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Thema: Bildungsmisere

  1. #61
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    Zitat Zitat von Kensei Beitrag anzeigen
    In der siebten oder achten Klasse sind die wenigsten Kinder dazu in der Lage, Entscheidungen von größerer Tragweite zu treffen. Oder weit in die eigene Zukunft zu planen. Die brauchen Halt und Orientierung. Und die biete ich als Elternteil nicht, wenn ich mich rausnehme und das Kind sich selbst überlasse.
    Da muss man wohl den Einzelfall studieren. Helikoptern ist für Kinder und Jugendliche bestimmt nicht besser als Vernachlässigung. Die Wahrheit dürfte irgendwo in der goldenen Mitte zu finden sein.


    Die kindliche Psyche ist etwa ab dem 15./16. Lebensjahr dazu in der Lage, ernsthaft in die eigene Zukunft zu planen.
    Vorher erntest du für solche Ansprachen im Normalfall verständnislose Blicke, bestenfalls geheuchelte Einsicht, die einen Tag später schon wieder vergessen ist.
    Es braucht nicht allzu viele Details. wenn nur schon der dringlich-ernste Tonfall ankommt, ist das schon mal besser als nichts. Wenn sie es nicht aus Einsicht tun, sondern weil ein geschätzter Erwachsener sagte, dass es wichtig sei - das ist schon mal was.

    Wichtig scheint mir die Botschaft: es kommt darauf an, was man tut. oder, von der anderen Seite her: ich traue dir zu, dein Leben aktiv und bewusst zu gestalten, und das wird einen Unterschied machen! genau da hakt es ja bei vielen: die meinen, egal was sie tun, sie kommen eh nicht weiter, also was soll's, es lohnt sich sowieso nicht, sich Mühe zu geben. Doch, es lohnt sich. Doch, es macht einen Unterschied.

    und wenn mal ein Kind das verstanden hat - kann sich auch Ehrgeiz entfalten. Dann sagt sich ein Kind wohl auch mal "ich krieg das schon noch hin, wenn ich es übe!", auch wenn etwas erst mal Schwierigkeiten bereiten sollte.


    Jüngere Schüler leben im jetzt und hier und können sich eine Lebenswelt außerhalb ihres Schulalltages kaum vorstellen, geschweige denn aus einer abstrakten Zukunft Handlungsmotivationen ableiten.
    Es ist die Aufgabe von Erwachsenen, das konkret darzustellen, was erwachsenes Leben mit sich bringt. der Druck, Rechnungen zu bezahlen. Die Kosten eines Autos. Netto und brutto. Die Freiheit, die ein finanzielles Polster schenken kann. Willst du die Person im schönen Auto sein, mit dem netten Haus im Grünen, oder willst du ein Bettler sein? - das kann man doch sehr konkret darstellen. Inklusive Handlungsweisen, die das Eine oder Andere begünstigen.



    Wenn Kinder sich anstrengen, dann für die Eltern oder den Lehrer. Oder beide.
    am Anfang, ja - und wenn sie sehen, dass das Erfolg bringt, und entsprechend positiveres Feedback, machen sie es dann womöglich irgendwann aus Freude an der Sache.


    Da es in dem Thema um Grundschule ging, hatte ich jetzt vorausgesetzt, dass wir von jüngeren Kindern reden. Also so bis 14 vieleicht. Bei älteren Jugendlichen kann ich dir da natürlich zustimmen.
    oh, das kann man schon früh gelegentlich erwähnen - dass da mal Berufswahl ein Thema sein wird, was alles auf sie zukommen wird, welche Art von Fragen sie sich werden beantworten müssen...



    Soviel zur Theorie. In der Realität sind viele Eltern dazu leider nicht in der Lage. Aus verschiedensten Gründen.
    Schule muss das dann ausbaden bzw. versuchen irgendwie zu kompensieren.
    Wenn es die Eltern nicht taten, muss es eben die Lehrerin tun. Zumindest soweit, um in einer gewissen Ordnung unterrichten zu können.


    Bei normal entwickelten Kindern, ja. Bei allen anderen wird dir das nichts bringen.
    Was heisst schon "normal"... jene, die nicht "normal" sind, sind oft jene, die schlicht etwas mehr Zeit brauchen. Die ihnen nicht gegeben wird. Doch wenn ein Lernprozess immer in der Hälfte abgebrochen wird, und ein Kind sich dann irgendwelche privaten Eselsbrücken bastelt, um irgendwie halbwegs mitzuhalten, obwohl es nur sehr entfernt Ahnung hat, worum es geht... wenn Basissachen nicht automatisiert und angeeignet wurden, sodass fortgeschrittene Themen kein Fundament haben - klappt es halt nicht mit Schule.


    Danach beschweren sie sich erstmal bei ihren Eltern. Weil der Lehrer nicht so Unterricht macht wie sie das gerne hätten. DIE beschweren sich dann wahlweise beim Klassenlehrer, bei der Schulleitung, oder gleich mit Brief an's Schulamt. Was folgt, sind lange Gesprächsrunden, warum weshalb wieso.
    Klarheit in Bezug auf Anforderungen, Notengebung, Lernziele etc dürfte da einiges beruhigen.

    Ein Lehrer weiss ja hoffentlich, warum er was wieso auf eine bestimmte Weise macht. Und kann das begründen. Wobei ja, die Bürokratie kann schon sehr mühsam sein. :-/



    Bei Problemklassen wo es viele Schüler betrifft, gerne auch mit großem Kräfteeinsatz; Fachlehrer, Klassenlehrer, Schulleitung, Schülervertreter, Elternvertreter, Schulsozialarbeiter usw. usf.
    klingt nach zu vielen Köchen, die im Brei mitmischen wollen.

    Das liegt aber nicht an Eltern oder Kindern, sondern am System selbst, das so ist, wie es ist.

    ja, ein ungünstiges System aufrecht zu erhalten, ist sehr energieraubend. Aber Lösungen (zB höhere Autonomie einzelner Schulen) müssten auf politischer Ebene geschehen,und die ist aktuell eher im Kontrollfreak-Modus und will immer mehr und immer detaillierter kontrollieren und standardisieren, und nicht etwa mehr Spielraum den Leuten an der Front geben.



    Kann sein. Was ich gelegentlich erlebe, sind Eltern, die es nicht gerne haben, dass andere Erwachsene ihren Kindern etwas vorschreiben.
    geht mir tendenziell umgekehrt, ich verteidige eher mal die Kinder gegenüber den Ansprüchen ihrer Eltern und sehe wenig Sinn in der Idee, dass etwas, was mit viel Anstrengung, Schweiss, Blut und Tränen verbunden ist, deswegen automatisch sinnvoller ist als etwas, das man in Ruhe und ohne Stress erarbeitet, und auch mal Pause macht.

    weniger ist mehr, in vielen Fällen.


    Da heißt es dann halt einfach mal Anweisungen befolgen.
    ja, das sowieso.
    unorthodox

  2. #62
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    Zitat Zitat von Kensei Beitrag anzeigen
    Lustorientiert
    Für Dich anscheinend negativ, für mich essenziell für ein glückliches Leben.

    Gegenteile des Begriffs sind wohl pflichtbewusst und leistungsorientiert.

    Auch wichtige Eigenschaften, aber ohne Lustorientierung schwer zu ertragen ;-)

    Ich versuche meinen Kindern zu vermitteln, daß es eben nicht nur um die beste Leistung geht, sondern andere Qualitäten für einen selbst und auch für die Gemeinschaft viel ausschlaggebender sind.

    „Lust“ negativ zu besetzen, ist in meinen Augen leider immer noch ein zentrales Problem unserer Bildungskultur.
    Geändert von kloeffler (14-11-2020 um 09:13 Uhr)

  3. #63
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    Zitat Zitat von rambat Beitrag anzeigen
    ...ich bin ein heimkind, eher als bindungslos zu bezeichnen. kein heimerzieher war für mich so etwas wie eine bezugsperson - ich hatte keinen grund, für jemanden zu lernen. oder jemandem gefallen zu wollen, oder jemandem eine freude machen zu wollen.
    da war niemand.
    ich hab also weder weder für einen lehrer oder eine lehrerin gelernt (die waren aus meiner damaligen sicht alle grässlich) noch für irgend jemanden sonst.
    ich hab trotzdem gelernt.
    wie ein irrer.
    hat sich in den noten widergespiegelt.
    Zwei Ideen dazu;

    Kinder haben natürlich an Dingen auch einfach Freude und Spaß, auch an lernen und Bildung. Kann also gut sein, dass du einfach das Glück hattest, dass der Schulstoff für dich irgendwie interessenbezogen war und du daher selbstmotiviert gearbeitet hast.

    Alles was ich schrieb bezog sich auf Kinder, die - aus welchem Grund auch immer - nicht intrisisch für eine Sache motiviert sind.

    Ansonsten bist du ja früh ins Judo eingestiegen. Eventuell gab es da Bezugspersonen, Trainer oder ältere Trainingspartner, die dir gespiegelt haben, dass Leistungbringen und sich Dinge hart erarbeiten ewas lohnenswertes ist. Und du hast das dann unbewusst auf die Schule oder andere Lebensbereiche übertragen? Könne ich mir gut vorstellen. Ich bin aber auch kein Psychologe, sondern Lehrer, kann daher also auch völlig falsch liegen...

    Zitat Zitat von rambat Beitrag anzeigen
    ...und damals in der DDR gab es kein gymnasium, auf das man ab der 5. klasse hätte gehen können ... also auch keine entsprechende extrinsische motivation.
    Kein Einwände. Ein Grundschüler kann mit einem abstrakten Begriff wie "Gymnasium" nichts anfangen, auch wenn ihm Erwachsene zehnmal erklären, dass es sinnvoll sein könnte da mal hinzukommen. Andere Schulformen befinden sich einfach jenseits der kindlichen Vorstellungswelt.

  4. #64
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    Zitat Zitat von kloeffler Beitrag anzeigen
    Für Dich anscheinend negativ, für mich essenziell für ein glückliches Leben.

    Gegenteile des Begriffs sind wohl pflichtbewusst und leistungsorientiert.

    Auch wichtige Eigenschaften, aber ohne Lustorientierung schwer zu ertragen ;-)

    Ich versuche meinen Kindern zu vermitteln, daß es eben nicht nur um die beste Leistung geht, sondern andere Qualitäten für einen selbst und auch für die Gemeinschaft viel ausschlaggebender sind.

    „Lust“ negativ zu besetzen, ist in meinen Augen leider immer noch ein zentrales Problem unserer Bildungskultur.
    "Lustorientiert" meint in Pädagogik und (Lern-)Psychologie zumeist mangelnde Frustrationstoleranz.

    Es ist ein elementarer Bestandteil der entwickelten Psyche, damit umzugehen, dass ich im Alltag nicht immer nur machen kann, was mir gerade Spaß macht, sondern das ich mich in unsere Gesellschaft einfügen muss.

    Menschen mit Problemen in diesem Bereich oder gar Entwicklungsstörungen verstehen z.B. die Bedeutung von Pünktlichkeit nicht. Und können ihr Handeln nicht weitsichtig reflektieren, d.h. also abschätzen was es für Folgen hat, wenn ich regelmäßig früh liegenbleibe wenn der Wecker klingelt, anstatt zur Arbeit zu gehen.

    Glaubst du, dass sowas die Grundlage für ein glückliches Leben ist?
    Geändert von Kensei (14-11-2020 um 09:31 Uhr)

  5. #65
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    Zitat Zitat von Kensei Beitrag anzeigen
    "Lustorientiert" meint in Pädagogik und (Lern-)Psychologie zumeist mangelnde Frustrationstoleranz.
    Danke für die Klarstellung. Der pädagogische Kontext des Begriffs war mir nicht bekannt. Wahrscheinlich auch allen anderen Nicht-Pädagogen, die hier mitlesen, nicht.

  6. #66
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    Zitat Zitat von kloeffler Beitrag anzeigen
    Danke für die Klarstellung. Der pädagogische Kontext des Begriffs war mir nicht bekannt. Wahrscheinlich auch allen anderen Nicht-Pädagogen, die hier mitlesen, nicht.
    ... der pädagogische Kontext des Begriffs „Lustorientierung“ spricht dennoch Bände darüber, in welchem gesellschaftlichem Klima und unter welchem Menschenbild er wahrscheinlich entstanden ist ...

  7. #67
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    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    Da muss man wohl den Einzelfall studieren. Helikoptern ist für Kinder und Jugendliche bestimmt nicht besser als Vernachlässigung. Die Wahrheit dürfte irgendwo in der goldenen Mitte zu finden sein...
    Zustimmung. Ich sprach ja andererseits auch von Eltern, die ihren Kindern jedes Hindernis aus dem Weg räumen, um ihnen einen möglichst mühelosen Alltag zu gewähren. Solche Schüler erwarten dann natürlich, dass das in der Schule respektive meinem Unterricht genauso funktioniert.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Es braucht nicht allzu viele Details. wenn nur schon der dringlich-ernste Tonfall ankommt, ist das schon mal besser als nichts. Wenn sie es nicht aus Einsicht tun, sondern weil ein geschätzter Erwachsener sagte, dass es wichtig sei - das ist schon mal was...
    Da bin ich bei dir. Man sollte als Erwachsener nur wissen, dass es dann nicht um Einsichtigkeit, sondern um Orientierung geht. Was ja aber auch nicht schlimm ist.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Wichtig scheint mir die Botschaft: es kommt darauf an, was man tut. oder, von der anderen Seite her: ich traue dir zu, dein Leben aktiv und bewusst zu gestalten, und das wird einen Unterschied machen! genau da hakt es ja bei vielen: die meinen, egal was sie tun, sie kommen eh nicht weiter, also was soll's, es lohnt sich sowieso nicht, sich Mühe zu geben. Doch, es lohnt sich. Doch, es macht einen Unterschied...
    Richtig. Das erreichst du aber nicht durch Reden, sondern durch Tun. Es bringt einem Grundschulkind nichts, ihm eine Vision über seine mögliche abstrakte Zukunft zu vermitteln. Es bringt dagegen sehr wohl was, das Kind in kleinen Schritten anzuleiten, sein Verhalten zu spiegeln und zu belohnen oder zu sanktionieren. Das Kind handelt dann aber eben auch für die Belohnung bzw. um die Sanktion zu vermeiden und nicht mit der Gewissheit, was für seine Zukunft zu tun. Auch das ist nicht schlimm. Die kindliche Psyche funktioniert so.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...und wenn mal ein Kind das verstanden hat - kann sich auch Ehrgeiz entfalten. Dann sagt sich ein Kind wohl auch mal "ich krieg das schon noch hin, wenn ich es übe!", auch wenn etwas erst mal Schwierigkeiten bereiten sollte...
    Na klar. Aber das ist ein langer Prozess, der im Elternhaus beginnt und auch dort begleitet werden muss. Ein ganzes Kinder- bzw. Schülerleben lang.


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Es ist die Aufgabe von Erwachsenen, das konkret darzustellen, was erwachsenes Leben mit sich bringt. der Druck, Rechnungen zu bezahlen. Die Kosten eines Autos. Netto und brutto. Die Freiheit, die ein finanzielles Polster schenken kann. Willst du die Person im schönen Auto sein, mit dem netten Haus im Grünen, oder willst du ein Bettler sein? - das kann man doch sehr konkret darstellen...
    Darstellen kannst du viel. Das alles entzieht sich nur völlig der Lebenrealität von Kindern. Wenn Kinder und Jugendliche zu solchen einsichtigen Schlussfolgerungen fähig wären, warum verfestigen sich in Deutschland dann Prekariat und Hartz IV-Biografien? Warum erkennen diese Kinder nicht, dass sie es mit Anstrengung mal besser haben können im Leben als ihre Eltern?
    Weil sie am Vorbild lernen, und nicht Handlungsmaxime aus einer abstrakten Zukunft ableiten.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...am Anfang, ja - und wenn sie sehen, dass das Erfolg bringt, und entsprechend positiveres Feedback, machen sie es dann womöglich irgendwann aus Freude an der Sache...
    Na klar. Man kann ja auch in der Auseinandersetzung mit der Sache plötzlich sein Interesse entdecken. Oder einfach Spaß am Erfolg haben, also entwas schwieriges allein zu meistern. Auch da spielt aber auch derjenige eine Rolle, der mir Anerkennung gibt. Bei kleineren Schülern sind wir da wieder bei Eltern und Lehrern. Bei größeren bei Freunden, Mitschülern und der "peer group". Aber kaum einer von denen machts "für's Leben"


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...oh, das kann man schon früh gelegentlich erwähnen - dass da mal Berufswahl ein Thema sein wird, was alles auf sie zukommen wird, welche Art von Fragen sie sich werden beantworten müssen...
    Erwähnen kannst du viel. Großartige Bedeutung hat das aber keine.


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Wenn es die Eltern nicht taten, muss es eben die Lehrerin tun. Zumindest soweit, um in einer gewissen Ordnung unterrichten zu können...
    Das ist einer der großen Denkfehler in unseren Bildungsdebatten. Dass die Schule nämlich das nachholen kann an Erziehung und Entwicklung, was im Elternhaus versäumt wird.
    Das kann sie nicht. Aus verschiedensten Gründen.


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Was heisst schon "normal"... jene, die nicht "normal" sind, sind oft jene, die schlicht etwas mehr Zeit brauchen. Die ihnen nicht gegeben wird. Doch wenn ein Lernprozess immer in der Hälfte abgebrochen wird...
    Es ist genau beschrieben, in welchem Alter die menschliche Psyche wie entwickelt sein sollte und über welche kognitiven und motorischen Fähigkeit ein normal entwickeltes Kind verfügen sollte. Mit einer gewissen Spanne natürlich. Wenn ich außerhalb dieser Spanne liege, kann mit fug und recht gesagt werden, dass ein Kind nicht altersgerecht entwickelt ist. Und dann sollte man entsprechend gegensteuern.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Klarheit in Bezug auf Anforderungen, Notengebung, Lernziele etc dürfte da einiges beruhigen...
    Auch hier; bei normal entwickelten Kindern ja, bei allen anderen nicht.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Ein Lehrer weiss ja hoffentlich, warum er was wieso auf eine bestimmte Weise macht. Und kann das begründen...
    Du denkst von der fachlichen und pädagogischen Seite her. Bei Entwicklungsstörungen geht es aber um die psychische.

    Ich beschäftige mich als Lehrer mit solchen Themen, weil ich in der Schule damit konfrontiert werde. Meiner Ausbildung entspricht das allerdings kaum und ich bin auch kein Therapeut. Ganz zu schweigen davon, dass bei einer Therapie nicht 25 Patienten gleichzeitig behandelt werden.


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Das liegt aber nicht an Eltern oder Kindern, sondern am System selbst, das so ist, wie es ist.
    Die kindliche Entwicklung liegt zuallererst mal am Elternhaus. Danach kommen irgendwann andere Instanzen, da die Fundamente bereits in den ersten Lebensjahren gelegt werden.
    Wofür Schule und Lehrer nicht aufgestellt sind, ist, dass hier die Erziehungsarbeit der Eltern geleisten werden soll und Lehrer zu 50% Sozialarbeiter und Psychotherapeuten spielen müssen.

    Die Schule wird nie gesamtgesellschaftliche Fehlentwicklungen korrigieren können. Dass zu verstehen würde uns in der aktuellen "Bildungsmisere" einen ganzen Schritt weiterbringen.
    Geändert von Kensei (14-11-2020 um 10:22 Uhr)

  8. #68
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    Zitat Zitat von Kensei Beitrag anzeigen
    Die kindliche Entwicklung liegt zuallererst mal am Elternhaus

    Klar. Liegt auf der Hand, da ein Kind zuallererst nur von den Eltern beeinflusst wird. Binse. Ziemlich schnell treten aber andere Einflüsse hinzu - Kita, Kumpels, Sportverein, Grundschule etc ... der Zugriff der Eltern wird also immer schwächer, der Einfluss Dritter immer stärker .. nennt sich Erwachsenwerden und das ist auch gut so. In der Hauptsache den Eltern das Misslingen dieses Prozesses in die Schuhe zu schieben, ist natürlich einfach. Echtes Engagement seitens des Lehrkörpers würde über die reine Wissensvermittlung hinausgehen und die Vermittlung sozialer Kompetenz in den Mittelpunkt stellen - insbesondere bei Grundschülern. Das würde aber voraussetzen, das die Lehrkraft selbst sozial kompetent und bereit ist, Verantwortung zu tragen, die über das Fachliche hinausgeht.
    Geändert von kloeffler (14-11-2020 um 11:15 Uhr) Grund: Rechtschreibung

  9. #69
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    Zitat Zitat von Kensei Beitrag anzeigen
    Solche Schüler erwarten dann natürlich, dass das in der Schule respektive meinem Unterricht genauso funktioniert.
    Dann machen sie eben die Erfahrung, enttäuscht zu werden, und lernen, dass es zuhause bestimmte Regeln gibt, und in der Schule gibt es andere Regeln. Mag sein, dass Sohne-Prinzchen zuhause einfach alle Kleider auf den Boden werfen kann und Mama räumt hinterher, in der Schule oder im Sportverein ist das dann eben nicht so!




    Richtig. Das erreichst du aber nicht durch Reden, sondern durch Tun. Es bringt einem Grundschulkind nichts, ihm eine Vision über seine mögliche abstrakte Zukunft zu vermitteln.
    drum macht man's ja konkret.

    und kann's auch verbinden mit aktuellen Anforderungen, warum es zB für eine Prüfung lernen soll, dessen Stoff es weder interessiert noch ihm zusagt. Die Idee "lieber ein wenig Ärger jetzt, dafür easy life danach, ist besser als jetzt faulenzen und nachher grossen Ärger haben" ist auch für Kinder nicht schwer zu verstehen.

    Es bringt dagegen sehr wohl was, das Kind in kleinen Schritten anzuleiten, sein Verhalten zu spiegeln und zu belohnen oder zu sanktionieren. Das Kind handelt dann aber eben auch für die Belohnung bzw. um die Sanktion zu vermeiden und nicht mit der Gewissheit, was für seine Zukunft zu tun. Auch das ist nicht schlimm. Die kindliche Psyche funktioniert so.
    Das ist ja in Ordnung, da werden ja (hoffentlich) gute, nützliche Gewohnheiten etabliert und angewöhnt.



    Wenn Kinder und Jugendliche zu solchen einsichtigen Schlussfolgerungen fähig wären, warum verfestigen sich in Deutschland dann Prekariat und Hartz IV-Biografien? Warum erkennen diese Kinder nicht, dass sie es mit Anstrengung mal besser haben können im Leben als ihre Eltern?

    Erstens, weil niemand es ihnen sagt. Die Eltern, die schon resigniert haben, ganz bestimmt nicht. Und andere Leute des öftern auch nicht. Lehrer geben Feedback meist defizitbasiert, nicht basiert auf dem, was da ist und zur Verfügung steht.

    Ausser eben vielleicht im Sportverein, da wird noch über den Zusammenhang von Üben/fleissig sein und Erfolg geredet. An andern Orten gilt das offenbar als irgendwie unanständig.



    Es ist genau beschrieben, in welchem Alter die menschliche Psyche wie entwickelt sein sollte und über welche kognitiven und motorischen Fähigkeit ein normal entwickeltes Kind verfügen sollte. Mit einer gewissen Spanne natürlich. Wenn ich außerhalb dieser Spanne liege, kann mit fug und recht gesagt werden, dass ein Kind nicht altersgerecht entwickelt ist. Und dann sollte man entsprechend gegensteuern.
    Dann wäre es womöglich mal eine gute Idee, den Unterricht entsprechend diesem Wissen zu gestalten!

    Zum Beispiel ist bekannt, dass kleine Jungen eher grobmotorisch sind und auch entsprechend lernen - viel Bewegung, grosse Bewegungen. Und dann sperrt man sie an einen Tisch wo sie so kleinen feinmotorischen Pipifax machen müssen den ganzen Tag lang. Das, was Mädchen gut können und gern machen. Wer um Himmels willen konnte das je eine gute Idee finden?

    Ausserdem kann man Entwicklung nicht erzwingen. Keine Pflanze wächst schneller, wenn man ständig dran zieht, oder wenn man versucht, Entwicklungsschritte zu überspringen. Du kannst nicht eine Frucht haben, ohne vorher eine Blüte zu haben. In der Schule wird aber ständig sowas versucht. Und die Kinder, die das Pech haben, keine lehrplangemässe Disposition zu haben, kommen dann halt unter die Räder. Auch dann, wenn Talent, Interesse, Intellekt etc durchaus da wäre.

    man sieht's ja im privaten Rahmen: wenn ein Kind bereit ist für einen bestimmten Stoff oder Inhalt, lernt es das ratzfatz, in unglaublichem Tempo, und gründlich.

    Wenn "gehen lernen" und "sprechen lernen" nicht spontan, sondern lehrplanmässig à la Schule vermittelt würden... hätten wir in drei, vier Jahren eine Menge Kinder, die weder das Eine noch das andere können.


    Auch hier; bei normal entwickelten Kindern ja, bei allen anderen nicht.
    Das kann man ja nicht so klar trennen, ich wüsste nicht wie. ist übermässiger Bewegungsdrang "unnormal"? ist es "unnormal", sich nicht für Grammatik oder Rechtschreibung zu interessieren? ist es "unnormal", langsamer zu sein als der Schnitt und drum immer aufgrund von Zeitdruck Aufgaben nicht abschliessen, oder durchdenken, zu können? und ab welchem Mass von "unnormal" sollte man das formalisieren, mit Diagnosen etc?

    Aber man weiss ja, dass ALLE Kinder in die Schule müssen, nicht nur die standardisierten, die schön in die Kästchen passen.



    Du denkst von der fachlichen und pädagogischen Seite her. Bei Entwicklungsstörungen geht es aber um die psychische.
    Nicht unbedingt.

    krakelige Schrift (schlechte Feinmotorik) und darauf folgende Unlust zu schreiben ist kein psychisches Problem, sondern in erster Linie ein physisches.

    Lähmende Langeweile im Unterricht ist, je nach Lehrer, überhaupt kein psychisches Problem, sondern eine völlig normale gesunde Reaktion auf langweiligen Unterricht.

    Lernblockaden durch den Zwang zum Stille-Sitzen ist auch eher eine gesunde, normale Reaktion, statt ein Problem. Und schon gar kein psychisches Problem.

    ... und sowieso, das Kind sitzt mit allem, was es ist, in der Schule. Mit dem Körper, den Gedanken, den Emotionen, seinem Willen, seinen Vorlieben und Abneigungen... und der Lehrer reagiert mit allem, was er oder sie ist darauf... wenn sich ein Kind anstösst, wirst du es ja wohl trösten, obwohl das "Psyche" ist, nehme ich an? Oder im Unterricht, soweit möglich, auf Vorlieben in der Klasse eingehen, obwohl das "Psyche" ist? Oder gelegentlich Verhandlungen führen à la "wenn ihr *lästige Aufgabe X* gut erledigt im vorgegebenen Zeitrahmen, können wir danach nocht *allgemein beliebte Tätigkeit* zusammen machen"? - auch das: Psyche.


    Meiner Ausbildung entspricht das allerdings kaum und ich bin auch kein Therapeut.
    Ich hörte damals in der Ausbildung "das Unterrichten lernt ihr durchs Unterrichten." ... und natürlich haben alle Leute Ohren und Augen udn Nasen, stellen Beobachtungen an, testen, was klappt und was nicht, und bilden sich ihre eigenen Ideen.

    und auch Therapeuten kochen nur mit Wasser, es ist nicht so, dass die irgendwelche ausserordentlichen Geheimwaffen hätten. ausser: genau beobachten, wohl überlegte Impulse geben, und wieder beobachten, neue Impulse geben.


    Die kindliche Entwicklung liegt zuallererst mal am Elternhaus. Danach kommen irgendwann andere Instanzen, da die Fundamente bereits in den ersten Lebensjahren gelegt werden.
    Das Temperament eines Menschen bringt dieser mit - egal wie die Erziehung ist.


    Die Schule wird nie gesamtgesellschaftliche Fehlentwicklungen korrigieren können. Dass zu verstehen würde uns in der aktuellen "Bildungsmisere" einen ganzen Schritt weiterbringen.
    kann sie nicht, aber das erwartet ja auch keiner
    unorthodox

  10. #70
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    Zitat Zitat von kloeffler Beitrag anzeigen
    ...Das würde aber voraussetzen, das die Lehrkraft selbst sozial kompetent und bereit ist, Verantwortung zu tragen, die über das Fachliche hinausgeht.
    Mal so als Beispiel;
    Ich habe in der Woche 10-11 verschiedene Klassen, mit jeweils irgendwas um die 25 Schüler. Mal mehr mal weniger. Machts also so zwischen 200/250 Schüler mit denen ich wöchentlich zu tun habe. Was hast du so für eine Vorstellung wieviel Zeit man als Lehrer einem einzelnen Schüler in der Woche widmen kann? Und wann deine "sozial kompetente" Einzelbetreuung stattfinden soll? Im Unterricht wohl kaum, oder?

  11. #71
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    Zitat Zitat von Kensei Beitrag anzeigen
    Mal so als Beispiel;
    Ich habe in der Woche 10-11 verschiedene Klassen, mit jeweils irgendwas um die 25 Schüler. Mal mehr mal weniger. Machts also so zwischen 200/250 Schüler mit denen ich wöchentlich zu tun habe. Was hast du so für eine Vorstellung wieviel Zeit man als Lehrer einem einzelnen Schüler in der Woche widmen kann? Und wann deine "sozial kompetente" Einzelbetreuung stattfinden soll? Im Unterricht wohl kaum, oder?
    Also verstehst Du unter Deinem Beruf in der Hauptsache die Vermittlung von Fachwissen? Auf den Ursprungspost bezogen, der sich ja um Grundschulpädagogik dreht, hielte ich das für fatal und für die eigentliche Bildungsmisere. Ob der 2. WK 1946 zu Ende ging oder der Führer ein König war, ist da nebensächlich. Das Problem ist fundamentaler.

  12. #72
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    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    Dann machen sie eben die Erfahrung, enttäuscht zu werden, und lernen, dass es zuhause bestimmte Regeln gibt, und in der Schule gibt es andere Regeln. Mag sein, dass Sohne-Prinzchen zuhause einfach alle Kleider auf den Boden werfen kann und Mama räumt hinterher, in der Schule oder im Sportverein ist das dann eben nicht so!...
    Und du stellst dir vor, dass Schüler und Eltern das einfach so hinnehmen, diese "Erfahrungen", und dann eben mit den schlechten Noten leben?


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    und kann's auch verbinden mit aktuellen Anforderungen, warum es zB für eine Prüfung lernen soll, dessen Stoff es weder interessiert noch ihm zusagt. Die Idee "lieber ein wenig Ärger jetzt, dafür easy life danach, ist besser als jetzt faulenzen und nachher grossen Ärger haben" ist auch für Kinder nicht schwer zu verstehen...
    Für normal entwickelte Kinder nicht, nein. Für alle anderen schon. Dass es Kinder gibt, die keine altersgerechte Entwicklung nehmen, scheint in deiner Erfahrungswelt keine Rolle zu spielen. Es gibt nicht DIE Kinder, denen du mit pädagogischen Binsenweisheiten gerecht werden kannst. Es gibt die in deiner Welt, und es gibt andere. Nimm das halt einfach mal so hin, wenn du das anhand eigener Erfahrungen nicht bestätigen kannst.


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Erstens, weil niemand es ihnen sagt. Die Eltern, die schon resigniert haben, ganz bestimmt nicht. Und andere Leute des öftern auch nicht. Lehrer geben Feedback meist defizitbasiert, nicht basiert auf dem, was da ist und zur Verfügung steht...
    Das sind erstmal haltlose Unterstellungen. Sowohl den Eltern, als auch den Lehrern gegenüber. In wievielen Unterrichtsstunden bist du denn so dabei, um die Arbeit der Lehrkräfte einschätzen zu können?

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Ausser eben vielleicht im Sportverein, da wird noch über den Zusammenhang von Üben/fleissig sein und Erfolg geredet. An andern Orten gilt das offenbar als irgendwie unanständig...
    Kann ich nicht bestätigen, dass ich oder andere Kollegen Schülern so ein Weltbild vermitteln würden. Das Gegenteil ist der Fall.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Dann wäre es womöglich mal eine gute Idee, den Unterricht entsprechend diesem Wissen zu gestalten!

    Zum Beispiel ist bekannt, dass kleine Jungen eher grobmotorisch sind und auch entsprechend lernen - viel Bewegung, grosse Bewegungen. Und dann sperrt man sie an einen Tisch wo sie so kleinen feinmotorischen Pipifax machen müssen den ganzen Tag lang. Das, was Mädchen gut können und gern machen. Wer um Himmels willen konnte das je eine gute Idee finden?...
    Schreiben lerne ich nicht in der Turnhalle, sondern mit Stift und Papier. Kinder mit normal entwickelter Psyche und ohne sonstige Krankheitsbilder können außerdem ohne Probleme über längere Zeit ruhig am Platz sitzen und dem Unterricht folgen.
    Daneben gibt es ja heutzutage mehr Konzepte zur "bewegten Schule", als noch vor 20 oder 30 Jahren. Man weiß und macht dsbzgl. also viel mehr und trotzdem gibt es immer mehr Kinder mit auffälligem Verhalten.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Ausserdem kann man Entwicklung nicht erzwingen. Keine Pflanze wächst schneller, wenn man ständig dran zieht, oder wenn man versucht, Entwicklungsschritte zu überspringen. Du kannst nicht eine Frucht haben, ohne vorher eine Blüte zu haben. In der Schule wird aber ständig sowas versucht. Und die Kinder, die das Pech haben, keine lehrplangemässe Disposition zu haben, kommen dann halt unter die Räder. Auch dann, wenn Talent, Interesse, Intellekt etc durchaus da wäre...
    Du bist immer noch im falschen Denkmuster. Wenn ich von Entwicklung schreibe, meine ich nicht Lehrpläne, sondern die psychische Reife. In Klassen mit einer großen Zahl auffälliger Kinder kommst du überhaupt nicht zu Lehrplaninhalten, weil die ganz normale Lernbereitschaft und Arbeitshaltung schon nicht da ist.
    Es geht auch nicht darum etwas zu "überspringen" oder zu "erzwingen". Solche Floskeln bringen uns in dem Kontext nicht weiter.
    Die Entwicklung der Psyche findet wie die körperliche Entwicklung erstmal von allein und in Abarbeitung mit ihrer Umwelt statt. Die muss man nur etwas fördern und lenken, indem ich bspw. Anreize setze und Grenzen aufzeige.
    Problematisch wird es, wenn das - aus welchen Gründen auch immer - nicht oder nur eingeschränkt stattfindet. Dann hast du nämlich in der achten Klassen etwa Kinder mit der psychischen Reife eines Viert- oder Fünftklässlers sitzen. Wenn das dann viele betrifft und vieleicht noch mehrere Klassen, und sich dazu die Eltern noch unkooperativ zeigen, dann wird der Arbeitsalltag des Lehrers sehr sportlich.
    Und dann gibt es natürlich auch Kollegen die abstumpfen, resignieren, aufgeben usw., und nur noch die Tage bis zur Pensionierung runterzählen.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...man sieht's ja im privaten Rahmen: wenn ein Kind bereit ist für einen bestimmten Stoff oder Inhalt, lernt es das ratzfatz, in unglaublichem Tempo, und gründlich...
    Wenn es Lust hat sich damit zu beschäftigen, sicher. Mich interessieren Situationen, in denen ich Kinder dazu bekommen will gegen Lust, Laune und Interessen zu handeln.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Wenn "gehen lernen" und "sprechen lernen" nicht spontan, sondern lehrplanmässig à la Schule vermittelt würden... hätten wir in drei, vier Jahren eine Menge Kinder, die weder das Eine noch das andere können...
    Das ist eine Phrase. Ich bin hier nicht dafür da, mich mit deinen Vorurteilen gegenüber der Schule zu beschäftigen. Such' dir da bitte jemand anderen für.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Das kann man ja nicht so klar trennen, ich wüsste nicht wie. ist übermässiger Bewegungsdrang "unnormal"? ist es "unnormal", sich nicht für Grammatik oder Rechtschreibung zu interessieren? ist es "unnormal", langsamer zu sein als der Schnitt und drum immer aufgrund von Zeitdruck Aufgaben nicht abschliessen, oder durchdenken, zu können? und ab welchem Mass von "unnormal" sollte man das formalisieren, mit Diagnosen etc?...
    Nicht "sollte man das formalisieren". Wie gesagt, was "normal" und "unnormal" ist in welchem Alter, weiß man heute sehr genau. Beschäftige dich halt mit Lern- und Entwicklungspsychologie wenn es dich interessiert. Ich referiere hier jetzt für dich kein Wissenschaftsfeld.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Aber man weiss ja, dass ALLE Kinder in die Schule müssen, nicht nur die standardisierten, die schön in die Kästchen passen...
    Jedes Kind muss lernen, ein vernünftiger und möglichst auch produktiver Teil unserer Gesellschaft zu werden. Dafür ist Schule da, aber auch die elterliche Fürsorge und Erziehung. Wenn man den Kindern dabei noch Wege aufzeigt, diesen Anspruch in Einklang mit eigenen Wünschen, Zielen und Träumen zu bringen, umso besser.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...krakelige Schrift (schlechte Feinmotorik) und darauf folgende Unlust zu schreiben ist kein psychisches Problem, sondern in erster Linie ein physisches...
    Das mühsame Erlernen einer lesbaren Handschrift ist eine psychische Herausforderung. Genauso wie das Gehenlernen. Beides - Physis und Psyche - lässt sich aber auch nicht trennen, wie du das hier versuchst.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Lähmende Langeweile im Unterricht ist, je nach Lehrer, überhaupt kein psychisches Problem, sondern eine völlig normale gesunde Reaktion auf langweiligen Unterricht...
    Wie gesagt, behalte deine Vorurteile bitte für dich. Die interessieren mich wirklich nicht die Bohne.
    Dass du hier unzulässigerweise wieder fachliche Lerninhalte und die psychische Enticklung zusammen wirfst, erwähne ich jetzt auch zum letzten Mal.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Lernblockaden durch den Zwang zum Stille-Sitzen ist auch eher eine gesunde, normale Reaktion, statt ein Problem. Und schon gar kein psychisches Problem...
    Das ist Unsinn. Normalentwickelte Kinder können ab einem bestimmten Alter ohne Probleme länger stillsitzen und dem Unterricht folgen. Alles andere ist beschwichtigendes Schöngerede.

    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...und sowieso, das Kind sitzt mit allem, was es ist, in der Schule. Mit dem Körper, den Gedanken, den Emotionen, seinem Willen, seinen Vorlieben und Abneigungen... und der Lehrer reagiert mit allem, was er oder sie ist darauf... wenn sich ein Kind anstösst, wirst du es ja wohl trösten, obwohl das "Psyche" ist, nehme ich an? Oder im Unterricht, soweit möglich, auf Vorlieben in der Klasse eingehen, obwohl das "Psyche" ist? Oder gelegentlich Verhandlungen führen à la "wenn ihr *lästige Aufgabe X* gut erledigt im vorgegebenen Zeitrahmen, können wir danach nocht *allgemein beliebte Tätigkeit* zusammen machen"? - auch das: Psyche...
    Ich sehe hier nur, dass du die Bedeutung der psychischen Entwicklung nicht kennst und nicht verstehst.

    Mich beschleicht beim lesen deiner Beiträge außerdem der Eindruck, dass du eine Rückständigkeit in der psychischen Reife mit psychischen Störungen und Psychosen verwechselst.


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Ich hörte damals in der Ausbildung "das Unterrichten lernt ihr durchs Unterrichten." ... und natürlich haben alle Leute Ohren und Augen udn Nasen, stellen Beobachtungen an, testen, was klappt und was nicht, und bilden sich ihre eigenen Ideen.

    und auch Therapeuten kochen nur mit Wasser, es ist nicht so, dass die irgendwelche ausserordentlichen Geheimwaffen hätten. ausser: genau beobachten, wohl überlegte Impulse geben, und wieder beobachten, neue Impulse geben...
    Ich weiß nicht, was du mir damit sagen willst. Sorry.


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...Das Temperament eines Menschen bringt dieser mit - egal wie die Erziehung ist...
    Ich rede nicht von Erziehung, sondern von psychischer Entwicklung. Das spielt zwar beides ineinander, ist aber dennoch nicht dasselbe. Erziehung erfolgt im kulturellen Kontext und kann verschieden sein. Die psychische Entwicklung erfolgt bei allen Menschen auf der Welt gleich, wenn man sie entwicklungsfördernden Bedingungen aussetzt.
    Eine normal entwickelte Psyche kann Temperament im Zaum halt, wenn sie das muss. Ich schrieb weiter oben etwas von Frustrationstoleranz.


    Zitat Zitat von discipula Beitrag anzeigen
    ...kann sie nicht, aber das erwartet ja auch keiner
    Das fordern und erwarten viele. Offen oder indirekt.
    Du selbst schriebst doch die Schule respektive "die Lehrerin" müsse das halt leisten wenn die Eltern es nicht täten?!?

    Entschuldige schonmal, wenn dir das jetzt zu Oberlehrerhaft rüberkommt. Ich habe mir in nunmehr zehn Jahren Schuldienst aber angewöhnt, die Dinge offen anzusprechen und klar zu benennen. Alles um den heißen Brei gerede ist Erfahrungsgemäß Zeitverschwendung, und die Ressource ist mir mehr als kostbar

    Hier mal was zum reinhören, wenn du Zeit und Muße hast:

    Geändert von Kensei (14-11-2020 um 17:31 Uhr) Grund: Rechtschreibung

  13. #73
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    Zitat Zitat von kloeffler Beitrag anzeigen
    Also verstehst Du unter Deinem Beruf in der Hauptsache die Vermittlung von Fachwissen? Auf den Ursprungspost bezogen, der sich ja um Grundschulpädagogik dreht, hielte ich das für fatal und für die eigentliche Bildungsmisere. Ob der 2. WK 1946 zu Ende ging oder der Führer ein König war, ist da nebensächlich. Das Problem ist fundamentaler.
    Nein. Ich schrieb nur, dass Schule nicht das nachholen kann, was zuhause versäumt wird. Oder Schieflagen ändern kann, die in der Gesellschaft auftreten. Stichwort Digitalisierung und Nutzung "neuer Medien".
    Und das es wohlfeil und ungerecht ist, die Gründe in der Hauptsache der Schule oder den Lehrern in die Schuhe zu schieben.

  14. #74
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    Zitat Zitat von Kensei Beitrag anzeigen
    Und das es wohlfeil und ungerecht ist, die Gründe in der Hauptsache der Schule oder den Lehrern in die Schuhe zu schieben.
    Stimmt. Es ist meist wohlfeil und ungerecht, die gesamte Schuld nur auf einen Akteur zu schieben. Seien es in diesem Fall Lehrer oder Eltern ... auf nichts anderes wollte ich aufmerksam machen.

  15. #75
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    Der "Zugriff der Eltern" wie du es nennst, wird in der Pubertät schwächer. Also mit 13/14.
    Bis dahin spielen Die neben Erziehern und Grundschullehrern eine wichtige Rolle. Je jünger, desto mehr.
    Da es hier um Grundschule ging, habe ich darauf verwiesen.
    Das hören manche Eltern vieleicht nicht gerne, ist aber Fakt.

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