Zitat von
kanken
Ich denke man muss sich eben angucken wo die verschiedenen Ansätze herkommen und vor allem welche Waffen ihnen primär zu Grunde liegen (da sie den Ansatz maßgeblich prägen).
Der Ansatz der CMA (natürlich nicht aller) beruht auf militärischer Ausrüstung (über die ja auch die Milizen verfügten), d.h. Primär Säbeln (Dao), die mindestens 70cm Klingenlänge hatten und an der Basis ca. 8mm dicken Stahl. In der Regel waren sie in Sanmai Technik gefertigt, d.h. Sie hatten einen Stabilen Kern für die Schneide und flexibleren Stahl drumherum.
Auf dieser Waffengeometrie beruht dann auch das Prinzip des Bridgings, des Verhaltens im Moment der Bindung und dem Arbeiten daraus. Genau dieser Moment wird ja im Bagua im Training „ausgedehnt“ um dort so zu agieren dass der Gegner zu manipuliert werden kann und die Folgetechniken ihn gefechtsunfähig machen.
Das Grundprinzip dazu kommt wiederum aus dem Speer, DER Waffe des Militärs schlechthin (neben dem Bogen). Bogen und Speer wiederum beruhen auf der gleichen Körperarbeit, die dann die Prinzipien zur Wirkung bringen.
Der nächste wichtige Punkt ist dass das Kämpfen eben nicht auf einer Duell- sondern Schlachtsituation (im Sinne von viele Gegner, die parallel kämpften)beruht. Man kann es sich nicht leisten umeinander herumzugehen und abzuwarten, da dann ggf. ein Gegner von hinten (oder dem blinden Fleck) kommt. Deswegen gibt es diesbezüglich auch viele verschiedene Übungen wie man die Prinzipien diesbezüglich übt (z.B. die 9 Palast-Übung des Bagua).
Auch im „zivilen“ Bereich gab es eben sehr wenige (bis gar keine) Duellsituationen. Klingen wurden bei Überfällen, Bandenstreitigkeiten etc. eingesetzt und die Prinzipien waren dort die gleichen wie beim Kampf mit längeren Klingen. Ran, Kontrolle, abstechen/aufschlitzen, ggf. mit Werfen etc.
Natürlich arbeitet man da auch in der Distanz viel mit Schrittarbeit um sich zu positionieren, das sind jedoch nur Momente, bzw. Zwischenpositionen, auf dem Weg an den Mann.
Wenn man sich jetzt die philippinischen Waffen und Begebenheiten anguckt, dann sind die Klingen ja eher Hiebwaffen mit einem anderen Klingenprofil und die kämpferische Tradition unterscheidet sich da auch von denen Chinas.
Mit einer machetenartigen Waffe arbeitet man eben anders als mit einer Waffe deren PoB eine gänzlich andere Waffenführung erlaubt/fordert. Selbst die massiven Niu Wei Dao Ende des 19. Jhd. waren sehr agil und bei weitem nicht so kopflastig wie man vermuten würde (PoB 11-15 cm vor dem Handschutz gegenüber 8,5cm beim Yan Ling Dao Ende der Ming/Anfang der Qing Zeit).
Wenn es in einer Kultur dann zusätzlich noch eine „Duellkultur“ gibt (bei verletzter Ehre etc.), dann sehen die Taktiken darin eben auch anders aus. Da hat man sehr viel mehr Zeit sich zu positionieren, das Ziel ist ggf. nicht den anderen zu töten, daraus ergeben sich andere Klingenziele (z.B. die Hand, der Unterarm).
Das Greifen nach einer Klinge, die einen sticht/schneidet, ist eines der häufigsten Verletzungsmuster, die man bei Klingenopfern sieht. Das passiert instinktiv.
„Instinktiv“ ist da auch, in meinen Augen, das richtige Stichwort, denn Intent (und seine Wirkung) beruht auf unseren Instinkten, Spiegelneuronen etc..
Ein gutes Klingensystem (egal aus welcher Richtung) sollte sich das Arbeiten mit diesen Instinkten zu Nutze machen.