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Thema: Gedanken zur Philosophie in den Kampfkünsten

  1. #31
    Thorre Gast

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    hi cdobe,

    schön, daß Du wieder mit mir sprichst. bist Du noch sauer?

    hg
    thorre

  2. #32
    cdobe Gast

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    Hi Thorre,
    kann es sein, daß Du ein bißchen geltungssüchtig bist ? Ich habe gar nicht mit Dir gesprochen, sondern einfach einen Beitrag verfaßt

    Wie dem auch sei, ich war Dir nie richtig böse. Ich besitze nämlich die Sanftmut und Gelassenheit eines Dalai-Lama

    msg
    cdobe

  3. #33
    Thorre Gast

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    hey, cdobe, gut zu hören.

    hg
    thorre

  4. #34
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    Hallo Thorre,

    ich versuche doch mal, meinen unstrukturierten Verstand etwas zu ordnen und Dir zu antworten.

    warum trainieren die karatekas nicht einfach in freizeitkleidung? warum verbeugen sich die thaiboxer in einem aufwendigen zeremoniell? woher kommt die handhaltung des kung fu grußes? worauf basieren die dojokun-regeln?

    Viele Fragen, eine Antwort: Tradition.

    Bei uns im Club renne alle mit weißen Gis herum. Das heißt nicht, daß wir alle Philosophen sind. Eigentlich sind das die wenigsten von uns und das ist auch gut so. (Man stelle sich vor, alle würden so reden wie Du )

    Der Hauptgrund ist einfach: Es wurde schon immer so gemacht. Der Gi wurde am Anfang des letzten Jh. aus praktischen Gründen eingeführt. Jegliche Philosphie wurde erst später hineininterpretiert.
    Eigentlich ist mir total egal, wie die Leute bei uns im Training herumlaufen, solange sie keinen Schmuck tragen, machen was ich sage usw, usf. (Wie haben übrigens auch einen dabei, der einen schwarzen Gi trägt - was ihn weder besser noch schlechter macht.)

    Man KANN natürlich in ein Stück durchgeschwitzte Baumwolle jede Menge hineininterpretieren - man muß es aber nicht.

    Wie gesagt, jedem sein Ding. Falls sich jemand für Philosophie interessiert kann er es tun - ich stelle ihm da nichts in den Weg. Im Gegenteil, ich habe mich sehr viel damit beschäftigt und in den Theorieeinheiten, die wir abhalten, wird auch sehr viel gefragt.
    Ich zwinge aber niemanden etwas auf. Für Dich vielleicht eine neuartige Sicht der Dinge.

    Ich hoffe, so weit war es noch verständlich.

    Dann war da noch das Thema "Verflachung der Kampfkunst", und auch hier bin ich anderer Meinung - hast Du Dir aber sicher schon denken können.
    Ich bin nämlich NICHT der Meinung, daß die Kampfkünste sich irgedwie in eine negative Richtung entwickelt hätten. Wieso?

    Glaubt man den Geschichtsbüchern, so gab es auch schon früher eine Zweiteilung. Irgendwelchen Wald-und-Wiesen-Schülern, und das waren die meisten, wurde nur die Form beigebracht.
    Einige wenige aber wurden nach Jahren der Prüfung, oder weil sie hat zufällig der älteste Sohn waren, in die tiefen Geheimnisse der Kunst eingeweiht. Energetische Bewegungskonzepte, Vitalpunktlehre und der ganze PiPaPo.

    Und so ist das auch heute noch - nur in einem viel größeren Rahmen. Die Soto-Deshi von heute gewinnen Pokale und die Uchi-Deshi von heute kennen nur wenige. Alles wie eh und jeh.

    Ich hoffe ich habe in Form und Ausdruck Deinen Ansprüchen genüge getan.
    Falls wieder nicht, könntest Du vielleicht darüber nachdenken, ob Höflichkeit nicht auch eine der Tugenden von Kampfkünsten ist.

    Tschüssi
    Ike

  5. #35
    Thorre Gast

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    hi cekavau,

    ich fasse mal zusammen. kampfkünstler sind in der regel also menschen, die sich verhaltensnormen unterwerfen, die sie nicht verstehen, sondern eben nur deshalb so praktizieren, weil jemand es als "tradition" bezeichnet.

    ich habe etwas zeit gebraucht, um diese tatsache zu akzeptieren, bin nach den vielen debatten aber um eine wichtige erkenntnis reicher. wenn mich in zukunft denkende freunde und bekannte mal wieder mit provokationen konfontieren, die ich bislang als vorurteil ansah, nämlich, daß die praxis der künste von einer erschreckenden armut an tiefergehenden gedanken gekennzeichnet ist, von ignoranz und selbsgefälligem insistieren auf halbgedachtem, so werde ich dem nicht mehr widersprechen.

    ich dachte schon, meine bemühungen wären völlig sinnlos, hatte dabei nicht geglaubt, daß ich derjenige sein würde, der hier etwas ganz wichtiges zu lernen hätte. aber so das eben - in diesem sinne war die ganze diskussion also nicht umsonst. vielen dank.

    hg
    thorre

  6. #36
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    Hallo Thorre,

    ich fasse mal zusammen. kampfkünstler sind in der regel also menschen, die sich verhaltensnormen unterwerfen, die sie nicht verstehen, sondern eben nur deshalb so praktizieren, weil jemand es als "tradition" bezeichnet.

    Yep, genau so ist es. Warum?

    Weil Kampfkünster auch (nur) Menschen sind. Sie stehen nicht über den Dingen.

    Wäre es besser, wenn sie sich nicht Verhaltensnormen unterwerfen würden. Wenn ja, welche wären denn das und wer würde das denn entscheiden?

    Auch das mit der Tradition ist eben so eine Sache. Einige finden es cool mit weißen Schlafanzügen und bunten Gürteln herumzuhüpfen, anderen ist es völlig egal und manchen fetzt der philosophische (oder das was sie dafür halten) Hintergrund.
    Warum nicht? Was ist so schlimm daran?

    Ist Kampfkunst nicht für alle da?

    ...daß die praxis der künste von einer erschreckenden armut an tiefergehenden gedanken gekennzeichnet ist, von ignoranz und selbsgefälligem insistieren auf halbgedachtem...

    Das sind sie eben nicht! Wer sagt denn sowas?

    vielen dank.

    Gern geschehen, auch wenn ich den Zusammenhang im letzten Abschnitt nicht so richtig geschnallt habe. War wohl auch nicht so gedacht, oder?

    Tschüssi
    Ike

  7. #37
    Qian Gast

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    Hallo Thorre

    Ich sollte vielleicht auch zur Vermeidung von Missverständnissen mitteilen, dass ich eigentlich auch Deiner Meinung bin, dass Philosophie und Kampfkünste zusammengehören; aber nicht unbedingt allein in der Art, dass man sich kraft seines Intellekts mit abstrakten Prinzipien und Lehren auseinandersetzt und praktisch allein über den Verstand in die tieferen Geheimnisse des
    Universums eindringt.

    Es ist auch der rein praktische Weg denkbar; dass man also allein durch das Praktizieren von Formen, die man zunächst nicht versteht, dem Ziel der Kampfkünste wie auch der Philosophie, also der höchsten Harmonie, näherkommt. Um Tai Chi z.B. als
    Kunst betreiben zu können, muss man nicht unbedingt die Yin- und Yang-Lehre kennen (in der abstrakten Form); dass alles im Leben zwischen Polen/Extremen bzw. in Rhythmen abläuft, weiß eigentlich jeder (intuitiv), den meisten ist es vielleicht nicht bewusst. Allein das Formenüben kann zum Verständnis der zugrunde liegenden Prinzipien führen.

    Optimal ist es allerdings, wenn man Prinzipien sowohl auf der pratischen als auch auf der abstrakten Ebene versteht; insofern
    liegen unsere Meinungen gar nicht so weit auseinander. Ich verstehe auch Deine Kritik an Leuten, die sich in exotische Gewänder hüllen, auf Show-Effekt bedachte Riten durchführen u.ä., aber eigentlich die Essenz dieser Dinge nicht erfasst haben und nur hauptsächlich kommerzielle Motive oder Angeberei dahinter steckt.

    Aber nicht jeder, der zunächst Formen, Gesten, Riten unreflektiert übernimmt, und sie einfach praktiziert, kann in obere Kategorie eingeordnet werden. Ich z.B. persönlich will nicht behaupten, dass ich alle Qi-Gong-Übungen, die ich praktiziere
    verstehe, also z.B. in welchen Meridianen nun genau Chi besser fließt; aber ich achte sehr genau darauf, welche praktischen Resultate diese Übungen haben; ich wähle sie nicht nach theroretischen Erwägungen aus, sondern lasse micht von meinem
    Gefühl, meiner Intuition leiten. Ich bin der Meinung, dass mein Körper mir mehr über die Wirkung einer Übung, einer Stellung, einer Geste etc. sagen kann, als mein Verstand.

    Letztendlich wie gesagt, macht es die Mischung; auf deren Grundlage ja auch die Kampfkünste entstanden sind, also auf der Anwendung abstrakter Prinzipien in Kombination mit generationenlanger praktischer Erfahrung. Aber es ist nicht
    ausgeschlossen, eine Kampfkunst allein auf intuitiver Basis zu entwickeln und zu praktizieren.

    "dann ist jeder versierte kneipenschläger ein kampfkünstler, denn auch er hat sich zweifellos eine "hohe" fertigkeit im prügeln erworben. wie gesagt, "kunst kommt von können" ist eine uralt-definition, nach der jeder, der eine gewisse könnerschaft in einer beliebigen tätigkeit besitzt ein künstler ist."

    Du akzeptierst diese Defintion von Kunst nicht, obwohl sie so weit verbreitet und im allgemeinen Sprachgebrauch anerkannt ist? Akzeptiere doch bitte, dass es mehrere Defintionen von Kunst gibt, die legitim sind. Auch ein Kneipenschläger kann ein Künstler sein, der auf ganz kreative und kunstfertige Weise die Gesetze des Universums anwendet; auch Künstler sind Menschen und schneiden sich schon mal im Absinth-Rausch ein Ohr ab. Du stellst mit deinen Beispielen eine fragwürdige Verbindung zwischen Kunst und Moral her, obwohl Kunst eine unendliche Zahl von Motiven haben kann, die alle in der menschlichen Natur gegründet sind. Die menschliche Natur weist nun, wie wir wissen, helle und dunkle Seiten auf, die aber zusammengehören. Ich weiß nicht, warum Homer die Ilias geschrieben hat; vielleicht aus Langeweile; oder um seine Angebetete zu beeindrucken oder um anzugeben. Ich jedenfalls halte sie für das Werk eines KÜNSTLERS.

    Grüße

    Qian.

  8. #38
    calimero Gast

    Standard @Quian / @Thorre

    Hi Quian,

    eigentlich wollte ich diese Diskussion abhaken.

    Aber irgendwie hast Du massiv besser ausdrücken können, was ich meine; jedenfalls könnte ich Dein Posting so unterschreiben.

    Vielen Dank dafür

    CU

    Calimero


    Hi Thorre,

    sei nicht traurig, hier ein Zitat (habe vergessen von wem):

    "Das einzige, was von ewiger Dauer, ist der Wandel."

    In diesem Sinne, alles Gute für Dich

    CU
    Calimero

  9. #39
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    Hallo Qian,

    schönes Posting.

    Hast Du eine Theorie, warum über Jahrtausende immer nur das "Halt's Maul und trainiere"-System angewandt wurde?
    Dinge zu hinterfragen, hat doch eigentlich nie geschadet, oder?

    Ich habe da auch eine, aber leider heute keine Zeit mehr - ist etwas länger

    Tschüssi
    Ike

  10. #40
    Thorre Gast

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    hi qian,

    schon als ich mir einige Deiner anderen threads durchlas, war für mich klar, daß wir beide im grunde ähnlich über das thema denken.

    ich teile insbesondere Deine auffassung, daß weder formelle logik noch das bloße nachdenken über philosophien (die immer abstrakt sind, weil denken an sich auf abstraktion beruht) zum verständnis der kampfkunst führen kann. wie ich bereits schrieb, wird in unserem training auch nicht philosophiert, sondern sehr ernsthaft geübt.

    allerdings frustriert mich die in vielen postings sichtbare ignoranz und der kleingeist, besonders wenn es um den wert der alten philosophien geht. diese haltung zeigt mitnichten eine fundierte "gegenposition", sondern unwissen + desinteresse + eine art mentaler stumpfheit, die ich bei kampfkünstlern einfach nicht vermutet hatte.

    "Du akzeptierst diese Defintion von Kunst nicht, obwohl sie so weit verbreitet und im allgemeinen Sprachgebrauch anerkannt ist?"

    nein, denn dies ist keine definition, die von künstlern oder kunstkritikern entwickelt wurde, sondern eine oberflächliche verkürzung, die sich nur in kreisen hält, die mit kunst nichts zu tun haben. deshalb ging ich davon aus, daß die aktiven der ma dies selbstverständlich weitaus differenzierter betrachten.

    "Du stellst mit deinen Beispielen eine fragwürdige Verbindung zwischen Kunst und Moral her..." zugegeben, ich vertrete da humanistische ideale, allerdings scheint mir das bei einer kunst, die menschen sehr gefährliche fähigkeiten lehrt auch angebracht, denn van gogh war wohl nicht in der lage, mit seinem "Straße mit Zypresse und Stern" einem mitbürger den kopf einzuschlagen...

    hg
    thorre

  11. #41
    Thorre Gast

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    Gedanken zur Philosophie in den Kampfkünsten - TEIL III

    Inwieweit das Verfassen von längeren Artikeln für die Mitglieder des KK-Boards sinnvoll ist, bleibt eine ungeklärte Frage, schließlich soll das Board ja in erster Linie dem Austausch von Erfahrungen dienen und nicht selbst zum Wissensarchiv ausgebaut werden. Allerdings mag der eine oder andere Artikel Ansatzpunkte für tiefergehende Diskussionen enthalten, deshalb scheint mir meine Vorgehensweise legitim.

    Ein generelles Problem unserer Zeit besteht darin, daß viele Menschen nicht in der Lage oder zumindest nicht bereit sind, sich auf das Lesen längerer Texte einzulassen. Die geistes(zer)störende Politik der Massenmedien erzieht uns dazu, Bilder und einfache symbolische Botschaften Texten vorzuziehen, was mit einer Verarmung der Sprachkultur einhergeht. Trotz dieser Tendenz werden vielleicht einige Forumsteilnehmer die Zeit finden, die von mir vorgetragenen Gedanken zu prüfen.

    In den ersten beiden Teilen meiner hier im Forum dargestellten Betrachtungen zur Philosophie in den Kampfkünsten habe ich versucht, einen wesentlichen Unterschied der asiatischen Geisteskultur im Vergleich zur abendländischen Denkweise herauszuarbeiten:

    Asiatischen Philosophien geht es nicht um eine vermeintlich exakte Beschreibung der Realität, auf deren Basis eine Erkenntnislehre konstruiert werden könnte, sondern um ein assoziatives Deuten auf in (zyklischen) Mustern auftretende Erscheinungen, die das Resultat der wirkenden Realität sind.

    Asiatisches Denken orientiert sich an den Mustern der Natur, es ordent die Kultur den Gesetzmäßigkeiten der Natur unter, allerdings ohne deshalb auf Raubtierparadigmen der Marke "Der Stärkere frißt den Schwächeren" zu verfallen. Gerade dieses Unterordnen (bzw. Einordnen) der menschlichen Rolle in das umfassende Wirkungsfeld der natürlichen Kräfte stellt einen weiteren eklatanten Unterschied zum westlichen Denken dar, in dem der Mensch das Zentrum der Kräfte erobert hat.

    In meinen Augen liegt der Sinn aller Philosophie ("Liebe zur Weisheit") darin, die grundsätzlichen Fragen, die sich aus der Erfahrung der menschlichen Existenz ergeben, in einer Weise beantworten zu können, die für das Leben nützlich, d.h. mit Erfolg anwendbar ist.

    So ist asiatische Philosophie - man möge mir diese generalisierende Zusammenfassung nachsehen - eine Denkweise, die es dem Einzelnen ermöglicht, sein Fühlen, Denken und Wollen mit der gegebenen Wirklichkeit zu harmonisieren. Es geht nicht um die Frage, was der Kosmos aus astrophysikalischer Sicht sein könnte, sondern darum, wie man sich in diesem geheimnisvollen Universum zurechtfindet.

    Dieser Ansatz ist aus individueller Sicht weitaus effektiver und auch effizienter, als die mühevolle Vermessung der Wirklichkeit mittels Formeln und wissenschaftlicher Theorien, denn weder ein Physiker noch ein anderer Naturwissenschaftler hat nach 5 oder 6 Jahren des Studiums eine Antwort auf die grundlegenden Fragen, die sich den Menschen seit Urzeiten stellen ("Weshalb bin ich eigentlich hier?", "Was ist der Sinn meiner Existenz in diesem Universum?" etc.).

    Und daß sich die Menschen mit diesen Fragen intensiv beschäftigen, ist nach wie vor eine Tatsache. Der Erfolg von Stephen Hawkings "Eine kurze Geschichte der Zeit" kann als Beleg dafür gelten, daß die überwiegende Mehrheit sich sehr wohl nach den grundsätzlichen WOHER, WOHIN und WARUM fragen: Dieses Buch ist eines der meistgelesen Texte, die jemals von einem Menschen verfaßt wurden. Hawking selbst sagte, daß wahrscheinlich nur die Bibel und Shakespeare öfter gelesen wurden...Ironischerweise kann weder Hawking noch sonst ein Wissenschaftler die erwähnten brennenden Fragen beantworten, ganz einfach, weil das Instrumentarium der Wissenschaft dazu nicht taugt.

    Es kann als ein verheerender Irrtum des Abendlandes angesehen werden, daß die Möglichkeiten der Wissenschaften von der Allgemeinheit so falsch eingeschätzt werden. Je mehr man über die Methodologie der Wissenschaft weiß, desto zwingender ergibt sich die Notwendigkeit einer nicht-wissenschaftlichen, dafür jedoch ganzheitlichen geistigen Grundlage, auf der sich das Tun des Menschen harmonisch entfalten kann.

    Diejenigen, die behaupten, auch ohne eine geistige (ihrem Prinzip nach philosophische) Grundlage sehr gut auszukommen, lügen sich im Grunde selbst in die Tasche, denn eine nähere Betrachtung ihrer Denk- und Verhaltensweisen würde offenbaren, daß sie zweifellos gewissen Leitsätzen und Richtlinien folgen und zwar mit dem Ziel, ihre persönliche Situation positv zu beeinflußen. In diesem Sinne ist jeder Mensch ein Philosoph, die meisten allerdings ziehen mit ziemlich unterentwickelten Fähigkeiten in den Kampf um das tägliche (Über-) Leben.

    An diesem Punkt ist es nun interessant, die Bedeutung der asiatischen traditionellen Künste genauer zu untersuchen und zwar im Hinblick auf ihr Potential, dem Menschen zu helfen, eine für sein Leben sinnvolle geistige Grundlage zu entwickeln.

    Ende Teil III
    Geändert von Thorre (30-06-2002 um 15:23 Uhr)

  12. #42
    Thorre Gast

    Standard

    Gedanken zur Philosophie in den Kampfkünsten - TEIL IV

    Am Beispiel der Kampfkünste kann gezeigt werden, wie das Studium der Kunst und der in ihr enthaltenen (philosophischen) Prinzipien die Möglichkeiten des Menschen erweitert, vorausgesetzt der Schüler betreibt die Kampfkunst mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit und der notwendigen geistigen Offenheit.

    Autorität und Unterordnung
    Die traditionellen Verhaltensetiketten der Kampfkünste gründen auf einem Prinzip, das dem Wissenden mehr Autorität zubilligt, als dem Unwissenden. Dieses Wissen beschränkt sich jedoch nicht auf eine rein technische Könnerschaft oder eine bloße theoretische Kompetenz, sondern basiert auf dem Verständnis der allen kämpferischen und trainingsrelevanten Prinzipien zugrundeliegenden natürlichen Gesetzmäßigkeiten.

    So weiß ein Meister der Kampfkunst, daß die Unterordnung des Anfängers für diesen eine wichtige soziale Lektion darstellt, nämlich, das Erlernen der Fähigkeit seriöse Autorität zu erkennen und zu respektieren. Ein Mensch, der Autorität grundsätzlich ablehnt, hat keine Chance, sich im Leben zurechtzufinden. Er wird sinnlose Kämpfe des unbegründeten Widerstands ausfechten und sich ständig im Kreise drehen, in dessen Zentrum die eigenen willkürlichen Glaubenssätze stehen. Wer nicht gelernt hat, sich seriösen Autoritäten unterzuordnen, wird sich auf lange Sicht selbst behindern. Auch in der Natur kann es sich kein Individuum leisten, die Autoritäten zu ignorieren, es ist sozusagen sowohl ein natürliches als auch kulturelles Prinzip, daß einige (wenige) an der Spitze stehen und die Mehrheit sich dieser Elite (zugegeben ein böses Wort) unterordnet.

    Allerdings setzt dieses Prinzip voraus, daß die an der Spitze stehenden Lehrer, Meister, Staatsführer etc. diesen Status auch verdientermaßen inne haben. Aus meiner Sicht ist dies im Falle der Kampfkünste - so wie sie heute praktiziert werden - nur in den seltensten Fällen gegeben. Die Autorität vieler vermeintlicher Meister ist eine angemaßte, denn in schätzungsweise acht von zehn Fällen, haben diese Personen keine Ahnung, worum es in der traditionellen Kampfkunst eigentlich geht.

    An dieser Stelle scheint eine von mir bereits mehrfach abgegebene Warnung erneut sinnvoll. Wer sich mit dem Studium einer traditionellen Kampfkunst befassen will, sollte sich den Lehrer sehr genau anschauen. Kein seriöser Lehrer wird die geistige Grundlage der Kampfkunst als irrelevant abtun. Nur Dilettanten und Betrüger behaupten ernsthaft, Kampfkunst habe primär mit Fitness und Selbstverteidigung zu tun.

    Zurückstellung persönlicher Befindlichkeiten
    Im Rahmen des traditionellen Trainings sind die persönlichen Befindlichkeiten eines Schülers von untergeordneter Bedeutung. Ich spreche hier von Haltungen, die davon ausgehen, das Geschehen müsse sich den individuellen Neigungen beugen. Ob ein Schüler eine bestimmte Übung als angenehm oder sinnvoll ansieht, ist sekundär. Den Meister interessiert nicht, ob seine Schüler Spaß haben. Ihn interessiert, ob sie lernen und zwar zu den Bedingungen, die aus traditioneller Sicht verbindlich sind. Sicher kann man hier mit dem Argument aufwarten, daß freudvolles Lernen doch sehr gut funktioniert, warum also sollte nicht der Spaß im Mittelpunkt des Übens stehen?

    Der Sinn der traditionellen Methode besteht darin, daß sie vom Schüler das Vollziehen eines "geistigen Tricks" verlangt. Der Schüler muß davon abkommen, lediglich die Dinge zu tun, die ihm Spaß machen, er muß stattdessen lernen, Freude und Motivation bei den Dingen zu entwickeln, die er tut. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Zwar könnte der Schüler den traditionellen Meister verlassen und in eine Schule eintreten, in der Spaß das Maß der Dinge darstellt. Damit würde er aber sein grundsätzliches Problem nicht lösen, nämlich die Herausforderung, allen Tätigkeiten seines Lebens (auch wenn diese anstrengend und formal sind) mit Respekt, Aufmerksamkeit und Motivation zu begegnen. Im Vergleich zu gewissen Bereichen des traditionellen Trainings sind die "Mühen des Alltags" geradezu entspannend. Jemand, der die harte Schule als Weg des Lernens begreift, kann bestimmte geistige Haltungen (im besprochenen Fall wären das Selbstmotivation, Selbstüberwindung, Durchhaltevermögen, eiserner Wille, Zurückstellen der persönlichen Wünsche) entwickeln, die im realen Leben von unschätzbar hohem Wert sind.

    Die Bedeutung der Präzision bei allen bewußten Handlungen
    Kampfkunst-Meister legen in der Regel gerade auf die präzise Ausführung der Techniken großen Wert. Präzision ist eine Qualität, die in allen Bereichen des bewußten Handelns außerordentliche Bedeutung besitzt. Sie dient als Gradmesser für die Fähigkeit, wie genau ein Mensch das in die Tat umsetzen kann, was er beabsichtigt. Zwar sagt diese Genauigkeit nichts über den Wert der eigentlichen Handlung aus, aber sie stellt doch eine Voraussetzung für den Erfolg unseres Tuns dar. Gerade in diesem Punkt verblüfft, wie wenige Kampfkünstler sich um Präzision in den alltäglichen Dingen bemühen, obwohl sie auf der anderen Seite Wochen, Monate oder sogar Jahre mit dem Ausfeilen einer einzigen Technik verbringen. Diese beschränkte, irrationale Sichtweise ist vor allem der Tatsache zu schulden, daß die Grundmotive der Kampfkunst nicht verstanden wurden. Kampfkunst will den Menschen zu einer Denk- und Handlungsweise erziehen, die es ihm ermöglicht ein für seine Begriffe sinnvolles Leben zu führen. Jedes zielgerichtete Handeln muß sich sowohl in mentaler als auch physischer Hinsicht dem Maß der Präzision unterwerfen. Ein Kampfkünstler, der in den Angelegenheiten des Alltags schlampig ist, steht erst am Anfang des Weges.

    Die Überwindung des inneren Gegners
    Die Kampfkunst zu meistern, bedeutet sich selbst zu meistern. Nur wer überhaupt ersteinmal erkennt, daß die Ursache für Mißerfolg und Niederlage primär in der eigenen geistigen Haltung begründet liegt und weniger von äußeren Umständen abhängt, kann auf dem Weg zur Meisterschaft voranschreiten. Dabei geht es nur am Anfang und an der Oberfläche um ein Überwinden von Schwächen wie Faulheit, mangelnder Disziplin und fehlender Aufmerksamkeit. Der eigentliche Schritt besteht darin, zu erkennen, daß es überhaupt keinen Sinn macht, nach irgendwelchen Entschuldigungen oder Schuldzuweisungen zu suchen, wenn man die persönliche Situation betrachtet. All das Gejammer, das Selbstmitleid muß überwunden werden. Wenn man allein das Greinen einiger Forumsteilnehmer bedenkt, die sich in harten Debatten ständig in ihren Gefühlen verletzt sehen, so wird klar, daß die Überwindung des Selbstmitleids eine schwierige Herausforderung darstellt. In unserer Gesellschaft werden die Gefühle ständig in den Mittelpunkt gestellt, die emotionale Debatte dominiert die sachliche Auseinandersetzung. Ein wesentlicher Irrtum bei dieser gefühlsverliebten Einstellung besteht darin, daß die Mehrheit den relativen Charakter von Gefühlen nicht einschätzen kann. Was die Leute um 14.12 Uhr aufregt, haben sie gegen 14.17 Uhr bereits wieder vergessen. Trotzdem beharren sie darauf, in ihren Gefühlen ernst genommen zu werden.

    Im Buddhismus gibt es einen Sinnspruch:

    Gefühle berühren die Seele wie Regentropfen, die tausendfach vom Himmel auf die Erde fallen. Und trotzdem bilden sich die Menschen ein, jeder dieser Gefühlsregentropfen wäre wichtig.

    Einige Menschen verwechseln Intuition und Gefühl in der Weise, daß sie jede Gefühlsregung für eine Art Zeichen aus dem Unbewußten halten, dem man Beachtung schenken müsse. Das Ergebnis ist eine sentimentale oder hysterische Grundeinstellung zum Leben. Ironischerweise kennen diese Menschen die eigentliche Tiefe von Emotionen meist gar nicht, sondern halten lediglich ihre oberflächlichen Affekte für essentiell.

    Jemand, der Beethovens Kreutzersonate zum 1000.sten Mal hört, jeden Ton, jede Nuancierung in ihrer Schönheit erkennt, mag von einem intensiven Gefühl sprechen, denn dieses beruht auf der eigenen Bemühung, der bewußten Auseineindersetzung. Wer hingegen bei "Vera am Mittag" das Heulen kriegt, ist schlicht sentimental. Und das ist das Verblüffende: Die Menschen sind zu Tode betrübt angesichts von Nichtigkeiten, empfinden aber nichts, wenn sie einen Baum umarmen... Die Liste der Paradoxien ließe sich fortsetzen: Die Härte und das Desinteresse der Menschen untereinander nehmen zu, wie z.B. intensive Studien an Schulen und Gespräche mit Schülern über ihre familiären Beziehungen andeuten. Angesichts der Tatsache, daß sich irgendwo in Asien verschiedene Mannschaften über einen Lederball hermachen, drehen diese Menschen dann aber emotional durch...

    Bereicherung der Tradition
    Abschließend ein Wort zur Tradition. Es ist ein besonders schöner Gedanke, die lebendige Tradition der Kampfkünste durch das eigene Tun bereichern zu können. In diesem Sinne möchte ich Bokutus Schule erwähnen, in der Kampfkunsttraining mit behinderten Menschen stattfindet. Ich kenne ähnliche Beispiele aus Aikido-Schulen, in denen blinde Menschen trainieren. Diese wertvollen Beiträge zur Tradition sind in meinen Augen Zeichen für ein humanistisches, modernes Verständnis der Potentiale der Kampfkunst. Ob hingegen irgendein K1-Silberrücken einem anderen Fleischberg das Hirn aus dem Schädel drischt, stellt nicht einmal eine Fußnote in den Analen der Kampfkünste dar...

    Ich hoffe, daß die von mir dargestellten Überlegungen den einen oder anderen dazu inspirieren, die Möglichkeiten der Kampfkunst daraufhin zu untersuchen, welche Optionen sie bietet, zu einem lebendigen Teil des Lebens kultiviert zu werden. Erst wenn die Oberfläche der Dinge durchstoßen wird, entwickeln sich neue, essentielle Zusammenhänge, deren Verständnis für das persönliche Wachstum von außerordentlichem Wert sein können.

    Herzliche Grüße
    Thorre
    Geändert von Thorre (30-06-2002 um 15:34 Uhr)

  13. #43
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    20.068

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    Die Essenz taoistischer Systeme ist, sich NICHT ständig um Ideen zu drehen, sondern einfach stehen zu bleiben. Lies mal Deine beiden Postings durch und sieh Dir an wieviele Annahmen, Vermutungen und Postulate enthalten sind, die durch nichts als Vermutungen gestützt sind, und frag Dich mal ob es Dir schlechter ginge wenn Du darüber einfach gar nicht nachdenkst. Sondern einfach nur Dein Leben lebst. Sonne ist auch schön wenn man nichts in Worte fasst. Den Wind mußt Du hören, nicht lesen.

    Das was Dich treibt, diese hunderte von Dingen darzulegen, die mir nicht so ganz dermassen selbstverständlich vorkommen wie Dir, sind vielleicht nur ZWEI oder DREI Gefühle. Statt darüber zu reden wie unwichtig solche Gefühle sind, laß Dich mal von ihnen einholen und laß ihnen ihre Wichtigkeit. Sonst versuchst Du morgen und übermorgen immer noch, Dir selber diese Gefühle auszureden indem Du stundenlang schreibst daß buddhistische Sinnsprüche, schlecht und falsch aus dem Chinesischen übersetzt, eigentlich doch wichtiger sind als DEIN hier und DEIN jetzt, DEIN gestern und DEIN später.
    Geändert von Klaus (30-06-2002 um 21:56 Uhr)

  14. #44
    Qian Gast

    Standard

    Oder um es anders auszudrücken: Der sich nicht freut, es später bereut.

    Deutschland ist Vize-Weltmeister

  15. #45
    Thorre Gast

    Standard

    hallo klaus,

    die hartnäckigkeit, mit der Du an Deinem gekränkt-sein festhältst, ist schon verblüffend. mein gott, jetzt beruhige Dich doch mal und vergiß diese website-geschichte. ich habe Dich wirklich in ruhe gelassen, weil Du ständig so empfindlich reagierst. aber nur weil Deine nerven nicht die besten sind, solltest Du nicht glauben, daß ich mir Dein gejammer ewig anhöre. all diese pseudovorwürfe (Du hattest Dich ja bereits beim chi gung geirrt, beim yoga und bei der buddhastatue, sowie beim zazen) werden durch eifriges wiederholen nicht besser oder richtiger.

    so wie ich es sehe, ist Dein verhalten doch das genaue gegenteil einer entspannten sicht der dinge. statt Dein verletztes ego hier windige psychologische spekulationen anstellen zu lassen (ich erinnere mal daran, daß Du keinen schimmer davon hast, wie mein leben wirklich aussieht!), solltest Du Dir mal die frage stellen, warum es Dir unmöglich erscheint, mit mir über jene dinge zu sprechen, die uns beide verbinden, weil wir sie ähnlich sehen. gerade wir beide hätten uns sehr viel zu sagen. das weiß ich, weil ich viele Deiner threads gelesen habe und in vielen punkten absolut Deiner meinung bin.

    doch Du versaust diese chance des aufeinander-zugehens, weil sich alles, was Dir zum thema "thorre" einfällt, um diese eine heftige kritik dreht, die Dich so hart getroffen hat. wenn Du Dir jetzt mal die tränen des selbstmitleids aus den augen wischen, Deine weinerlichen "Da kann ich nur warnen" phrasen verkneifen würdest (zumindest zu dieser minimalen gefühlskontrolle wirst Du doch wohl fähig sein), könnten wir beide einen schritt in die richtung des anderen machen und wahrscheinlich feststellen, daß uns weit mehr verbindet, als uns trennt.

    es tut mir leid, wenn Du Dich in Deinem leben mit psychischen erkrankungen herumschlagen mußtest oder dies noch immer tun mußt. aber bitte suche nicht ständig bei anderen menschen nach symptomen, ich bezweifle, daß es Dir dadurch besser geht. wie Du selbst genau weißt, läge gerade eine taoistische strategie der kommunikation darin, die energien des gegenüber aufzunehmen und in etwas kreatives umzuwandeln. solange Du hier den verknöcherten hobby-psychiater spielst, wird daraus aber nichts.

    darf ich Dich vielleicht mal darauf hinweisen, daß Du gar nicht wissen kannst, wie wichtig in meinem leben stille, nicht-denken, einfach-tun etc. sind. also bitte respektiere, daß Du keine ahnung davon hast, wer ich bin. ich hoffe, daß Du irgendwo in Deinem kopf noch ein paar unbesetzte neuronen findest, die Du dann vielleicht mal dazu einsetzen kannst, mich wie einen ebenbürtigen gesprächspartner zu behandeln. das würde mich wirklich freuen. falls Du nicht öffentlich antworten willst, wäre auch ein email zumindest eine freundliche geste.

    hg
    thorre

    hey qian,
    Du glaubst gar nicht, wie SEHR ich mich gefreut habe, daß deutschland vize geworden ist!

    hg
    thorre
    Geändert von Thorre (01-07-2002 um 12:05 Uhr)

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