Geist“ auch „Bewusstsein“ sagen, wobei Bewusstsein mehr ausdrückt als mit „Geist“ gemeint ist.
    Hier wird's eben ein bisschen komplex. Und da sind wir wieder bei meiner Ausgangsaussage. Einfach nur so von Yin Yang und Shen und Yi zu reden ist problematisch. Da kann man alles mit meinen und nichts. Da kann Dir kein Profi folgen und schon gar niemand der mit der Materie gar nicht vertraut ist. Oder man kann versuchen es intuitiv zu verstehen. Aber das geht meistens nur so lange gut, bis man dieselben Worte in einem anderen Kontext hört. Dann ist Chaos vorprogrammiert.

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Yi und Shen sind also beides Teile des Geistes. Diese Betrachtung folgt aus der neurobiologischen Betrachtung des Gehirns, da kann man nämlich Yi und Shen sehr schön unterscheiden wenn wir von der Wahrnehmung des Bewusstseins reden.
    Muss da leider passen.

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Yi ist der Verstand und Shen die „Emotionen“ (bzw.verstanden als Instanz, die die Gefühle an den Verstand meldet). Ich habe das hier:

    https://bagua-zhang.eu/?page_id=472

    mal versucht ein wenig zu erklären.
    Die Problematik der Bedeutung von Yi habe ich ja schon angerissen. Verstehe jetzt nicht wo Shen = Emotionen herkommt? Emotionen werden im chinesischen und im Kontext des Neidan mit qing (情) übersetzt.

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Darga legt ja sehr schön dar dass Shen die höchste energetische Form ist und mit dem Denken in Beziehung gesetzt wird, daher ja die Übersetzung mit Geist. Weiter schreibt sie ja auch das Shen wörtlich Körper bedeutet, es aber weit mehr als die Leiblichkeit umfasst. Es setzt sich aus physischen, psychischen und geistigen Energien zusammen.
    Das ist eine Bezeichnung die exakt auf das neurobiologische Korrelat der emotionalen Wahrnehmung und unbewussten Sinnesverarbeitung zutrifft (die ja eng mit den Emotionen verbunden ist). Aus diesen Zentren heraus wird ja auch dann die unwillkürliche Motorik gesteuert, was ich wiederum durch die willkürliche Motorik, die durch den Verstand gesteuert wird, beeinflussen kann.
    Shen Körper (身) und Shen Geist (神)sind zwei verschiedene Zeichen/Wörter, die phonetisch gleich ausgesprochen werden, aber einen anderen Ton haben.

    Zitat Zitat von kanken Beitrag anzeigen
    Meine Betrachtung von Yi und Shen erfolgt also auch vor dem Hintergrund meines neurobiologischen Verständnisses. Da sind Yi und Shen beides geistige Komponenten und die Arbeit damit dient der Wesensnatur (Xing), während die Arbeit mit Qi und Li die Lebensenergie (Ming) pflegen, wobei man beides nicht voneinander trennen darf und kann.

    Ich habe es mal so formuliert:

    „Yi ist das Werkzeug von Shen. Yi befehligt Qi. Li ist die Manifestation von Qi.“

    Shen ist ein geniales Konstrukt um bestimmte Dinge des Denkens, Fühlens und Handelns zu beschreiben, ebenso Yi. Es ist erstaunlich wie viel die damals durch Nachdenken und Beobachten herausgefunden haben.
    Deswegen mag ich ja auch die Idee von Giles so sehr, da er sich dem Daoismus von der Warte des „universellen Bewusstsein“, bzw. „Bewusstseins“ nähert.
    Das führt uns jetzt aber sehr weit weg...
    Finde ich spannend das von Neurobiologischer Seite her aufzuschlüsseln zu versuchen und ich bin mir sicher, dass das was neurobiologisch analysierst in sich stimmig ist. Aber die Übertragung auf die klassische Neidan Terminologie ist noch ein wenig holprig würde ich sagen

    Aber es ist wirklich sehr komplex das aufzuschlüsseln weil die Worte einfach wahnsinnig komplexe Bedeutungsspektren haben. Da muss man sich erstmal klar machen in welcher Weise man ein Wort benutzt. Meistens ist Chaos vorprogrammiert....

    Rein von der Etymologischen Zeichenzusammensetzung her kann man Shen einfach als das verstehen, was sich im Raum ausbreitet. Das Herz als Bewusstsein ist das, was den Menschen in seinem Sein bewusst sein lässt. Das Bewusstsein was nach aussen getragen wird, was sich im aussen ausbreitet ist der Geist. Bewusstes Handeln, wahrnehmen, sinnen ist dabei Yi. Der Geist ist aber auch Träger aller Reize die nach innen geleitet werden und vom Bewusstsein aufgenommen werden, was wiederum zu Reaktionen führt. Dabei kann man von äusseren Reizen und Inneren Mustern getrieben sein, oder alles was eindringt oder aus dem Unterbewussten aufsteigt wird vom Bewusstsein einfach nur widergespiegelt ohne davon gleich fortgetragen zu werden...... Müsste man wirklich mal versuchen die ganzen Bedeutungspektren unter einem Hut zusammenzubringen.

  15. #390
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    Zitat Zitat von beniwitt Beitrag anzeigen
    Shen Körper (身) und Shen Geist (神)sind zwei verschiedene Zeichen/Wörter, die phonetisch gleich ausgesprochen werden, aber einen anderen Ton haben.
    Bin ich voll bei Dir.
    Das mit dem Geist und dem Körper steht so in Dargas Dissertation.
    Da bin ich sofort drüber gestolpert und plötzlich machte es aus neurobiologischer Sicht absolut Sinn.

    Vorher hätte ich Geist (Shen) auch immer vom Körper getrennt, eben weil es ja zwei unterschiedliche Wörter sind.

    Wenn Du jedoch Shen (Geist) in Kontrast zu Yi stellst und dann Shen (Körper) in Relation dazu stellst dann macht es auf einmal „klickt“.
    Shen (Körper) ist dann natürlich nicht Shen (Geist).

    Das jetzt aber schriftlich auseinander zu klamüsern ist mir aber auch zu langwierig. Das geht bei einem Tee wesentlich unkomplizierter.
    Geändert von kanken (03-08-2020 um 20:13 Uhr)

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