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Thema: Stehe zwischen Aikido, Karate, Iaido und Ju Jutsu

  1. #46
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    [QUOTE=Inryoku;3757049]
    Zitat Zitat von ryoma Beitrag anzeigen
    , wurden Ende der 1960er die ersten sieben neuen Standard-Kata entwickelt (heute sind es bereits zwölf).
    [/YOUTUBE]

    Zusätzlich werden im ZNKR Iai ja noch die Kata der Muso Shinden Ryu geübt, das sind nochmal 41
    Nein, im ZNKR-Iai werden nur die erwähnten zwölf Kata der ZNKR gelernt.
    Kommt ganz auf das jeweilige Dôjô an, ob dort auch Kata der Musô Shinden-ryû, der Musô Jikiden Eishin-ryû, der Mugai-ryû der Hoki-ryû oder auch der Tamiya-ryû (oder andere) unterrichtet werden.
    Ich sprach aber davon, wie und weshalb das ZNKR-Iaidô entstanden ist. Und da war tatsächlich der Hauptgrund, den "normalen" Kendôka an den Gebrauch eines Schwertes heranzuführen. Und dazu reichen ja die paar Seitei-Kata aus.

    Das blöde war einfach, dass sich gar nicht so viele Kendôka das antun wollten. Und so geschah es, dass plötzlich alle Iaidôka diese Seitei-Kata auch lernen mussten. Eigentlich völlig schwachsinning, schliesslich haben die ja jeweils ein grosses Curriculum der "eigenen" Schule...

    Im übrigen gibt es mittlerweile zahlreiche Dôjô (zumindest aus Japan kenn ich das), wo ausschliesslich die zwölf Seitei-Kata trainiert werden. Das reicht auch aus um bis zum 3. Dan zu kommen. Erst für die Prüfung zum 4. Dan müssen zwei Kata aus einer alten Schule gezeigt werden. Diese Info ist evtl. veraltet, ich befasse mich damit nicht mehr.
    Geändert von ryoma (11-09-2020 um 19:11 Uhr)
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  2. #47
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    ryoma wenn es dir nicht zuviel ist hätte ich das gern etwas näher ausgeführt, weil ich diese Grundidee sehr komisch finde und du vielleicht sagen kannst, ob es echt so komisch ist, oder ich was übersehe.

    Iaido wurde also von Kendoka gegründet und dann aber nicht in ihr eigenes Budo integriert sondern direkt ein neues Gendai Budo ins Leben gerufen, was dann aber von Kendoka trainiert werden sollte? Und dann haben die sich selbstständig gemacht und jetzt sind Iaido und Kendo getrennt?

    Oder wurde aus den Vorläufer-Koryu das Curriculum quasi immer weitereingegrenzt und quasi der letzte Schritt war die Ausgliederung des Iaido?

    In jedem Fall sehr skurril.

    edit: oder gab es das, was im Iaido vermittelt werden soll in (fast) allen Koryu auf unterschiedliche Art, und entsprechende Vertreter haben das quasi eine Fusion zu einem neuen Hybrid gemacht, die dann dem Inhalt keiner Koryu mehr entspricht, aber einem Uniformitätsgedanken folgt?
    Geändert von Tantal (11-09-2020 um 19:40 Uhr)
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  3. #48
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    Tantal, deine kurze Zusammenfassung ist interessant! Die Punkte stimmen zum Teil aber zum Teil auch nicht ganz. Das grosse Ganze ist natürlich etwas komplexer.

    Beginnen wir am Anfang: In grauer japanischer Vorzeit (also vor einigen hundert Jahren...) gabs eine Vielzahl an Kriegskunst-Schulen, sog. Ryûha. Davon gabs ganz unterschiedliche: Solche, die einer Lokalverwaltung unterstanden, solche, die weit weg von den Zentren auf dem Land ihr Dasein fristeten, solche, die in den politischen/wirtschaftlichen Zentren viele Schüler um sich scharten etc. Was allen gemein war: Keine dieser Schulen beschränkte sich je ausschliesslich auf eine Waffe oder gar nur auf eine Handhabung.

    In der Edo-Zeit (ca. ab 1615 – 1868) kam es zu ersten Spezialisierungen. Aber selbst diese zielten nicht darauf ab, isoliert mit genau einer einzigen Waffe (oder gar waffenlos!) zu hantieren. Die Schulen bzw. deren Oberhäupter bauten ihre Prinzipien rund um eine Hauptwaffe auf, ohne dabei andere Waffen zu ignorieren. Darum sprach man nun von Schwertschulen, Naginataschulen, Jujutsu-Schulen usw. was lediglich den Hauptteil des Curriculums beschrieb. Aber natürlich musste man die Vor- und Nachteile der anderen Waffen kennen um gegen sie (und mit ihnen) in einem Kampf bestehen zu können.

    Stangenwaffen wie Yari und Naginata waren in der Sengoku- und Azuchi-Momoyama-Zeit (ca. ab 1470 – ca. 1615) prägend. Das Schwert (lang oder kurz) diente lediglich als Backup oder persönliche Schutzwaffe.

    Die Schwertschulen nahmen in der Edo-Zeit wesentlich mehr Platz ein, auch weil es nun verpflichtend wurde für Bushi ein Daishô zu tragen. Und selbst Bauern, Handwerkern und Kaufleuten war erlaubt, ein Schwert zum persönlichen Schutz zu tragen (dazu gab es zahlreiche Gesetze in den einzelnen Provinzen).

    Widmen wir uns nun den Schwertschulen: Deren Curriculum war meist aufgeteilt in Kenjutsu und Battôjutsu (Iaijutsu). Also der Kampf mit bereits gezogenem Schwert und der Kampf, wo man das Schwert situationsbedingt schnell zum Einsatz bringen musste (also ziehen). Es sollte klar sein, dass man beides nicht trennen konnte, unter der Voraussetzung, dass man immer noch vom eigentlichen Kampf ausgeht.

    Ab ca. Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts begann sich das moderne Kendô zu formen. Die Männer, welche dies taten, stammten alle aus klassischen Schulen. Und alle konnten selbstverständlich mit einem echten Schwert umgehen. Die neue Meiji-Regierung transformierte die Nation ab 1868 komplett um und auf allen Ebenen wurden Vereinheitlichungen eingeführt. Dies betraf in erheblichem Mass auch das öffentliche Schulwesen. Bald schon war Kendô in allen Lehrplänen fester Bestandteil.

    Nun fand die eigentliche Zersplitterung statt. Kendô war nun das (mehr oder weniger), wie man es heute kennt. Bereits die erste Generation, welche Kendô an öffentlichen Schulen erlernte, hatte mit der Handhabung eines echten Schwertes nichts mehr am Hut.

    Gleichzeitig gingen viele der alten Schulen mit ihren umfassenden Curricula nun durch eine harte Zeit. Ihre Methoden waren nicht mehr gefragt. Man zog sich zurück und pflegte noch das Eine oder Andere. War es früher klar, dass man das Battôjutsu mit dem Daishô im Obi erlernte wurde es nun üblich, das Kurzschwert wegzulassen und nur noch das Langschwert zu tragen wenn man Battôjutsu übte. Auch hier eine erhebliche Verwässerung in den eigentlich klassischen Schulen.

    Man muss wissen, dass all die Ryûha welche heute bekannt sind als typische "Iai-Schulen" grundsätzlich Kenjutsu-Schulen waren mit einem Curriculum, der ebenfalls den Kampf mit gezogenem Schwert lehrte in zahlreichen Kata.
    Auch hier kam es gerade im 19. Jahrhundert und später zu erheblichen Veränderungen und der Teil mit den Iai-Kata wurde überbetont.

    Nach dem 2. Weltkrieg und dem Ende der US-Besatzung kam es zu einem erneuten Umbruch im Budô. Nun dachte kaum noch jemand daran, mit diesen Künsten zu kämpfen. Das Kendô wurde noch stärker versportlicht und die Iai-Schulen pflegten ihre Schwertziehkunst mit ihren Kata, ohne einen Gedanken an einen möglichst effektiven Einsatz zu verschwenden.
    Klar, es gab noch "alte" Kendôka die sich noch im Iai übten. Aber das war eine absolute Minderheit.

    Darum kam die ZNKR (Alljap. Kendoverband) in den frühen 60er auf die Idee, einige Iai-Kata aus einigen der alten Schulen zu schaffen, um den Kendôka die Handhabung eines Schwertes zu vermitteln. Dabei konnte man nicht einfach eine Kata von Schule X, drei Kata von Schule Y und zwei Kata von Schule Z nehmen. Schliesslich basierten alle auf unterschiedlichen Prinzipien und unterschieden sich zum Teil erheblich.
    So gesehen machte es durchaus Sinn, einen Standard zu schaffen. Insbesondere wenn es nur darum ging, Kendôka die Basics beizubringen.

    Leider wurde es aber versäumt (oder es kam zu Widerstand), diese paar Kata für Kendôka verpflichtend zu machen. D.h. nur wenige übten sich darin. Nun hatte man in jahrelanger Arbeit einige Standard-Kata geschaffen und niemand wollte die... irgendwie doof.
    Also kam eben die Idee auf, diese Kata den Iai-Dôjô aufs Auge zu drücken. Sozusagen als "Einstieg" ins Iai. Ganz unbesehen davon, dass es ja in allen Schulen einfache Einstiegskata gibt....
    Seltsam ja. Hat aber funktioniert, was einen in Japan auch gar nicht zu verwundern braucht.

    Und dann wurde schnell noch ein umfangreiches Prüfungswesen rund um diese Kata aufgebaut und nicht zu vergessen... mehr Kata geschaffen. Von ursprünglich sieben ist man heute bereits bei zwölf.

    Tantal, du hast es in deinem Post "skurril" genannt. Das ist durchaus eine Umschreibung, welche ich unterstützen würde.

    P.S. Gut möglich, dass ich in meiner Beschreibung nicht alle Eventualitäten und Ausnahmen berücksichtigt habe und sicher hie und da verkürzt argumentiere. Trotzdem sollte es möglich sein, dadurch ein ziemlich realistisches Bild der Situation zu bekommen.
    Hokushin Ittô-ryû Hyôhô - Shibu Schweiz
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  4. #49
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    Ich habe ja ca. zwei Jahre Iaido ausgeübt. Mein Lehrer hat auch Anfänger neben den seitei-iai (für die "Fachfremden" - das sind eben die erwähnten Standard kata für die Kendoka) auch kata aus dem Curriculum des Muso Shinden Ryu üben lassen. Zudem haben wir regelmäßig die kumitachi des Muso Shinden Ryu gemacht. Das ist aber beileibe kein Standard. Viele Dojo üben bis in die mittleren Dangrade nahezu ausschließlich seitei-iai (da die auch als einizige prüfungsrelevant sind) und kumitachi praktisch gar nicht, allenfalls ab dem xten Dan. Ich hatte auch im eigenen Verein Danträger, die eigentlich kein kumitachi wollten und gesagt haben, wer Schwertkampf will, soll halt zum Kendo gehen.

  5. #50
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    Ah super, vielen Dank dafür!

    Schöner kompakter Text, den man bei Bedarf auch mal verlinken kann. Mehr ins Detail gehen kann man wahrscheinlich immer, aber da ich in den CMA unterwegs bin reicht mir diese Zusammenfassung, um Iaido mal grob einordnen zu können, das habe ich bisher noch nie gemacht.
    Noli turbare circulos meos

  6. #51
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    Zitat Zitat von FireFlea Beitrag anzeigen
    Ich habe ja ca. zwei Jahre Iaido ausgeübt. Mein Lehrer hat auch Anfänger neben den seitei-iai (für die "Fachfremden" - das sind eben die erwähnten Standard kata für die Kendoka) auch kata aus dem Curriculum des Muso Shinden Ryu üben lassen. Zudem haben wir regelmäßig die kumitachi des Muso Shinden Ryu gemacht. Das ist aber beileibe kein Standard. Viele Dojo üben bis in die mittleren Dangrade nahezu ausschließlich seitei-iai (da die auch als einizige prüfungsrelevant sind) und kumitachi praktisch gar nicht, allenfalls ab dem xten Dan. Ich hatte auch im eigenen Verein Danträger, die eigentlich kein kumitachi wollten und gesagt haben, wer Schwertkampf will, soll halt zum Kendo gehen.
    Oh, da hast du aber echt Glück gehabt! Ich habe fast 20 Jahre Iaidô trainiert (mit zwei Unterbrüchen), sowohl in Europa wie auch in Japan.
    Dein letzter Satz ist sehr bezeichnend und eigentlich auch sehr typisch. Und trotzdem steht auf allen Iai-Dôjô-Webseiten, dass es sich um eine Kampfkunst handelt.

    Das Ganze geht ja auch einher mit der Tatsache, dass das üben mit Shinken mittlerweile nahezu überall verpönt ist. Muss man sich mal vorstellen...
    Hokushin Ittô-ryû Hyôhô - Shibu Schweiz
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  7. #52
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    Zitat Zitat von ryoma Beitrag anzeigen
    Oh, da hast du aber echt Glück gehabt! Ich habe fast 20 Jahre Iaidô trainiert (mit zwei Unterbrüchen), sowohl in Europa wie auch in Japan.
    Dein letzter Satz ist sehr bezeichnend und eigentlich auch sehr typisch. Und trotzdem steht auf allen Iai-Dôjô-Webseiten, dass es sich um eine Kampfkunst handelt.

    Das Ganze geht ja auch einher mit der Tatsache, dass das üben mit Shinken mittlerweile nahezu überall verpönt ist. Muss man sich mal vorstellen...
    Ja ich meine es gibt bzgl. Shinken Verbot eine Regularie im Deutschen Iaido Bund. Ich finde das was wir gemacht haben auf jeden Fall gut und trainierenswert aber ich würde es auch eher als Körperschulung mit Budo Aspekten sehen oder als ergänzende KK aber nicht als eigenständige/vollständige KK und vermutlich wird auch bei regelmäßigem Training der kumi tachi das jemandem mit entsprechenden Ansprüchen nicht ausreichen.

    Da der TE ja explizit Bezüge zur japanischen Kultur möchte, könnte vielleicht auch ein gutes Bujinkan dojo was für ihn sein.

  8. #53
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    Zitat Zitat von FireFlea Beitrag anzeigen
    . Viele Dojo üben bis in die mittleren Dangrade nahezu ausschließlich seitei-iai (da die auch als einizige prüfungsrelevant sind) und kumitachi praktisch gar nicht, allenfalls ab dem xten Dan.
    Ich trainiere Iaido eigentlich gar nicht in einem Verein, wir sind nur so eine lockere Trainingsgruppe, zwar unter der Anleitung zweier hochgraduierter Danträger, machen aber selbst keine Prüfungen.
    Trotzdem über wir sowohl Katas der alten Schulen, als auch kumitachi

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