Eine Sache habe ich beim Wado-Ryu noch zu bemängeln: Es wird, zumindest in den Schulen die ich kenne, eigentlich nur stur das gelehrt, was für die Prüfungen notwendig ist. Selbstverteidigung etc.pp. spielt faktisch überhaupt keine Rolle.
schau:
wirkt natürlich sehr old style, aber ist m.e. immerhin nicht auf reine karatewettkampftechnik beschränkt.
soweit ich mich erinnere, hatte er auch den achten dan in jiujitsu.
Naja, wenn man sich zB mal alte Aufnahmen von Funakoshis bei der Arbeit anschaut, dann hat sein Shotokan mit dem von heute auch nicht mehr viel zu tun. Von den Ständen bis zu den Ausführungen der Techniken gibt es da zT gravierende Unterschiede. Wobei es, wenn es einem eh nur um die Kampftauglichkeit geht, ästhetische und spektakuläre Bewegungen nicht interessieren.
Welchen Stil betreibst du eigentlich?
Auch wenn die Standard-Antwort hier EIGENTLICH die übliche wäre - nämlich dass das idR vom Trainer abhängt -, so kommt hier dann doch die Frage dazu, wo dein Dojo ist. Die Prüfungsordnungen im Wado sind Ländersache und in fast allen Prüfungsordnungen stehen SV-Techniken und Freikampf explizit drinne, außer in der von Bayern. Und dann haben wir ja neben dem Wado-Ryu ja auch noch Wadokai (auch bekannt als Wado-Ryu Kono-Style) in Deutschland. Wadokai hat ein einheitliches Prüfungsprogramm, wo allerdings auch keine SV drinne steht.
Geändert von Inumeg (21-05-2021 um 05:55 Uhr)
Das beste, was ich beim Shotokan in Bezug auf SV gelernt habe, gleich nach ein paar Wochen lehrte mich ein Schwarzgurt (in USA):
"if he's got a knife, run"
"Eternity my friend is a long f'ing time!"
Guten Morgen,
ein sehr interessantes Thema und ich möchte meinen "Einstand" hiermit eröffnen:
"Weniger ist stets mehr!" sei die Devise und wie sagte schon Bruce Lee sinngemäß: "“I don't fear the man who has practiced 10,000 kicks but the man who has practiced 1 kick 10,000 times!” In Sachen SV geht das Feld aber noch ein Stück weiter auf oder aber besser zu - ein Aspekt: Wir gehen immer stillschweigend davon aus, dass wir einen etwaigen Angriff wahrnehmen UND auch noch reagieren können. Aber dies führt nun zu weit.
Um auf die jüngste Diskussion in Sachen Funakoshi einen Impuls zu setzen:
Funakoshi "japanisierte" das To-de aus Okinawa, um es passend zu machen. Die damit einhergehende Versportlichung und zuweilen auch der Verlust der Effektivität (vorsichtig formuliert) ist uns allen wohlbekannt. Ich bin auch ein "Shotokan"-Kind, weil es in in der Nähe eben nur den einen Karate-Verein gab. Nehmt noch die damaligen Werke von A. Pflüger und Nakayama hinzu und du bist in dieser elenden Schleife drin. Wenn ich das heute rückblickend betrachte einfach nur furchtbar: Kihons schrubben, die Heians laufen (mit Gedan-B. gegen Mae-Geri als Bunkai - wobei dieser Begriff nie gefallen ist) und wir haben uns unbesiegbar gefühlt. Wer hat im Sparring dominiert? Die Klopper und Nicht-Techniker, die einfach nur drauf sind, während unserseins brav den Soto-Ude-Uke als Block nutzen wollte. Wir folgten blind und rannten gegen die Wand. Ich denke, dies haben auch so einige User hier miterlebt. Aber wir hatten damals diesen Blick über den Tellerrand überhaupt nicht. Das Wing Chun hat mir nach sechs Jahren "Karaaaaaddde" die Augen geöffnet, aber auch hier kamen schnell die Sackgassen. Heute erkenne ich das Potenzial des Kara-te (um wieder auf das Thema zu kommen), aber eben nicht in der Shotokan-Variante. Meine Lieblingskata war und ist immer noch die Naihanchi (Tekki-Shodan) - ich sehe hier sehr viel Potenzial und Elemente, die in Sachen SV herangezogen werden können, aber dies ist natürlich stets individuell.
LG
Martin
Hallo,
Wir sprachen von der SV-Tauglichkeit des Karate. Wenn ich einen Angriff nicht wahrnehmen kann, ist egal, was ich jemals gemacht habe - ich bekomme einfach auf die Mütze. Ich kann der größte MMA-Fighter aller Zeiten sein, wenn mir jemand von hinten mit der Keule über den Kopf gibt, falle ich um. Das hat mit Kampfkünsten nichts zu tun.
Hier kommt eher in Spiel, was im Allgemeinen über bewusstes Bewegen in der Öffentlichkeit gelehrt wird (nicht eng um Häuserecken gehen, erst auf die Rückbank schauen bevor man in's Auto einsteigt, keine Kopfhörer in der Öffentlichkeit, ...).
Der Stil ist nicht relevant; die Interpretation des Stils und die Fähigkeiten des Einzelnen sind es.
Grüße
SVen
Hallo Sven,
das Thema SV ist ein weites Feld und da spielen noch ganz andere Faktoren eine Rolle. Die von dir erwähnte "Umsicht im Alltag" setze ich letztlich vorraus, wobei hier auch mal schnell Paranoia entstehen kann. Nicht an jeder Ecke lauern potenzielle Störer und nicht jeder Autofahrer packt mich in den Kofferrraum.
Dennoch reduziert sich das ganze Spiel der SV meiner Ansicht nach auf ganz wenige Sekunden, falls es zu einer körperlichen Wechselwirkung kommt und hier sind die Re-Aktionen meines Erachtens sehr, sehr beschränkt. Wäre einmal interessant, wer schon einmal in solch einer Situation gewesen ist? Ich denke in diesem Bereich sind sehr viele Kopfvirtuosen unterwegs.
Zum Stil: Auch hier scheiden sich die Geister.
Beste Grüße
Martin
Hallo,
Ich denke, Du setzt da zu viel voraus. Wenn ich in Chemnitz über die Zentralhaltestelle gehe, hat dort die absolute Mehrheit Kurzsicht auf Grund Handystarrens i.A. kombiniert mit Ohrhörern. Einige sind überrascht, wenn plötzlich die Straßenbahn vor ihnen steht.
Zwischen umsichtigen Verhalten im Alltag und Paranoia gibt es schon Unterschiede. Wenn ich joggen gehe, habe ich auch Ohrhörer drin, aber keine NCs und keine Musik. Ich wohne aber auch in einer grünen Gegend und jogge durch den Wald.
Mein alter Karatelehrer hat immer gesagt: Die beste Verteidigung ist: nicht da sein. Hat er vermutlich irgendwo geklaut, stimmt aber trotzdem.
Eine SV-Situation ist kein Duell; es gibt keine drei Minuten Kampfzeit. Da sind wir uns einig. Die Reduktion der Technik stimmt aber wiederum nicht so sehr. Verschiedene Stile beinhalten verschiedene Techniken und die Praktizierenden der Stile spezialisieren sich wiederum verschieden im vorhandenen Technikpool.
Für den Einzelnen ja, aber nicht für den Pool an SV-tauglichen Karateka. Ein Koryo-Uchinadi-Typ wird vermutlich völlig anders reagieren, als ein Kyokushinkai-Hühne. Trotzdem können beide SV-tauglich sein, wenn sie entsprechend trainieren. 30 Jahre lang Oi-Zuki-Chudan mit Soto-Uke abwehren und dann mit Gyaku-Zuki kontern, wird vermutlich jetzt nicht so großartig zum Erfolg führen. Nichts desto Trotz ist das völlig Okay, so lange man in dieser Hinsicht ehrlich ist und nicht so tut, als wäre es so.
"Wer weiß, redet nicht
wer redet, weiß nicht"
Ich denke, man kann das schon sehr gut erkennen; und sei es mittels Ausschlussverfahren.
So lange es Praktizierende gibt, die den gleichen Stil verschieden interpretieren - und so sollte es sein, da keine zwei Menschen gleich sind - kann man dies a-priori so nicht sagen.
Grüße
SVen
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