Zeige Ergebnis 1 bis 11 von 11

Thema: Erfahrungsbericht - Probetraining beim Mugai Ryu

  1. #1
    Registrierungsdatum
    31.05.2011
    Alter
    30
    Beiträge
    1.474

    Standard Erfahrungsbericht - Probetraining beim Mugai Ryu

    Hallo zusammen,

    am letzten Donnerstag durfte ich zusammen mit meinem Bruder an einem Probetraining von Mugai-ryū in Hamburg teilnehmen.
    https://www.iaido-koeln.de/tenshinkai-hamburg/

    Kurz zur Historie, von dem was ich mir merken konnte:
    Mugai-ryū zählt zu den Koryū und wurde um 1680 von Tsuji Gettan gegründet. Es war damals ein reiner Kenjutsu Stil.
    Das Mugai-ryū hat vor vielen Jahren das Jikyō-ryū iaijutsu in die Schule aufgenommen. Das System wurde "Mugai-ryū Iai Hyōdō" getauft.
    Der Kenjutsu Anteil vom Mugai-ryū wurde nicht verändert. Lediglich das Iai wurde hinzugefügt.
    Heutzutage spricht man trotzdem nur von Mugai-ryū, da es wohl keine Schulen mehr gibt, die Mugai-ryū ohne Iai lehren.

    Zum Training:

    Wir waren mit Lehrer insgesamt 6 Leute.
    2 Trainierende davon waren schon etwas länger dabei.
    Wir haben uns eine halbe Stunde vor dem Training getroffen, um offene Fragen zur Geschichte oder allgemeines zu klären.
    Das war bereis sehr informativ für mich.
    Zum Training trägt man unter anderem ein Hakama, mein Bruder und ich mussten aber mit unseren Karate Gis vorlieb nehmen.
    Selbst das Gürtel binden, um das Schwert anschließend dort befestigen zu können, war für mich nicht ganz einfach.

    Vor der Halle angekommen wurden uns die richtigen Umgangsformen beigebracht, wie man in die Halle reingeht und wie man sich verbeugt.
    In der Halle zeige man uns wo und vor allem in welche Richtung man die Schwerter auf den Boden legt. Die Schneide nicht in gewisse Richtungen zeigen lassen, weg vom Eingang etc.
    Außerdem haben wir für eine gewisse Zeit den Aufbau eines Katana erklärt bekommen. Leider sind mir sämtliche japanischen Begriffe entfallen. Ich kann mich nur noch an so etwas wie "Koiguchi" erinnern, weil das wohl "Koi Mund/Maul" heißt und man dort das Katana in die Saya einführt. An die Blutrinne erinnere ich mich auch noch...

    Zuerst folgte das Angrüßen vor dem Training: Gorei.
    Anschließend haben wir den "Gruß zum Schwert: Torei" gemacht. Das fand ich für den Einstieg echt komplex.

    Mein Bruder und ich haben dann Suburi, die Grundschnitte gemacht:
    Makko Giri - beidhändiger vertikaler Schnitt von oben
    Kessa Giri - beidhändiger Schnitt mit 30° Abweichung von oben (links und rechts)
    Gyakku Kesa Giri - einhändiger Schnitt mit 45°-Winkel von links unten, bzw beidhändiger Schnitt mit 45°-Winkel von rechts unten
    Yokoichi Monji - einhändiger horizontaler Schnitt auf Herzhöhe von links, bzw beidhändiger Schnitt horizontaler Schnitt auf Herzhöhe von rechts
    Noto - Das Schwert zurück in die Saya führen

    Anschließend war wieder das Abgrüßen: Gorei.

    Es war ein sehr interessantes und informatives Training, welches mir großen Spaß gemacht hat.
    Ich kann aber verstehen, dass so etwas nicht jedermanns Geschmack trifft, da man hier eindeutig mehr reinstecken muss als das eigentliche Training. Es gehört auch einige an "Theorie" und Wissbegier dazu.
    Ich fand es körperlich auch fordernder als ich gedacht habe. 700-800g in einer Hand zu führen/schneiden ist nicht ganz ohne, wenn man auf die saubere Ausführung und Körperhaltung achtet. Ich habe deutlichen Muskelkater im Unterarm-Innenseite, hatte ich dort lange nicht mehr. Der Seiza (Fersensitz) fiel mir auch recht schwer, da mein Spann nach einiger Zeit schon schmerzte. Muss wohl mal gedehnt werden.

    Nächstes mal (Mittwoch) sind wir zum Kumitachi (Begegnung der Schwerter, also Partnerübungen mit näherem Anwendungsbezug, das was eigentlich Kenjutsu auszeichnet) eingeladen.
    Ich werde definitiv da sein.


    Bei Fragen gerne melden

  2. #2
    Registrierungsdatum
    23.09.2009
    Ort
    CH-Basel
    Beiträge
    2.728

    Standard

    Vielen Dank! Das liest sich hervorragend und genau so soll es sein.

    Ein Bewerber in einer Koryû muss von Anfang an damit vertraut gemacht werden, dass es sich hier nicht einfach um ein weiteres von hunderten von Kampfsport-Angeboten handelt. Klar, eine eigentliche Abschreckung will man natürlich auch nicht.
    Hier kommt es auf den Lehrer an, die Balance zu finden. Und mir scheint, dass das geklappt hat!
    Hokushin Ittô-ryû Hyôhô - Shibu Schweiz
    schwert|gedanken, ein Blog zu jap. Geschichte, Kultur und den klassischen Kriegskünsten

  3. #3
    Registrierungsdatum
    24.01.2014
    Alter
    38
    Beiträge
    2.289

    Standard

    Danke für deinen ausführlichen Bericht. Sehr gut geschrieben und gibt einen guten Eindruck vom Training.


    ps: Und ja das ist normal das man beim Schwert Kampf Training Muskeln spürt von denen bisher nicht wusste das man sie hat. Kann zwar nicht von den Koryu sprechen, bin noch nicht nahe genug eine herangekommen um zu trainieren, aber das man am Anfang seine Unterarme spürt war auch beim Hema Training so.

    Legt sich aber mit der Zeit. Hört sich aber so das du am Training viel Spaß hattest. Wünsche dir weiterhin viel Erfolg .

    @royma Ist es wirklich so abschreckend für manche, dass man in den Koryu auch viel Background Wissen und auch Interesse benötigt? ich bin muss dann wohl ein größer KK Nerd, sein, als ich dachte, dann mich sprechen diese Hintergründe sehr an. Aber stimmt wohl, es gibt genug Leute die sich im Training nur bewegen möchten und nicht auch noch so dazulernen möchten. Da ist es für die Trainer natürlich wichtig eine Balance zu finden. Da hast du vollkommen recht.

  4. #4
    Registrierungsdatum
    31.05.2011
    Alter
    30
    Beiträge
    1.474

    Standard

    Zitat Zitat von karate_Fan Beitrag anzeigen
    @royma Ist es wirklich so abschreckend für manche, dass man in den Koryu auch viel Background Wissen und auch Interesse benötigt? ich bin muss dann wohl ein größer KK Nerd, sein, als ich dachte, dann mich sprechen diese Hintergründe sehr an. Aber stimmt wohl, es gibt genug Leute die sich im Training nur bewegen möchten und nicht auch noch so dazulernen möchten. Da ist es für die Trainer natürlich wichtig eine Balance zu finden. Da hast du vollkommen recht.
    Danke für Deine Antwort.
    Du hast zwar Ryoma direkt angesprochen, aber ich mal so frei auch meinen Senf dazu zu geben
    Damals habe ich mich überhaupt nicht für Tradition oder die Hintergründe einer Kampfkunst interessiert.
    Ich wollte einfach SV erlernen. Wie das Training ausschaut oder warum man etwas wie macht, wer der Großmeister XY ist, war mir egal.
    Mir ging es nur um das "Ziel" an sich.

  5. #5
    Registrierungsdatum
    24.01.2014
    Alter
    38
    Beiträge
    2.289

    Standard

    Das ist doch vollkommen verständlich und auch in Ordnung. @Dextrous.

    Der Grund warum ich Ryoma angesprochen habe ist ja der weil er als Übungsleiter einer Koryu mehr dazu sagen kann als ein Schüler.

    Mich hat eben interessiert ob es wirklich recht oft vorkommt, das Leute in einer Koryu kommen ohne zu wissen was sie erwartet. Koryu ist ja schon was besonderes, und man stößt darauf nicht so weiteres. Dachte daher das ein Bewerber einer Koryu doch schon etwas Interesse an der japanischen Kultur und Geschichte hat. Wäre dieses Interesse nicht vorhanden hätte man die Koryu ja in erster Linie nicht gefunden.

    Da Ryoma aber geschrieben hat, dass es notwendig ist die Bewerber dahingehenden zu unterrichten, dass Koryu mehr ist scheint es doch öfter vorzukommen, das manche Leute einfach nur zufällig hinein geraten. Das soll jetzt nicht negativ gemeint sein.

  6. #6
    Registrierungsdatum
    31.05.2011
    Alter
    30
    Beiträge
    1.474

    Standard

    Als ich einem Freund, der auch Interesse angemeldet hatte vom Training erzahlt habe, hat er gemeint dass das dann doch nichts für ihn sei.
    So wie ich ihn verstanden habe hat er auf einen Mittelweg von Kendo und dem von mir erzählten gehofft.
    Er möchte das Training zum "freiwerden" nutzen und nach der Arbeit nicht mit noch mehr Gehirnschmalz vollgepumpt werden.

  7. #7
    Registrierungsdatum
    23.09.2009
    Ort
    CH-Basel
    Beiträge
    2.728

    Standard

    Zitat Zitat von karate_Fan Beitrag anzeigen
    Das ist doch vollkommen verständlich und auch in Ordnung. @Dextrous.

    Der Grund warum ich Ryoma angesprochen habe ist ja der weil er als Übungsleiter einer Koryu mehr dazu sagen kann als ein Schüler.

    Mich hat eben interessiert ob es wirklich recht oft vorkommt, das Leute in einer Koryu kommen ohne zu wissen was sie erwartet. Koryu ist ja schon was besonderes, und man stößt darauf nicht so weiteres. Dachte daher das ein Bewerber einer Koryu doch schon etwas Interesse an der japanischen Kultur und Geschichte hat. Wäre dieses Interesse nicht vorhanden hätte man die Koryu ja in erster Linie nicht gefunden.

    Da Ryoma aber geschrieben hat, dass es notwendig ist die Bewerber dahingehenden zu unterrichten, dass Koryu mehr ist scheint es doch öfter vorzukommen, das manche Leute einfach nur zufällig hinein geraten. Das soll jetzt nicht negativ gemeint sein.
    Grundsätzlich ist das Interesse an Koryû gering. Meist natürlich, weil kaum jemand ausserhalb der Budo-Szene überhaupt weiss, dass es sowas gibt.

    Ich erhalte pro Jahr gerade mal eine Handvoll Emails von Leuten, die Interesse bekunden (also über das Kontaktformular der schweizerischen HIRH-Webseite).

    Was heisst nun "Interesse" genau?
    Nur selten bekomme ich eine wohlstrukturierte Email, in der die Leute etwas zu ihrem Hintergrund sagen und erklären, wie sie nun auf Koryû-bujutsu gestossen sind etc.

    Was ich tatsächlich auch schon einige Male erhielt: "Ey hallo! Wann ist denn Training?" (ich paraphrasiere)
    Was ich damit sagen möchte: Nicht jeder, der eine Koryû anschreibt, hat sich auch schon damit auseinandergesetzt.

    Meine Antwort ist dann meist eine freundliche Email zurück mit Erklärungen, welche das Wesen von Koryû-bujutsu umschreiben und mit diversen Links. Da ist dann bereits bei der Grosszahl Schluss und man hört nichts weiter.
    Hokushin Ittô-ryû Hyôhô - Shibu Schweiz
    schwert|gedanken, ein Blog zu jap. Geschichte, Kultur und den klassischen Kriegskünsten

  8. #8
    Registrierungsdatum
    23.03.2004
    Ort
    Rhein-Main Gebiet
    Alter
    45
    Beiträge
    13.803

    Standard

    Zitat Zitat von Dextrous Beitrag anzeigen
    Ich kann mich nur noch an so etwas wie "Koiguchi" erinnern, weil das wohl "Koi Mund/Maul" heißt und man dort das Katana in die Saya einführt.
    Koi ist der Karpfen, guchi ist das Maul bzw. der Mund. Koiguchi ist also das Karpfenmaul

  9. #9
    Registrierungsdatum
    31.05.2011
    Alter
    30
    Beiträge
    1.474

    Standard

    Zitat Zitat von FireFlea Beitrag anzeigen
    Koi ist der Karpfen, guchi ist das Maul bzw. der Mund. Koiguchi ist also das Karpfenmaul
    Danke, meinte ich ja

    Gesendet von meinem motorola one vision mit Tapatalk

  10. #10
    Registrierungsdatum
    31.05.2011
    Alter
    30
    Beiträge
    1.474

    Standard

    So, das zweite Training

    Ein guter Freund von mir, der ebenfalls Interesse bekundete kam diesmal mit und hat mi am Training teilgenommen.
    Daher gab es auch hier nochmals eine Schulung über die Historie, den Aufbau des Schwertes etc.

    Anschließend das erneute Üben der "Basics", sprich:

    Makko Giri - beidhändiger vertikaler Schnitt von oben
    Kessa Giri - beidhändiger Schnitt mit 30° Abweichung von oben (links und rechts)
    Gyakku Kesa Giri - einhändiger Schnitt mit 45°-Winkel von links unten, bzw beidhändiger Schnitt mit 45°-Winkel von rechts unten
    Yokoichi Monji - einhändiger horizontaler Schnitt auf Herzhöhe von links, bzw beidhändiger Schnitt horizontaler Schnitt auf Herzhöhe von rechts
    Ich konnte jetzt schon Verbesserungen bzgl. meines Standes und der Stabilität des Schwertes beim Schneiden bemerken.

    Anschließend haben wir "Kihon" gemacht. Eine Abfolge diverser Techniken.
    Ich hoffe ich erkläre das nun verständlich, sodass sich jeder ein Bild von der Abfolge machen kann:

    Jede Technik bzw. das Vorbereiten wird von einem Schritt begleitet.
    1. Vorbereiten -> linke Hand an die Saya, mit dem linken Daumen das Schwert von der Innenseite leicht rausdrücken, rechte Hand von unten an den Griff des Katana (Tsuka). Linken Fuß leicht nach vorne, ohne dass der Körper sich bewegt, sodass man noch außerhalb der Reichweite des Gegner ist, aber jederzeit reagieren kann
    2. Rechter Schritt -> Iai mit Schnitt Richtung Bauch/Herzhöhe (glaube allgemein heißt das Nukitsuke)
    3. Linker Schritt -> Makko Giri vorbereiten, also Schwert über den Kopf. Gerne so dass die Schwertspitze nach dem Nukitsuke beim über den Kopf heben immer Richtung Gegner zeigt, sodass man ihn "zwingt" zurückzugehen
    4. Rechter Schritt -> Makko Giri
    4. Inne halten -> Dem symbolisch gefallenen Gegner mit der Schwertspitze auf den Boden folgen und die Augen auch zu ihm nach unten richten (Ich glaube das heißt Metsuke)
    5. Rechter Schritt zurück -> Chiburi (Blut vom Schwert entfernen), was bei uns ein "ausschlagen" nach rechts mit dem Schwert ist und die linke Hand führt man entweder zur Saya oder zum Obi/Hüfte. Chiburi scheint von Schule zu Schule sehr unterschiedlich zu sein.
    6. Dann das Schwerz zurück in die Saya führen (Noto)
    7. Rechter Fuß zur Mitte -> Umgreifen mit der rechten Hand die Spitze der Tsuka und linke Hand zum Obi und relativ gelassen stehen.

    Fand die Abfolge sehr interessant und Spaß hat es auch noch gemacht. Hoffe das war so alles verständlich
    Man hat den Dreh der richtigen Reihenfolge schnell raus gehabt, weswegen ich sich dann schneller auf die richtige Ausführung der Techniken konzentrieren konnte.
    Was mir manchmal schwer fällt ist den richtigen "Stopppunkt" des Schwertes zu erwischen und meine Knie zu beugen.
    Positiv hat mir außerdem gefallen, dass nun Spiegel vorhanden sind, vor denen man sich hinstellen kann, um den eigenen Stand zu sehen und um ggf. auch die Höhe/Winkel der Schnitte einordnen zu können (Herzhöhe etc.)

    Alles in allem hat es mir wieder viel Spaß gemacht und ich freue mich auf das nächste Mal!

  11. #11
    Registrierungsdatum
    31.05.2011
    Alter
    30
    Beiträge
    1.474

    Standard

    P.S. in diesem Video kann man die Kihon Kata sehen, die ich beim Training gelernt habe: https://www.youtube.com/watch?v=wmnBGikNkJo

    Gesendet von meinem motorola one vision mit Tapatalk

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Ähnliche Themen

  1. Mugai Ryu Video
    Von Dextrous im Forum Japanische Kampfkünste
    Antworten: 33
    Letzter Beitrag: 19-09-2020, 21:52
  2. Moto-ha yôshin ryu + Mugai shinden mugai ryu in Bremen
    Von fhey im Forum Termine & Infos zu Lehrgängen und Seminaren
    Antworten: 3
    Letzter Beitrag: 29-01-2012, 21:33
  3. Erfahrungsbericht Probetraining KM in Köln
    Von Bosco im Forum Event- und Seminarberichte
    Antworten: 4
    Letzter Beitrag: 23-03-2009, 14:26
  4. Mugai Ryu Iaido
    Von shaolinshadowboxing im Forum Japanische Kampfkünste
    Antworten: 1
    Letzter Beitrag: 24-08-2008, 12:57
  5. Erfahrungsbericht WT Probetraining
    Von Mohlenbop im Forum Archiv Wing Chun / Yong Chun
    Antworten: 47
    Letzter Beitrag: 15-08-2003, 00:22

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •