... Wie Drosten hatte Ioannidis kurz nach Beginn der Pandemie öffentlich davon gesprochen, dass es sich nach den aus China vorliegenden Daten zur Übertragungsfähigkeit des neuartigen Coronavirus um eine ansteckende Erkältungskrankheit handeln könnte. Drosten hat sich längst revidiert, die Datenlage über die Covid-19-Zahlen und -Folgen ließ bald keinen anderen Schluss mehr zu. Ioannidis dagegen bleibt bis heute dabei. In Videos, wissenschaftlichen Aufsätzen, egal wo, der Statistiker hält die Covid-19-Pandemie für nicht viel schlimmer als eine Grippe. Seine Evidenzen aber sind dünn, und sie werden immer dünner, je mehr Menschen vorzeitig an Covid-19 sterben. Drei Millionen sind es inzwischen weltweit.
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So wenig zimperlich Ioannidis im Umgang mit anderen Wissenschaftlern und den publizistischen Gepflogenheiten war, so oberflächlich war der Evidenz-Papst offenbar mit den eigenen Zahlen. In seiner Meta-Analyse berücksichtigte er (wie in seiner eigenen Vorstudie) so konsequent nichtrepräsentative Stichproben, dass es zu absurden Ergebnissen kam: Für Schottland errechnet er etwa eine IFR von 0,06 Prozent, was selbst dann nicht stimmen könnte, wenn jeder der mehr als fünf Millionen Schotten sich infiziert hätte. Inzwischen sind nämlich mehr als 0,13 Prozent der schottischen Bevölkerung offiziell an Covid-19 gestorben. Solche völlig unmöglichen Sterblichkeitsraten gibt Ioannidis für sechs weitere Länder-IFR an. Tatsächlich sind Ioannidis’ Sterblichkeitsziffern weit entfernt von den allermeisten anderen Zwischenanalysen, die eine mittlere globale Infizierten-Sterberate von 0,6 bis 0,8 Prozent ermittelt haben – die Weltgesundheitsorganisation eingenommen. Die hat den angeschlagenen Stanforder Statistikhelden in ihrer jüngsten Sterblichkeitsanalyse nicht einmal mehr zitiert.
Stattdessen wird Ioannidis von der AfD als Kronzeuge ihrer Verharmlosungskampagne benutzt.