Zeige Ergebnis 1 bis 13 von 13

Thema: Karate: Lektüre/Bildmaterial zu Oyo Haba Bunkai der einzelnen Katas?

  1. #1
    Registrierungsdatum
    04.06.2025
    Beiträge
    2

    Standard Karate: Lektüre/Bildmaterial zu Oyo Haba Bunkai der einzelnen Katas?

    Moin,

    nachdem ich als Ü60 Wiedereinsteiger alle Shotokan Katas bis 1.DAN so ziemlich wieder „verinnerlicht“ habe, war ich neulich auf einem Lehrgang und kam mir wie ein Änfänger vor ..

    Oyo Bunkai „HeianSandan“, sicherlich lacht der Eine oder Andere von Euch darüber und wenn dann noch Ura hinzukommt, dann …

    Ich würde „Oyo Bunkai“ & „Ura“ der Katas auch gerne „verinnerlichen“, habe aber weder Lehrmaterial als bebilderte Lektüre noch entsprechende Video‘s gefunden.

    Könnt Ihr mir helfen?

    Vielen Dank schon einmal im Voraus

    Ralf

  2. #2
    Registrierungsdatum
    19.08.2007
    Beiträge
    1.065

    Standard

    Hallo Ralf,

    mit „Ura“ ist vermutlich der Ablauf von Heian Sandan in „gespiegelter“ Form gemeint. Der Sinn dieses Spiegelns besteht darin, als einfache Übung zunächst den eigenen Kopf anzustrengen und eher nicht, den Ablauf „abzugucken“. Jedenfalls wäre das mein Ratschlag dazu …

    Bei „Ōyō Bunkai“ handelt es sich vermutlich um eine Erfindung des entsprechenden Trainers. Leider ist „Bunkai“ eine beliebte und verbreitete Marotte im heutigen (schlecht verstandenen) Karate, so dass es viele „Experten“ mit vielen „Meinungen“/„Interpretationen“ und noch mehr Youtube-Videos dazu gibt. D. h. am besten wäre wohl eine Internet-Suche nach dem entsprechenden Trainer/Lehrer/Sensei, und vielleicht hat er dazu etwas veröffentlicht …

    Auf gut Glück z. B.:



    Grüße,

    Henning Wittwer
    Geändert von Gibukai (05-06-2025 um 15:08 Uhr)

  3. #3
    Registrierungsdatum
    04.06.2025
    Beiträge
    2

    Standard

    Hallo Henning,
    prima, vielen Dank für Deine umfangreiche Erklärung.Das hilft mir hinsichtlich Verständnis schon einmal weiter.
    Die „Selbstdarstellung“ von Sensei Machini war das Einzige was auch ich gefunden hatte, jedoch als „Lehrmaterial“ hinsichtlich Stand, Perfektion der Techniken etc. nicht so wirklich -momentan für mich- geeignet.
    Viele Grüße
    Ralf

  4. #4
    Registrierungsdatum
    23.03.2004
    Ort
    Rhein-Main Gebiet
    Alter
    46
    Beiträge
    14.949

    Standard

    Das im Clip gefällt mir nicht, das übliche Block-Konter bunkai. Aber keine Ahnung, was in der jeweiligen Organisation bei "Ōyō Bunkai" erwartet wird.

  5. #5
    Registrierungsdatum
    13.06.2014
    Beiträge
    4.503

    Standard

    -
    Geändert von Katamaus (05-06-2025 um 22:44 Uhr) Grund: Irgendwie doppelt geraten
    „Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“

  6. #6
    Registrierungsdatum
    13.06.2014
    Beiträge
    4.503

    Standard

    Zitat Zitat von FireFlea Beitrag anzeigen
    Das im Clip gefällt mir nicht, das übliche Block-Konter bunkai. Aber keine Ahnung, was in der jeweiligen Organisation bei "Ōyō Bunkai" erwartet wird.
    Da sind wir uns ja mal einig. Dazu noch viel zu viel unnatürliche und unnötige Spannung (aber ok, Show für die Tube...)

    Wobei dann wieder die Frage wäre, was für was gedacht ist. Ich kenne den Begriff des Oyo Bunkai nicht. Ich kenne das gezeigt als Omote Bunkai. D.h. die Angriffe werden zu den Techniken der Kata passend gemacht. Das dient bei uns dazu, dass die Leute die Techniken der Kata richtig erlernen (Grundsätzliche Ausführung der Technik, Bewegungsrichtung, Trefferzone, etc.). Also eine Lernhilfe und keine richtige kämpferische Übung (wobei man natürlich auch diese kämpferisch anstatt luschig ausführen kann)
    (Anm.: Ich hoffe, Du verstehst das jetzt nicht, was ich meine, denn dann hätten wir uns die ganze Kumite-Diskussion sparen können. )

    Ura wären nach meinem Verständnis "versteckte" Anwendungen. Joe Swift hat in seinem Biographie über Itosu Anko ein paar nette Beispiele von offensichtlichen Standardanwendungen von Block/Konter und korrespondierenden nicht offensichtlichen Anwendungen, wie etwa die Eröffnung der Bassei Dai als Chudan Block oder als Genickhebel, usw. usf.

    Das mag alles nicht historisch abgesichert/überliefert sein, ist mir aber schon häufiger begegnet (z.b. - à propos Populärwisssenschaft - hier: https://karate.nrw/karatebyjesse-die...ote-ura-honto/)
    „Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“

  7. #7
    Registrierungsdatum
    09.04.2014
    Ort
    Niederschöna
    Beiträge
    130

    Standard

    Ich hab mir das Video jetzt nicht angeschaut. Aber der Unterschied von "normalem" Bunkai und Oyo-Bunkai ist eigentlich, dass mit dem normalen Bunkai die Abfolge und die richtigen Positionen in der Kata geübt werden und beim Oyo es auf freie Interpretation bzw. Anwendung im Kampf ankommt. Im normalen Bunkai stellen sich halt die Gegner so hin, dass es zur Kata passt und greifen auch entsprechend an. Beim Oyo kommt dann vlt. statt einem Oi-Zuki von vorn ein Schwinger von der Seite und man versucht, mit Kombinationen aus der Kata entsprechend zu reagieren. Der Winkel, der Stand und weiteres sind dann nicht mehr so wichtig. Hauptsache, es ist effektiv und Schönheit der Technik ist fehl am Platze. Gerne kann dann auch vom Standard-Konter der Kata abgewichen werden, oder z.B. die Höhe oder das Trefferziel geändert werden oder weitere Techniken "frei Schnauze" folgen.

  8. #8
    Registrierungsdatum
    19.08.2007
    Beiträge
    1.065

    Standard

    Hallo,

    ich befürchte, dass es für die Karate-Welt nicht möglich ist, allgemeingültige Aussagen über die inhaltliche Besetzung von Begriffen wie „Ōyō“ oder „Bunkai“ zu treffen. In den letzten zwanzig bis dreißig Jahren ist dieses Phänomen des „Kata-Interpretierens“ in der westlichen Welt aufgekommen und wurde eine Normalität. (Mit herkömmlichen Karate hat es nichts zu tun.)

    Viele „Experten“ haben sich infolgedessen Begriffe wie „Ōyō“ oder „Bunkai“ zu eigen gemacht und sie jeweils auf eigene Weise ausgelegt. D. h. für „Experte“ A bedeuten diese Worte „X“ und „Y“, für „Experte“ B bedeuten diese Worte „Z“ und „V“.

    Das ähnelt Worten wie „praktisch“ oder „traditionell“, die inhaltlich ebenfalls beliebig (oder halt auf Kunden abgestimmt) besetzt werden.

    In historischen japanischen Texten tauchen Begriffe wie „Ōyō“ oder „Bunkai“ auf, meinen dort aber gewiss nicht das, was heutzutage in der Karate-Welt darunter verstanden wird. Ändern lässt sich dieser Umstand nicht mehr …

    Grüße,

    Henning Wittwer

  9. #9
    Registrierungsdatum
    13.06.2014
    Beiträge
    4.503

    Standard

    Hallo Henning,

    danke für die Klarstellung! Es ist sicher wichtig, sich dessen bewusst zu sein und es bei der Weitergabe oder beim Unterrichten auch so zu formulieren. Da sich Inhalte des Karatetrainings sowie die Formen der Weitergabe ohnehin fundamental verändert haben, entsteht imho allerdings auch kein Schaden, wenn man es denn für sich und seine Gruppe definiert und so unterrichtet. Wie gesagt; so lange man nicht so tut als sie das historisch so oder sonst irgendeinen Anspruch auf

    An dem Video erkennt man ja deutlich, dass hier Showelemente wichtiger sind, als sinnvolle Anwendung von Karatetechniken. Derlei Entwicklungen versuchen wir (und versuchten wir schon immer) in meiner Karate-Welt entgegenzuwirken. Vielleicht ist das ja auch gar nicht so aussichtslos, wie man zunächst vermuten mag. Dieser Trend zur Show ist auch schon Jahrzehnte alt und ich persönlich finde das eher wieder überholt und aus der Zeit gefallen. Ich bin mir daher gar nicht so sicher, dass das beim breiten Publikum noch groß verfängt. Durch die Konkurrenz seitens MMA, BJJ, Krav Maga, usw. gerät Karate mittlerweile wieder mehr unter Druck, eine gewisse kämpferische Funktionalität zu vermitteln (da, wo es nicht als reine losgelöste Wettkampf-Sportart betrieben wird; was auch ok ist aber eben etwas vollkommen neues Anderes, dass nur noch Karate heißt). Die Hinwendung und Beliebtheit von Bunkai (was immer darunter verstanden wird), SV oder auch Kyusho, sprechen imho dafür.

    Also, was soll's, die Welt ist im Wandel, machen wir das Beste draus. Genug Philosophisches für einen Freitag Vormittag...

    Beste Grüße
    Katamaus
    „Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“

  10. #10
    Registrierungsdatum
    01.10.2021
    Beiträge
    2.955
    Blog-Einträge
    1

    Standard

    Zitat Zitat von Gibukai Beitrag anzeigen
    . In den letzten zwanzig bis dreißig Jahren ist dieses Phänomen des „Kata-Interpretierens“ in der westlichen Welt aufgekommen und wurde eine Normalität. (Mit herkömmlichen Karate hat es nichts zu tun.)
    Denkst du, Kata sind nicht interpretierbar?

  11. #11
    Registrierungsdatum
    19.08.2007
    Beiträge
    1.065

    Standard

    Hallo nochmal,

    nach dem in der heutigen Karate-Welt gängigen Bild sind Kata ganz offensichtlich „interpretierbar“: Sie wurden als sportliche Vorführstücke, als „Werkzeugkisten“ bzw. „Trickkisten“ für Selbstverteidigungssituationen u. Ä. „interpretiert“. Im ersten Fall wird eine bestimmte Kata als Ganzes vorgeführt, im zweiten Fall werden einzelne Bewegungen oder Bewegungsfolgen aus einer bestimmten Kata von Selbstverteidigungsexperten „interpretiert“.

    Beide Fälle haben nichts mit herkömmlichen Karate, wie es von den Karate-Pionieren Anfang des letzten Jahrhunderts in Wort (japanisch) und Bild (gezeichnet oder fotografiert) vorgestellt wurde, zu tun.

    Für die Karate-Pioniere waren Kata die grundlegende Übungsform, mit der sie einen Schüler – nachdem sie diesen hinsichtlich seiner körperlichen und geistigen Anlagen eingeschätzt hatten – die erforderliche körperliche Kondition (spezifische Muskelarbeit, Körpermechanik usw.) angedeihen ließen. Dazu ließen sie den jeweiligen Schüler ganz bestimmte, z. T. auf den Einzelnen zugeschnittene (veränderte) Kata üben. Parallel dazu zeigten sie ihnen, wie genau sie sie etwa mit dem Makiwara zu üben hatten, um die erforderliche körperliche Kondition aufzubauen, und gaben ihnen mündliche Lektionen in Bezug auf Verhaltensweisen und Kampftaktik.

    Auf dieser Grundlage bauten sie dann mit ganz bestimmten – vorher bekannten, also nicht in die Kata hineininterpretierten – Kumite-Formen auf, die dem Schüler ermöglichten, mit ganz bestimmter – also nicht frei interpretierter – Körpermechanik bewaffnete oder unbewaffnete, zeitlich und kulturell verankerte Gewalttaten auszuüben bzw. zu unterbinden.

    Diesen Vorgang nenne ich manchmal „kohärentes Lehrgebäude“, da nicht eine einzelne Kata der Knackpunkt ist, sondern die Kampfkunst Karate insgesamt, die damals inhaltlich je nach Übertragungslinie des „Karate“-Wissens unterschiedlich ausgestattet war.

    Dummerweise wurde Karate recht schnell Opfer seines eigenen Erfolgs in Japan (einschließlich Okinawa), so dass die „Karate-Verkörperungen“, wie G. Funakoshi (1868–1957) oder C. Motobu (1870–1944) aufgrund der schieren Masse an neuen (ungeduldigen und/oder besserwissenden) Karate-Schülern keine echte Kontrolle darüber hatten, wie genau ihr Karate aufgenommen und weitergegeben wurde. Vermutlich kennt der ein oder andere Mitleser hier G. Funakoshis ins Englische übersetzten Worte der Gram über den Zustand „seines“ Karate am Ende seines Lebens, die er im Vorwort der Neuauflage seiner „Lehrnorm des Karate-Dō“ ausformulierte. 1991 wurde mein Karate-Lehrer vom „Shōtōkan Magazine“ gefragt, wie er G. Funakoshis Meinung zum Karate Jahrzehnte darauf, um 1990 herum, einschätze – „sehr traurig“, war seine Antwort. Und es ist seitdem nicht besser geworden, eben weil es eine „neue Normalität“ in der Karate-Welt gibt, die „Mainstream“ ist und sich selbst mit besten historischen Quellen und zigfachen gut begründeten Erläuterungen nicht mehr ändern wird.

    Leider konnte ich die kurze Frage nicht mit einem kurzen Satz beantworten …

    Grüße,

    Henning Wittwer

  12. #12
    Registrierungsdatum
    01.10.2021
    Beiträge
    2.955
    Blog-Einträge
    1

    Standard

    Interessant. Auf diese Art, die du da beschreibst, wird wohl heute niemand mehr unterrichtet?

  13. #13
    Registrierungsdatum
    13.06.2014
    Beiträge
    4.503

    Standard

    Zitat Zitat von MGuzzi Beitrag anzeigen
    Interessant. Auf diese Art, die du da beschreibst, wird wohl heute niemand mehr unterrichtet?
    Also bis auf:
    * Omote Bunkai zur Verdeutlichung der Techniken der Kata
    * Individualisierung der Kata
    * Anwendung der Kumiteformen auf spezifische Gewalttaten
    üben wir schon so. Kata lehrt die Körpermechanik und die Kumite-Formen bauen dann aufeinander auf und sollen zum Freikampf hinführen. Dieser allerdings nicht mehr in Richtung zivilem Selbstschutz, sonder mehr in Richtung altmodischem Shobu Ippon. Eher so Karate der 60er/70er.

    Das von Henning beschriebene Grundprinzip ist da aber noch vorhanden; also keine wilden/freien/erfundenen Anwendungen/Interpretationen von Kata. Kein Bunkaismus (wobei ich das gerne hinzufüge, da es imho nicht schadet; unser Lehrer lehnt das aber eher ab). Wir Jüngeren arbeiten gerade daran, das wieder vom Wettkampf weg Richtung SV zu verändern aber weniger über Kata als Anwendung, sondern durch Nutzen der in Kata und Kumite-Formen erworbenen Fähigkeiten für SV. So macht das für uns einfach mehr Sinn. Insofern sehr interessant zu lesen, dass das von der ursprünglichen Idee gar nicht mal so weit weg ist.
    „Grau teurer Freund, ist alle Theorie. Und grün des Lebens goldner Baum.“

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Ähnliche Themen

  1. Bunkai/ Oyo Waza
    Von SV_Tim im Forum Karate, Kobudō
    Antworten: 15
    Letzter Beitrag: 07-12-2014, 18:07
  2. verkaufe Karate DVDs (Keio, franz.), Katas & Bunkai 1 und 2
    Von karatebehörde im Forum Kauf, Verkauf und Tausch
    Antworten: 0
    Letzter Beitrag: 16-08-2013, 17:35
  3. Karate, Katas bei Youtube?
    Von Marco1973NRW im Forum Karate, Kobudō
    Antworten: 8
    Letzter Beitrag: 07-10-2012, 10:30
  4. Antworten: 40
    Letzter Beitrag: 10-02-2005, 22:05
  5. Bunkai Videos/DVDs für höhere Katas
    Von hau-drauf-wie-nix im Forum Kampfkunst in den Medien, Büchern & Videos, Werbung
    Antworten: 1
    Letzter Beitrag: 30-04-2004, 12:13

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •