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Thema: Koryū-bujutsu und Schauspielkunst

  1. #1
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    Standard Koryū-bujutsu und Schauspielkunst

    Traditionelle japanische Künste teilen sich natürlich oft kulturelle wie manchmal auch technische Aspekte. Deshalb ist es wichtig, immer wieder mal "über den Tellerrand" hinaus mit entsprechenden Vertretern in Kontakt zu treten.

    So geschehen am vergangenen Sonntag in einem der beiden Keikojō der Hokushin Ittō-ryū Hyōhō in Tōkyō (Kudanshita)!
    An diesem Abend waren die beiden Kabuki-Schauspieler Ichikawa Hiroki (Bühnenname: Omodakaya Ichimon) und Ichikawa Masusaburō (Bühnenname: Naritaya Ichimon) zusammen mit zwei Repräsentanten des Nihon Buyō, Mizuho Junichirō (Iemoto der Mizuho-ryū) und Hanayagi Kashichirō (Shihan der Hanayagi-ryū) zu Besuch, um ein Training zu absolvieren und sich auszutauschen.

    Ebenfalls anwesend waren zwei Journalisten der Zeitung "Tōkyō Shinbun".

    Geleitet wurde das Training durch Emori Naoyoshi-sensei and Bello Nicolo-sensei (beide Kajō-Mokuroku / Shihandai) unter der Aufsicht des 7. Sōke der Hokushin Ittō-ryū Hyōhō, Ōtsuka Ryūnosuke der sich per Skype aus dem Honbu-Dōjō zuschaltete und den beiden Journalisten zudem ein Interview gab. Ebenfalls anwesend war der frühere Sōke der Schule, Ōtsuka Yōichirō.

    Die Schauspielkunst des Kabuki-Theaters wird seit Jahrhunderten durch mehrere bekannte Familien tradiert, welche ihren jeweils eigenen Stil pflegen.
    Die Ichikawa-Familie ist dabei wohl die berühmteste. Wie in vielen japanischen Künsten üblich, sind auch hier nicht alle Ichikawa blutsverwandt, sondern oftmals adoptiert, bzw. verpflichtet, den Familiennamen anzunehmen.

    Nihon Buyō (japanische Bühnentanzkunst) hat naturgemäss zahlreiche Verknüpfungen und Überschneidungen mit den Theaterkünsten Nō und Kabuki, ist aber auch ein eigenständiges Genre.
    Mittlerweile gibt es rund 200 verschiedene Schulen des Nihon Buyō, wobei die Hanayagi-ryū zu den sogenannten "Godai ryūha" (die fünf grössten Schulen) zählt und auch die grösste davon ist. Sie wurde übrigens 1849 gegründet.

    Solch ein Austausch zwischen verschiedenen japanischen Kulturgütern ist sehr erfrischend und befruchtend, gerade wenn es um Künste geht, die einen starken physischen Ausdruck haben. Dabei geht es jedoch nicht um einen technischen Transfer, sondern eher um die gegenseitige Wertschätzung und Ehrerbietung und die Erkenntnis, dass man zusammen immaterielle Kulturgüter tradiert und weitergibt.

    Im Anhang noch einige Screenshots des Zusammentreffens.
    Angehängte Grafiken Angehängte Grafiken
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  2. #2
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    Interessantes Thema, danke fürs posten.

    Eine Frage:

    Waren auch einige Schauspieler in der Vergangenheit Mitglieder in einigen Koryu Ryuha ,

    wie es z.B. in China Schauspieler aus der Peking,Kanton etc. Oper gab die trad. Kampfkünste ausgeübt haben ?
    Geändert von Huangshan (03-11-2020 um 10:30 Uhr)

  3. #3
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    Also mit konkreten Namen oder Quellen dazu kann ich nicht dienen.

    Ob es das gegeben hat? Ja, wieso auch nicht.
    Jedoch vermute ich dies aufgrund der gesellschaftlichen Realität erst ab dem 19. Jhd. Denn erst ab da wurden die Widersprüche und damit die Durchlässigkeit des Shinôkôshô (Vier-Stände-System) offensichtlich und es wurde auch für Nicht-Bushi relativ leicht, ein Bujutsu zu erlernen.

    Hier muss man aber bedenken, dass Schauspieler/Unterhaltungskünstler ausserhalb des Vier-Stände-Systems existierten (so wie z.B. auch der Hofadel und Geistliche, aber diese standen über dem System). Jedoch zählten sie nicht zu den Pariagruppen.
    Was ich damit sagen möchte: Selbst wenn ein Bauer, Handwerker oder Kaufmann die Möglichkeit bekam, Mitglied einer Ryûha zu werden, galt das noch lange nicht für Stände, welche nicht zu einem akzeptierten Stand gemäss dem Shinôkôshô zählten.

    Auch sollte man wissen, dass das Schauspielergewerbe hauptsächlich in den Vergnügungsvierteln der Städte (wie das Yoshiwara in Edo) angesiedelt war. Auch wenn sich die Bushi oft und gerne dort aufhielten und vergnügten, hiess das natürlich nicht, dass sie die Bevölkerung dort als irgendwie ebenbürtig ansahen.

    Klar gab es aber auch die Top-Stars des Kabuki und anderer bürgerlichen Theaterformen, die bei den Daimyô und selbst dem Bakufu ein und aus gingen.

    Somit mag die Situation nicht direkt mit der in China vergleichbar sein.
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  4. #4
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    Danke für deine ausführliche Antwort.

    Ja das Stände/Kastensystem, dass in einigen Ländern herrschte schränkte das Leben ein.

    Mir fällt als Film Schauspieler des 20 Jh. z.B. Toshirō Mifune ein der u.a. Katori Shinto-ryu ausgeübt haben soll, wie lange und zu welchem Grad ?
    Geändert von Huangshan (03-11-2020 um 15:33 Uhr)

  5. #5
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    Zitat Zitat von Huangshan Beitrag anzeigen
    ... Mir fällt als Film Schauspieler des 20 Jh. z.B. Toshirō Mifune ein der u.a. Katori Shinto-ryu ausgeübt haben soll, wie lange und zu welchem Grad ?
    Echt? Das wäre mir völlig neu.
    Soweit bekannt, war glaube ich Sugino-sensei bei einigen Filmen mit Mifune der Stunt-Coordinator und hat den Schauspielern in dieser Funktion eben das eine oder andere beigebracht was für die Action-Szenen nötig war.
    Das Mifune tatsächlich Mitglied der Schule war, höre ich zum ersten Mal.

    Vielleicht weiss da ja irgendjemand mehr dazu.
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  6. #6
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    ryoma :

    Ja er hat(Yoshio Sugino) einige Schauspieler u.a. Mifune unterwiesen !

    https://www.aikidosangenkai.org/blog...katori-shinto/


    Inwieweit die Waffen,Schwerttechniken etc. in den Filmen authentisch sind?

    Gruss
    Huangshan
    Geändert von Huangshan (03-11-2020 um 16:11 Uhr)

  7. #7
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    Ja, OK. Aber auch in diesem (etwas holprig übersetzten) Interview weist nichts darauf hin, dass Mifune tatsächlich Schüler im eigentlichen Sinne war.
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  8. #8
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    Obata hatte Schnittstellen zum Film - s. Wakakoma:

    http://www.shinkendo.com/bio.html

  9. #9
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    Hast recht, er soll einige Schauspieler nur unterwiesen haben.

    Die Frage ist haben einige Jidai-geki ,Ken-geki/Chanbara Schauspieler tiefgehender Kobudo gelernt ?

  10. #10
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    Folgendes Statement habe ich aus einer älteren E-Budo Diskussion:

    "I've been told that the Kodokai does not use hanmi as their baseline stance and that Horikawa stated it is because Daito-ryu has it's roots in gagaku (archaic dance)."

    Gemeint ist Horikawa Kodo. Hat da jemand ggfs. Infos zur Tanz-Connection bzw. ist das ggfs. auch in Aikido Kreisen ein Thema?

  11. #11
    Gast Gast

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    Ich kenne nur diese Story:

    Once, at the beginning of the Taisho era, Takeda Sokaku, while staying for a short while in Tokyo, had an opportunity to go out to the theatre. Sokaku, having set up camp near the hanamichi was observing Kikugoro’s movements. He was [playing] Benkei, at the Ataka Barrier. Making to chase after Yoshitsune’s party after they exited, Kikugoro was stepping along the hanamichi near where Sokaku had set himself.

    At that moment, Sokaku commented: “the performance is good, but the footwork is bad: the roppo is really bad,” …
    Kikugoro war ein sehr berühmter Kabuki-Tänzer, und er hatte dann Unterricht bei Takeda, worauf sich sein "Roppo" sehr verbessert haben soll.

    Eine andere Parallele zum Aikido ist der "Kagaura mai". Ueshiba bezeichnete wohl seine Performance in Hawaii (mit und ohne Jo) "Tanz er Götter".

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