"Want To Get Better At Jiu Jitsu?" with Priit Mihkelson

[Hillbilly]

Hallo,
ich bin kürzlich auf folgendes Video von Priit Mihkelson gestoßen, der ja vor allem auch für seine Didaktik bekannt ist, in dem er über (die richtigen) Trainingsmethoden im BJJ spricht:

https://youtu.be/W1Wv7A2Hdf0

Seine Punkte im groben Überblick:
3:10 Class structure/warm up: max 10 min streching/functional movements, kein bullshit warm up a la push ups etc. bis zur Erschöpfung
8:05 Techniken: 20 min Techniktraining. Viel Wiederholung, nur wenig neues pro Klasse, viel Feedback.
10:52 Drills: 30 min a 2 min Drills der gezeigten Technik mit progressivem Widerstand und Feedback zwischen den Runden.
14:37 Sparring: 30 min mit "rules", d.h. spezifischen Aufgaben/Regeln/Einschränkungen
20:55 Methodologie im BJJ
43:15 Das große Problem zu vieler spezifischer Techniken, die man im "real life" nicht braucht. Lieber grobe Konzepte und "adaptability"
53:56 Teaching from the end: Er beginnt mit dem Ende einer Technik/Technikserie und baut diese dann quasi rückwärts auf.

Was haltet ihr davon? Trainiert ihr genau so? Fühlt ihr euch von seiner Kritik angesprochen?
Ich denke, in vielen Punkten hat er recht. Es gibt doch immer noch erstaunliche viele Gyms, in denen genau so trainiert wird: Ausgiebiges, erschöpfendes Warm Up, zufällige, nicht zusammenhängende Techniken in jeder Einheit (meist nach Gusto des Coaches), viel freies Rollen dafür wenig spezifisches, wenig progressives Sparring.
Ich muss sagen, bei uns sieht das Training recht ähnlich strukturiert aus. Lediglich mit dem "teaching from the end" werde ich nicht ganz warm. Wie seht ihr das?

[Björn Friedrich]

Meine Meinung:

Hardcore Warm Up = Kompletter Schwachsinn. Drills mit Bewegungsmustern sind o.k. oder einfach leichtes Techniktraining, davon wird man auch warm.

Viele Wiederholungen = Defintiv sinnvoll, vor allem zusammenhängende Techniken, keine einzelnen Moves ohne Zusammenhang.

Drills mit progressivem Widerstand, bzw. Positionssparring macht bei meinen Schülern 50-60% aus, bei mir 90%

Viele Techniken = Da bin ich anderer Meinung, ich glaube es geht kein Weg an vielen Techniken vorbei und BJJ braucht einfach eine lange Trainingszeit.

Teaching from the End = Ich unterrichte meist den Submission zuerst und dann die Eingänge dazu. Das ist im Endeffekt auch so ähnlich. Ich lege mich da aber nicht fest, ich unterrichte auch Techniken in der regulären Reihenfolge.....

Was wirklich wichtig ist, ist die Fähigkeit ständig die eigenen ANgewohnheiten zu begutachten und zu verändern und da eigenen sich Positionssparring, etc. gut dazu.


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[VincentPrice]

Tolles Video, danke fürs einstellen.

Was wirklich wichtig ist, ist die Fähigkeit ständig die eigenen Angewohnheiten zu begutachten und zu verändern und da eigenen sich Positionssparring, etc. gut dazu.

100% Zustimmung. Ich denke das kann man auch als Quintessenz des Videos bezeichnen.

Ein bißchen einhaken möchte ich trotzdem, was er beschreibt ist letztendlich der Idealfall. Er sagt ja wortwörtlich "we're here to learn" und das stimmt natürlich auch. Er bezieht sich aber auch explizit auf den Hobby-BJJler der durchschnittlich 1,8x pro Woche trainiert.
Der bzw. ich ist ja nicht nur dort um zu lernen. Ich mache ja BJJ nicht zuletzt, sondern eigentlich primär um zu entspannen und Stress abzubauen. Ich habe manchmal einfach nicht mehr die mentale Energie und Aufmerksamkeitsspanne gezielt an Positionen und Techniken zu arbeiten und das Training möglichst produktiv und effizient zu gestalten.
Ich ertappe mich dementsprechend öfter mal beim Training dabei das Sparring herbeizusehnen um das Hirn auszuschalten und selbstvergessen mit meinem A-Game vor mich hin zu wursteln.
Ich unterstelle mal, dass uns das fast allen so geht und das nicht per se schlecht ist. Man muss sich eben im Klaren darüber sein, dass so kaum richtiger Fortschritt passiert und so zu trainieren dementsprechend nicht überhand nehmen darf.

[sivispacemparabellum]

Hardcore Warm Up = Kompletter Schwachsinn. Drills mit Bewegungsmustern sind o.k. oder einfach leichtes Techniktraining, davon wird man auch warm.

Viele Wiederholungen = Defintiv sinnvoll, vor allem zusammenhängende Techniken, keine einzelnen Moves ohne Zusammenhang.

Drills mit progressivem Widerstand, bzw. Positionssparring macht bei meinen Schülern 50-60% aus, bei mir 90%

Viele Techniken = Da bin ich anderer Meinung, ich glaube es geht kein Weg an vielen Techniken vorbei und BJJ braucht einfach eine lange Trainingszeit.

Teaching from the End = Ich unterrichte meist den Submission zuerst und dann die Eingänge dazu. Das ist im Endeffekt auch so ähnlich. Ich lege mich da aber nicht fest, ich unterrichte auch Techniken in der regulären Reihenfolge.....



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Wirklich guter Beitrag. Entspricht meiner Erfahrung als Trainer. Gruppen sind verschieden. Die Menge der gezeigten Technik muss immer von der Vorerfahrung der Teilnehmenden abhängig sein. Das komplette Zerlegen von Techniken in einzelne Moves als Drill mag ich auch gar nicht. Mal den Weg rückwärts zu gehen ist ein didaktisch sehr sinnvoller Zug.
Am wichtigsten finde ich den Punkt mit Technik Übung als Erwärmung. Viele Trainer sind richtig faul und lassen die Leute unendlich Bahnen Shrimpen und Sitouts machen seit Jahren immer das selbe. da lernt niemand mehr was, die Bewegungen werden zusammenhanglos und mit so wenig Kraftaufwand und möglichst hoher Geschwindigkeit hinter sich gebracht. Das ist sogar kontraproduktiv.
Ein Standardablauf ist nach mehreren Monaten allen langweilig.

[jkdberlin]

Priit hatte auch auf dem GT Camp letzte Woche in Österreich seine Stunden so aufgebaut und einen zusätzlichen Vortrag darüber gehalten.

[marq]

was sind deine live eindrücke? und gibt es neue erkenntnisse?

[jkdberlin]

ich würde sagen, es ist "sokratisches Lernen". Bevorzuge ich auch, wenn möglich. Nichts wirklich neues, sollte man aber ab und an immer mal wieder erinnern.

[marq]

welche fragen / aufgaben bzw wie stellt man im bjj den schülern, damit sie antworten finden, die sie zur neuen erkenntnissen nützen?

[jkdberlin]

Die Antwort füllt ganze Bücher. Das ist die Geschichte mit dem Angeln oder dem Fisch geben. Pointer to the truth, Fingerzeig zum Mond und alles mögliche andere.

Ich sehe als Lehrer meine Aufgabe darin, jedem der mit mir trainiert, eine sichere Umgebung zu schaffen, in der er seine eigenen Erfahrungen in Bezug auf das Lösen von Problemen im BJJ machen kann. Ich gebe ihm keine festen, vorgeschriebenen Lösungen, es gibt immer Spielraum für kreatives Eigenes.

[marq]

gilt das für alle trainierenden oder nur für einen bestimmten teil?

ps. techniktraining ist doch meist eine vorgabe, die nicht eigene lösungen fordert, sondern das erlernen der vorgabe.

[jkdberlin]

gilt das für alle trainierenden oder nur für einen bestimmten teil?

in welchem Kontext? Bei mir? Oder wo?

ps. techniktraining ist doch meist eine vorgabe, die nicht eigene lösungen fordert, sondern das erlernen der vorgabe.

Kommt darauf an, würde ich sagen. So generell könnte ich das nicht unterschreiben. Vielleicht temporär. Stell dir das wie in einem Dialog vor. Zuerst habe ich meine Meinung und trage sie vor. Du hörst ohne Wertung zu und versuchst, sie zu verstehen. Dann hast du Fragen oder eine eigene Meinung. Dann diskutieren wir das.

[marq]

in welchem Kontext? Bei mir? Oder wo?

ja bei dir oder bei Priit.

Zuerst habe ich meine Meinung und trage sie vor. Du hörst ohne Wertung zu und versuchst, sie zu verstehen. Dann hast du Fragen oder eine eigene Meinung. Dann diskutieren wir das.

hmm finde es als schüler schon praktisch , wenn der lehrer die vorauswahl getroffen hat . aus der weiten bandbrweite kann ich ja techniken nutzen und verbinden, die ich gut finde und mühelos ausführen kann.

[jkdberlin]

ja bei dir oder bei Priit.

Bei mir, ja. Nachdem er meine Meinung gehört und verstanden hat, darf er Fragen stellen. Und ich stelle dann auch Fragen.
Wenn du was von Priit wissen willst musst du ihn selber fragen.

hmm finde es als schüler schon praktisch , wenn der lehrer die vorauswahl getroffen hat . aus der weiten bandbrweite kann ich ja techniken nutzen und verbinden, die ich gut finde und mühelos ausführen kann.

Es ist spätestens ab Blaugurt die Aufgabe des Schülers, so viele Techniken wie möglich kennen zulernen. BJJ ist spätestens ab Lilagurt ein sehr individuelles Spiel. Und es geht auch nicht immer nur um Techniken. Es geht um Ausführungen, Timing, Attribute etc.
Nehmen wir an ich zeige einen Knee-Slide Pass und erfunktioniert so nicht bei dir an einem Partner, der sich graduell wehrt. Dann gibt es mindestens drei Möglichkeiten:
- ich zeig dir die richtige Lösung und sie funktioniert
- es funktioniert einfach nicht
- oder wir zerlegen die Technik in einzelne Schritte und ich frage dich, wo genau es nicht klappt und du musst selber heraus finden, woran es liegt und dir dafür Lösungen erarbeiten.

Das erste ist "Formelwissen", das dritte ist "Erfahrungswissen". Ich finde Erfahrungswissen besser, denn es geht tiefer ins Bewusstsein und es ermöglicht dir, deine individuellen Lösungen zu finden. Es schult dich, selber mit der Lösungssuche anzufangen. Du wirst selbstständiger und kreativer. Dafür schaffe ich als Trainer nur die sichere Umgebung.