Zuallererst Mal ein herzliches Hallo in die Runde!

Ich bin seit 2005 in der österreichischen Kampfsportszene (vor allem BJJ) unterwegs und dachte mir, ich bringe meine Erlebnisse aus diesen Jahren zu Papier. Der Eine oder Andere hat eventuell bereits einen Text von mir gelesen, der vor Jahren hier verlinkt wurde. (Advice probably wasted on the whitebelts) Der Grund für meine virtuelle Auferstehung (ich war in der Vergangenheit bereits registriert) ist, dass ich vergangene Woche mein erstes Buch online gestellt habe.

Wer kindle unlimited abboniert hat, liest gratis, ansonsten findet ihr das Werk gegen 3.99 € hier:

Mattenprosa

mattenprosa-cover.jpg

Aber worum gehts eigentlich?

Kurzbeschreibung für Lesefaule:
Das Leben auf der Matte kann ein hartes sein. Was es bedeutet sich mit Ende Dreißig den Kontaktsportarten Brazilian Jiu Jitsu und MMA zu verschreiben, findet auch unser Erzähler schmerzhaft heraus. Doch allein ist er dabei nicht, steht ihm doch stets Joseph, sein Spirit Guide zur Seite - ein Gibbon mit Hang zur Hipstermode. Gemeinsam stellen sie sich den Herausforderungen und Grenzerfahrungen, welcher der Wettkampfsport mit sich bringt. Ein etwas anderer Einblick in verschwitzte Dojos und das bunte Volk, welches sich dort trifft. Ganz abseits der ausgetretenen Klischees über finstere Schlägertypen, dafür mit Figuren aus dem Leben, die zwar zahlreiche Blessuren, jedoch auch ein freundliches Lächeln im Gesicht tragen. Känguru Chroniken meet Bloodsport


---------------------------
L E S E P R O B E

Round 5 - Face, meet Fist
Sedad sitzt auf Benjamins Brust und schlägt ihm ins Gesicht. Das macht er schon recht lange. Genauer gesagt seit 6 Minuten und 28 Sekunden, verrät mir die Stoppuhr, die gemächlich in großen, leuchtenden Ziffern vor sich hinzählt. Bei der 5-Minuten-Marke hat es eine kurze Pause gegeben, während der sich die beiden übers Wetter unterhalten haben. Nach 60 Sekunden gings dann wieder los. Ich sitze im Schneidersitz an die Wand des Trainingsraums gelehnt, und schaue Benjamin dabei zu, wie er einen sinnlosen Befreiungsversuch nach dem anderen startet. Der geduldige Sedad tut weiter das, was er schon zuvor getan hat; er schlägt ihm ins Gesicht.

Meinen Kopf halte ich etwas schräg, um eine bessere Sicht auf die Show zu bekommen. Joseph sitzt neben mir und tut's mir gleich.

“Hübsch”, kommentiert der Affe.
“Fesch”, bestätige ich.
“Aua”, sagt Benjamin.

Schweigend lassen wir uns weiter von der rhythmischen Gesichtspercussion berieseln.

“Überraschend beruhigend”, stelle ich fest.
“Fast meditativ”, gibt mir Joseph recht.
“Aua”, wiederholt Benjamin.

Aufzugeben scheint keine Option zu sein. Benjamins Körper spannt sich sichtlich an, er explodiert, bäumt sich auf, dreht sich, windet sich wie ein wildes Pferd, das seinen Reiter abwerfen will. Und tatsächlich, Sedad quittiert die heldenhafte Gegenwehr mit einem Positionswechsel. Er hat Benjamins Brust verlassen und kniet jetzt auf dessen Kiefer. Währenddessen schlägt er ihm immer noch ins Gesicht. Ich versuche, Benjamin aufmunternd zu zulächeln, doch es will mir nicht so ganz gelingen.

“Und, bereit für die nächste Runde?”, fragt mich Joseph.
“Yay”, gebe ich mäßig begeistert zurück.
“Grfmlg”, gurgelt Benjamin.

Der Affe sieht mich prüfend an. “Wohl noch nicht genug aufs Maul bekommen heute?”

“Wenn die mich fragen, ob ich bei der Wettkampfvorbereitung helfen will, werd ich nicht nach der ersten Runde schon aufhören, oder?”, erwidere ich.

Er berührt meine langsam anschwellende Schläfe.

“Aua, Finger weg!”, fahre ich ihn an.
“Selber schuld”, entgegnet Joseph.
Patsch, macht Benjamins Stirn.

Er hatte es tatsächlich kurz geschafft, sich aus seiner misslichen Lage zu befreien, nur um beim Versuch aufzustehen, gepackt und Kopf voraus wieder zurück auf den Boden geschleudert zu werden.

Sedad schlägt ihm weiter ins Gesicht.

Neun Minuten sind vorbei.

“Geht schon Benjamin, noch eine Minute, dann hast es!”, rufe ich.

Die Ankündigung der letzten Minute scheint Sedad mehr zu motivieren als den unglücklichen Benjamin. Das Schlagtempo verdoppelt sich. Vielleicht wird er jetzt müde?

“War das echt notwendig?”, fragt mich Joseph.
“Meh”, gebe ich unschuldig zurück.
Bap Bap Bap, dichtet Sedads Faust kurze Verse der Gewalt.

Benjamin seinerseits sagt nichts mehr. Er hält die Arme eng um seinen Kopf geschlungen.

“Nur mehr 20 Sekunden! Reiß dich zamm Benjamin! Kämpfen, Kämpfen!”, brülle ich anfeuernd von der Seite aus zu.

Leicht entsetzt sieht mich Joseph an “Was hat dir der Arme getan?”

BAPBAPBAPBAP

Das Piepsen der letzten Sekunden, mit welchem die Stoppuhr das bevorstehende Ende der Runde ankündigt, treibt Sedads Kakophonie weiter an, bis…

… er aufspringt und sich laut fluchend die Hand hält.

Der ganze Raum hält inne und sieht zu dem ungleichen Paar - ein verprügelter Benjamin, der sich verwirrt aufrappelt und ein hektisch herum zappelnder Sedad.

“Scheiß Hand… Oida… Ah!” Er versucht den MMA Handschuh runterzuziehen und hat dabei Tränen in den Augen.

“So eine Stirn kann härter sein als man glaubt”, flüstert mir der Affe kichernd zu.

Das laute Piepsen der Uhr beendet die Runde.

Ein breites Lächeln erscheint auf Benjamins grün und blau gefärbten Antlitz.
“Wos is, host schon gnua?”

Schallendes Gelächter erfüllt den Raum.

“Noch wer Bock?”, wirft Benjamin erwartungsvoll in die Gesellschaft, während Sedad jammernd in der Umkleide verschwindet.

Wie eine Hyäne wittere ich meine Chance auf eine leichte Beute und hebe die Hand, ehe mir ein anderer zuvorkommt. “Also eine würd ich schon noch machen.”

Wir klatschen ab und die Zeit beginnt.

Ein paar Schläge, ein bisschen Gerangel, schließlich ein Wurf. Schon sitzt Benjamin auf meiner Brust.

“Haha”, lacht Joseph.
“Dreck”, stelle ich fest.
Bap Bap Bap antwortet Benjamin.