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Thema: Bericht vom Workshop Kampfkunst & Behinderung

  1. #1
    Bokuto Gast

    Standard Bericht vom Workshop Kampfkunst & Behinderung

    Hi Folks.

    Ich hoffe, in diesem Forum ist es richtig platziert. Ansonsten steht es den Mods/Admins gern frei, diesen Bericht noch mal zu verschieben.

    Um mal mit einer Kritik ins Haus zu fallen: Ich finde es ziemlich traurig, dass nicht ein Mensch aus diesem Forum bei unserem Workshop war.

    Für alle, die jetzt noch nicht verschreckt sind, hier mein Kurzbericht.

    Aaaalso: Der SC Potsdam e.V. hatte vom 24. bis zum 26. September 2004 eingeladen zum ersten Potsdamer Kampfkunst-Meeting. Das Wochenende hatte das Thema Behindertenintegration in den Kampfkünsten. Freitag-Abend passierte natürlich nicht viel, ausser dass unsere weitgereiste Gäste aus Bremerhaven eintrafen und ein paar Wiedersehens-Biere (denn einige von uns kannten sich bereits) dran glauben mussten.

    Der Samstag war dann der eigentliche Lehrgangstag. Als nach einer kleinen Odyssey durch Potsdam noch unsere Gäste aus Stade eintrafen waren wir mit den Leuten aus Berlin, Potsdam und Umgebung rund 25 Sportler am Start. Zehn der Teilnehmer waren auf unterschiedlichste Weise behindert.

    Erster Unterrichtspunkt: Wie kann ich eine typische, mehr oder weniger traditionelle Kampfkunststunde variieren, um auch Behinderte einzubinden. Gezeigt wurde eine Erwärmung aus Yoga-Elementen, die alle TN gleichermaßen oder in Abwandlungen durchführen konnten. Dann typische Kion- und Kumite-Übungen, zwar zugeschnitten auf den Einzelnen, aber ohne den Charakter eines Stiles zu verändern. Den Abschluss machte ein lockeres Randori.

    Die zweite Unterrichtseinheit war moderne Selbstverteidigung. SV hat ja ohnehin den Anspruch, fernab jeglicher Stilbindung effektiv zu sein. Auf diesem Sektor spielt Behinderung deshalb überhaupt keine Rolle. Man muss nur das Auge schulen, welche Möglichkeiten die Betroffen haben - manchmal sogar, welche Vorteile die Behinderung bietet. Der tiefe Schwerpunkt und der "eingebaute" Bein- und Tiefschutz eines Rollstuhles zum Beispiel.

    Nach der Mittagspause (ein Riesen-Berg Nudeln) mussten wir das einzige Mal improvisieren. Geplant war eine eigentlich Lehrstunde im Taekwondo. Leider musste sich unser Referent aus der Kölner Gegend kurzfristig einer OP unterziehen (auf diesem Wege unsere besten Genesungswünsche nach Bergheim). Wir konnten die Zeit aber mit einer anderen interessanten Erfahrung füllen: Der SC Potsdam konnte im Vorfeld für die Hälfte der Teilnehmer Rollstühle organisieren (reichte dicke aus, denn nicht wenige saßen ja bereits im eigenen Rolli). Es ist eine wirklich neue Perspektive, wenn man sich als "Normalsterblicher" in einen fahrbaren Untersatz setzt. Sicher, für die meisten Nicht-behinderten ist es erstmal ein Riesen-Spaß. Aber es ist auch der erste Schritt zu mehr Verständnis Behinderten gegenüber. Man muss zu allen aufschauen, eine lächerliche Matte auf dem Boden oder ein Stück Wiese ist ein ernst zu nehmendes Hindernis, Türen erscheinen plötzlich sehr eng und man hat selten die Hände frei, wenn man sich durch den Raum bewegt. Und trotzdem geht es irgendwie. Hat man ein Gefühl für die Eigenheiten eines Rollis entwickelt, lässt das hilflose Gefühl schnell nach und man kann wirklich effektiv arbeiten. Obwohl improvisiert, war es wohl diese Unterrichtseinheit, die den größten Eindruck hinterlassen hat.

    Der letzte Teil des Trainingstages war wahrscheinlich für alle der Höhepunkt. Meister Shi Yong Chuan, der Abt der Shaolin Tempel in Berlin, gab eine Lehrprobe im Shaolin Qigong. Herr Dr. Ding, sein Dolmetscher, überbrückte dabei sehr symphatisch die Sprachbarrieren. Es keiner hätte vorher geglaubt, dass eine Form aus sechs simplen Bewegungen so schlauchen kann ...

    Abends wurde gegrillt und wieder ein paar alkoholische Getränke vernichtet. Überhaupt wurde mit Pausen und Verpflegung nicht gegeizt. Das war aber auch gut so, denn bei aller Liebe zur Gleichstellung, so muss man doch akzeptieren, dass viele Menschen mit Behinderung nicht die selbe Belastbarkeit haben, wie Kamfsportler ohne Handikap.

    Am Sonntag gab es noch eine Runde Yoga als (dringend notwendiges) Katertraining. Eingebaut waren ein paar Tipps aus dem Rehasport, wie sich eine Gymnastik gesünder gestalten lässt. Den Abschluss bildete eine ganz besondere Form des Randori: Taiji-Combat. Es ist eine ziemlich witzige und schweisstreibende Version des Randori. Alle (zweidutzend!) Teilnehmer/innen traten in einem Gemetzel jeder gegen jeden an. Alles war erlaubt - nur eines nicht: Schnelle Bewegungen. Es ist wie eine riesige inszenierte Massenschlägerei in Zeitlupe - nicht viel schneller, als man eine Taiji-Form laufen würde. Was wie ein Spiel klingt, ist auch für trainierte Leute schon nach einigen Minuten ziemlich schweisstreibend. Alle waren nach 20 Min. völlig k.o.

    Nach dem Duschen und Umziehen setzen wir uns noch zur Auswertung zusammen. Das Feedback war zu 99,9 Prozent positiv. Die ganze Lobhuddelei wiederzugeben erspare ich mir jetzt. Es gab nur zwei kleine Kritikpunkte: Der ausgefallene Referent wäre noch eine Bereicherung gewesen und es waren (nach meinem Gefühl) zu wenig Teilnehmer der gewünschten Zielgruppe dabei - nämlich andere Meister, Lehrer, Trainer. Nur sechs der Anwesenden leiteten selbst eigene Sportgruppen, drei davon betreiben bereits aktiv Behindertenintegration.

    Also dann, schaut regelmäßig in den Terminkalender. Es werden weitere Workshops nach diesem Muster folgen. Dieses war ja bereits der Zweite. Auch ein Ratgeber in Form eines kleinen Buches dazu wird in Kürze erscheinen. Ich habe noch Hoffnung, dass wir beim nächsten Mal neue Leute dazu gewinnen. Bleibt noch die Frage nach dem "Warum waren wir so wenige?" Am Teilnehmerpreis konnte es kaum liegen. Dadurch dass alle Organisatoren und Referenten ehrenamtlich arbeiteten, bleib das ganze Wochenende mit nur 12,50 Euro pro Teilnehmer mehr als bezahlbar. Oder glaubt Ihr immer noch an das Märchen "Kostet nix - taugt nix"? Wenn das so ist, können wir gern den Beitrag nächstes Mal wesentlich erhöhen ... es gibt genügend gute Zwecke, wo wir das Geld gebrauchen könnten.

    Gruß
    Dirk
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