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Thema: Balintawak- Renè Latosa- Bill Newman

  1. #181
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    Zitat Zitat von Dare2Win Beitrag anzeigen
    Ich wollte darauf nicht eingehen, weil das Beispiel aus meiner Sicht nicht passt.

    Muttersprachler bekommen tatsächlich viel formales und zielgerichtetes Training. Im Kindergarten, in der Schule, teilweise noch in der Uni (weil auch dort die Sprachkompetenz seit Jahren rapide fällt). Und dieses Training ist Produkt der von Dir angesprochenen Sprachwissenschaft. Gute Schule (Wissenschaft usw.) ist die Voraussetzung für hohe Leistung.

    Jeder, der sich auf einem höheren Sprech- und Schreibniveau bewegt und sich differenziert ausdrücken kann - wie das ja auch hier der Fall ist -, hat eine Menge formales, langweiliges und anstrengendes Training durchlaufen.

    Was Natürlichkeit bringt im Sprachunterricht, sehen wir zum Teil in den Grundschulen. Es gab jahrelang den Versuch, Kinder nach Gehör schreiben zu lassen, also die Sprache auf natürliche Weise zu lernen. Die Folge war ein Desaster. Die Schreib-/Lesekompetenz der Grundschüler ist ins Bodenlose gefallen.

    Nicht ohne Grund hat der Westen mit seiner Berechnung, Formalisierung und Organisation von alles und jedem, die Welt lange Zeit beherrscht. Eben solange, bis die anderen das System gelernt, dann beherrscht und am Ende durch ihre Interpretation sehr stark geworden sind. Und so ist das mit Sporttraining auch.

    Natürlichkeit macht Spaß, und tatsächlich sind die besten Sportler diejenigen, die sich leicht und locker bewegen, was für uns ganz natürlich wirkt. Tatsächlich steckt dahinter aber so gut wie immer sehr viel hartes Training von formalen Abläufen, die dann durch Natürlichkeit zum Leben erweckt werden.
    Sehr einseitige und falsche Sicht der Dinge.

    Der Westen hat brilliert weil er sehr, sehr lange Zeit, teilweise bis ins 20. Jahrhundert, die berechneten, formalisierten Lehrsysteme der Oberschicht überlassen hat. Die "Handarbeiter", die wirklich ran mussten, hatten anderer Methoden.

    Beispiel 1: Britische Armee im 19. Jahrhundert. Die kämpfenden Truppen bestanden zum großen Teil aus Schwerverbrechern denen man den King's Shilling statt Gefängnis- oder Todesstrafe angeboten hatte. Gab da erwartungsgemäß unschöne Szenen, aber effektiv waren sie.

    Beispiel 2: Renaissance, Zeitalter der Kolonisierung. Da wurde schon verkopft gefochten - im Duell oder in der Fechtschule. Die Kampfkunst des einfachen Soldaten war viel grobmotorischer und simpler, nach heutigen Maßstäben würde man es wahrscheinlich nicht mal mehr einen Stil oder ein System nennen. 4, 5 Schläge bis zum Erbrechen geübt und fertig. Das ist dann auch das, was in die FMA rübergeschwappt ist, cinco teros usw.
    In Renaissance-Fechtbüchern liest man bereits des Öfteren von dem Topos, daß der verkünstelte Meister vom Straßenschläger wegrasiert wird - im Mittelalter gabs das noch nicht. Zufall?

    Beispiel 3: Die Sturmtruppeneinheit Arditi, Italien 1. Weltkrieg, rekrutierte nicht die technisch besten Kämpfer, sondern die Brutalsten. Nach eigener Auffassung hatten die Arditi mehr mit Wilden gemein als mit Italienern, und sie waren stolz darauf. Deutsche Sturmtruppen wurden ähnlich ausgewählt, die hatten im Gegensatz zu den Arditi nicht mal eine Kampfsportausbildung.

    Beispiel 4: Jägereinheiten in napoleonischer Zeit. Das Konzept ging auf die Franzosen zurück, weil die nach der Revolution ziemliche Probleme hatten, mit den fitten Bergjäger der Vendeé fertig zu werden. Diese Erfolge der "ungeübten" verwilderten Landbevölkerung wurde auf deren natürliche Rohheit, die dem organisierten Training der Städter überlegen war, geschoben. Führte dann dazu, daß erst Napoleon, dann Resteuropa Jägereinheiten zusammenstellte (s. Artikel "Versuch einer Instruction zur Abrichtung von Scharfschützen" in Neue Bellona. Oder Beiträge zur Kriegskunst und Kriegsgeschichte von 1806, gibt's auf Google Books).

    Das sind jetzt nur 4 Beispiele, es gibt in der Geschichte noch viele Weitere (Man denke auch an Rogers' Rangers in Amerika, den Einsatz der "wilden" Bayern gegen die französischen Turcos im preussisch-französischen Krieg und dergleichen mehr).
    Wie man sehen kann ist das Thema natürölicher vs trainierter Kämpfer bereits seit Langem bekannt und nicht nur eine komische Romantisierung von "einfacheren Zeiten".

    Meines Erachtens gibt es einen sweet spot bei der Intellektualisierung des Kämpfens, der wegen diminishing returns nicht überschritten werden sollte, so wie ein Kugelstoßer auch keine 200kg Bankdrücken muss, um seine Maximalweite zu erzielen.

  2. #182
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    weils mir gerade zufällig untergekommen ist: die Dog Brothers (wirbeln ja auch nur rum und können natürlich den stock nicht einsetzen, wenn in faustdistanz)



    eigentlich nicht nötig, was davon zu verlinken, weil es ja jeder kennt.
    "I prefer them to be awake when I severe their arms and beat them to death with it." Maul Mornie und sein Verhältnis zu k.o.s

  3. #183
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    Das haben wir ja schon besprochen.

    Natürlich sind die Dog Brothers hart. Aber diese Kamikazeangriffe machst Du nicht, wenn Du ungeschützt bist und der Gegenüber einen Hartholzstock, ein Kantholz oder eine Metallstange in der Hand hat, geschweige denn eine scharfe Waffen (was ja auch bei den Dog Brothers auf Turnieren simuliert wird; inklusive blinden Kamikazeangriffen ohne jeglichen Eigenschutz). Es findet einfach nicht statt, weil die Gefahr viel zu groß ist. Es sei denn, es ist die einzige Chance, zu überleben.

    Aus der Nahdistanz, die wir hier besprechen, sind kaum effektive Schläge mit dem Stock möglich. Weil der Weg zu kurz ist und die Reaktionszeit zu gering ist gegen einen Gegner der weiter angreift. Das klappt nur, wenn der Gegner mitten im Gefecht plötzlich aufhört. Aber das macht natürlich niemand.

    Und weil das mit dem Stock nicht kappt, gibt es ja die Techniken mit dem Stockende am Griff (butt strike). Solche Schläge lassen sich durchaus nutzen. Aber darum ging es ja auch nicht.

  4. #184
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    Zitat Zitat von Dare2Win Beitrag anzeigen
    Das haben wir ja schon besprochen.

    Natürlich sind die Dog Brothers hart. Aber diese Kamikazeangriffe machst Du nicht, wenn Du ungeschützt bist und der Gegenüber einen Hartholzstock, ein Kantholz oder eine Metallstange in der Hand hat, geschweige denn eine scharfe Waffen (was ja auch bei den Dog Brothers auf Turnieren simuliert wird; inklusive blinden Kamikazeangriffen ohne jeglichen Eigenschutz). Es findet einfach nicht statt, weil die Gefahr viel zu groß ist. Es sei denn, es ist die einzige Chance, zu überleben.

    Aus der Nahdistanz, die wir hier besprechen, sind kaum effektive Schläge mit dem Stock möglich. Weil der Weg zu kurz ist und die Reaktionszeit zu gering ist gegen einen Gegner der weiter angreift. Das klappt nur, wenn der Gegner mitten im Gefecht plötzlich aufhört. Aber das macht natürlich niemand.

    Und weil das mit dem Stock nicht kappt, gibt es ja die Techniken mit dem Stockende am Griff (butt strike). Solche Schläge lassen sich durchaus nutzen. Aber darum ging es ja auch nicht.
    butt/punyo in jedem fall, aber eben auch witik/abaniko (um die ecke sozusagen zum hinterkopf, nieren...), beidhändig mit mittelteil, stock als würgeinstrument oder, deshalb u.a. auch noch mal die dogbrothers, als underhook/bodylock, als druckverstärker/haken (auch butt) für wurfeingänge... und vor allem brauchst du ihn, wenn du dich wieder lösen kannst beim rausgehen und sowieso wenn du wieder ganz raus bist. wegwerfen und nur noch ringen (was bei den brothers, also unter "wettkampf"bedingungen, vorkommt aber nicht das ziel "in echt" sein sollte), wäre ne blöde idee, nur, weil man mal in die fasustdistanz geraten ist. in der (langen) faustdistanz ist der stock übrigens noch voll anwendbar (short strikes mit viel körpereinsatz, stiche im passenden winkel, die zb. zu uppercuts werden können). ganz besonders mit den kürzeren, dickeren, wie im Serada oder... Latosa und dabei natürlich aus der box heraus, ohne große ausholbewegungen (ideale distanz für witik übrigens). in griffdistanz wirds natürlich enger.

    man setzt ein, was sich bietet und nicht, was eine "regel" vorgibt. die andere hand, die ellenbogen, die knie und low-line kicking gibt es ja auch noch. dafür muss ich den stock auch nicht wegwerfen.
    Geändert von amasbaal (27-03-2024 um 16:35 Uhr)
    "I prefer them to be awake when I severe their arms and beat them to death with it." Maul Mornie und sein Verhältnis zu k.o.s

  5. #185
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    Zitat Zitat von Dare2Win Beitrag anzeigen
    Das haben wir ja schon besprochen.

    Natürlich sind die Dog Brothers hart. Aber diese Kamikazeangriffe machst Du nicht, wenn Du ungeschützt bist und der Gegenüber einen Hartholzstock, ein Kantholz oder eine Metallstange in der Hand hat, geschweige denn eine scharfe Waffen (was ja auch bei den Dog Brothers auf Turnieren simuliert wird; inklusive blinden Kamikazeangriffen ohne jeglichen Eigenschutz). Es findet einfach nicht statt, weil die Gefahr viel zu groß ist. Es sei denn, es ist die einzige Chance, zu überleben.
    t.

    Du bist ja für Experimente offen. Nimm einen Freund/Kumpel , packt euch dick ein (nur für das experiment) und dann gib ihm ein Kantholz ,..am besten mit fat-Grip-Dicke , also 40-50 mm Durchmesser , und ein andermal eine länger Metallstange .. Du wirst merken das gerade dort , Kamikazeangriffe wie du es nennst sehr gut funktionieren , weil das Gewicht als auch der Griffdurchmesser den Speed deines Gegners erheblich herabsetzt. Die Schläge werden schwerer , wuchtiger aber auch langsamer und damit ausrechenbarer. zusätzlich werden die Folgetechniken/Bewegungn aufgrund der grösseren Masseträgheit ebenfalls stark gebremst . Teste es aus ..
    Die verstehen sehr wenig , die nur das verstehen , was sich erklären lässt. ( Marie v. Ebner-Eschenbach)

  6. #186
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    Zitat Zitat von Cam67 Beitrag anzeigen
    Du bist ja für Experimente offen. Nimm einen Freund/Kumpel , packt euch dick ein (nur für das experiment) und dann gib ihm ein Kantholz ,..am besten mit fat-Grip-Dicke , also 40-50 mm Durchmesser , und ein andermal eine länger Metallstange .. Du wirst merken das gerade dort , Kamikazeangriffe wie du es nennst sehr gut funktionieren , weil das Gewicht als auch der Griffdurchmesser den Speed deines Gegners erheblich herabsetzt. Die Schläge werden schwerer , wuchtiger aber auch langsamer und damit ausrechenbarer. zusätzlich werden die Folgetechniken/Bewegungn aufgrund der grösseren Masseträgheit ebenfalls stark gebremst . Teste es aus ..
    Das entspricht auch weitestgehend unserer Erfahrung.
    Vom Training zur Straße, zu Einsätzen weltweit.
    Und wenn Du Dir die alten Dog B. und ... Videos ansiehst, da hatten die auch mit Bokken, langen und schweren Stöcken, Achtkant... usw. gekämpft.
    Teilweise ohne Maske.
    Und die "Blitzmethode" und "In and Out" hat sehr gut funktioniert.
    Egal ob mit schweren Eichenstock oder mittel-"schweren" Rattanstöcken.

    Klar, mit scharfen Waffen (insbesondere die "auf Stich") geht das nicht (so gut).
    Das ist aber klar.

    Auch Dog B.: Am Anfang der erste Serie: "This is a Stick, not s sword, not a ..., its a stick"

  7. #187
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    Zitat Zitat von Spud Bencer Beitrag anzeigen
    Sehr einseitige und falsche Sicht der Dinge.

    Der Westen hat brilliert weil er sehr, sehr lange Zeit, teilweise bis ins 20. Jahrhundert, die berechneten, formalisierten Lehrsysteme der Oberschicht überlassen hat. Die "Handarbeiter", die wirklich ran mussten, hatten anderer Methoden.

    Beispiel 1: Britische Armee im 19. Jahrhundert. Die kämpfenden Truppen bestanden zum großen Teil aus Schwerverbrechern denen man den King's Shilling statt Gefängnis- oder Todesstrafe angeboten hatte. Gab da erwartungsgemäß unschöne Szenen, aber effektiv waren sie.

    Beispiel 2: Renaissance, Zeitalter der Kolonisierung. Da wurde schon verkopft gefochten - im Duell oder in der Fechtschule. Die Kampfkunst des einfachen Soldaten war viel grobmotorischer und simpler, nach heutigen Maßstäben würde man es wahrscheinlich nicht mal mehr einen Stil oder ein System nennen. 4, 5 Schläge bis zum Erbrechen geübt und fertig. Das ist dann auch das, was in die FMA rübergeschwappt ist, cinco teros usw.
    In Renaissance-Fechtbüchern liest man bereits des Öfteren von dem Topos, daß der verkünstelte Meister vom Straßenschläger wegrasiert wird - im Mittelalter gabs das noch nicht. Zufall?

    Beispiel 3: Die Sturmtruppeneinheit Arditi, Italien 1. Weltkrieg, rekrutierte nicht die technisch besten Kämpfer, sondern die Brutalsten. Nach eigener Auffassung hatten die Arditi mehr mit Wilden gemein als mit Italienern, und sie waren stolz darauf. Deutsche Sturmtruppen wurden ähnlich ausgewählt, die hatten im Gegensatz zu den Arditi nicht mal eine Kampfsportausbildung.

    Beispiel 4: Jägereinheiten in napoleonischer Zeit. Das Konzept ging auf die Franzosen zurück, weil die nach der Revolution ziemliche Probleme hatten, mit den fitten Bergjäger der Vendeé fertig zu werden. Diese Erfolge der "ungeübten" verwilderten Landbevölkerung wurde auf deren natürliche Rohheit, die dem organisierten Training der Städter überlegen war, geschoben. Führte dann dazu, daß erst Napoleon, dann Resteuropa Jägereinheiten zusammenstellte (s. Artikel "Versuch einer Instruction zur Abrichtung von Scharfschützen" in Neue Bellona. Oder Beiträge zur Kriegskunst und Kriegsgeschichte von 1806, gibt's auf Google Books).

    Das sind jetzt nur 4 Beispiele, es gibt in der Geschichte noch viele Weitere (Man denke auch an Rogers' Rangers in Amerika, den Einsatz der "wilden" Bayern gegen die französischen Turcos im preussisch-französischen Krieg und dergleichen mehr).
    Wie man sehen kann ist das Thema natürölicher vs trainierter Kämpfer bereits seit Langem bekannt und nicht nur eine komische Romantisierung von "einfacheren Zeiten".

    Meines Erachtens gibt es einen sweet spot bei der Intellektualisierung des Kämpfens, der wegen diminishing returns nicht überschritten werden sollte, so wie ein Kugelstoßer auch keine 200kg Bankdrücken muss, um seine Maximalweite zu erzielen.
    Es ist schön, dass Du so viel weißt. Es geht aber am Thema vorbei. Das Thema war Organisation von Wissen und daraus resultierendes, systematisches Training im Gegensatz zur Natürlichkeit.

    Der Westen hat mit der sogenannten Militärischen Revolution genau das gemacht. Die meisten von denen, die Du nennst, waren keine ungeübten Bauern mit natürlichen Fähigkeiten, sondern Söldner und Soldaten - oder Kriminelle - , die irgendeine Form von Training durchlaufen haben. Sie waren zwar teilweise wilde Horden. Aber sie waren trainiert. Vor allem aber waren sie Ausnahmen und nicht die Regel, also nicht die Masse der Soldaten, mit denen Kriege gewonnen wurden. Und genauso ist das mit dem Sport. Es gibt immer Ausnahmen, die vieles ohne formales Training lernen. Aber es sind eben Ausnahmen. Und durch Training könnten sie noch viel viel besser sein.

    Rogers Rangers gehörten zu den ersten Special Forces der Welt. Sie bekamen ihr Wissen teilweise von den Indianern. Sie haben es gelernt, strukturiert und immer weiter verbessert. Bis die Amerikaner dann mit Organisation, Disziplin und Masse die - natürlich kämpfenden - Indianer unterworfen haben.

    Dazu gehören Disziplin, Drill und straffe Organisation. Denn anders konnte man schon die frühen Massenheere in Europa gar nicht lenken. Von dieser Lenkungsfunktion kommt ja auch das Exerzieren, das jedem verhasst ist, der mal gedient hat. Es war aber notwendig, um teilweise 1-2 Kilometer lange Heereslinien korrekt zu bewegen. Natürlich war auch da gar nichts.

    Ab Ende 18./ Anfang 19. Jahrhunderts gab es in Frankreich und Preußen die ersten Generalstäbe, die Kriege studiert und dann geplant haben. Damit haben sie Afrika und Asien erobert und alles Natürliche unterworfen. Wie schon vorher die Spanier Südamerika. Mit Disziplin und Organisation von Wissen und militärischem Können. Im Hintergrund standen immer die Finanzen (besonders die Bank of England), mit deren Hilfe das alles - gemeinsam mit halbstaatlicher Piraterie und Plünderung der Indigenen - erst möglich wurde. Auch daran war nichts natürlich. Es war Planung bis ins letzte Glied.

    All das hat seinen Ursprung in Renaissance und Aufklärung. Beides sind westliche Konzepte. Das Natürliche - das Mysteriöse - sollte erklärt, entschlüsselt und strukturiert lernbar gemacht werden. Und so hat sich der Westen die Welt untertan gemacht. Er hat das Natürliche mit System erforscht und geordnet. Das hat bringt Erfolg. Überall. Und eben auch im Sport und im Kampf.

    Krafttraining wiederum ist etwas komplett anderes. Aber allein daran, dass so gut wie alle top Sportler in fast allen Disziplinen Krafttraining betreiben, kannst Du erkennen, dass das Natürliche - also ohne Krafttraining - nicht mehr genügt, um oben mitzuspielen.

    Dass es eine Grenze gibt, die man in puncto Intellektualisierung und Kämpfen nicht überschreiten sollte, damit hast Du allerdings recht.
    Geändert von Dare2Win (27-03-2024 um 23:15 Uhr)

  8. #188
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    Zitat Zitat von Uruk Beitrag anzeigen
    Das entspricht auch weitestgehend unserer Erfahrung.
    Vom Training zur Straße, zu Einsätzen weltweit.
    Und wenn Du Dir die alten Dog B. und ... Videos ansiehst, da hatten die auch mit Bokken, langen und schweren Stöcken, Achtkant... usw. gekämpft.
    Teilweise ohne Maske.
    Und die "Blitzmethode" und "In and Out" hat sehr gut funktioniert.
    Egal ob mit schweren Eichenstock oder mittel-"schweren" Rattanstöcken.

    Klar, mit scharfen Waffen (insbesondere die "auf Stich") geht das nicht (so gut).
    Das ist aber klar.

    Auch Dog B.: Am Anfang der erste Serie: "This is a Stick, not s sword, not a ..., its a stick"
    Das mag sein und funktionieren, wenn alle das Gleiche Trainieren und den Angriff abwarten.

    Wir haben stets den direkteren Ansatz trainiert, also als Abwehrender sofort schnell und hart rein in die Attacke und den Angriff stören und falls möglich unterbrechen. Dann haben Kamikazeangriffe nicht mehr funktioniert. Wer bei einem wilden unkontrollierten Angriff wartet, verliert einfach. Gleich beim ersten Zucken volle Pulle rein. Das macht den Unterschied. Wenn sich die Kraft des Angreifers erstmal entfaltet, hat man ziemlich schlechte Karte.

  9. #189
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    Zitat Zitat von Dare2Win Beitrag anzeigen
    Wenn sich die Kraft des Angreifers erstmal entfaltet, hat man ziemlich schlechte Karte.
    da können wir uns problemlos drauf einigen.
    du wirst lachen das ist genau das, was ausgerechnet Modern Arnis (in alten Ernesto Presas zeiten) auch propagierte. schon alleine, das vorgehen aus einem eher schmalen und parallelen stand mit tendenz, das körpergewicht nach vorne zu schleudern und dann das reingehen mit orientierung zum angriff hin (bevor sich die maximale kraft des angriffs entfaltet hat, anstatt aus dem angriff raus und von dem punkt der maximalen kraftentfaltung weg) im "modern" teil des stils, zeigt zumindest den anspruch.
    abgesehen davon, dass ich später feststellen konnte, dass ich mit dem entgegengesetzten vorgehen viel besser sparren, also "kampfsimulieren" auf deuellart, konnte, hab ich auch festgestellt, dass das bei übungen mit unvorhergesehenen attacken ohne duellcharakter die reingeh-methode oft nicht funktionieren wollte (häufig zu spät tief genug drin gewesen und fortgeschrittenere partner konnten deshalb oft noch rechtzeitig den schlag "kürzer ziehen" und erwischten mich dann doch zumindest gleichzeitig). die andere, die mir mehr reaktionszeit gab, klappte auch in diesen szenarien ... sagen wir mal genau so gut (und natürlich auch da keine erfolgsgarantie... wäre auch ein komisches training sonst).
    ich denke, hier kennt jeder beide vorgehensweisen. mein letzter stil-oberguru war klar der ansicht, dass man sich das reinstümen (ah ne... ist das denn nicht auch oft kamikaze, sollte der andere damit rechnen, weil er erfahrung hat? ich denke an anfälligkeiten für gezieltes baiting, ein wichtiger punkt in den fma: eine falle anbieten, auf die der gegner im wahrsten sinne des wortes "anspringt") in einem WAFFENSYSTEM jeglichem menschlichen instinkt widerspricht. einer klinge geht man aus dem weg oder führt sie weg von einem, da geht man nicht "in den mann", sondern hält so abstand, dass man im largo bereich noch "arbeiten", aber selbst nur schwer erwischt werden kann, natürlich wird da von waffe gegen waffe ausgegangen. plötzliche überfälle mit waffe sind dann auch noch ein eigenes thema.
    ich denke, es spielt auch ne rolle, ob man ein ausgesprochenes stock-system betreibt, oder ein stilistisch klingenorientiertes. den will ich sehen, der in einen klingenangriff cool hinein geht und nicht schräg raus oder nach hinten geht - zumindest als erstreaktion. alles andere müsste man sich mühsam anzüchten und ob das dann in der realität so klappt und die instinkte beherrscht werden (angesichts von scharfem, spitzem stahl und in ECHT), das kann ich nie wissen.
    bei einem "waffenkampf" halte ich die largo distanz für die zu bevorzugende und corto wäre etwas zu suchendes, wenn rausgehen nicht mehr geht und der andere die längere waffe hat bzw. ich aus diversen möglichen gründen, gar keine mehr habe. medio wäre nur eine kurze phase des übergangs. ganz gefährlich, da rumzukämpfen und nicht sofort rein oder wieder raus zu gehen. ausgerechnet die medio distanz ist übrigens die, die ich am meisten mit Latosa verbinde. da er kaum raumgreifende beinarbeit macht, ist er entweder gerade so im largo oder eben meist im medio bereich. ich habe das jedenfalls so im gedächtnis. ist so ein "bild" vom Latosa Escrima im kopf und ist wohl vom short power begriff geprägt.
    das mit sofort rein oder nicht, ist so ne sache. beides hat vor- und nachteile. die situation und die mentalität und programmierung der person werden bestimmen, was besser kommt. deshalb sollte ein FMA system beides unterrichten. die schüler werden im laufe der jahre schon mitbekommen, was für sie der bessere weg ist. so zu unterrichten ginge aber nicht, wenn wir uns an "programme" halten. hier spielt dann die unterrichtung orientiert ans "natürliche" der schüler und anhand von prinzipien mit technikbeispielen zum ausprobieren und sich später dann festlegen ne rolle.
    mich hat nie interessiert, das ich ein programm schnell drauf hab. wer sich zeit lässt bekommt meines erachtens am ende viel eher, was er auch will und kann, wenn entsprechend stil-flexibel unterrichtet wird. "stile" sind voneinander künstlich abgegrenzt. worum es geht, ist m.e. eher, dass die berühmten, nicht leicht zu erklärenden "prinzipien" ihre passenden techniken finden und nicht, dass techniken in ein prinzip hineingezwängt werden, obwohl sie dem eigentlich nicht gerecht werden.
    das "prinzip des zucken-und-rein-mit-power" hat seine techniken gefunden, andere prinzipien (evtl. sogar ein gegenteiliges) ebenfalls. es geht nicht darum welcher style besser ist, sondern welche wirklichkeitstauglichen "prinzipien" kann ich als person am besten und technisch adäquat umsetzen, um mein ziel zu erreichen.
    rein? raus? .... ich finde beides, je nachdem. aber natürlich mit power und struktur (und power kann man "short" UND largo entfalten die methoden, wie am besten und sichersten, unterscheiden sich da in einigen punkten.)
    Geändert von amasbaal (28-03-2024 um 10:07 Uhr)
    "I prefer them to be awake when I severe their arms and beat them to death with it." Maul Mornie und sein Verhältnis zu k.o.s

  10. #190
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    Ich finde das ein wirklich sehr gutes Post! Das heißt natürlich nicht, dass mich andere Post nicht ansprechen würden. Es ist wohl das Gesamtbild hier. Ich muss wirklich sagen - Du hast das ja kürzlich auch angesprochen -, dass hier eine wirklich gute Atmosphäre herrscht.

    Spitzen finde ich ich nicht schlimm. Die kann man aufnehmen oder auch nicht. Und manchmal sind sie ja auch hilfreich und regen zum nachdenken an.

    Auf jeden Fall entspinnt sich hier eine tolle Diskussion über viele Themen.

    Ich muss jetzt über den Text ein bisschen nachdenken. Gute, lange Texte müssen sacken. Das allein würdigt - wie ich finde - schon die Absichten und Arbeit des Autors.

    Manchmal kann man antworten. Und ein anderes Mal entsteht ein neuer Gedanke.

    In diesem Fall fällt mir spontan eine Frage ein: Kennt ihr Konzepte - vielleicht Videos - zur Beinarbeit mit Langwaffen, also alles, was die Machetetendistanz mit Schritt überschreitet?

    Ich fände das einen Interessanten Aspekt zur Diskussion.

  11. #191
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    Zitat Zitat von Dare2Win Beitrag anzeigen
    Den Einsatz mit dem Stockende (Schlag oder Riss) hatte ich genannt. Es ging in diesem Fall ja um einen normalen Stockschlag auf Armeslänge zum Gegner. Das funktioniert halt nur, wenn der Gegner ruhig stehen bleibt und nicht weiter drückt. Aber das macht in der Distanz wohl ernsthaft niemand.
    Ja, hattest Du "wissen" war auch nicht gut von mir ausgedrückt. Dein vorgeschlagenes "Experiment" berücksichtigt aber eben nicht was mit einem Stock in der Distanz alles möglich ist - außer natürlich du möchtest "nur" den normalen Stockschlag zulassen, da kann ich es nachvollziehen.

    Was die "Natürlichkeit" betrifft und die Beispiele bzgl. Jägerkommandos. Diese Einheiten waren nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil Jagd eben viele Fähigkeiten schult, die auch in bestimmten Gefechtsformen nützlich sind. Training, im Sinne von gezielter Wissensvermittlung und langjähriger praktischer Übung fand auch da sehr wohl statt. Nur halt nicht formalisiert. Zu Rogers Rangers hat Dare2Win ja bereits etwas geschrieben. Ein Teil seiner "Lehre" hat er auch schriftlich niedergelegt.
    Geändert von ThomasL (28-03-2024 um 06:20 Uhr)
    Viele Grüße
    Thomas
    https://www.thiele-judo.de/portal/

    The reality is, you can say ANYTHING you want. You just have to be willing to face the consequences of your choice.

  12. #192
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    Zitat Zitat von Dare2Win Beitrag anzeigen
    Oder leben die versteckt auf irgendwelchen Inseln im Verborgenen, so wie die vielen gefährlichen Kung Fu Meister, die niemand kennt?
    Ich kenne einen gefährlichen Kung Fu Meister, der auf einer Insel lebt und den so gut wie keiner kennt

  13. #193
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    Zitat Zitat von QuiRit Beitrag anzeigen
    dass diese ungehemmte Näturlichkeit die effektivere/effizientere Form der Kunst des Kämpfens ist und die technische Entwicklung wie ein Hemmnis darstellt, welches allerdings notwendig sein kann, wenn man such der Kunst des Kämpfens intellektuell nähert.
    Ich bin bei der Natürlichkeit ganz bei Dir. Natürlichkeit ist das Ziel in jeder guten Kampfkunst und jede Trainingsmethoden dient nur dazu bestimmte Prinzipien in die Natürlichkeit zu integrieren.
    Formen und/oder Drills sind nur didaktische Tools um bestimmte Dinge herauszuarbeiten und zu verdeutlichen. Das kann auf der Ebene der effizienten Bewegung und Körpersteuerung sein oder auf der Ebene der taktischen Bewegung/ Taktik.
    Wichtig ist die Formen wieder zu verlassen und natürlich zu agieren. Formen sind Tools und als solche muss man sie auch wieder an die Seite legen.

  14. #194
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    Zitat Zitat von Uruk Beitrag anzeigen
    Klar, mit scharfen Waffen (insbesondere die "auf Stich") geht das nicht (so gut).
    Das ist aber klar.
    Ich würde sagen dass das auch mit scharfen Waffen so geht, sogar gegen kurze scharfe Waffen wie Messer. Ist das Kamikaze? In gewisser Weise schon, aber wenn ein Messer ernsthaft im Spiel ist, ist man eh schon tot.
    Meine Erfahrung ist das, je erfahrener der Gegenüber ist, desto eher entscheidet der Intent über den Ausgang mit der Waffe und desto eher muss man rein.
    Hier mal ein kleiner Ausschnitt wie das in freien Sparring mit dem stumpfen Stahlmesser aussehen kann:

    Geändert von kanken (28-03-2024 um 10:03 Uhr)

  15. #195
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    Zitat Zitat von Dare2Win Beitrag anzeigen
    Spitzen finde ich ich nicht schlimm.
    die sind teil des derben spaßes unter kollegen. wie sind schließlich in einem KK-forum und nicht im kuschelzoo. wäre doch öde, wenn alles nur sachlich-fachlich abläuft.

    Zitat Zitat von Dare2Win Beitrag anzeigen
    Kennt ihr Konzepte - vielleicht Videos - zur Beinarbeit mit Langwaffen, also alles, was die Machetetendistanz mit Schritt überschreitet?

    Ich fände das einen Interessanten Aspekt zur Diskussion.
    2 x ja.

    es gibt sogar regelrechte "footwork fetischisten" (nett gemeint) unter den stilen (einige der Pekiti Tirsian ableger). im moment hab ich keine muße, nach den videos zu suchen, die ich dazu im kopf habe (es gibt da eine footwork-reihe, die ich sehr gut fand. müsste danach suchen). nicht, dass andere nicht auch viel largo schrittarbeit kennen, aber bei Pekiti habe ich den eindruck, dass besonders auf footwork (alle distanzen betreffend) eine regelrechte "wissenschaft" draus gemacht wurde und dass sie dieses thema in ihren veröffentlichungen ziemlich in den focus stellen.
    Dog Brothers Martial Arts (das "System", nicht die gatherings) beschäftigt sich auch überdurchschnittlich damit (logisch, die brauchen die duellanwendung mehr als viele andere)
    wir hatten damals (in meiner Kali Sikaran zeit) largo schrittarbeit mit extra langen stöcken (hüfthoch, mit untersützender zweiter hand am stock ein "Kampilan" imitierend) trainiert, damit das dann noch mal anstrengender wurde und noch mehr genauigkeit was distanzgefühl und korrekte winkel beim go with the force und force to force erforderte. da hieß es bewegung, bewegung, bewegung und möglichst immer in den winkel zu kommen versuchen, wo man selbst noch trifft, der andere aber nicht. leute mit langen, kräftigen beinen hatten eindeutig vorteile

    geeigneter suchbegriff wäre zb. "largo mano" ... + eskrima/arnis/kali/fma usw. natürlich
    wie immer: viel mist, was das können in der ausführung anbelangt aber häufig korrekte theoretische erklärungen

    vielleicht finde ich ja heute abend die sachen, die ich dazu im kopf hab und die ich für gut gemacht halte (von verschiedenen stilen. im grunde ist das bei allen THEORETISCH das gleiche)
    "I prefer them to be awake when I severe their arms and beat them to death with it." Maul Mornie und sein Verhältnis zu k.o.s

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