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Das ist schlicht meine berufliche Erfahrung seit Mitte der 90er Jahre mit diesem Thema.
Da geht's gar nicht um "rechts" oder "böse" oder dergleichen. Sondern ich habe das, was du "Sprung" nennst, in der Gesundheitstpolitik inzwischen mehrfach ganz konkret erlebt. In der Behindertenarbeit, in der Versorgung psychiatrisch erkrankter Menschen, in der Altenpflege, in der schulischen Versorgung von jungen Menschen mit stark herausforderndem Verhalten, in der sationären Langfrist-Intensiversorgung von jungen Menschen mit apallischem Syndrom.
Und ich erlebe das ganz ausdrücklich in dem politischen Prozess, der sich "Inklusion" auf die Fahne geschrieben hat. Oberflächlich betrachtet ein höchst ehrenwertes gesellschafltiches Unterfangen. In der Tiefe angeschaut aber genau das: Der "Ausschluß von bestimmten Gruppen aus einem solidarisch organisierten Gesundheitssystem" unter dem offiziellen, politischen Ziel der "individuellen Teilhabe", i.e. Förderung von "Eigenverantwortung und -schutz".
Das ist also kein irrationaler Beißreflex, sondern das ist mein beruflicher Alltag seit mehren Jahrzehnten. Schlicht, weil dem Solidarsystem immer mehr Geld fehlt. So banal ist das.
Hm.Ok, aber die Aufgabe dessen, der mir vorschreiben will im ÖPNV Masken zu tragen. der muss nämlich die Wirksamkeit, Notwendigkeit und Eignung solcher Maßnahmen belegen.
Müssen wir als mündige Bürger tatsächlich den Anspruch haben, jedes Gesetzt, jede Verfügung, jede Vorschrift so erklärt zu bekommen, dass wir sie a) verstehen und b) in der Sache übereinstimmen, um c) ihnen gemäß zu handeln?
Diesen Anspruch kann ich tatsächlich nicht wirklich nachvollziehen.
Ja. Das nun verstehe ich gut und halte das auch für richtig.... aber blindes Vertrauen ist da zu viel verlangt.
Ich habe hier immer wieder lediglich meine Erfahrungen aus einer Binnensicht versucht einzubringen. Und es gibt tatsächlich keinen objektiven Grund, mir diese Erfahrungen einfach abzukaufen, oder meine Einordnung dieser Erfahrungen mitzuvollziehen.
Das ist ein Mißverständnis:Der Riesenirrtum ist da auf deiner Seite. Du glaubst, ihn in Ansätzen zu verstehen, weil er das so schön beschreibt.
Ich schrieb im Gegenteil, dass weder ich ihn verstehe - nicht einmal in Ansätzen - noch, dass ihn wohl die allermeisten verstehen, die seine Bücher lesen.
Und selbst dann ist das offenbar noch immer nicht einfach oder überhaupt wirklich möglich. Ich kenne zwei solche Menschen, und die sind sich ihrer Limitationen an dieser Stelle sehr, sehr bewußt.Ich bin sicher, wenn man kein theoretischer Physiker ist, versteht man absolut nichts davon, was er beschreibt.
Das scheint mir ein sehr interessantes Rechtsverständnis, von dem ich nicht der Meinung bin, dass es gerichtsfest sei.Und da der Staat Maßnahmen zu begründen hat und nicht ich, warum ich die ablehne, bin ich solange dagegen, bis mir der Beweis für die Erfordernis zweifelsfrei dargelegt wurde.
Ich habe leider Zeit meines Lebens die Erfahrung gemacht, dass hinter jedem Busch irgendelche Nazis hervorspringen ... das fing während meiner Schulzeit an, als meine Punkerfreunde jedes Wochenende verhauen wurden. Das hat sich fortgesetzt in meiner Studienzeit und war einer der Gründe, warum ich begonnen habe, aikdiô zu üben. Und das hat sich auch durch in meine berufliche Laufbahn gezogen.Ist nicht mein Problem, wenn du hinter jedem Busch nen Nazi vermutest.
Was ich niemals für möglich gehalten hätte, ist, dass ich tatsächlich wieder erleben muß, dass jüdischen Freund:innen Angst haben, zu sagen, dass sie jüdischen Glaubens sind, weil man ihnen sonst zu Hause auf den Leib rückt. Hier in meinem Viertel.
Was ich niemals für möglich gehalten hätte, ist, dass die Nazionalsozialisten, die sich hinter Herrn Höcke sammeln, im Rat meiner Stadt sitzen. Auch wenn sie bei uns nur wenige sind und man sie bisher gut isolieren kann.
Ich bin hier im KKB als Zecke beschimpft worden. Und ich habe entsprechende Briefe zu mir nach Haus bekommen, die mir zeigen sollten, dass man mich erreichen kann.
Wir vertreten hier als Kirche vor Ort einen klaren Standpunkt. Und die Nationalsozialisten ebenso.
In der Zeit der sog. "Flüchtlingskrise" waren sie es, die hier die Demos organisiert haben. In der Zeit der Pandemie waren es genaus dieselben, die die "Corona-Demos" hier vor Ort organisiert haben. Sogar Zeit und Ort waren gleich. Jetzt organisieren sie die "Anti-Kriegs"-Demos.
Wenn man hier auf die Büsche guckt, muss man sich schon fest die Augen zuhalten, um die Nazis nicht zu sehen ...
Ganz herzlichen Dank für diese biographischen Notizen! Im Ernst: Mir erklärt das die Ambivalenz, mit der ich deine Äußerungen immer wieder wahrnehme. (Ich nehme die so wahr. Meint nicht, dass du tatsächlich ambivalent seist oder wie auch immer ... Ich meine lediglich meinen Eindruck von dir. Also kein Schuh zum anziehen oder in den Teich werfen. Mein Bild von dir kann ja und ist vielleicht völlig verzerrt ...)Keine Ahnung. Ich bin kein Bayer. Kulturell und sprachlich schon gar nicht. Mir ist das aber auch total egal. Ich bin nicht bereit, mein Sprachkleid anzupassen, weil Menschen wie Du bestimmte Formulierungen mit gewissen Gesinnungen meinen identifizieren zu müssen (ich erinnere an die Diskussion über „Sippenhaft“ - mein Vater war Gewerkschafter und Ur-Sozi - Berliner Politologe aus den 60ern - und hat diesen Begriff zeit seines Lebens verwendet. Willst du den jetzt auch posthum zum Rechten erklären?).
...
(Ich bin mit der Emanzipationsbewegung aufgewachsen und musste mich quasi konter-emanzipieren. Ich kenne die Mechanismen schon. Soll mich für nen Macho halten wer mag. ich weiß, dass ich keiner bin. Und ich bin durchaus in der Lage, derlei zu erkennen und (auch sprachlich) dagegen einzuschreiten, wo ich es für geboten halte.)
Nochmal: Ich halte dich nicht für einen Nazi oder dergleichen. Vorher schon nicht, und nach dieser Selbstbeschreibung noch weniger.
Unsere Sprache ist ein Aspekt unserer Verbindung zur Welt. Hier, in diesem Forum, ist das alles, was ich von dir habe - und du von mir: Wir sehen nicht unsere Mimik, wir erleben nicht den Ausdruck unserer Körper. Wir machen keine Erfahrungen mit dem konkreten Handeln des anderen. Wir haben ausschließlich die geschriebene Sprache, um mit einander in Kontatk zu treten und zu sein.Wer allerdings meint, das an meiner Sprache messen zu müssen, ...
Und auch im Alltag ist Sprache doch ebenfalls nicht einfach "egal", sondern ein wichtiger Aspekt unseres Kontaktes zu anderen Menschen?
Gerade darum ist doch z.B. Wolf Schneider die Sprache so wichtig.
In meinem Job ist sie jedenfalls von überragender Bedeutung. Sowohl, was die historische Arbeit anbetrifft. Denn da sind es eben sprachliche Zeugnisse von menschlichen Erfahrungen, mit denen Theologie umgeht. Aber auch in der Vermittlung spirituellen Erlebens ist Sprache wichtig. Ich selbst lebe eine mystische Theologie, also eine Form von Spiritualität, die in Erfahrung gründet und nicht in Wissen oder Für-wahr-halten. Nichtsdestotrotz braucht auch diese Wort-lose Theologie Worte, um sie zu vermitteln ...
Genau das beschreibt einen fundamentalen Irrtum, der im Laufe der Jahrhunderte durch eine männlich-dominierte Sprache in die Köpfe der Menschen getragen wurde. Interessanterweise übrigens erst relativ spät, d.h. nach etlichen Jahrhunderten. Und nicht zufällig, sondern ganz bewußt, indem bestimmte Textstellen alternativ übersetzt wurden. Und das kann man halt historisch-kritisch belegen.War wohl eher keine Frau, die diese Geschichten erfunden hat. Kann aber auch sein, dass nur die Männer Zeit hatten, sich mit so Erlösungskram zu beschäftigen. Die Frauen mussten ja den Haushalt machen. War das fair? Sicher nicht. Wäre es besser gewesen, wenn es „die Apostel:Innen“ genannt würde? Nein, denn es wären trotzdem nur Männer gewesen, die am Tisch hätten sitzen dürfen.
Diejenigen, die die ersten Berichte von diesem Jungfrauending mit Engeln und Krippe und Superbaby in die Welt hinein verbreitet haben, das waren eben gerade Frauen: Die Hirten auf dem Felde war eben in der Mehrzahle Hirtinnen mit kleinem i. Es waren hart arbeitende Frauen, die am Anfang standen und die diese Erfahrung dementsprechend in andere gesellschaftliche Kanäle einespeist haben, als wenn's die Herren der Schöpfung gewesen wären.
Diejenigen, die mit Jesus umhergezogen sind, die das Unternehmen finanziert haben und die - vor allem - ihre sozialen Bezüge verlassen haben, das waren eben in der Mehrzahl Frauen. Du kennst die zwölf Schnuppelhasen, die die Kirche später berühmt gemacht hat. Für einen Mann wars easy, mal eben Netze, Familie und alles zurück zu lassen. Für die Frauen sah das anders aus. Aber kein Mensch realisiert heute noch, wie diese revolutionäre Bewegung strukturiert war. Dabei war genau das ihre Besonderheit. Messiasse gabs damals wie Sand am Roten Meer. Jeden Tag kam ein neuer Heiland ins Dorf. Dass sich die Jesus-Bewegung aber durchsetzen konnte und eine so große Popularität erlangte, dass die Römer aufmerksam wurden und auch die Vertreter der jüdischen Religion, das lag daran, dass diese Bewegung von Frauen getragen war.
Naja, und dass es Apostolinnen, mit kleinem i, gegeben hat, ist eben auch eine Tatsache. Da haben eben lange gerade nicht nur Männer mit am Tisch gesessen. Ganz im Gegeneil. Aber irgendwann haben sie das Ruder an sich gerissen. Und mit das erste, was sie getan haben war, die Frauen aus den Texten zu tilgen. Sie haben die Sprache genutzt. Und bis heute werden in der römischen Kirche genau diese Texte genutzt, um die Frauen vom Tisch fern zu halten ...
Ich meine vor allem, dass die Sprache unser Denken bestimmt. Denn wir denken in Sprache. Und wir können nur das denken, was wir in Sprache fassen können.Du meinst halt, das Problem sei die Sprache, ich hingegen meine, das Problem ist das Denken.
Naja, ein Drittel der Ärzt:innen, die ich anlässlich meiner OP in der Urologie erlebt habe, waren Frauen. Darf das der Tagesschausprecher nicht ruhig auch sagen, wenn ich in den Nachrichten komme? Damit den Leuten, die die Station nicht kennen, das adäquate Bild vermittelt wird? Warum sollte man denn nicht sagen dürfen, dass da auch Ärztinnen arbeiten?Das Bild der Menschen wird geprägt von dem, was sie erleben, nicht davon, dass der Tagesschau-Sprecher korrekt gendert.
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