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period
Jein – da kommt wieder der Lehrweg ins Spiel. Bei uns gibt es typischerweise Drills für spezifische Techniken, und Drills für breitere Anwendungen (z.B. defensives Bewegen). Bei den Drills für breitere Anwendungen ist aber der Handlungsspielraum weitgehend frei, ich kann also über verschiedene Techniken und Strategien zum Ziel kommen. Generelle Drills für Mechanik werden seltener angewendet (Beispiele z.B. in «100 kleine Zweikampfspiele» von Jürgen Hartmann, also einem der DDR-Cheftrainer). Die Philosophie variiert hier von Schule zu Schule, mein Trainer würde argumentieren, dass man das trainiert, was man machen will (während man von einer generellen Übung erst einen Übertrag generieren muss).
Die Übung mit der Wassertonne kenne ich aus dem Shuai Chiao Buch von Tong Zhongyi (in der Übersetzung von Tim Cartmell), probiert habe ich es allerdings nicht (mangels Tonne). Falls Du das Buch nicht kennen solltest – ich finde es recht interessant, weil es die Unterschiede von dem chinesischen und dem europäischen Ansatz des Lehrwegs recht gut aufzeigt. Bei Zhongyi wird zuerst die Solo-Form von allen gezeigten Techniken demonstriert, plus eben separate Mechanikübungen (Tai Chi ruler, basket shaking, belt cracking etc.), dann erst die Anwendung. Ich kenne kein einziges europäisches Ringbuch, das den Soloübungen auch nur annähernd so viel Raum gibt. Meistens sind es 4-8 Seiten, und das sind noch die herausragenden Beispiele. Bei uns wird Struktur primär auf der Matte unterrichtet – macht es jemand falsch, zeigt man ihm, was dann passiert, lässt ihn den Unterschied spüren, und dann wirft, dreht oder schiebt man ihn eben so lange, bis er es richtig macht. Soweit ich es verstanden habe, geht in den chinesischen Systemen die Soloform und der eingeschränkte Drill der Anwendung voraus, in den europäischen Systemen ist es wenn dann umgekehrt – die Soloform wird erst dann eingeführt, wenn jemand weiss, wie sich etwas mit Partner anfühlen muss, und das wird dann mit einem passenden Hilfsmittel repliziert, während man die Anwendung visualisiert und idealerweise «spürt».