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Thema: G. Funakoshi, Konfuzianismus, JKA & "Karate Kid"

  1. #1
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    Standard G. Funakoshi, Konfuzianismus, JKA & "Karate Kid"

    Hallo,

    hier ein paar Bemerkungen zu einer in der Karate-Welt recht bekannten Kalligrafie:

    Shoto Kalligrafie JKA www.gibukai.de.JPG

    Übersetzt lautet ihr Inhalt:

    • „Zuvor ihre Herzen regulieren.“ (ohne Kontext)
    • „Zuvor regulier(t)en sie ihre Herzen.“ (mit Kontext)


    Die Kalligrafie dieses Leitspruchs fertigte G. Funakoshi (1868–1957) an, der dafür auf ein Zitat aus dem Werk „Das große Lernen“ (Ta-Hsüeh), einem der „Vier Bücher“ des Konfuzianismus, zurückgriff.

    Betrachter mit Vorbildung im Konfuzianismus verstehen, dass das „Regulieren ihrer Herzen“ laut dem „Großen Lernen“ dem „Kultivieren ihrer selbst (also ihrer Körper bzw. Personen)“ vorangestellt wird und letztlich mit weiteren Schritten von „den Alten“ zum Beleuchten der Tugend unter dem Himmel Verwendung gefunden haben soll. Um ihre Herzen erfolgreich regulieren zu können, waren zunächst jedoch das „Untersuchen der Dinge“ und darauf aufbauend das „Erweitern ihres Wissens“ erforderlich.

    Auf Karate übertragen hieße dies, dass ein Karate-Lehrer zu Beginn die Herzen seiner Schüler regulieren müsste, bevor sie in das technische/körperliche Training usw. eingeführt würden. Weiter ausgedehnt bedeutete dies, dass noch davor (korrektes) „Wissen“ über Karate vermittelt werden bzw. vorhanden sein müsste. G. Funakoshi selbst deutete derartige Zitate gerne und wiederholt aus Karate-Sicht.

    Die beigefügte Kalligrafie wurde in den letzten Jahren im großen Dōjō im Obergeschoss des JKA-Hautquartiers in Tōkyō ausgehangen.

    Nebenbei bemerkt taucht dieser Leitspruch auch im Film „Karate Kid 2“ auf. Darin erklärt „Mr. Miyagi“ zwei Regeln seines Karate, und bei der zweiten Regel handelt es sich um das Zitat aus dem „Großen Lernen“. Allerdings übersetzt „Mr. Miyagi“ die Phrase falsch mit: „Zweite Regel: Lerne erst Regel Nummer eins.“

    Grüße,

    Henning Wittwer

  2. #2
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    Standard

    Zitat Zitat von Gibukai Beitrag anzeigen
    Auf Karate übertragen hieße dies, dass ein Karate-Lehrer zu Beginn die Herzen seiner Schüler regulieren müsste, bevor sie in das technische/körperliche Training usw. eingeführt würden.
    Das kann man so aus dem Nei Sheng Wai Wang von Kong Zi aber nicht ableiten.

    Das Ausbilden der Persönlichkeit ist ein Kreislauf und man erlangt durch das Üben Erkenntnis, wodurch man lernt ein reines Herz zu bekommen, wenn man sich selbst gegenüber, über seine Absichten, Rechenschaft ablegt.

    Nicht der Lehrer muss das Herz des Schülers regulieren, sondern der Schüler muss das selbst tun. Das ist ja gerade der Kern des konfuzianischen Lernens. Der Lehrer öffnet lediglich die Tür, den Raum dahinter muss der Schüler selbst erforschen.

    Schon gar nicht kann man daraus ableiten dass man nur mit “einem reinen Herzen” anfangen darf zu üben. Im Gegenteil:

    Durch das Üben und Lernen wird das Herz rein. Das Üben selbst ist der Weg, wenn man ihn selbstreflektiert geht. Der Lehrer gibt lediglich Hilfestellungen und öffnet Türen.
    Geändert von kanken (05-03-2023 um 10:10 Uhr)

  3. #3
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    Um das in der Gesamtheit zu erfassen muss man den Satz dazu auch den Kontext von Xin (Herz) und Yi (Verstand) setzen. Gerade das Lernen mit Xin (und nicht nur mit Yi) hat einen sehr großen Stellenwert. Yi ist ja “die Stimme, die aus dem Herzen kommt”. Das beinhaltet eben auch das Konzept von “Shen” (Geist, dessen Sitz das Herz ist). Verstand und Geist müssen harmonisch im Einklang sein. Das Üben ist dazu das Hilfsmittel.
    Geändert von kanken (05-03-2023 um 10:26 Uhr)

  4. #4
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    Hallo nochmal,

    (1) das Zitat stammt aus dem "Großen Lernen", nicht aus einem anderen Werk.

    (2) G. Funakoshi besetzte derartige Zitate, wie geschrieben, gerne mit aus seiner persönlichen Sicht für Karate sinnvollen Inhalten, die nicht zwingend mit der ursprünglich gemeinten Aussage bzw. dem vermeintlich ursprünglichen Sinn übereinstimmen müssen. Er hätte das Zitat leicht abändern und z. B. "Ich reguliere zuvor mein Herz." schreiben können, doch das tat er nicht.

    Grüße,

    Henning Wittwer

  5. #5
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  6. #6
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    Das Reh springt hoch, das Reh springt weit. Warum auch nicht, es hat ja Zeit.
    https://www.ziranmen.de/

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