Link zu meinem Gratis-Ebooks https://archive.org/details/john-fla...protoversion-1 & https://archive.org/details/FlaisSeiStark1_1
Genauer gesagt hat er Forscher und KK-Historiker gefragt, da ist meine Jobbezeichnung ziemlich nahe dran Ich persönlich denke, dass historische Aufzeichnungen per se nicht ausreichen werden, weil man damit die zeitliche Abfolge bereits a priori in historische Zeit setzt, was im heutigen Europa etwa bedeutet, dass man mit den Minoern anfängt. Urk und Glork, die sich bereits sehr erfolgreich Holzkeulen und Steine um die Ohren gehauen haben, lässt man dagegen aussen vor. Wenn wir schon beim Thema sind – verschiedene Höhlenmalerei-Szenen werden als Jagdrituale interpretiert, da ist der Schritt zum simulierten Kampf auch nicht weit, wenn man mich fragt. Hüben wie drüben wäre aber stark anzunehmen, dass die Kenntnis des realen Phänomens der Simulation vorausgeht – sprich, man fängt nicht an über die Wiese zu tanzen und merkt dann zufällig, dass man dabei ja ganz toll leckere Mammuts erlegen kann (überspitzt formuliert, ich postuliere nicht, dass die menschliche Jagdgeschichte mit Mammuts angefangen hat).
Damit wären wir bei einem weiteren wichtigen Punkt: Historiker arbeiten praktisch immer mit indirekten Quellen, also mehr oder weniger tendenziösen Überresten (das gilt sogar für Zeithistoriker). Diese werden gesammelt, bewertet und im Kreis der Fachkollegen diskutiert. Bewertungen und Diskussionen können zwangsläufig nur im eigenen Referenzsystem stattfinden, nur teilweise im zeitgenössischen, das den Historikern höchstens partiell erschliessbar ist. Mit anderen Worten, es ist NICHT erforderlich, dass der Begriff «Form» mit allen jemals verwendeten Bedeutungen von «haka», «kata», «taozi» etc. übereinstimmt; diese Begriffe würde man verwenden, wenn man die entsprechenden Phänomene beschreibt, für eine globale Betrachtung wären sie als Überbegriffe sogar eher hinderlich. Und dass man etwas, was seinerzeit eine Definitionskategorie war, nicht in mehrere Kategorien aufteilen darf, sagt ja auch niemand. Allerdings muss den Kollegen, mit denen man diskutiert, klar sein, was denn jetzt der Prof. Dr. XY unter dem Begriff Z versteht.
Weil Du Haka erwähnt hast – zumindest so, wie wir das heute kennen, wären das nach den von mir aufgestellten Kategorien alles Choreographien, weil da Gruppen zeitgleich die gleichen Bewegungen tanzen – was sie nicht könnten, wenn der Ablauf nicht vorgegeben wäre.
Das geht jetzt in Richtung Haarspalterei, aber man könnte auch sagen, dass jede Technik Biomechanik und Struktur zeigen sollte, ungeachtet dessen, ob sie mit oder ohne Partner ausgeführt wird. Die Argumente mit dem Einfrieren und der Mehrdeutigkeit finde ich schwierig, weil
a) ist die Struktur in diversen Stilen (etwa Silat) mit und ohne Waffe immer gleich – das wird den Trainierenden aber am ersten Tag gesagt und nicht nach 15 Jahren in einer feierlichen Teezeremonie eröffnet
b) könnte man das Spiel auch in den westlichen Disziplinen machen, die diesbezüglich aber keinen Anspruch erheben
c) würde es vermutlich auch mit verschiedensten anderen Sportaufnahmen funktionieren
Um ganz ehrlich zu sein: ich persönlich halte die entsprechenden Diskussionen für ein Anzeichen dafür, dass die «Linie gebrochen» ist. Zumindest nach meinem Verständnis müsste wenigstens den fortgeschrittenen Trainierenden beim Durchhampeln der Form sonnenklar sein, dass sie aus dieser Position A, B und C machen könnten, mit und ohne Waffe, nicht aber D, weil... Wenn ich einem Boxer oder Ringer beim Solotraining zuschaue, ist mir ja auch klar, was der da grade macht, auch wenn ich den Gegner nicht sehe und die konkreten Kombinationen noch nie vorher gelernt habe, schliesslich kenne ich ja die Techniken und Prinzipien von den Sportarten. Allenfalls kann ich mir noch vorstellen, dass die Meta-Informationen in diversen Disziplinen nie fest fixiert wurden, nachdem niemand damit gerechnet hat, dass die Trainierenden und/oder Zuschauenden irgendwann überhaupt keine Ahnung haben, wie denn welche Art von Kampf aussieht.
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Ich warf das jetzt einfach noch mal so rein:
Für Kämpfen welches in Wettkämpfen stattfindet, braucht es mit Sicherheit keine Formen; siehe Judo, Karate, TKD oder auch Boxen und Ringen.
Für Kämpfen im Kontext von Banden- und Straßengewalt oder kriminellen Milieu auch nicht.
Für Kämpfen im Kontext von polizeilichen und militärischen Aktionen und Operationen auch nicht.
Sieht also mau aus.
Die Frage müsste also eher lauten, ob Formen einen eigenen, davon unabhängigen Nutzen haben, und da denke ich lautet die Antwort schon "Ja".
Da wären einmal relativ simple Dinge wie dass sie Leute zum Üben/sich bewegen motivieren; sie schulen das Gedächtnis; können als Baukasten für weitere Beschäftigung mit den Inhalten einer KK dienen; sie bieten schöne Vorführungen; kann man bestimmt noch paar Punkte finden.
Speziell die langsam ausgeführten Formen hätten zudem m M n noch den Vorteil, dass man damit ein paar körperliche Skills und gesundheitliche Qualitäten ausbilden kann, die nur durch schnelles Training m M n nicht erreicht werden können.
So in etwa in a nutshell.
Man braucht sie zwar nicht, aber man kann sie trotzdem haben. Judo hat traditionell Katas als Bestandteil der Graduierungen, und ich kenne auch einen deutschen Bundesligaverein im Ringen, wo bis zu 20 Techniken umfassende, intern standardisierte Technikketten solo geübt werden. Da kommt man mit dem Begriff "Kombination" schon nicht mehr wirklich aus, weil zu lang und nicht frei kombinierbare Bestandteile.
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Ja mei, man kann vieles haben. Aber wie du eben schreibst: man braucht sie nicht.
(Und 99% der Wettkämpfer im Judo, Karate, TKD - zumindest von denen die ich kannte auf nationalem oder darüber hinausgehenden Niveau, haben sich nicht damit beschäftigt. Zumindest nicht während ihrer Wettkampf-Zeit. Prüfungsmäßig wird das teilweise ja sogar schon ausdrücklich abgekoppelt.)
Kein Einspruch von meiner Seite; ich würde aber anfügen, dass wenn es um die Frage "warum macht man das?" lohnenswert sein kann, sich anzuschauen, welcher Wert eben auch im konkreten Einzelfall dieser Praxis beigemessen wird; daher habe ich den besagten Fall erwähnt, dort wurde mir erklärt, das diene primär einer flüssigeren Verkettung von Techniken, mit Verweis auf den diesbezüglichen Mehrwert von Kombinationen, die länger sind als die üblichen 2-4 Techniken. Mein Greco-Trainer kam aus dem besagten Verein, er fand die Idee an sich gut, hat sie aber selbst nicht in der Form implementiert.
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Hmh, ich schrieb nicht ohne Grund "entsprechend des jeweiligen Stils" . Der Stil beinhaltet halt auch seine spezifische Vorgehensweise (mehr geradlinig, mehr Kreisend, mehr tief , mehr fest und stabil , mehr Agil usw.) , Strategie , Schrittarbeit, Distanzen ,...usw.
Mit Biomechaniken waren die dazu "gewählten" Stellungen der Gelenke , Die spezifischen Körperhaltungen aber auch die unterschiedlichen Foki z.b. beim Schlagen (Fokus mehr auf Ellenbogenführung , Fokus mehr auf Schulter , Fokus mehr auf Schlüsselbein und Schulterblatt ) , Der Faustnutzung-haltung, Der Tritte (mit Hüfteindrehung oder ganz ohne) , Nutzung des Rumpfeinsatzes (ebenfalls mit oder ohne bewusste Hüftdrehung , Hüftkippung, Der Rumpfverbindung , usw. , gemeint.
Struktur wiederum ist hier weniger mit Haltung allein verbunden , als mit dem Verhältnis von Spannung zu Entspannung generell und der Qualität der Muskelnutzung . Das wiederum durch die Wahl der Gelenkstellung , also der gewählten Biomechanik , stark unterstützt wird .
Es geht mir also in erster Linie darum , weshalb konkrete Bewegungen und weshalb die konkrete ART sich zu bewegen ,GEWÄHLT wurden , die dann in die jeweilige spezifische Form einfloss.
Es ist richtig , das man im Prinzip JEDE Bewegung einfrieren kann und sie dann in eine Anwendung reininterpretieren .
Aber es wurde eben stilspezifisch nicht JEDE Bewegung gewählt.
Trainiert nun Einer "nur" eine Form mit diesem Blickpunkt ,und hält auch den Fokus auf die Schlüsselstellen , baut er sich zumindest eine stilspezifische Struktur und Bewegungsmechanik auf , was er definitiv nicht mit einer beliebigen Bewegungsaneinanderreihung hinbekommen würde.
Effektiv kämpfen wird er damit noch nicht können , wenn der ganze Rest fehlt .
So das
A) sich automatisch ergibt , aber eben wie du selber schreibst, spezifisch und nicht beliebig . Auch im Silat entsteht mit der Zeit eine eigentümliche , eine ihm zugehörige Art , sich zu bewegen.
B) Nicht nur kann sondern es WIRD auch so gemacht , nur ganz ohne Form . Ein Ringer , ein Judoka ,ein Boxer hat jeweils eine konkrete eigentümliche Art sich zu bewegen . Die Frage war aber nunmal nach Formen und Formen beinhalten nunmal konkrete GEWÄHLTE Bilder .
c) Natürlich . Und wenn du einen Ringer oder Judoka beim Solowurf oder Wurfansatztraining zuschaust kann man auch zu guten Teilen sagen welchen konkreten Wurf er gerade üben möchte , so wie du auch in einer Form den Zuki oder den Mae geri , erkennst , ABER du sieht nicht , ob und welche konkrete Konstellation er gerade vor Augen hat , bei der er diesen Wurf jetzt setzt.
Ebenso wenig siehst beim Boxer , wie bei einer Kombo sich der imaginäre Gegner zu ihm bewegt , zu ihm Steht . Ob der Boxer gerade agiert oder reagiert usw.
Geändert von Cam67 (20-07-2022 um 11:11 Uhr)
Die verstehen sehr wenig , die nur das verstehen , was sich erklären lässt. ( Marie v. Ebner-Eschenbach)
Danke für den Hinweis . macht auch irgendwie Sinn und könnte ev. den Weg des Wegentwicklens aufzeigen .
Ich meine damit , selbst wenn ursprünglich mehre Anwendungsdrills zusammengefasst wurden und damit eine Anwendungskata entstand und dann irgendwann die Anwendungen als Wissen verloren (oder teilweise) gingen , bleibt ja noch die zugrunde liegende Wahl der Bewegungen und damit die jeweiligen Biomachaniken und die Struktur . ^^
Die verstehen sehr wenig , die nur das verstehen , was sich erklären lässt. ( Marie v. Ebner-Eschenbach)
Nee, keine „Heerscharen“ aber ein paar durchaus prominente.
Und ich schrub bewusst „im Karate“ und nicht „für den Kumite-Wettkampf“.
Du hattest ja auch mal irgendwann das Bild des gealterten Kämpfers angeführt, der quasi in seinen Erinnerungen schwelgt und so vor sich hin (kampf-)tanzt und so Formen entstanden sein könnten. Die Idee finde ich eigentlich recht charmant.
„Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“
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