Zitat von
carstenm
"Verzerrte Darstellung" bedeutet, dass deine Darstellung ausschließlich nur deine Perspektive widergibt. Ohne die anderen Perspektiven zu berücksichtigen, die sie ergänzen, ihr widersprechen oder sie in anderer Weise in Frage stellen.
Aha.
Und wenn ich z.B. behauptete, die Erde wäre ein ziemlich kugelförmiges Rotationsellipsoid, dann wäre das in Deiner Welt dann wohl auch eine "verzerrte Darstellung", denn schließlich gibt es ja nur "meine" Perspektive wieder, ohne die anderen Perspektiven zu berücksichtigen, die meiner Darstellung widersprechen oder sie in anderer Weise in Frage stellen.
Z.B. die Perspektive der Flacherdler, aus der die Erde eher ein ziemlich scheibenförmiges Rotationsellipsoid ist, oder gar keines.
Zitat von
carstenm
Wie in dem berühmten Bild der Blinden, die den Elephanten beschreiben. "Verzerrt" meint vereinfacht gesagt, dass du in deiner Darstellung den Rüssel für den Elefanten ausgibst und dabei zugleich verschweigst, dass es auch andere relevante Aussagen über den Elefanten gibt.
Ja, z.B. die Aussagen, der Elefant hätte ein Geweih oder Flügel.
Denn wenn man nicht Recht haben will, im Sinne eines korrespondenztheoretisch verstandenen Wahrheitsbegriffes, dann ist die Frage, ob eine Aussage mit Tatsachen einer objektiven Welt übereinstimmen, kein Auswahlkriterium für eine Aussage, und die oben genannten sind anderen zunächst gleichwertig.
Zitat von
carstenm
Das Kriterium von Kohärenztheorien von Wahrheit ist nicht das Gelingen des Lebens eines Individuums. Ich kenne jedenfalls keine, in der das der Fall wäre.
Wie kommen wir nun auf den Begriff "Kohärenztheorie von Wahrheit", noch dazu im Plural?
Ich bezog mich auf die von Dir vor ca. einem Jahr genannte Definition:
Zitat von
carstenm
Insgesamt hat Wahrheit für mich zu tun mit der Frage, ob sie Leben gelingen läßt.
Ist das nun eine Aussage der (oder einer) Kohärenztheorie von Wahrheit und wir spielen jetzt das Sprachspiel der Philosophie bzw. Wahrheitstheorien?
Dann musste ich mich erstmal schlau machen, was dieser Begriff bedeutet....
als theoretische Position zur Bestimmung des Wahrheitsbegriffs vertritt die Kohärenztheorie die Auffassung, dass eine wahre Aussage dadurch bestimmbar sei, dass sie mit bestimmten anderen wahren Aussagen übereinstimmt. Im Hinblick auf die Bestimmung der Wahrheit einer Aussage gehen Ansätze der K. davon aus, dass die Wahrheit einer Aussage durch gewisse Systemeigenschaften der Theorie, z.B. ihre logische Widerspruchsfreiheit, festgelegt ist, zu deren Folgerungsmenge die Aussage gehört.
[...]
Bestandteile der Kohärenztheorie sind Umfassung (comprehensiveness), Zusammengefügtheit (cohesiveness) und Konsistenz. Sie ist eine Relation zwischen einer wahrheitsfähigen empirischen Aussage A und einer nicht-leeren Aussage-Menge M, die bereits als kohärent wahr ausgewiesen gelten. Die Relation besteht genau dann, wenn (1) die um die Aussage A erweiterte Aussage-Menge M logisch widerspruchsfrei ist, (2) es eine Teilmenge M' von der Aussagen-Menge M gibt, die alle (und nur die) Aussagen enthält, aus denen sich die Aussage A ableiten lässt, (3) jede Teilmenge von M erweitert um die Aussage A aus kontextual zusammengehörigen Aussagen besteht. Rescher nennt dazu drei kohärenztheoretische Bedingungen: (a) Die Wahrheit des kohärenztheoretischen Kriteriums kann nicht mit Hilfe eben dieser Kriterien festgestellt werden. (b) Das Kriterium legitimiert sich über seinen Erfolg (was zu weiteren Präzisierungen führen könnte). (c) Das Kohärenzkriterium ist hinsichtlich der Wahrheitstheorie ein partielles Kriterium, das seinerseits die korrespondenztheoretische Wahrheitsauffassung voraussetzt. Die Anwendung des Kohärenzkriteriums dient zur Beurteilung dafür, ob neue Aussagen als verträglich mit dem bisherigen Wissen zu gelten haben.
Uiuiui, da müssen wir dann wohl doch noch das Sprachspiel der formalen Logik einführen?
Inwiefern hat das nun überhaupt mit dem IMO doch eher unscharfen Kriterium "Gelingen des Lebens" zu tun?
Zitat von
carstenm
Die Wittgensteinsche Theorie des Sprachspiels z.B. zeigt sehr schön, dass der eine selbe Satz in einem Sprachspiel Wahrheit abbilden kann. In einem anderen Sprachspiel aber nicht. FireFlea hat ja ein einfaches konkretes Beispiel benannt.
Ich würde das Beispiel von FireFlea eher so interpretieren:
Er bildet sein eigenes Verhalten ab in der Beschreibung: "ich schaue den halben Tag auf mein Handy".
Das ist für ihn auch wahr im Sinne eines korrespondenztheoretischen, IMO üblichen, Wahrheitsbegriff. Er sagt das nicht, weil er meint, dass diese Aussage das Leben gelingen lässt, sondern er hält es tatsächlich für eine passende Beschreibung seines Verhaltens.
So er nun dieses Verhalten auch bei anderen beobachtet, oder aus der Posthäufigkeit im KKB auf ein derartiges Verhalten schließt, meint er, die Aussage verallgemeinern zu können:
"wir schauen doch alle den halben Tag aufs Handy"
Das ist nun allerdings eine überschaubare Zeichenfolge, die sicher nicht geeignet ist, alle Informationen und Bilder, die FireFlea damit verbindet, zu transportieren.
Vielmehr muss FireFlea darauf vertrauen, dass beim Empfänger der Zeichenfolge ähnliche Strukturen, Erfahrungen, etc. vorhanden sind, so dass der durch das Lesen dieser Zeichenfolge
angeregte Gehirnzustand beim Empfänger ähnliche Bilder und Vorstellungen hervorruft, wie die im Gehirn von FireFlea, die er mit dieser Zeichenfolge verbindet.
Das ist ja nun, wenn man etwas genauer drüber nachdenkt - was hier natürlich nicht jeder will - keineswegs selbstverständlich.
Im konkreten Fall hat die Aussage "wir schauen doch alle den halben Tag aufs Handy" bei mir die Vorstellung getriggert, von Leuten, die das Handy am Arbeitsplatz oder beim Treffen mit Freunden auf dem Tisch liegen haben, oder in kurzen Abständen von wenigen Minuten hervorholen, um zu sehen, ob sich etwas Neues ereignet hat.
Und so sehe ich mich nicht.
Wenn ich arbeite, dann arbeite ich. Meist stundenlang, ohne auf mein Privathandy oder zu privaten Zwecken in's Internet zu schauen.
Beiträge in privaten Foren schreibe ich nicht während der Arbeitszeit am Handy, sondern in meiner Freizeit an einem Notebook oder PC.
Die Whatsapp, die ja im Namen schon verspricht, das Bedürfnis, ständig darüber informiert zu sein, was gerade ab geht, benutze ich eher widerwillig und ärgere mich eher, wenn irgendwelche Banalitäten, die andere Leute auf Kanälen, die eigentlich für andere Informationen vorgesehen sind, meinen, mitteilen zu müssen, mich dazu bringen, Tätigkeiten zu unterbrechen, mein Privathandy hervorzuholen und draufzuschauen, weil es ja etwas Wichtiges sein könnte.
Insofern finde ich mich mit der Aussage "wir schauen doch alle den halben Tag aufs Handy" nicht beschrieben und nicht als Teil von "wir".
Daher widersprach ich.
Dagegen kam der Einwand: "Du kommentierst doch hier auch mehrfach, also setzt Du Dich damit auch häufiger auseinander"
Es stellte sich also heraus, dass FireFlea mit "den halben Tag" einfach "häufiger" meinte.
Aus dem weiteren Verlauf der Diskussion entnehme ich, dass es FireFlea für genauso selbstverständlich hält, mit "den halben Tag" nicht die Vorstellung, die ich oben beschrieben habe zu verbinden, sondern meint, das das selbstverständlich ein Synonym für "oft" oder "häufig" sei.
Diese Selbstverständlichkeit sieht er wohl auf gleicher Stufe, wie wenn jemand sagt "ich bin unendlich..." und meint, wer Ersteres anders interpretiert als er und die Leute in seinem Umfeld, müsse auch Letzteres anders interpretieren.
Das passt dann in das Bild von mir, dass einige Leute hier bewusst zu verbreiten such(t)en.
Wenn man etwas oft genug wiederholt, dann wird es irgendwann von einigen geglaubt*.
Das hat jetzt für mich nix mit einem anderen Sprachspiel zu tun, sondern einfach mit einzelnen
Begriffen, die nicht auf beiden Seiten die gleiche Bedeutung haben.
Das kann man schnell klären, sofern beide Seiten an einer Klärung interessiert sind.
Zitat von
carstenm
Es geht also nicht um das Gelingen meines oder deines individuellen Lebens, sondern um das Gelingen, des Lebens. In diesem Falle nämlich unseres Lebens. Und das der anderen an dem Gespräch Beteiligten.
Das soll hier heißen: Es geht darum, einander mindestens wahrzunehmen und im besten Falle, einander zu verstehen.
Wie gesagt: Ich meine, Dich sehr gut zu verstehen. Und insofern ich die Menge meiner Propositionen über Dich als kohärent erlebe, wären die - soweit ich das verstanden haben - nach der (einer?) Kohärenztheorie der Wahrheit auch dann wahr, wenn die nicht mit den Tatsachen einer objektiven Wirklichkeit übereinstimmen.
Zitat von
carstenm
Das ist ja aber hier ganz offensichtlich nicht gelungen.
Damit wäre dann das von Dir präferierte Wahrheitskriterium nicht erfüllt....
Was wird damit unwahr? Die Aussagen, die Du beim Bemühen um ein Gelingen getätigt hast, oder der ganze Dialog bzw. die Annahme, der hätte statt gefunden?
Zitat von
carstenm
Und so sei es denn
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*) Das ist auch der Grund, den ich hinter dem Verhalten von cam67 vermute, hier unbeirrt weiter ein Gespräch mit mir zu simulieren: Er hat dann die Gelegenheit, unwidersprochen allerlei Zeug über mich zu erzählen und wenn er es oft genug wiederholt, dann wird es oft gehört und mit meiner Person verknüpft..... Wenn das dann auf Personen trifft, die ihre als "Empfindungen" beschriebenen vagen Eindrücken nicht regelmäßig hinterfragen, ja sogar explizit ablehnen, demjenigen, gegenüber sie diese "Empfindungen" entwickelt haben, die Gelegenheit zu geben, das an konkreten Beispielen zu betrachten, dann entwickeln die natürlich Vorurteile, die sie dann in solchen Dialogen, wie dem oben dargestellten, bestätigt sehen.
Naja, meinetwegen, aber solche Leute sind für mich natürlich in keinster Weise kompetent, Kommunikationsmethoden auf ihr Gelingen hin zu beurteilen, auch wenn die sich dadurch bestätigt fühlen, dass sie mit ihrer Meinung nicht allein sind.
Aber das können Millionen Trumpwähler ja auch....