Ich mag ja akademische Fragen – auch wenn das Problem damit oft genug darin besteht, dass man darüber etwas die Realität aus den Augen verlieren kann.
Wenn also die akademische Frage lautet «Ist ein mit Kabelbinder in der Scheide gesichertes Messer in den Augen des Gesetzgebers ‘sicherer’ im Sinne von ‘weniger zugriffsbreit’?» lautet die meine Amateur-juristische Antwort vermutlich in etwa:
«Natürlich. Da man den Kabelbinder aber erst in einem Abstand von unter einem Meter sieht und sich nur durch Berührung überzeugen kann, ob hier eine tatsächliche Sicherung oder eine Attrappe vorliegt, ist es nicht ratsam, sich allein darauf zu verlassen und den besagten Gegenstand offen zu tragen.
Zudem gilt es immer zu bedenken, dass der angegebene ‘berechtigte Führungsgrund’ auch im konkreten Einzelfall legal sein muss – sprich, ‘Lagerfeuer machen’ ist nur dann ein berechtigter Grund, wenn das in der Zone und Jahreszeit erlaubt ist, für ‘Bushcrafting’ sollte man sich vermutlich ein Waldstück aussuchen, wo das legal möglich ist usw. ‘Begehen einer Ordnungswidrigkeit zum Begehen einer weiteren Ordnungswidrigkeit’ ist mit ziemlicher Sicherheit kein ‘berechtigter Führungsgrund’, der vor Gericht standhalten wird.
So oder so ist diese Lösung aber auch eindeutig weniger ’sicher’ als beispielsweise ein mit dem auf dem Beispiel verwendeten Zahlenkombinationsschloss gesicherte Seitenfach des Rucksacks o.ä., oder schlicht das Verwenden von gesetzlich unproblematischen Alternativen. Es sei dabei darauf verwiesen, dass das Gesetz bestimmte Waldarbeitsutensilien wie Axt oder Gertel weniger stark reglementiert als Messer mit einer Klingenlänge von über 12.5 cm.
Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass es im Zusammenhang mit §42a diverse Fälle gab, wo die Eignung des strittigen Gegenstandes für den angegebenen Zweck diskutiert wurde, wobei neben den Herstellerangaben auch die Einschätzung der betreffenden Beamt*innen eine Rolle spielen kann, ob denn das fragliche Messer in Form und Ausführung dazu gemacht sei, Hölzchen zu schnitzen, einen Apfel zu schälen oder ein Brötchen zu schmieren.» (Ich gebs ja zu, ich hatte beim letzten Satz grad das Zitat von Sonny Barger «You never know when you might have to peel a banana or to pop a balloon” im Kopf).
Fazit: auch wenn wir uns alle gerne gelegentlich mal über §42a aufregen (ich mich sogar, obwohl mich der im Schnitt an weniger als 10 Tagen im Jahr betrifft, denn öfter bin ich nicht in der benachbarten Bundesrepublik unterwegs zur Zeit), aber es gibt wahrlich auch eine nicht geringe Zahl an Optionen, die von dem Paragraphen nicht betroffen werden. Das mag unsere Freiheit als Konsument*innen beeinträchtigen, aber unterm Strich sind wir vermutlich am sichersten und entspanntesten unterwegs, wenn wir bestimmte Dinge eher zu Hause lassen und nach Möglichkeit auch nicht vor den Augen unbedarfter und gegebenenfalls schreckhafter Mitbürger*innen mit den grössten und fiesesten in der jeweiligen Situation erlaubten Werkzeugen herumhantieren. Klingt tragisch, is aber so