Guten Abend allerseits,

ich hoffe, ich bin mit meiner Frage hier richtig.
Ich habe in der Vergangenheit immer wieder versucht, eine Kampfkunst zu erlernen (Karate, Wing Chun, Kung Fu, aber nach kurzer Zeit aufgegeben. Wieso? Nun, bei Karate und Kung Fu war es so, dass der Kurs sehr voll war. Damals bei Karate in den 90er war eine komplette Sporthalle gefüllt mit Schülern. Man versuchte dann das nachzumachen, was vorne gezeigt wurde und es gingen auch Trainer durch die Reihen, um zu schauen, ob man es richtig macht. Aber irgendwie kam ich nicht richtig mit und mir fehlte quasi Lehrmaterial, damit ich die Übungen auch zuhause nachmachen kann, um sie mir einzuprägen. Schnell kaufte ich mir daher entsprechende Lehrbücher, quasi als Stütze zum Kurs, aber alleine klappte das dann auch nicht richtig. Bei Kung Fu erging es mir ähnlich. Schnell ließ die Motivation nach, da ich einfach nicht wußte, was ich da eigentlich mache und ob ich es richtig mache. Mir fehlte aufgrund der Größe des Kurses einfach der engere Kontakt zum Lehrer.

Vor einigen Jahren entdeckte ich dann einen Kampfsport, der mir wahnsinnigen Spaß machte und mir im Gegensatz zu meinen bisherigen Erfahrungen "leicht" fiel: Kendo. Leider musste ich umziehen und in meiner Stadt gibt es kein Kendo-Angebot. Ein paar Städte weiter zwar schon, aber ich kriege das leider mit meinen Arbeitszeiten nicht hin. Eine Weile dachte ich, ich könnte Kendo zuhause weiterüben, aber alleine macht es dann doch nicht wirklich Spaß.

Ich habe daher mal geschaut, was in meiner Stadt angeboten wird und von den Trainingszeiten zu meinen Arbeitszeiten passen würde.
Zur Auswahl stehen: Ju Jutsu, Aikido, Iaido und Karate (S.O.H.F. – Verband).
Ich gehe mal auf die Fragen aus dem Strang "Wie finde ich die richtige Kampfkunst für mich" ein.


Wie wichtig ist dir Selbstverteidigung?
Sagen wir es mal so, ich möchte keine Fantasie-Kampfkunst lernen. Denn dann hätte ich in meiner Stadt auch Haidong Gumdo machen können. Dort war ich auch zum Probetraining und als Kendoka musste ich ständig den Kopf schütteln. Sieht gut aus, wie aus einem Star Wars Film, aber auf einem echten Schlachtfeld wäre ein solcher Kämpfer sofort erledigt gewesen. Mir ist schon klar, dass in einer echten Situation eine Kampfkunst sich nur bedingt bewähren kann, von Schwertkampf mal ganz abgesehen, aber ich möchte zumindest das Gefühl haben, dass ich da was handfestes lerne. Ich hoffe, ihr versteht wie ich das meine.

Wie wichtig ist dir Wettkampf?
Ist für mich nicht entscheidend. Aber ich möchte im Training ein gutes Sparring. Ich habe das beim Kendo geliebt. So wäre ich z. B. an Aikido interessiert, aber ich habe zum einen gelesen, dass es dort kein richtiges Sparring gibt und zum anderen mir etliche Trainingsvideos auf Youtube angesehen, und dort wurde zwar gekämpft, aber diese Kämpfe hatten mehr etwas von Ballett oder einer eingeübten Choreographie als einem Kräftemessen. Wenn aber letzteres fehlt, wie kann ich dann fühlen, dass ich diese Kampfkunst anwenden kann?

Wie wichtig ist dir spirituelle Entwicklung/Philosophie?
Ich war sehr angetan von der Etikette im Kendo und habe davon auch viel in mein Leben übernommen. Daher kann ich auch mit wohlmöglich geeigneteren Kampfsportarten zur Selbstverteidigung wie Kickboxen oder Krav Maga leider nichts anfangen. Es gibt bei mir einfach eine starke Neigung zur japanischen Kultur. Dies mag ein sehr eingeengter Blick sein, aber so ist es nun einmal. Die Japaner haben da ein gutes Marketing betrieben und ich bin mit den Karate Kid und Samurai Filmen groß geworden.

Wie wichtig ist dir Ästhetik/schöne Bewegung?
Einer der Gründe, weshalb z. B. Judo oder Brazilian Jiu-Jitsu bei mir ausgeschieden sind ist die, laienhaft ausgesprochen, starke Bodenfixierung in diesen Kampfsportarten. Das ist nicht so meines. Kata wäre für mich wichtig. Ju Jutsu scheint interessant zu sein, aber wenn ich das richtig sehe, spielt dort Kata leider eine untergeordnete Rolle?

Wie wichtig ist es dir, den Umgang mit Waffen erlernen?
Ich bin seit ich erwachsen bin nie wieder in eine Schlägerei geraten. Brenzlige Situationen schon, aber durch mein dominantes Auftreten, vielleicht auch die Muskeln vom Kraftsport , konnte ich die eigentlich immer deeskalieren. Deswegen hatte ich kein Problem Kendo zu lernen, obwohl ja der Nutzen betreffs Selbstverteidigung gleich null ist. Aufgrund von Kendo gibt es auch ein Interesse meinerseits an Iaido. Aber soweit ich das sehe, und vielleicht können mich jene, die es praktizieren hier eines besseren belehren, liegt der Fokus leider nicht auf dem Kämpfen, sondern um die Kunst des Schwertziehens und imaginäre Gegner mit schnellen Hieben zur Strecke zu bringen. Das klingt jetzt nicht sehr spannend, wenn man den Action-Teil von Kendo liebte.

Scheust du dich vor Körperkontakt?
Nein, der ist mir auch wichtig. Das Kräftemessen, sich selber, seine Stärken und Schwächen im Kampf zu spüren hat mir ja bei Kendo so sehr gefallen.

Hast du irgendwelche Gelenk-, Rücken- oder Atemprobleme?
Nein.

Wie stehst du in Bezug auf Schlaghärte?
Darf schon wehtun

Ich muss auch ehrlich sein, 100 Prozent reißen mich weder Ju Jutsu, Aikido, Iaido oder Karate vom Hocker. Aber ich kann eben die Situation nicht ändern, dass ich Kendo nicht praktizieren kann, also muss ich mich eben der Situation anpassen oder noch ein Jahr vertrödeln, indem ich Kendo nachheule.
Bzgl. Karate bin ich eben noch geprägt durch meine Jugenderfahrung. Ich tue mich schwer mit großen Kursen, da ich dort das Gefühl habe, unterzugehen. Auch wollte ich euch fragen, was es mit dem Verband S.O.H.F. auf sich hat, ist das ein normaler Karate-Verband?
Meine Bedenken als Laie
- hinsichtlich Ju Jutsu ist, dass es zu wenig traditionelle Elemente und Kata hat,
- hinsichtlich Aikido, dass es eher wie einstudiert ohne tatsächlichen Realitätsbezug aussieht,
- und hinsichtlich Iaido, dass der tatsächliche Kampf hier zu kurz kommt.

Ich habe mich in den letzten Wochen als Gast durch das Forum gelesen und muss auch sagen, dass gerade in den Strängen zur jeweiligen Kampfkunst hier diese auch immer wieder sehr schlecht geredet wurde was ihre Effektivität anbetrifft. Am Ende entstand bei mir der Eindruck, am besten wäre es, Boxen zu gehen, was aber eben nicht meines ist.

Klar, ihr könntet mir sagen, mach doch einfach bei deiner Auswahl jeweils ein Probetraining. Das werde ich auch noch tun. Aber auch ein Probetraining ist nur ein Ausschnitt und sagt mir eben nicht, ob Ju Jutsu mehr als nur reine Selbstverteidigung ist, ob Aikido langfristig doch effektiv ist, ob Iaido mehr ist als nur schnell den imaginären Gegner zu erledigen. Und weil ich eben Laie bin und hoffe, mit meinen Annahmen keinem von euch auf die Füße getreten zu sein, möchte ich einfach um euren Rat und euren Einblick bitten. Dies würde mir zwecks der Orientierung sehr helfen.